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Ein seltsameres beschreibendes Gedicht aus dies fer Periode der englischen Litteratur ist die Pur purs insel oder Menscheninsel (the purpled Island, or the Island of Man) von Phineas Fletcher, auch einem Zeitgenossen Shakespear's *). Er starb im Jahre 1610, als sein Nahmensvetter, der Schau? spieldichter John Fletcher, erst anfing, bekannt zu werden. Phineas Fletcher hieß damals der zweite Spenser, weil er sich vorzüglich nach Spenser gebils det, und den Ton, den dieser Dichter angegeben hatte, gut zu treffen wußte. Seine "Purpurinsel" darf wenigstens in einem gewissen Sinne zu den ber schreibenden Gedichten gezählt werden, weil das Ins teresse der Beschreibung in ihm das herrschende ist. Uebrigens gehört es gar keiner Gattung an. Es ist, als ein Ganzes betrachtet, eine litterarische Mißge: burt, in welcher sich die beschreibende Poesie mit der bukolischen, der didaktischen, der allegorischen "widers natürlich vereinigt hat. Das Ganze soll ein poetis sches Gemahlde der menschlichen Natur, ihrer phy: fischen Beschaffenheit und ihrer geistigen Kräfte und Anlagen, seyn. Nomantische Schäfer tragen die anatomischen, philosophischen und moralischen Lehren vor, die der poetischen Beschreibung zum Grunde liegen. Die Beschreibung selbst ist größten Theils

Yet fcarce known from her feet, they were so wondrous clear;

To whom the mermaids hold her glass, that she

may fee

Before all other floods how far her beauties be; Who was by Nereus taught, the most profoundly wife.

That learned her the fkill of hidden prophecies.

y) Phineas Fletcher's Gedichte sind abgedruckt in Ander. fon's British poets, Vol. IV.

Theils allegorisch. Das Widersinnigste in dem gan: zen Werke sind die ersten Gesänge, welche eine anas tomische Aufzählung der wichtigsten Theile des menschys lichen Körpers in einer allegorischen Einkleidung ents halten. Doch schimmert auch schon aus diesen Ger fången einiger wahrhaft poetischer Geist hervor. Aber die lekten Gesänge sind so reich an trefflichen Stellen, daß man mit desto größerem Bedauern den Dichter auf dem Abwege erblickt, wohin ihn ein falscher Begriff von Poesie geführt hatte).

Giles

y) Hier sind einige Stanzen aus dem Beschlusse des Ges dichts. Die entfesselte Seele wird beschrieben, wie sie zu ihrem Schöpfer zurückkehrt. Merkwürdig sind auch die weiblichen Reime.

Ah, dearest Lord! does my rapt foul behold thee?
Am I awake? and fure I do not dream?

Do these thrice bleffed arins again infold thee?

Too much delight makes true things feigned seem.
Thee, thee I fee; thou, thou thus folded art:
For deep thy ftamp is printed on my heart,
And thousand ne'er-felt joys ftream in each melting
part.

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Thus with glad forrow did fhe fweetly 'plain her
Upon his neck a welcome load depending;
While he, with equal joy did entertain her,
Herself, her champions, highly all commending':
So all in triumph to his palace went;

Whose work in narrow words may not be pent:
For boundless thought is lefs than is that glorious

tent.

There fweet delights, which know nor end, nor measure;

No chance is there, nor eating times fucceding: No wasteful fpending can impair their treasure; Pleafure full grown, yet ev'r freshly breeding: Fulness of fweets excludes not more receiving: The foul ftill big of joy, yet ftill conceiving:

Be

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Giles Fletcher, ein Bruder des Phineas, hat ein geistliches Gedicht hinterlassen, das man auch am schicklichsten zu den beschreibenden zählt. Es hat den Titel Der Sieg Christi im Hime mel (Chrifl's triumph in Heaven), und ist nicht ohs ne poetisches Verdienst ?).

Ein moralisches beschreibendes Gedicht aus dieser Periode der englischen Litteratur þat zum Ver: fasser den Ritter Thomas Overbury, der unter der Regierung Jakob's. I. durch seinen Wiß und sein Schicksal Aufsehen erregte. Dieses Gedicht, Die Frau (the Wife) überschrieben, scheint ehemals sehr bewundert worden zu seyn a). Es ist wenigstens als Versuch bemerkenswert »).

3.

