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der Held seiner Erzählung wirklich vollbracht hatte; wollte er nur poetisch einkleiden durch. Darstellung und Sprache im Styl der vorzüglichsten Ritterros mane. So entstand fein Werf, das eben deßwes gen fein eigentlicher Ritterroman ist, aber sich der Idee des eigentlichen Epos mehr, als die meisten Ritterromane, nåhert, weil es eine wahrhaft große Begebenheit, die mehr als ein schönes Zusammens treffen merkwürdiger Abenteuer ist, als ein Ganzes dars stellt. Barbour, der als Archidiakonus zu Aberdeen schon ein angesehener Mann war, erhielt zur Bes lohnung für sein Gedicht noch einen besondern Jahrs gehalt von seinem König David Bruce, dem Nachs folger Robert's. Er starb im Jahre 1396. Sein Ruhm dauert in seinem Vaterlande bis diesen Tag. Denn nicht nur die Litteratoren kennen fein Ges Dicht; auch der gemeine Mann in Schottland liest set, nach der Versicherung eines neueren Litteras tors ), den Robert Bruce von John Barbour noch immer als ein altes Lieblingsbuch, bei wel chem sein Nationalgefühl, das von den Engläns dern so oft gedemüthigt wird, sich stärkt und ers wärmt. Unter den Litteratoren hat dieses Gedicht auch das Ansehen eines ersten Musters der echten schottischen Sprache, obgleich Barbour, um seine Sprache zu vervollkommnen, aus dem englischen Dialekte Wörter und Wendungen aufnahm. Kraft und Schwung der Sprache und der Darstel lung; lebendiges und unaffectirtes Colorit in den Beschreis

r) Pinkerton, in der Einleitung zu seiner Ausgabe der Ancient Scotifh poems,

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Beschreibungen der Begebenheiten $); Feuer des Gefühls und Würde des Ausdrucks '); sind die Vors

) Zum Beispiel in der folgenden Stelle aus der Beschrei bung einer Schlacht.

The Scottishmen fo well them bare,
And fo great flaughter made they there,
And fra fo feil the lives they reav'd,
That all the field was bloody leav'd.
All fide by fide fighting well near,
There might men hear many a dint,
And weapons upon arms ftint,

And might fea tumble knights and fteeds,
And many rich and rojal weeds
Foully defiled under feet.

Some held on' loft, fome tint the fuet.
A long while fighting thus they were,
That men in no wife might hear there.
Men might hear nought but groants and dinte
That flew, as men ftrike fire on flints.
They fought ilk ane fo eagerly,
That they made neither noife cry,

But dang on other at their might,

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With weapons that were burnifht bright.

t) Zum Beispiel in der folgenden Stelle, wo der Dichter sein Gefühl für Freiheit ausspricht.

O how Fredom is nobil thyng!
For it maks men to haif lyking.
Fredom all folace to men givis:
He lives at eis that frelie livis.
A nobil hart may haf na eis,
Nor nocht als that may it pleis
If Fredom fale. For fre lyving
Is yarnit abone uther thyng.
O he quha hes ay livit fre
May nocht knaw weil the properté
The aungir, nor the wretchit dome,
That is couplit to thirldom!
Bot gif he had affayit it,

Than all perqueir, he micht it wit;

And

Vorzüge, durch die das Werk des Barbour sich vor allen Gedichten seiner Zeitgenossen in der engs lischen und schottischen Litteratur auszeichnet, ob es gleich nur ein historisch poetisches Werk und fein Gedicht im höheren Sinne des Worts ist ").

Wenn wir von den metrischen Ritterromanen und ähnlichen Werken, deren Reihe in der englis schen und schottischen Litteratur bis in das funfs zehnte Jahrhundert herab reicht, zurückblicken zư den Werken der übrigen Dichter, die im viers zehnten Jahrhundert vor Chaucer auf der großbritannischen Insel berühmt wurden, so bemer: fen wir nur noch die vier Nahmen Davie, Hams pole, Longland und Gower,

Adam Davie, Marschal zu Stratfort les Bon bei London unter der Regierung Eduard's II., schrieb religiöse und erzählende Werke in holprichs ten Versen, nicht ohne poetischen Geist in einzelnen, Stels

And fuld think Fredom mair to pryse
Than al the gold men culd devyfe.

