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Zehn Jahre später, als dieses Lustspiel, erschien das erste regelmäßige englische Trauers spiel, der Gorbo duc, oder Ferrer und Por: rer, von Thomas Sackville Lord Buckhurst, dem Erfinder des tragischen "Spiegels für Staats, månner" y). Håtte dieses Trauerspiel auf dem ens glischen Theater eine ähnliche Wirkung hervorgebracht, wie die Cleopatra von Jodelle ungefähr um diefelbe Zeit auf dem französischen 2), so würden weder Sha: kespear, noch die übrigen berühmten Tragiker seiner Zeit,

And many a good man's house have bin at in my days.
Many a goffip's cup in my time have I tafted,
And many a broche fpite have I both turned and

Many a peece of bacon have

In running over the country,

bafted. I had out of their balkes, with and long wery walkes.

Yet came my foot never within those door cheekes,
To feek flesh or fifh, garlike, onions, or leckes,
That over I faw a fort in fuch a plight,

As here within this house appeareth to my fight,
There is a howling and fcourling, all caft in a dumpe,
With whewling and pewling, as though they had loft
a trump,
Sighing and fobbing, they weep and they wail.
I marvel in my mind, what the devil they ail.
The old trot fits groning, with alas, and alas,
And Tib wrings her hands, and takes on in worfe

cafe.

With poor Cocke their boy, they be driven in fuuch

fits,

I fear me the folkes be not well in their wits. y) Vergl. oben S. 168. Das Trauerspiel Gorboduc (nicht Gordobuc, wie einige Litteratoren schreiben) fins det sich vollständig bei Hawkins, Tom. II. und bei Dodsley, Tom. I.

z) S. den fünften Band dieser Gesch. der Poesie und Bereds. . 198.

Zeit, mit ihren romantischen Schauspielen ein so entschiedenes Glück gemacht haben. Sackville wählte mit dem Patriotismus, der seinen poetischen Ta: lenten den Stoff anwies, die Handlung seines Trauers spiels aus der ältesten brittischen Geschichte. Ob, oder wie weit ihm einer seiner litterarischen Freunde bei der Ausführung dieser dramatischen Idee behülfs lich gewesen, ist wenigstens ungewiß. Das Trauer: spiel wurde im Jahre 1561 von einer Gesellschaft studirender Jünglinge zu London vor der Königin Elisabeth aufgeführt. Daß es Beifall gefunden, und bewundert worden, läßt sich nicht bezwet feln. Uber ungeachtet des poetischen Verdienstes der Darstellung und Sprache, durch das es sich vor allen früheren englischen Schauspielen auszeichnet, scheint es weder von dem Hofe, noch von dem größes ren Publicum mit besonderer Vorliebe aufgenommen zu seyn. Selbst das persönliche Ansehen des Vers fassers fonnte der antiken Form seines Stücks nicht das Fremdartige nehmen, das dem englischen Ges schmacke nicht zusagen wollte, obgleich Sackville um eben dieses Geschmacks willen sich von mehreren Res geln des antiken Drama's entfernt hatte. Die Handlung des Stücks ist interessant genug. Gors boduc, ein alter brittischer König, theilt sein Reich, gegen das Herkommen, unter seine beiden Söhne Ferrer und Porrex, aus liebe zu Porrer, dem júns geren. Der ältere fühlt sich, ob er gleich seinem Bruder übrigens alles Gute gönnt, durch diese Uns ordnung seines Vaters gekränkt. Er äußert seine Unzufriedenheit ohne Zurückhaltung. Der jüngere Bruder wird mißtrauisch. Die Mißverständnisse zwischen beiden nehmen zu. Videna, die Königin Mutter, nimmt die Partei ihres älteren Sohnes.

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Es kommt zwischen beiden Brüdern zum Kriege. Der jüngere erschlägt den ålteren; die Mutter läßt aus Rache den jüngeren ermorden. Das ganze land empört sich. Der alte König, längst in Verzweif lung, büßt seine Uebereitung mit dem Leben. Auch die Königin wird getödret. Die Oberhaupter des Volks versammeln sich und stiften eine neue Ordnung im Staate. Aus dieser Folge von Begebenheiten, die das Trauerspiel enthält, sieht man schon, daß der Dichter die Regel der aristotelischen Einheiten der Zeit und des Orts nicht befolgen konnte. Da: für hat er den Gesehen des antiken Trauerspiels auf andere Art Genüge zu thun gesucht. Er hat alles Blutvergießen aus den Scenen verbannt. Die Schlachten und Todesfälle werden von Boten ers zählt. Ein Chor schließt die Acte vom ersten bis zum vierten. Um sich aber auch nach dem Ges schmacke seines Zeitalters zu bequemen, ließ Sackville den Chor seines Trauerspiels aus allegorischen Personen bestehen. Nach der eingeführten Sitte, die wir aus diesem Trauerspiele genauer kennen lers nen, eröffnet sich jeder Act mit einer, größten Theils allegorischen, von der Musik begleiteten Pantomis me (dumb fhow), die auf eine sinnbildliche Art den Inhalt des Acts andeutet. Diese pantomimischen Vorspiele, die noch zu Shakespear's Zeiten auf dem englischen Theater bei großen Compositionen úblich waren, hätten verdient, um des poètischen Interesse willen cultivirt, und nicht aufgegeben und abgeschafft zu werden. Sackville erscheint also in feinem Trauerspiele nicht als knechtischer Nachahmer der antiken Formen. Aber nach dem romantischen Geschmacke hat das Stück viel zu wenig åußere Hands lung, und der abgemessene, gleichförmig feierliche Schritt,

