Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

ersten Spuren des englischen National: Geistes und Charakters, der eigentlich erst im siebenzehnten Jahrs hundert sich völlig entwickelt hat, zeigen sich doch sehr früh. Diese Spuren muß der Geschichtschrets ber der englischen Poesie und Beredsamkeit verfol: gen; und es ist nicht schwer, sie zu entdecken, wenn man bis zum Ursprunge der Nation und ihrer Sprache zurückgeht.

Der germanische Charakter, der sich bis auf diesen Tag von dem romanischen durch ganz Europa unterscheidet, wurde seit der Eroberung des südlichen Britanniens durch die Angelsachsen der herrschende in diesem Theile der Insel. Alle Schicks sale, welche die englische Nation erlebt hat, konnten. diesen Charakter nur modificiren. Völlig umgebils det und den romanischen gleich wurde er selbst uns ter den normånnisch: französischen Eroberern nicht. Daß aber aus diesem germanischen Charakter ein englischer wurde, dazu trug die normannische Eroberung Englands unstreitig das Meiste bet.

[ocr errors]

In Italien, Spanien, Portugal und Franks reich konnten die deutschen Sieger, die sich diese al: ten Provinzen des aufgelöseten Römerreichs unters warfen, nur ihre Tapferkeit und Freiheitsliebe und ihre germanischen Verfassungen an ihre Nachkom: men vererben. Mit der Sprache der Provinji as len, wie man die besiegten, lateinisch redenden Eins wohner dieser Lånder nannte, nahmen die Gothen und Franken in ihrem neuen Vaterlande eine neue Denk und Sinnesart an, die durch die dauernden Einflüsse des Klima immer mehr entwickelt und be festiget wurde. Selbst die dänischen Normånner, die den Franken in Frankreich wieder die Provinz entris

sen,

sen, die seitdem Normandie heißt, wurden bald mit den Franken zu Franzosen. Aber die Angelsachs sen lernten in Britannien kein Brittisch; und was fie unter den Britten, deren land fie raubten, von römischer Cultur und Sprache vielleicht noch vorfins den mochten, war überhaupt von geringer, für die rohen Angelsachsen von gar keiner Bedeutung. Sie schmolzen auch nicht mit den Britten, wie die Frans fen und Gothen mit den Provinzialen der eroberten Lånder, unvermerkt zu einer neuen Nation zusanis men. Während der lange dauernden kleinen Kriege, durch welche die Angelsachsen endlich Herren des ganzen Landes wurden, das von ihnen seinen neuen Namen erhielt, wurden die alten Britten zum Theil ausgerottet, zum Theil flüchteten sie nach der Küste von Frankreich hinüber; und der Ueberrest zog sich unbesiegt in die Gebirge pon Wales zurück, wo er sich als freie Nation beinahe noch ein halbes Jahrtausend vertheidigte, bis es endlich dem Könige von England Eduard I. gelang, sie völlig zu unters jochen. Der germanische Stammescharakter der Angelsachsen blieb also auch von dem celtischen scharf geschieden,

Unverändert blieben auch die Nationaldenkart und die Sitten der Angelsachsen oder alten Engländer während der funfzig Jahre (vom J. 1013 bis 1066), da die Dänen über England herrschten. Denn die Dänen waren nicht nur eben so gut Germas nen, wie die Angelsachsen selbst; sie waren sogar unmits telbar mit ihnen verwandt, wie die angelsächsische Spras che beweiset, welche nichts anders, als ein Gemisch von Dänisch und Niederdeutsch ist. Darum fiel auch dent mächtigen Kanud dem Großen nicht ein, in der als 21 3

ten

ten Verfassung der Engländer etwas zu ändern. Er beherrschte sie nach denselben Gefeßen und Gebräus chen, wie seine Unterthanen in den skandinavischen Reichen Dänemark, Norwegen und Schweden; das heißt, er erkannte an ihnen halbe Landsleute an, Deren angelsächsische Verfassung, wie ihre Sprache, sich nur wenig von der skandinavischen unterschied a).

