Beurtheilungen und kurze Anzeigen. Wayside Warbles; by Edw. Capern. London 1865. Unter diesem Titel liegt uns ein Band meist lyrischer Dichtungen vor, welche von der englischen Presse vielfach und günstig beurtheilt worden sind. Der Grund dieser mehr als gewöhnlichen Beachtung ist weder in erbabenem Inhalte noch in der künstlerisch vollendeten Form zu suchen, vielmehr in der Ursprünglichkeit derselben und in dem Umstande, dass der Verfasser eine Stellung einnimmt, wo man sonst weniger eine Beschäftigung mit der Poesie erwartet. Capern ist nämlich Landbriefträger in Bideford, Devonshire. Durch seine Thätigkeit in die Natur und zu stets wechselnden Scenen des ländlichen Lebens geführt, gestaltete seine poetische Anlage diese Erscheinungen zu eben so vielen Gedichten, die dadurch ein höchst werthvolles Gepräge objectiver Wahrheit erhalten; wenn nun sein Gemüth so recht warm alle Reize der ihn umgebenden Natur zu erfassen im Stande ist, wenn er den warmen Sonnenschein in durstigen Zügen trinkt und beim Anblicke des endlosen blauen Himmels aufjauchzt, wenn diese Natur sich für ihn belebt, der Vogel mit ihm singt und er in ihren Chor einstimmt zum Preise des Frühlings oder des Schöpfers, so müssen wir gestehen, dass ihm auch subjectiv das gegeben sei, was den Dichter macht. Wie aber seinen auf den Amtsgängen entstandenen und hingeworfenen Gedichten meist irgend ein kleines Ereigniss zu Grunde liegt, so war es bedingt, dass die meisten derselben, da sie erzählend anheben, einen epischen Anstrich erhalten, und viele, trotz ihres lyrischen Gehaltes zu wirklichen Balladen wurden; mehrere sind reine Balladen ohne lyrische Beimischung; doch sind ihm diese nicht sowohl als jene gelungen. Neben diesem Inhalte, dem frohen Genuss der schönen Natur, dem Preise seines reizenden Landes, der Schilderung ländlicher Scenen, bietet das Bändchen in seiner zweiten Hälfte unter dem Titel „Willow Leaves“ eine Reihe eben so rührender Gedichte als sie das Erzeugniss eines wahren, tief empfundenen Schmerzes sind. Der Dichter hat nämlich die Freude seines Alters, sein einziges Töchterchen verloren, und die Klage um den Verlust der kleinen Milly tritt uns unter den verschiedensten Formen entgegen. Bald erinnert er sich ihrer Reize, ihrer kindlichen unschuldigen Spiele, ihrer Anhänglichkeit an ihn, bald klagt er, wer ihm nun seine Lieder vorsingen werde, bald legt er irgend einen mit dem Sterben der Kinder in Verbindung stehenden Volksglauben zu Grunde, so in den Balladen The Robin is weeping und The Yeth-Hounds. Wie tief er aber auch den Verlust fühlt, seine Klagen sind gemildert durch einen festen frohen Christenglauben, dass er einst. was er hier verlor, im schönern Glanze jenseits wiederfinden werde. Auch im Sonette hat der Dichter sich versucht, zwar ungern, da er fühlte, dass die beschränkte feste Form seinem ungebundenen Fluge nicht zusage, es denn selbst recht glücklich in dem ersten Sonette ausdrückt; doch sind ihm einige recht wohl gelungen, so „Non-recognition" der Ge wie er danke, dass wir das Gute erst dann recht erkennen, wenn wir auf dem Punkte stehen es zu verlieren; auch „Ephemera" darf als gelungen bezeich net werden, ein Sonett, in welchem er das dauernde Wirken des wahren Dichters gegen den Eintagsglanz der grossen Masse stellt; es scheint zwar fast, als ob er sich mit diesem auch ein monumentum aere perennius habe weissagen wollen. Wenn Capern seine Ansprüche auf eine hohe Stellung in der Reihe der Dichter nicht ausspricht, so giebt er doch auch seine Berechtigung als solcher nicht auf: ,,Do not minor minstrels sing Allerdings ist seine Sprache im Ganzen einfach, der Reim gelingt ibm gut und das Ganze liest sich so schön, so melodisch, dass man gern die Mangel der Technik übersieht; diese aber bestehen vielfach in mangelhafter Versifikation, trochaische Zeilen wechseln mit