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Als Sonettist unter den schottischen Dichtern des sechzehnten Jahrhunderts machte sich Alexans der Montgomery bekannt. Man weiß nicht viel mehr von ihm, als daß er in Kriegsdiensten ges standen. Der König Jakob VI., der nachher unter dem Nahmen Jakob I. den englischen Thron bestieg, foll sein Gönner gewesen seyn 9). Die Anzahl der Sonette Montgomery's muß nicht unbeträchtlich sena, da sich in einer alten handschriftlichen Samm lung über siebenzig finden sollen. Besonders merks würdig ist, daß dieser schottische Dichter mit weit mehr Genauigkeit, als die englischen Sonettisten, die echte Form des italienischen Sonetts nachgeahmt hat. Es fehlte ihm nicht an Gefühl und Talent zur poetischen Darstellung; aber hinter den vorzügliche: ren Sonettendichtern der Italiener ist er doch eben fo weit zurückgeblieben, als die englischen Sonetti? sten Surrey und Wyat. Aus einem feiner Sonette fieht man, daß er, ungeachtet der Gnade, die er vor dem Könige Jakob VI. gefunden haben soll, mit Mangel und Noth zu kämpfen hatte. Moralische Reflexionen trägt er in der Form des Sonetts nicht ohne Würde vor. In den Sonetten der Liebe scheint er sich auf Wiederhohlung gewisser Lieblingsgedanken Petrarch's und der italienischen Petrarchisten bes schränkt zu haben *).

Einer

q) In Irving's Lives of the Scotifh poets findet man auch eine kleine Auswahl der Sonette dieses Dichters.

r) Damit auch ein schottisches Sonett, das sich ziemlich genau an die Regel der italienischen Sonette bindet, in dieser Beispielsammlung nicht fehle, mag das folgende von Montgomery hier stehen.

My

Einer der letzten in der Reihe der Dichter, des ren Nahmen sich aus den Zeiten des Untergangs Der schottischen Poesie erhalten haben, ist der König Jakob VI. selbst, der gutmüthige und gelehrte, nur zum Regieren nicht geborne Fürst; der sich auch der Poesie in seiner Muttersprache, so gut er Fonnte, befliß ). Das längste unter seinen schottis schen Gedichten ist Der Phönix, eine allegorische Erzählung, von dem Könige selbst metaphorische Erfindung einer Tragödiel (ane metaphori cal invention of a Tragedie) überschrieben.

Die

wahre Bedeutung dieser Ueberschrift scheint eine Uns spielung auf den Tod der unglücklichen Maria, der Mutter des Königs, zu seyn. Die Anspielung ist aber, wahrscheinlich aus pedantischer Kunstbeslissens heit und politischer Aengstlichkeit zugleich, so vers steckt, und die ganze Erzählung von dem Wunders vogel ist so dunkel, daß sich noch niemand rühmen kann, sie verstanden zu haben. Eine gewisse poetis

sche

My plefuris paft procures my prefent pain,
My prefent pain expels my plefurs past,
My languishing, alace! is lyk to laft,
My grief ay groues, my gladenes wants a grane,
My bygane joyes I can not get agane,

Bot, once imbarkit, I must byde the blaft:
I can not chufe; my kinfh is not to caft:
To wish it war, my with wald be bot vane.
Yit whell I fey my fenfes to diffaive,

To pleis my thoght I think a thousand things,
Quhilks to my breift bot boroude blythnes brings.
Anis hope I had, thoght nou dispair I haive,

A ftratagem, thoght ftrange, to stay my fturt,
By apprehenfioun for to heill my hurt.

Gute und specielle Nachrichten über die litterarischen Bestrebungen dieses Königs sind nachzulesen bei Irs ving, Tom. II.

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sche Manier blickt aus dem seltsamen Werke, wie aus den übrigen Versen des gelehrten Monarchen, hervor, poetischer Geist aber nirgends. Die Er. wähnung der englischen und lateinischen Gedichte Jakob's gehört nicht hierher *).

Wenn man die ganze Geschichte der schottischen Poesie vom Anfange bis zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts überblickt, so zeigt sich auffallend, wie nachtheilig die Veränderung der, politischen Lage der Nation seit dem Ausbruche der kirchlichen Unrus ben auf ihre Geistesbildung wirkte. Bis dahin hatte Schottland nicht nur mehr, sondern, den eins zigen Chaucer ausgenommen, auch größere Dich: ter hervorgebracht, als England. Die ganze Naz= tion war poetischer gewesen, als die englische. Mit

welchem

t) In den übrigen schottischen Gedichten dieses Königs herrscht ungefähr derselbe Geschmack, wie in den beiden folgenden Stanzen aus seinem Phönix.