Aber die normannische Eroberung Englands Im Jahre 1060 brachte in der Denkart und den Sits ten der Engländer, wie in ihrer Sprache, eine große Veränderung hervor. Wilhelm der Eros berer behandelte die Engländer in jeder Hinsicht als eine unterjochte, von der feinigen völlig vers schiedene Nation. Die Normånner, die er nach England herüber führte, waren långst zu Franzosen geworden. Sie hatten nicht nur die Muttersprache ihrer Vorfahren vergessen; sie waren sogar schon Stolz auf den Vorzug geworden, die nordfranzösische Sprache, die nun die ihrige war, richtiger und feis ner, als die älteren Bewohner Frankreichs, zu reden

a) Es ist schwer zu sagen, ob man die alte angelsächsische Spras che ein dänisch modificirtes Niederdeutsch, oder ein nies derdeutsch modificirtes Dänisch nennen soll. Was sie von der dänischen Sprache, wie von den übrigen flandis navischen Dialekten, wesentlich unterscheidet, ist erstens der Mangel des standinavischen Artikels, der hinter den Subftantiven geseht wird (z. B. in den dänischen Wörtern Manden, Huufet, der Mann, das Haus ; von Mand, Huus; Mann, Haus; und zweitens der Mangel des sandinavischen Passivs in den Zeitwórs tern, z. B. elskes, geliebt werden, von elske, lieben. Uebrigens hat die englische Sprache noch jezt sowohl in den Wörtern, als in ihrer ganzen Form, weit mehr Aehnliches mit der dänischen, als mit der nieders deutschen.

[ocr errors]

den ). Wilhelm selbst ging seinen normännischen Rittern und Baronen, mit denen er sich in das ers berte England theilte, mit dem Beispiele voran, die Engländer und ihre Sprache zu verachten, Knechtisch gehorchen sollte das unterjochte Bolf; und wer unter der neuen Herrschaft nicht französisch lernen wollte, sollte zum Póbel gezählt werden. Die französische Sprache war auch damals schon so viel cultivirter, als die angelsächsische, und ihre ge waltsame Einführung in England wurde mit einer so consequenten Tyrannei durchgeseßt, daß nicht eing mal dasjenige Englisch, das jeht allein noch so heißt, aus der Mischung des Angelsächsischen mit dem Nors månnisch - französischen entstanden seyn würde, wenn nicht nach anderthalb hundert Jahren, als die Zeit die normännischen Familien mit den angelsächsischen enger vereinigt hatte, zwischen Frankreich und Engfand die blutigen und lange dauernden Kriege aus: gebrochen wären, in denen die Eugländer Herren des nördlichen Frankreichs wurden. Bis dahin, ehe die Nachkommen der französischen Normänner in England, von einem neuen Nationalgeiste hinges rissen, wahre Engländer und nicht mehr Franzosen seyn wollten, erhielt sich die angelsächsische oder alts englische Sprache nur im Zustande der tiefsten Ere niedrigung. Vom gemeinen Manne wurde sie noch eine Zeitlang gesprochen, und für den gemeinen Mann wurden noch in den Kirchen altsenglische Pres

digten

b) Ueber den Einfluß, den die französischen Normánner oder Normannen auf die französische Sprache und Litteratur gehabt haben, ist im fünften Bande dieser Geschichte der Poesie und Beredsamkeit ausführliche Nachricht gegeben,

[ocr errors]

digten gehalten. Aber bei Hofe und unter dem Adel wurde nichts, als Französisch, gesprochen. Alle Ges sehe wurden in französischer Sprache gegeben. Auf königlichen Befehl mußten sogar die Kinder in den Schulen angehalten werden, die Sprache ihrer Vás ter so viel, als möglich, zu verlernen ).

Eine natürliche Folge der gewaltsamen und methodischen Unterdrückung der alt englischen Spra che war die Entstehung der neus englischen, die in kurzer Zeit allgemeine Landessprache wurde, ob fie gleich bis auf die Regierung Eduard's III. oh. ne Ehre blieb. Es war dem gemeinen Manne nicht schwer geworden, französische Wörter zu lers nen, die er mit den alt englischen vertauschte, Aber gegen die französische Grammatik, so roh sie auch noch war, straubte sich seine eigene Rohheit, und vielleicht sein Selbstgefühl. Er sprach nicht nur jene Wörter nach seiner Art, und nicht französisch, aus; auch die meisten Wörter aus dem alten dänisch - nies derdeutschen Idiom wurden unverändert beibehal ten; und der Stamm der Sprache blieb unveráns dert, was er gewesen war. Französische Wörter, auf diesen alt englischen Stamm geimpft, und eben fo, wie die altenglischen Wörter, ausgesprochen, hatten in Kurzem nichts Fremdartiges mehr für die Nation. Die Gleichheit des Klanges machte die hes terogene Abkunft der Bestandtheile der neuen Spras He vergessen.

Mit

Mehrere Notizen über den Zustand der englischen Spras che unter der Regierung der normånnischen Könige fins den sich in Barton's Hift. of English poetry, T. I. P. 5 ff. Vergleiche die Geschichte der englis schen Sprache vor Johnson's Wörterbuche.

.:

« ZurückWeiter »