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Sidney steht nicht nur unter den englischen Dichtern auf einer höheren Stufe der Cultur, als der Graf von Surrey; er hatte auch in seinem Charakter nicht das Abenteuerliche, das diesem Anführer der englis schen Petrarchisten zum Ideal eines wahren Ritters zu gehören schien; und Sidney's Phantasie war doch viel kräftiger und reicher. Hätte er långer gelebt, und mehr Muße zu poetischen Beschäftigungen erhals ten, so würde auch vielleicht sein Geschmack noch vers feinert und er überhaupt einer der größeren Dichter seiner Nation geworden seyn. Aber so sehr ihm dars an gelegen war, die Poesie in seiner Muttersprache nach den Mustern des classischen Alterthums zu vers vollkommnen, so fest þing er auch an dem romantis schen Geschmacke seiner Zeit; und das Classische mit dem Romantischen auszugleichen, wollte ihm eben so wenig gelingen, als, das Romantische aus sich felbst zu einer reineren und höheren Schönheit auss zubilden. Seiner kräftigen Phantasie fehlte es an Freiheit. Immer hatte er ein ausländisches Werk, bald ein lateinisches, bald ein italienisches, bald ein spanisches, als Muster vor Augen; und weil er weder den antiken, noch den neueren Formen den Vorzug geben wollte, so bildete er diese, wie jene, mit einem gewissen blinden Zutrauen zu ihrer Vor trefflichkeit nach, ohne die Mängel seiner Nachbils dung wahrzunehmen. Daraus erklärt sich, wie er, mit seinem feinen und innigen Gefühle, sich in mehs reren altromantischen Schnörkeln gefallen, und in einem Schäferromane, der eine Nachahmung der Diana des spanischen Dichters Montemayor's ist, den Herameter in die englische Poesie einzuführen versuchen konnte. Aber wenn auch Sidney's poetis sche Werke nicht auf die Bewunderung Anspruch

machen

machen dürfen, die sie vor zweihundert Jahren fans den, so verdienen sie doch eine weit rühmlichere Auss zeichnung, als ihnen bei den Litteratoren bis jekt zu Theil wurde.

Sidney's poetisches Verdienst wird gewöhnlich nur nach seinem Arkadien geschäßt, einem Schás ferromane, den in unsern Tagen wohl niemand durchzulesen die Geduld haben wird, der aber in Der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts in und außerhalb England als ein Meisterwerk verehrt und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Sidney hat es seiner Schwester, der Gräfin von Pembros fe, zugeeignet und nach ihrem Nahmen (the Countefs of Pembroke's Arcadia) überschrieben; daher bet einigen Litteratoren die Meinung entstanden, daß diese Dame die wahre Verfasserin des Werks sen. Daß Sidney selbst es geschrieben, ist eben so wenig zu bezweifeln, als, daß er mit Fleiß den Montemas yor nachgeahmt hat. Wie gut er diesen spanischer Dichter fannte, sieht man auch aus einigen Nachs ahmungen der kleineren Gedichte Montemayor's unter Sidney's Sonetten und Liedern. Nach dem Vorbilde der, Diana des Montemayor hat Sidney gesucht, mit einem großen romantischen Plane eine Menge vor Dichtungen zu umfassen, die Sagen von dem alten Arkadien mit Erzählungen von Abenteuern im Geist und Geschmacke der Ritterzeit zu verbinden, unter den erdichteten Begebenheiten Ereignisse aus seinem wirklichen Leben zu verbergen, und unter eben dies. sem Schleier der Dame seines Herzens zu huldigen ). Bei

e) Vergl. über Montemayor und seine Diana den dritten Band dieser Gesch. der Poesie und Beredsamkeit S.216.

