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Seine Phantasie war nicht sehr reich; aber sie be handelte den Stoff zu einer dramatischen Dichtung mit Freiheit und leichtigkeit. Die Sprache ist in den Schauspielen dieses Dichters sehr cultivirt, und nicht selten musterhaft.

Unter den siebzehn Schauspielen, die man in den Sammlungen der Werke Massinger's findet, zeiche nen sich besonders einige Trauerspiele und soges nannte Tragicomödien aus. Die Tragicomds dien haben die größte Aehnlichkeit mit denen von Beaumont und Fletcher. Auch sind sie, wie diese, theils aus Novellen, theils aus der wahren Geschich te, geschöpft. Masjinger's vorzügliches Talent, eis nen dramatischen Plan sinnreich zu entwerfen und durchzuführen, konnte sich bei dieser Gattung von romantischen Theaterstücken vorzüglich zeigen. In der poetischen Darstellung der Leidenschaften steht er keinem Meister nach; aber in der tragischen Charaks terzeichnung ist er weit hinter Shakespear zurück ges -blieben. Eine feiner Tragicomödien, Das Ger mahide (the Picture), aus der ungarischen Geschich te, verdiente, ungeachtet mehrerer trefflicher Sce nen, nicht den großen Beifall, mit dem sie aufgenoms men wurde. Weit mehr Aufmerksamkeit verdient das Stück Der Sclav (the Bondman), aus der alten Geschichte von Syracus. In einigen Scenen dies ser Tragicomödien glänzt neben andern Vorzügen auch eine hohe Beredsamkeit ). Unter den eigents lichen

*) Hier ist der Anfang einer Rede des Pisander, der sich in einen Sclaven verkleidet hatte, um in der Nähe sets ner Geliebten zu seyn und ihr Herz zu erobern. Pifan. 'Tis your Authority gives me a Tongue, Ifhould be dumb elfe; and I am fecure,

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lichen Trauerspielen Massinger's ist das christlich z res ligiöse Stück Dorothea die Märtyrin (im. Englischen the Virgin Martyr), an welchem Thos. mas Decker mitgearbeitet hat, das schwächste; aber es ist merkwürdig, weil es das erste ist, durch das ein englischer Dichter nach der Einführung des Pros testantismus versucht hat, den christlichen Wunders glauben wieder auf das Theater zu bringen. Ein Engel und ein Teufel, betde indessen in menschlicher Gestalt als dienstbare Geister, haben in diesem Trauerspiele eine Rolle. Ein Wunder, ganz im Geschmack der alten Legenden, beschleunigt die Kar tastrophe. Ein anderes Stück von Massinger, Die unglückliche Aussteuer (the fatal Dowry) fann ein bürgerliches Trauerspiel heißen, und gehört in dieser Hinsicht auch zu den frühesten in seiner Urt; aber es hat wenig poetisches Verdienst. Die gelun genen Trauerspiele Massinger's sind diejenigen, die sich der Tragicomödie nähern. Dahin gehört bez sonders Der Herzog von Mailand (the Duke of Milan), ein Stück voll dramatischen Lebens und trefflicher Darstellungen der Leidenschaften. Aber auf das höhere Pathos, in welchem der Mensch mit

I can not clothe my Thoughts, and juft Defence
In fuch and object Phrafe, but 'twill appear
Equal, if not above my low Condition.
I need no bombaft Language, ftoln from fuch
As make Nobility from prodigious Terms
The Hearers understand not; I bring with me
No Wealth to boast of, neither can I number
Uncertain Fortune's Favours with my Merits;
I dare not force Affection, or prefume
To cenfure her Discretion, that looks on me
As a weak Man, and not her Fancy's Idol.

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dem

dem Schicksale fåmpft, verstand sich Massinger nicht. Auch sind die Gedanken im Munde der Haupts personen zuweilen selbst in den rührendsten Scenen gesucht und nur zur Hälfte natürlich ').

Anlage. terstücke.

Zum Komischen hatte Massinger weniger Einige seiner Lustspiele sind Charak: Eines derselben, Die Bürgers Mas Dam (the City-Madam) "), gehört zu den regels mäßigs

t) 3. B. in der folgenden, übrigens vortrefflichen Scene, in welcher der Herzog Ludwig forza von Mailand neben der Leiche seiner Gemahlin steht, die er aus unges gründeter Eifersucht ermordet hut.

