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Miscellen.

Herrn Dr. A. Birlinger.

Geehrter Freund!

Erinnern Sie sich noch des schönen Maitages, den wir im Jahre 1861 bei Gelegenheit einer Sitzung der gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Thurgau in Kreuzlingen an den schönen Ufern des Bodensees mit einander verlebten? Damals liessen Sie mir eine Anzahl Gedichte zurück, die sich auf den Toggenburger Krieg beziehen und die Sie, ich weiss nicht mehr, in welcher Klosterbibliothek des Landes aufgestöbert hatten, mit dem Auftrage, sie in irgend einer Schweizer Zeitschrift zum Abdruck zu bringen. Aber Zeit und Wechsel der Verhältnisse liessen mir die Sache aus dem Sinne kommen, da brachte plötzlich die Lesung ihres Namens unter den bandschriftlichen Nachträgen Schmellers zu den Mundarten Bayerns Ihren Auftrag mir wieder in Erinnerung, und ich komme hiermit demselben, wenn auch etwas verspätet, nach. Auf poetischen Werth machen Bärenhold's lustige Feldlieder keinen Anspruch, aber vielleicht sind sie für die Leser des Archivs doch nicht ohre Interesse als schweizerisches Sprachdenkmal des zweiten Decenniums des vorigen Jahrhunderts.

Dr. K. Braunemann.

An den unpartheyischen Leser.

Solt man jetz die lieder lesen
Wie vor 56 jahr

Machten ein so lautes wesen

Werd' bald stehen offenbahr
Daß mein dichten und mein singen
Nicht zu grob unhöfflich fall

Es ist jener alten dingen

Nur ein schwacher wiederhahl.

Finis.

Bärenhold's
Lustige

Feld-Lieder.

Das Dritte.

Doctor Martis T. Emetio und Purgatz für die Gelb-Goldsüchtige Badanella.

Oder Capitulation der

Stadt Baden.

Im Thon:

Als der graue Winter gstorben etc.
Gedruckt im Jahr, 1712.

1.

Zarte Jungfrau Badanellen

Wie seht ihr so kränklich auß,
Will der Magen euch geschwellen,
Oder was will werden drauß?
Euer Augen thun mir sagen,
Daß die Gelbsucht euch thu plagen.

2.

Es ist ja schon gantz verblichen
Euer Stirnen Helffenbein,

Von den Leffzen ist gewichen

Der gefärbt Corallen-Schein,
Euer anvor schöne Wangen

Jetzt mit Rosen nicht mehr prangen.

3.

Euer Leben ist verstopffet,

Euer Magen gantz verschleimt,

Merkt, der Puls drum ungleich klopfet,
Und zu Gesundheit sich nicht reimt.
Darumb so müßt ihr euch bequemen
Gute Mittel einzunehmen.

4.

Weil der Leber kleine Rörgen

Bey euch hart verstopffet seyn,

Weil vielleicht noch von Villmergen
Alte Grillen stecken drin,

Soll ein solches altes trutzen
Jetzt deẞ Bären Sieg außbutzen.

5.

Weil der Magen auch angfüllet
Mit zu vielem Gut und Geld,

Ist ein Mittel, das unwillet,

Von Herrn Marte angestellt,
Wann dem Bär ohn Widerstreben
Ihr zum Schatz die Schlüssel geben.

6.

Dises wird gar bald außführen,
Was im obern Magen z'viel,
Hernach müßt ihr auch purgieren
Mit dem Rha zu gleichem Ziel,
Hierbey muß man Wermuth schlucké,
Daß das Ubel thu fortrucken.

7.

Ihr müßt hierauff von euch geben
Sechzig Stucke ohnbeschwerd,

Alle Fahnen auch darneben,

Wie Herr Mars von euch begehrt,
Wann ihr d'Glocken dann auch kauffe,
Werd ihr etwas ringer lauffen.

8.

Neben diesem müßt ihr schwitzen,
So das beste Mittel ist;
Ohne Landvogt niemahl sitzen,

In dem Raht zu keiner frist,
Schwitzen müßt ihr noch darneben,
Schöne Geld-Summ hinzugeben.

9.

Endlich müßt ihr auch benennen,
Was deß Ubels Ursprung sey,
Daß Herr Doctor könn erkennen,
Und wol rahten auch darbey,
Was ins künfftig ihr solt meiden,
Wann ihr nicht wolt Krankheit leiden.

10.

Böser Lufft vor allen Sachen

Schadet eurem Temprament,

Kan im Blut ein Fäulniß machen,
Bsonders die man Südwind *) nennt,
Drumb solt ihr von selben Enden
So viel möglich euch abwenden.

11.

Gsaltzen Speisen müßt ihr lassen,
Kalte Milch ist auch nicht gut,
Sauren Essig müßt ihr hassen

Und durch süsser Liebe Glut
Suchen euer Oberherren
Gunst und Gnade zu vermehren.
12.

Lewen-Tappen für Jungfrauen
Hat gewißlich grossen Ruhm,
Bärsanitkel läßt sich schauen,

Ein wohlriechend schöne Blum,
Diese beyde solt ihr ehren,
Können euren Wolstand mehren.

*) Schau die Land-Charten.

13.

Nach Gebrauch der Mittel allen,
Fliehet auch Melancholey;
Laßt euch alles wohlgefallen,

Denkt daß alls von Gott her sey,
Denkt daß er die Mittel geben,
Zu verbessern euer Leben.

Das Vierte.

Badisches

Braut-Lied,
Und

dess Fried-liebenden Bären Unschuld.

Im Thon:

Weisstu nicht wo Breysach ist etc.

1.

Lieber ist dir nicht bewißt

Etwan durch dein reisen,

Wo das berühmte Baden ist?
Ey so thu mirs weisen,

Dort wo man den Berg auffgeht
Gar ein lustig Schlößlin steht.
Courage, Courage.

2.

Baden ist ein schöne Braut,
Herrlich außgezieret

Wird dem grossen Bär vertraut,
Der sie jetzt heimführet,
Ey wie lieblich und wie schön
Wird zum Tanz er mit ihr gehn.
Courage etc.

3.

Es ist ja ein ruhmlich Ding,

Für die Braut zu streiten,

Und die Freud ist nicht gering,

Solche zu erbeuten,

Wann der Neydhans mit Verdruß
Selbst der Sach zusehen muß.
Courage etc.

4.

Es ist auch der Hochzeit Brauch,
Daß man tapffer schiesset,

Der Heroisch Pulver - Rauch

Nur die Feind verdriesset,
Jungfrau, der Carthaunen Blitz
Sind nur tolle Freuden-Schütz.
Courage etc.

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