Aber

Bei dieser Zurüstung wurde denn auch die Compos sition so verwickelt und so weitläuftig, daß Sidney eben so wenig, wie Montemayor, das Ende finden fonnte. Der Roman blieb, so lang er auch auss gesponnen ist, unvollendet, und erhielt daher Zusäße nach Sidney's Tode. Bet der Ausführung seiner Idee hat Sidney, wenigstens was den Styl bes trifft, vielleicht ouch das italienische Urkadien Sar nazzar's vor Augen gehabt d). Züge der Origts nalität fehlen dem ganzen Werfe. Auch hat es we. der die Zartheit der Diang von Montemagor, noch Die classische Eleganz des Arkadiens von Sanazzar. Es verdient ungefähr einen Plaß neben der Astrea des französischen Dichters D'Urfé, der um dieselbe Zeit den Montemayor nachgeahmt hat *). Sidney wollte seinem Schäferromane noch besonders eine moralische Tendenz geben. Er stattete ihn also mit mehreren Reflexionen und Gemählden aus, durch die zwar die Tugend empfohlen und die Lebensweiss heit gelehrt, das poetische Interesse aber nicht erhds het wird. Der größte Theil des Werks ist in- ros mantischer Prose geschrieben. Lieder und Eflogen in Versen machen den Beschluß jedes der vier ersten Bücher, und finden sich auch an andern Stellen der Erzählung eingestreuet. Aus der ganzen Dichtung, so ermüdend sie auch ist, spricht ein Geist der edels sten Humanität. Sidney's romantische Prose über: sraf damals wenigstens in der englischen Litteratur alle früheren Versuche dieser Art. Sie ist zuweilen bis zum Musterhaften klar, leicht, und anmuthig f). Aber

́d) Vergl. den zweiten Band, S. 112. *) Vergl. den fünften Band, S. 295. f) 3. B. in der Beschreibung der Lebensart seiner Arkadler.

Neither

Aber gewöhnlich hat diese Prose bei Sidney etwas Pretioses, Geschrobenes und Studirtes ); und selbst der Ausdruck der natürlichsten Empfindungen, die dieser Dichter seinen Schäfern und Schäferinnen in den Mund legt, wird oft declamatorisch und fró: ftig ). Merkwürdig in mehr, als Einer Hinsicht,

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Neither are our fhepherds fuch as (I hear) they be in other countries; but they are the very owners of the fheep, to which either themselves look, or their children give daily attendance. And then truly, it would delight you under fome tree, or by fome river's fide (when two or three of them meet together) to hear their rural mufe, how prettily it will deliver out, fometimes joys, fometimes lamentations, fometimes challengings one of the other, fometimes under hidden forms uttering fuch matters as otherwise they durft not deal with. Then have they moft commonly one, who judgeth the prize to the best doer, of which they are no lefs glad, than great princes are of triumphs and his part is to fet down in writing all that is faid, fave that it may be his pen with more leifure doth polish the rudeness of an unthought on fong.

g) 3. B. in der folgenden Stelle aus der Declamation et nes unglücklichen Schäfers:

No, no, let us think with consideration, and confider with acknowledging and acknowledge with ad miration, and admire with love, and love with joy in the midst of all woes: let us in fuch fort think, I fay, that our poor eyes were fo inriched as to behold, and our low hearts fo exalted as to love a maid, who is fuch, that as the greatest thing the world can fhew, is her beauty, fo the leaft thing that may be praised in her, is her beauty.

h) 3. B. in der folgenden Stelle, in welcher eine unglück liche Schöne die Schmerzen ihrer Liebe vorträgt.

But Palladius greatly pitying fo fweet a forrow in a lady, whom by fame he had already known and honoured,

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find die hinzugefügten und eingestreuten Lieder und Eflogen. Sidney wollte, wie es scheint, durch diese Gedichte den Ton verbessern, den damals Spenser, ven Sidney mit Enthusiasmus als epischen Dichter bewundert, durch seinen Schäferkalender in der bukolischen Poesie angegeben hatte. Zugleich woll: te er versuchen, am englischen Parnasse Versarten einzuführen, gegen die sich der Geist der englischen Sprache sträubte. Er machte also englische Hes rameter und Alexandriner. Aber seine Eflos gen in Herametern bewiesen nur von neuem, daß die englische Sprache fast ganz untauglich ist zur Nachs bildung der griechischen Versarten ); und die Aler randris

noured; befought for her promife fake, to put filence fo long unto her moaning, till fhe had recounted the reft of this story. Why, faid fhe, this is the picture of Amphialus: what need I fay more unto you? What ear is fo barbarous but hath heard of Amphialus? who follows deeds of arms, but every where finds monuments of Amphialus? who is courteous, noble, liberal, but he that hath the example before his eyes of Amphialus? where are all heroical parts, but in Amphialus? O Amphialus, 'I would thou wert not fo excellent, or I would I thought thee not fo excellent, and yet would I not that I would fo. With that the wept again.

i) Sidney's englische Hexameter sind felten besser, als die folgenden:

Dor. Lady referv'd by the heavens to do paftors
company honour,
Joyning your fweet voice to the rural mufe of a
defart,

Here you fully do find the ftrange operation of love,
How to the woods love runs as well as rides to the

palace,

Neither he bears reverence to a prince, nor pity to

a beggar,

But,

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