Sfor. Carefully, I beseech you;

The gentleft Touch torments her, and then think
What I thall fuffer. O you earthy Gods,
You fecond Natures, that from your great Mafter
(Who join'd the Limbs of torn Hippolitus,
And drew upon himself the Thunderer's Envy)
Are taught thofe hidden Secrets that restore
To Life death wounded Men, you have a Patient
On whom t'exprefs the Excellence of Art,

Will bind ev n Heav'n your Debtor, though it pleases
To make your Hands the Organs of a Work
The Saints will fimile to look on, and good Angels
Clap their celestial Wings to give it Plaudits.
How pale and wau fhe looks! O pardon me,
That I prefume (dy'd o'er with bloody Guilt,
Which makes me, I confefs, far, far unworthy)
To touch this fuów-white Hand. How cold it is;
This once was Cupid's Fire - brand, and still
"This fo to me.

How flow her Pulfes beat too!
Yet, in this Temper, the is all Perfection,
And Miftrefs of a Heat fo full of Sweetness,
The Blood of Virgins, in their Pride of Youth,
Are Balls of Snow or Ice compar'd unto her.

u) Das Wort City - Madam darf nicht Stadt. Madam überseht werden; denn die hier gemeinte City ift die Alt.

stadt

mäßigsten Lustspielen aus dieser Periode des englis schen Theaters. Es stellt die eitlen Ansprüche einer ems porgekommenen Kaufmannsfamilie mit vieler Wahrs heit und in sehr gut gewählten Situationen dar; aber -es fehlt dem ganzen Stücke doch, wie den übrigen Lustspielen Massinger's, an komischer Kraft.

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Die übrigen englischen Schauspielbichs ter von Shakespear bis in die zweite Hälfte des Siebzehnten Jahrhunderts blieben ungefähr eben so weit hinter Ben Jonson, Beaumont und Fletcher, und Massinger, wie diese hinter Shakespear, zurück. Sie dürfen aber darum nicht übersehen werden. Schon ihre große Anzahl ist merkwürdig. Selbst in Spanien, und nachher in Frankreich, has ben nicht so viele poetische Köpfe zu gleicher Zeit ihre Kräfte aufgeboten, für das Theater zu arbeiten. Mehrere Hunderte von englischen Schauspieler, die seitdem in Vergessenheit gerathen find, wurden, in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts ges schrieben; und die meisten wurden mit einigem Bei: falle aufgeführt. Ueber zwanzig dramatische Dichs ter aus dieser Periode der englischen Litteratur, die oben genannten berühmteren abgerechnet, sind nah: mentlich bekannt geblieben. Mehrere von ihnen

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stadt London, der Siß des Handels und der bürgerlis chen Gewerbe in der großen Hauptstadt. Von Citymanners, Citywit, u. f. w. hört man noch jeßt den eleganten Theil der englischen Nation in demselben Zone sprechen, wie man in Deutschland von Spießbürgern spricht.

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würden noch jest geschäßt werden, wenn ihnen ihr Zeitalter besser zu Hülfe gekommen wäre. Aber sie konnten sich selbst nicht höher cultiviren, als ihr Pubs. licum ihnen die Hand bor; und sie begnügten sich mit dem Beifalle, den sie ohne Mühe erwarben. A11 deren, die mehr Bildung hatten, fehlte es an dra matischem Genie. Aus der Vergleichung der Werke Dieser dramatischen Dichter unter einander sieht man bald, wie die Phantasie des einen von der des andern aufgeregt wurde; aber man sieht auch, wie der poes rische Geist sich mittheilte, der damals, selbst in verkehrten Bestrebungen, auf dem englischen Theas terherrschte. Selbst das untergeordnete Talent wurde durch den Umtrieb einer Menge von poetischen Gedanken und Erfindungen in die Sphäre des Ges nies hinüber gezogen.

Vieles Vortreffliche unter noch mehrerem Ros hen, Abenteuerlichen und Geschmacklofen findet sich in diesen jeht veralteten Schauspielen, aus denen bes sonders neuere Dichter lernen können, einen interess santen Stoff nicht unpoetisch und mit dramatischer Kraft zu behandeln *).

John Marston oder Marsten, einer der frühesten Schauspieldichter in dieser Reihe, lebte mit Shakespear und Ben Jonson in freundschaftlicher Verbindung. Seine Werke sollen nach seinem Tos

de,

Die treffliche, schon oben angeführte Sammlung von Dodsley, Collection of old Plays, enthält Schaus Spiele aus dieser Periode der englischen Litteratur, vom dritten bis zum zwölften Bande. Notizen über bie Dichter, die hierher gehören, und Verzeichnisse ihrer dramatischen Werke finden sich bei Langbaine, Cibs ber und in dem Companion to the Playhouse.

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