jambischen. Anapaeste und Daktylen vertreten nicht selten die Stelle der Jamben; eine Strophe hat weibliche, die andern männliche Reime. Auch in der Gedankenverbindung erregt manches Anstoss, ich erwähne nur einer Strophe, worin er Devon besingt, als: „Mother of heroes, my best song be thine, Ringdoves that glow with each orient hue, And highlands enveloped in visions of blue." Mehr noch aber stösst man sich hie und da an der Incongruenz seiner Sprache und hierin übertrifft ihn (wie in Vielem) Burns bei Weitem. Nicht unbekannt mit der poetischen Literatur seiner Sprache, ja er macht sogar Parade mit seiner Belesenheit, bringt er in seinen Gedichten einfachen landlichen oder häuslichen Inhalts manchmal Ausdrücke an, die ihren Ursprung aus irgend einem Buche höhern Inhalts nicht verläugnen können, wir er wähnen nur zenith, zephyr, nymph of love and beauty für Mai u. s. w. Diese unbedeutenden Aussetzungen, die wir an den Gedichten machen können, hindern indess nicht, dieselben als eine recht freundliche Erschei nung zu begrüssen; sie stehen weit über dem Alltäglichen und wohl mehr als eines derselben dürfte werth sein in einer Sammlung englischer Dichtungen eine Stelle zu finden, wozu sie sich vorzüglich auch wegen ihres sittlichen und christlichen Inhalts eignen. Die kleine Auswahl, welche wir hier folgen lassen, möge zur Begründung des oben Gesagten dienen, doch wurden die Stücke hauptsächlich gewählt, um ein Bild des Dichters und seiner Richtung zu geben. Aus der „Dedication" True to my instincts, both in woe and mirth, A Spring Ditty, Hark! the missel-thrush is singing, Singing on the tree; All around his notes are ringing Ringing merrily. Sitting in the spray above, Thus he warbles to his love, Heaven's high vault with music filling Happy as the bird is he, And he carols cheerily, Love's own joy is in thy strain, Sing, my bonny bird, again. My Song. When the lusty Spring appears I shout, „This is no time for tears, I strive to wear a brighter face And pipe a gayer tune. Thus year by year I sing, you see, The wheels of life move heavily Then Autumn comes with harvest-time, And Winter rings its Christmas chime Yet whatsoe'er the change may be, Thus year by year I sing, you see, The wheels of life move heavily Without the oil of joy. More happy than a King. Give me the bright bird palaces, ,,Good bye to care, for here I feel Yes, I have known the ecstasy To quaff the sunshine of the skies Then, shouting, tell the listening world Aye! and this pleasure thou may'st share, Whère Nature is the antidote Of half our mortal woe. The Robin is Weeping. The robin is weeping, my baby dear; Weet, weet, weet, the robin is weeping. Weary, oh! weary the day-time wore; 'Tis a death-howl, babe, for thee Weet, weet, weet, the robin is weeping. The robin is weeping upon the_wall, The sexton has been with a little black pall; Weet, weet, weet, the robin is weeping. The robin is now on the garden gate; 99 Her husband is mourning their childless state, God help us to bear it! cries he. Weet, weet, weet, the robin is weeping. Auf dem Volksglauben in North Devon beruhend, das kranke Kind müsse sterben, wenn das Rothkehlchen seinen eintönigen melancholischen Gesang in der Nähe hören lasse. Who now will sing my Songs to me? In love with Nature more than fame And penn'd my ditties as they came Oft carold them in bygone days A vision in the future shone Hence forth my burthen here must be I drop in by a neighbour's fire, And mark the matron and the sire But every note is strange, and Oh For no one sings my „Patty Rowe" And thus my burden e'er must be Who now will sing my songs to me? And yet I think, when in my grave They'll say my songs were sweet and brave If not, no matter, for mine eyes Till then my burden e'er must be, Who now will sing my songs to me? Sonnet. I did not like the sonnet, for to me (!) |