Beyond flow tongues report, beyond quick thoughts.

perceiving, z) Auch dieses Gedicht, in vier Abtheilungen, findet man bet Anderson Vol. IV.

S. den Artikel Overbury bei Cibber, wo auch die Geschichte des unglücklichen Endes dieses Mannes ums ständlich erzählt ist. Das Gedicht the Wife ift mir ntrs gends vorgekommen, außer in der wenig bekannten Cammlung Prolufions or felect pieces of ancient poctry, Lond. 1760. in 8.

b) Stellen, wie die folgende, waren zu ihrer Zeit nicht gemein.

As good, and knowing, let her be discreet;

that, to the others' weight, doth fashion bring: discretion doth consider what is fit,

goodness but what is lawful; but the thing, not circumftances; learning is, and wit,

in men,

but curious folly without it.

To keep their name, when 'tis in other's hands, discretion afks: their credit is by far

more frail than they; on likelihoods it ftands;

and

3. Außer den beschreibenden Gedichten, die zus gleich ein didaktisches Interesse haben, entstanden im Zeitalter Shakespear's auch schon mehrere englische Geisteswerke, die unmittelbar didaktisch und zus gleich poetisch seyn sollten. In einiger dieser Ge: dichte, wenn man sie so nennen darf, erscheint schon deutlich die Manier, die nachher durch Pope ers weitert und auf das Höchste cultivirt wurde.

Sir Full Greville Lord Brooke, dessett Nahme oben in der Reihe der Schauspieldichter ges nanut ist, ein Freund des edeln Philipp Sidney, und noch unter der Regierung Jakob's I. am Hofe geehrt, bis er in seinem hohen Alter von seinem eigenen Bedienten ermordet wurde, suchte seine Liebe zu den litterarischen Studien durch eine Abhandlung zu rechtfertigen, die ihm selbst und mehreren seiner Zeits genossen ein Gedicht zu seyn schien. Das Werk hat » den Titel Abhandlung von der menschlichen Gelehrsamkeit (A treatise on human Learning) ). Lord Brook rásonnirt in Versen nicht ohne Ge fühl für die Würde seines Gegenstandes, und nicht ohne philosophischen Geist. Auch die Stanzen, die er zur Versart für seine Abhandlung gewählt hat, find

and hard to be disprov'd luft's flanders are:
their carriage, not their chastity alone,
muft keep their name chaft from fufpition.
Women's behaviour is a furer bar

than is their No: that fairly doth deny,
without denying; thereby kept they are

fave even from hope: in part to blame is fhe,
that hath, without confent, been only try'd;
he comes too near, that comes to be deny'd.

c) Es steht abgedruckt in der Muse's Library, p. 217.

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sind nicht verwerflich. Aber seinen Gegenstand in ein poetisches Licht zu stellen, vermochte er nicht d).

Mehr poetischen Werth hat das Lehrgedicht des John Davies über die Seele, unter dem Titel Nosce te ipfum e). Davies war der Sohn eines reichen Gerbers. Er wurde ein angesehner Mann, der unter den Regierungen der Königin Elisabeth und des Königs Jakob's I. als Rechtsgelehrter öffentliche Aemter befleidete. Sein Lehrgedicht hat den Zu: schnitt einer Abhandlung. Ein Capitel von der Seele wird nach dem andern vorgetragen. Einwendungen werden beantwortet; irrige Meinungen widerlegt. Dieses prosaischen Plans ungeachtet vereinigt sich in dem ganzen Werke ein schönes Gefühl mit der philos sophischen Meditation. Die Diction ist an manchen Stellen so gelungen, daß selbst Pope sich ihrer nicht schämen dürfte ).

d) Das Werk fängt so an:

Der

The Mind of Man is this World's true Dimenfion; And knowledge is the Measure of the Minde: And as the Minde, in her vaft Comprehenfion, Containes more Worlds than all the World can finde. So knowledge doth itfelfe farre more extend, Than all the Minds of Men can comprehend.. e) Man finder dieses Nosce te ipfum, nebst Nachrichten über den Verfasser, in mehreren Sammlungen, z. B. in der Mufe's Library, p. 333; in den eben angeführe ten Prolufions; und nebst andern Gedichten von Davies in Underson's British poets, Vol. II.

f) 3. B. in der folgenden Stelle, wo erzählt wird, wie der Kummer den Dichter zum Nachdenken über sich selbst geweckt hat.

This miftrefs lately pluck'd me by the ear,
And many a golden leffon hath me taught;

Hath

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