Juweelen verkauft hatte, ging er, um sein Vers mögen zu retten, nach England zurück, schmeis chelte sich leicht bei Cromwel ein, mit dem er vers wandt war, und huldigte dem Usurpator vor der ganzen Welt durch das lange Lobgedicht, in wels chem er ihn verherrlicht hat. Mit derselben Ges wandtheit wußte er nach der Restauration den Ros yalisten zu spielen. Er verfaßte nun auch ein Lobr gedicht auf den zurückgekehrten König Carl II. Im Parlemente glänzte er wieder durch seine und treffende Beredsamkeit. So bewegte er sich mit immer gleicher Geschicklichkeit unter Staatsangeles genheiten, Hofintriguen, und litterarischen Studien fort bis zu seinem Tode im Jahre 1687, dem zwei und achtzigsten seines Alters ). Wäre die Lebensgeschichte dieses Dichters nicht bekannt, so dürfte man aus seinen Versen schließen, Daß er entweder sich in Frankreich gebildet, oder in einer späteren Periode der englischen Litteratur ́ges lebt habe. Denn Waller muß in der Geschichte der englischen Poesie nicht wegen seines Genies hervors gehoben und über viele andere Dichter gestellt wers den, sondern wegen der Feinheit seines Ges schmacks. Dieser Vorzug seiner Poesie ist um so merkwürdiger, weil er sich schon in den ersten Ges legenheitsgedichten zeigt, durch welche Waller zu einer Zeit bekannt wurde, als noch Ben Jonson, Beaumont und Fletcher, und andere Dichter, die sich keinesweges durch classische Eleganz empfehlen, am i) Waller's Leben ist am besten erzählt von Johnson in den allgemein bekannten Biographical Prefaces, Vol. I. Auf die ansehnliche Ausgabe der Works of Waller von Fenton, Lond. 1774. in Quart, soll noch eine von Stockdale gefolgt feyn, die ich nicht kenne. am englischen Parnasse den Ton angaben, den das Publicum am liebsten hörte. Durch Waller lernten Die Engländer, nach einer ungezwungenen Correct: heit der Gedanken und der Sprache, und nach der vollendeten Anmuth und Harmonie des Verses fireben, die ihnen bis dahin nur aus den Werken der Alten und der Italiener, aber noch nicht aus Ges dichten in ihrer Muttersprache bekannt geworden war. Waller scheint sich weder unter den Alten, noch unter den Italienern ein Muster gewählt zu absichtlich gea haben, nach welchem er seine mer gewählt zu bildet hätte. Aber auch seine Kleinigkeiten haben ein gewisses claffisches Gepräge. Die Feinheit seis nes Geschmacks war ihm so natürlich, wie die Gea schmeidigkeit des Betragens in seinem praktischen Leben. Er wollte sich selbst und Undern gefallen. Seine Phantasie war nicht so lebhaft, daß sie ihn auf gefährliche Wege hätte führen können. Sein Wik gehorchte dem gesunden Verstande. Gefühl hatte er nicht viel mehr, als eben nöthig war, das Schickliche von dem Unschicklichen gehörig abzuson: dern. Sein heller Verstand lehrte ihn, keine Uns sprüche auf poetische Vorzüge zu machen, zu denen ihm die Natur das Talent versagt hatte. So era reichte er das Ziel, nach welchem er strebte, ohne Mühe, indem er alle Affectation vermied, und nie etwas anderes seyn wollte, als, was er durch die natürliche Entwickelung seiner Anlagen von selbst wurde. ཀ ཤ ༽ཤ Aber so groß auch das Verdienst ist, das sich Walter um den Geschmack in der englischen Poesie erworben hat, so wenig bedeuten seine Werke, wenn man ihre Anmuth und Eleganz mit dem Maßstabe Bb 3 ciner einer höheren Vortrefflichkeit nachmißt. Nirgends erscheint in ihnen ein Dichter, der