For I complaine not of fic common eace,

Which diuersly by diuers means dois fall;
But I lament my phoenix rare, whofe race.
Whofe kynde, whofe kin, whofe offfpring, they

be all

In hir alone whome I the phoenix call;
That fowle which only at onis did live,
Not liues, alas! though I her praise reviue.

In Arabie cald Felix was fhe bredd,

This foule excelling Iris farr in hew;

Whofe body whole with purpour was owercledd,
Whofe taill of colour was celeftiall blew,
With fkarlat pennis that through it mixed grew;
Her craig was like the yallowe burnifht gold;
And the her felf thre hundreth yeare was old.

Auch ohne den schottischen Dialekt vollständig zu kennen, bemerkt man doch leicht, daß die Sprache in diesen Versen mehr englisch, als schottisch, ist.

welchem Glücke die Schotten versuchten, ihre alte Nationalpoesie durch Uebersetzungen aus den Spras chen des classischen Alterthums zu vervollkommnen, beweiset die oben angeführte Uebersehung der Wenets de von Douglas. Aber gerade um die Zeit, als dieser neue Wetteifer zwischen den schottischen und englischen Dichtern anfing, drang der Protestantiss mus in Schottland ein; und kein tüchtiger Regent saß auf dem schottischen Throne, dem Kampfe der firchlichen Parteien eine gemeinnüßige Richtung zu geben. Unter der schlaffen Regierung Jakob's V. gerieth das ganze Land in Zerrüttung. Die Häupter des hohen Adels zogen wieder, wie in den Ritterzeiten, gegen einander zu Felde. In blutigen Fehden wurde gefochten für den alten und den neuen Glauben. Diese Zerrüttung Schott lands dauerte, mit abwechselndem Glücke der Pars reien, so lange fort, bis die Protestanten die ents schiedene Oberhand behielten. Nun aber entzweiete fich die Nation mit ihrer Königin, die dem Kathos. licismus unerschütterlich anhing. Vor ihren Unters thanen flüchtete sich Maria nach England, wo sie, nach einer langen Gefangenschaft, ihr Leben auf dem Blutgerüst endigte. Ihr schwacher Sohn, der in der Folge die schottische Krone mit der englischen vereinigte, war damals, als er nur noch König von Schottland hieß, anfangs viel zu jung, und auch nachher unfähig, das Glück seines Volks auf's neue zu begründen. Unter diesen Umständen, wähs rend derer England so herrlich emporblühte, war in Schottland der Poesie so wenig, als der Nation, damit geholfen, daß man nach der neuen Liturgie die Pfalme in schottischen Ueberseßungen sang und andere geistliche Lieder zum Gebrauche der Kirche hin

zufügte

zufügte "). Die neuen schottischen Ballan den, deren Gegenstand die Glaubensfehden der kas tholischen und protestantischen Lords waren, können nur als ein trauriger Nachtrag zu den älteren anges sehen werden, an denen der Fanatismus keinen Uns theil hatte *). Die schottischen Dichter, die es am besten mit ihrem Vaterlande meinten, verloren den Weg der Poesie unter moralischen und politischen Klagen. Lieder im alten Style wurden noch immer gedichtet und gesungen "); aber mit den Engländern auf dem Wege der neuen Cultur Schritt zu halten, vermochten die Schorten nicht mehr. Sie hatten zu viele dringendere Sorgen. Keine schottische Uebersehung aus dem Griechischen und Las teinischen erschien, während die englische Litteratur fast überladen wurde durch solche Uebersetzungen ").

Aus der Veränderung des inneren Zustandes der schottischen Nation im sechzehnten Jahrhundert ers

flärt

u) In Dalyell's Scotifh poems of the 16th Century ist ein ganzes schottisches Kirchengesangbuch aus jenen Zeis ten abgedruckt.

x) Eine lange schottische Ballade, die den Sieg erzählt, welchen die beiden katholischen Lords, Graf von Huntley und Graf von Errol, über den Grafen von Argyle, einen Befehlshaber der protestantischen Partei, noch im Jahre 1594 erfochten, ist in der eben angeführs ten Sammlung von Dalyell zu lesen.

y) Bet dieser Gelegenheit mache ich noch aufmerksam auf die Poems be unknawin Makars zu Anfange des 2ten Bandes der schottischen Gedichte, die Pinkerton zus erst herausgegeben.

z) Auf dieses höchst wichtige Hinderniß der neueren Cultur der schottischen Poesie hat zuerst Irving aufmerksam gemacht in seiner Literary hiftory of Scotland vor dem ersten Bande seiner Lives of the Scotish poets.

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