Schritt, mit dem es von der ersten bis zur leßten Scene fortschreitet, mußte Zuschauer ermüden, die an den abwechselnden Gang des romantischen Dras ma's gewöhnt waren. Die steife Förmlichkeit der Composition vernichtet selbst zuweilen den Effect wahrs haft tragischer Scenen. Ueberhaupt fehlt es diesem Trauerspiele an dramatischen Leben. Vergleicht man es aber mit den übrigen Schauspielen, die bis dahin das englische Theater einnahmen, so erstaunt man über die tragische Würde des Stücks. Eine so kraftvolle, bestimmte und edle Sprache hatte das englische Publicum vom Theater herab noch nie vernommen. Das Gemeine im Ausdruc ist mit der größten Sorgfalt, und doch ohne Affecs tation, vermieden. Nur zuweilen artet die gehaltene' Feierlichkeit in gelehrten Prunk aus. Die reimlos fen jambischen Verse (blank verfe) sind harmonis scher, als man sie bei den früheren englischen Dich: tern findet. Der Dialog bewegt sich in diesen Vers sen ohne Zwang "). Das tragische Pathos einiger' Scenen

a) Zur Probe diene eine Stelle aus der ersten Scene, in
welcher Ferrer, der åltere Pring, mit seiner Mutter
Videna über das Unrecht spricht, das ihm widerfahren.
Ferr. Such causeless wrong and fo unjuft despite.
May have redrefs, or at the leaft, revenge.
Vid. Neither, my fon; fuch is the froward will,
The perfon fuch, fuch my mishap and thine.
Ferr. Mine know I none, but grief for your distress.
Vid. Yes; mine for thine, my fon. A father? no:
In kind a father, not in kindliness,

Ferr. My father? why? I know nothing at all,
Wherein I have misdone unto his grace.

Vid. Therefore, the more unkind to thee and me;
For, knowing well, my fon, the tender love
That I have ever born and bear to thee,

He,

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Scenen konnte damals für musterhaft gelten ). Aber mit allen diesen Vorzügen ist das ganze Stück viel zu kalt, um der Idee der antiken Tragödie zu entsprechen. Die Charaktere sind gut gehalten, und nicht ohne Interesse, aber die Situationen zu eins förmig, und die langen Reden, in denen die Mas nier der Alten nachgeahmt ist, viel zu gedehnt. Auch fehlt es den politischen Verhandlungen, die einen Theil dieser langen Reden einnehmen, an poetischem

He, griev'd thereat, is not content alone
To fpoil thee of my fight, my chiefeft joy,
But thee, of thy birthright, and heritage,
Caufelefs, unkindly, and in wrongful wife,
Against all law and right he will bereave:
Half of his kingdom he will give away.
Ferr. To whom? &c.

In

b) z. B. der folgende Beschluß eines Monologs der Könis gin Videna:

But whereunto wafte I this ruthful speech,

To thee that haft thy brother's blood thus fhed?
Shall I fill think that from this womb thou fprung?
That I thee bare? or take thee for my fon?

No, traitor, no: I thee refufe for mine;
Murderer, I thee renounce, thou are not mine:
Never, o wretch, this womb conceived thee,
Nor never bode I painful throws for thee
Changeling to me thou art, and not my child,
Nor to no wight that fpark of pity knew;
Ruthlefs, unkind, monfter of nature's work,
Thou never fuck'd the milk of woman's breast,
But from thy birth the cruel tiger's teats
Have nurfed thee, nor yet of fleth and blood
Form'd is thy heart, but of hard iron wrought;
And wild and defert woods bred thee to life.
But canft thou hope to fcape my juft revenge?
Or that thefe hands will not be wrooke on thee?
Doft thou not know that Ferrex' mother lives,
That loved him more dearly than herself?
And doth the live, and is not veng'd on thee!

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