aus voller Seele spricht. Weder Tiefe des Gefühls, noch Originas lität der Gedanken, muß man bei ihm suchen. Wals ler ist ein Meister in Wendungen und Einkleiduns gen. Er weiß, die Gegenstände, mit denen er sich beschäftigt, von einer interessanten Seite zu zeigen. Er rásonnirt angenehm; er beschreibt vortrefflich. Galante Scherze mit einer gewissen Miene des Erns stes gelingen ihm vorzüglich. Er gehört zu den unterhaltenden Dichtern, die man als gute Gesellschafter schätzen muß, wenn man auch übris gens keine Vorzüge wahrnimmt, durch die sie uns besonders achtungswerth und lieb werden könnten. Waller's Gelegenheit s gedichte (Poems on feveral occasions) beziehen sich auf politische, galante, und andere Vorfälle, über die sich ets was Ungenehmes in einer poetischen Sprache sagen ließ. Bald wird in ihnen einem Großen, bald einer Dame geschmeichelt, immer aber auf eine nicht gemeine Art, in gewählten Worten und uns gezwungenen Wendungen. Die schöne und mahle: rische Diction macht'uns zuweilen sogar den Mans gel höherer Vorzüge vergessen *). Das große Lobs gedicht *) 3. B. in der folgenden Stelle aus dem Gelegenheitsges dichte, in welchem Waller beschreibt, wie der Prinz Carl dem Schiffbruche entgangen. But ftorms increase! and now no hope of grace As gedicht auf Cromwell (Panegyric to Mylord Protector) ist ein Meisterwerk schmeichelnder Bereds famkeit, aber auch mehr eine schöne Rede in Ver: fen, als ein Gedicht. Cromwell wird in dieser Rede, wie in einer prosaischen, Ihre Hoheit (Your Highness) betitelt; übrigens sind die Gedans ken und Bilder fast alle geistreich und mit vieler rhes torischer Kunst zusammengestellt '). Das Gegenstück zu diesem Lobgedichte, der feierliche Glückwunsch zur Rückkehr des Königs Carl I. (To the King, upon his Majefty's happy return) verráth ein wenig Anstrengung und Verlegenheit. Waller soll fich, als der König selbst bemerkte, das Lobgedicht auf Cromwell fer besser ausgefallen, mit der artigen Phrase entschuldigt haben, daß einem Dichter die Erdichtung gewöhnlich mehr gelinge, als die Wahrs heit. As Titan's car did, while the golden rein 1) Hier sind nur einige Strophen zur Probe des Styls. With fuch a Chief the meanest nation blek, the ocean, Lords of the world's great wafte, In we In derjenigen Art, oder Abart, der Poesie, bie man Toilettenpoesie nennen kann, hat sich Waller vorzüglich hervorgethan. Die gefälligste Galanterie vertritt in seinen Liedern und übri gen Gedichtchen an seine Sacharissa, Ph y lɛ lis, und Amoretta, die Stelle des wahren Gefühls, so weit hier überhaupt ein Ersatz móg lich ist. Keine Spur von petrarchischer Schwärmer rei zeigt sich in diesen Gedichten von Waller. Wo er den Ton der höheren Begeisterung anstimmen will, ist er nicht in seiner Sphäre "). Uber über die frostige Tändelet, in der sich gewöhnlich die Kunst der Toilettendichter verliert, erhebt sich Waller mit vieler Kraft "), Die m) 3. B. in dem petrarchisirenden Liede, das sich anfångt: Say, lovely Dream! where could't thou find Shades to counterfeit that face? Colors of this glorious kind Come not from any mortal place. In heav'n it felf thou fure wer't drea And fee my joy with closed eyes. But ah! this image is too kind To be other than a Dream: Cruel Sachariffa's mind Never put on that sweet extreme! b) 3. B. in dem Liedchen auf einen Gürtel It was my heav'ns extremeft fphere, My |