v) So darf man über diesen Dichter urtheilen, auch wenn man sein Werk nur aus Fragmenten und Auszügen kennt. Es hat mir nicht gelingen wollen, ein Eremplar des ganzen Werks zu erhalten, ob es gleich in Schottland öfter gedruckt, und im Jahr 1790, nach der åltestenHandschrift, von Pinkerton wieder herausgegeben ist. Nachricht von den früheren Ausgaben, nebst einigen bio, graphischen Notizen, findet man bei Pinkerton in der Lift of the Scotish poets, vor seiner Sammlung alter schottischer Gedichte. Man vergleiche Warton, Tom. I. P. 318.

Stellen, zum Beispiel Visionen (Vilions), Klas gen der Seelen (Lamentations of Souls), eine Legende vom heil. Alerius, und eine neue fas belhafte Erzählung von den Thaten Alexander des Großen *).

Richard Hampole, ein Doctor der Theo logie, der als Einsiedler lebte, ergoß seine from men Betrachtungen und Gefühle in Versen, die er Stachel des Gewissens (Prick of confcience) überschrieb. Man weiß aber nicht gewiß, ob Hams pole sein Gedicht aus dem Lateinischen (Stimulus confcientiae) eines Andern übersekte, oder ob dies ses lateinische und in Prose geschriebene Werk von Hampole selbst, und die englische Uebersetzung, oder Bearbeitung in Versen, vielleicht von einem Andern ist. Der Poesie brachte die ganze Arbeit in feis nem Falle sonderlichen Gewinn 3).

Desto merkwürdiger ist der Satyrifer Robert Longland. Er war Weltpriester und Lehrer zu Oxford um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, Unter dem Nahmen Peter Pflüger (Pierce Plow. man) ergóßte und belehrte er sein Zeitalter durch satyrische Visionen (Vilions), die beim ersten Anblick eine ganz neue Art von Gedichten zu seyn scheinen. Die Versart, welche Longland zu seiner Satyre gewählt hat, weicht von jeder andern ab, Die damals in der englischen Poesie üblich war. Die Verse sind ohne Reim; lange, zum Theil Daftys

x) Notizen und ausgehobene Stellen, die lang genug find, um diesen Dichter näher kennen zu lernen, liefert Wars ton, T. I. p 214 ff.

y) Vergl. die Notizen und ausgehobenen Stellen bei Wars ton, T. I. p. 255.

daktylische, zum Theil ganz unregelmäßige Zeilen, deren besonderer Rhythmus erhöhet werden soll durch den spielenden Reiz der Buchstabenharmonie oder 21litteration. Longland war nicht der Erfins der der Kunst, solche Verse zu machen. Aus den åltesten angelsächsischen Gedichten, die sich erhalten haben, sehen wir, daß er einen Nationalgeschmack wiederherstellte, der sich verloren zu haben schien 2). Uber Longland gab der veralteten Kunst der Allites ration einen ganz neuen Schwung durch den Rhyth mus, mit dem er sie vereinigte, und durch die uns gezwungenheit, mit der er sie in einem langen Ges dichte beibehielt. Seine Anhänglichkeit an die alten Formen der Pocsie seines Vaterlandes bewies er auch durch seine Vorliebe zu den angelsächsischen Wörtern, deren Gebrauch, anstatt der französischen, er zu erneuern suchte. Aber die französischen Wör: ter, die Longland verdrången wollte, hatten schon in der englischen Sprache feste Wurzel geschlagen. Longland würde von seinen Zeitgenossen als ein bars barischer Reimer verschmäht worden seyn, wenn er sie nicht durch den Geist seiner satyrischen Poesie zu fesseln verstanden håtte. Dieser zwar rohe, aber fräftige, pikante, moralische und jovialische, und in der Betrachtung des ganzen menschlichen Lebens philosophische Geist machte die Visionen Peter Pflů: ger's zu einem Lieblingsbuche seiner Nation.

Dem

fran:

z) Vergl. die kleine Abhandlung von Percy, On the metre of Pierce Plowman's visions, im 2ten Bande der Reliques of ancient Engl. poetry; und Warton, T. I. p. 266 ff. Nach Percy ist die Alliteration, anstatt des Reims, aus der alten scandinavischen Poesie in die angelsächsische übergegangen.

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