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des Papstes nachzukommen: Admonitis ergo fratribus et episcopis meis habitoque conventu vestrarum formam tenuimus literarum. Zum Concilium, das P. Martinus I. im Lateran zu Rom im Jahre 649 berief, wurde der heil. Johannes Bonus Erzbischof von Mailand, und zu dem ebenfalls in Rom 680 gehaltenen, der heil. Mansuetus Erzbischof der nämlichen Stadt vorgerufen, um Rechenschaft über ihren des Monothelismus angeschuldigten Glauben zu geben. Wer kann rufen ohne Autorität? Oder ist es Bes weis der mailändischen Unabhängigkeit, wenn wir dessen Hirten vor dem Richterstuhle des Papstes erblicken? —

Als nach dem Hinscheiden des heil. Damian ein ges wisser Armentarius auf den bischöflichen Stuhl von Pavia erhoben wurde, forderte der damalige Erzbischof von Mailand, Benedikt, daß Armentarius von ihm geweiht werden müsse. Benedikt stüßte sich auf das Ansehen des heil. Ambrosius, der die Rechte eines Metropoliten über ganz Ligus rien, wozu auch Pavia gerechnet wurde, ausübte. Armentarius wollte aber in Rom geweiht werden. Benedikt bes gab sich selbst nach Rom um sein gutes Recht zu vertheidis gen. Wie würden wir ihn auf der Straße nach Nom erblicken, wenn es mit der vorgeblichen Unabhängigkeit Mailands von Rom, seine Richtigkeit hätte, da hätte es weder einer Vertheidigung noch einer Klage bedurft, wenn der Inhaber des ambrosianischen Stuhles der Papst Liguriens gewesen wäre. Nach dem Tode des Erzbischofs Laurentius 593 schrieb Gregorius d. G. dem Clerus und Volke zu Mailand, einträchtig und ordnungsgemäß solle ihr Verfahren seyn in der Wahl eines Nachfolgers. Als bald darauf die mailändische Geistlichkeit durch zwei aus ihrer Mitte die Wahl eines gewissen Constantius brieflich anzeigte, so fand der heil. Vater Anstände aus Mangel der Unterschrifs ten. Die Sache ins reine zu bringen, schickte er den Subdiakon der römischen Kirche Johannes ab, um über die

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Negelmäßigkeit des Verfahrens Untersuchung anzustellen. Die Weisung, die ihm das Oberhaupt der Kirche gab, lautet so: Ubi illo perveneris, convocatis Mediolanensibus explorabis, an omnes in electionem Constantii consentiant, tumque pro more antiquo ex nostra Auctoritate eum ab Episcopis Provinciae consecrari curabis; ita ut Sacrae Sedis jura sine aliorum praejudicio conserventur. Zum Verständniß des leßten Saßes seßt der unvers dächtige Fleury bey: Die übrigen Bischöfe Italiens gingen um die Weihe zu empfangen nach Rom, in der Pros vinz Mailand weihte der Erzbischof die übrigen Bischöfe mit Einstimmung des Papstes, der Erzbischof selbst wurde von den Provinzial Bischöfen geweiht. Hat Rampoldi dieß Fak tum gekannt, oder nicht? - Zwischen den Jahren 1033 und 1038, also auch noch früher als das ominöse Jahr 1055, wo die päpstliche Macht die Kirche Mailands umringelt haben soll, sehen wir Rom, wie es den Bannstrahl gegen Heribert den Erzbischof von Mailand schleuderte, weil er sich einer Verschwörung gegen Kaiser Konrad schuldig gemacht hatte.

Sehr richtig bemerkt der italienische Theolog, daß in Bezug der Machtäusserung des päpstlichen Ansehens nach Verschiedenheit der Zeitumstände, auch Verschiedenheit der Anwendung statt findet; so sehen wir in der düstern Zeit, wo Pius VII. napoleonischer Staatsgefangener war, die Bischöfe die größte Gewalt ausüben, was um so nothwendiger war, da der Verkehr mit dem Oberhaupt der Kirche völlig unterbrochen war. Aehnliche Veranlassungen erklären auch wie in den Wirren des frühern Mittelalters unter Völkerwanderungen und den Konflikten, in welche die Päpste als Beherrscher des römischen Gebietes verwickelt wurden, das Ansehen der Päpste nicht so ungestört hervortreten konnte. Was endlich die Behauptung des Italieners betrifft, als hätten sich um 1055 Stimmen für und wider das

päpstliche Ansehen erhoben, und als sey daraus dann die Unterwerfung der mailändischen Kirche hervorgegangen, so ist letzteres ein grober Anachronismus, indem Rom nie anders, als den Primat über alle Partikularkirchen ausübend, erscheint, und obige geschichtliche Beweise das Gegentheil gerade in Bezug der Kirche von Mailand darthun; daß aber um jene Zeit sich Stimmen für und wider den Papst erhoben, ist allerdings wahr, so wahr wie Christus am Kreuze von eis nigen gehöhnt, von andern als Gottes Sohn anerkannt wurde. Um die Veranlassung verhielt es sich aber folgens dermaßen. Zur Zeit als der ehemalige Erzbischof von Florenz Gerard unter dem Namen Nikolaus II. der Kirche des Sohnes Gottes vorstand, saß auf dem Stuhle des heil. Ambrosius Guido von Pelate, der auf simonistischem Wege durch Kauf vom Kaiser zu dieser hohen Würde gelangt war, übrigens aber ein feiner verschlagener Kopf war, und selbst die Gunst Roms sich zu gewinnen verstand. Während aber in diesen Tagen das simonistische Unwesen und der Konkubinat der Geistlichen immer frecher sich ausbildeten; so fanden sich noch immer einige in der mailändischen Kirche, die über den Verfall der Kirchenzucht weinten; unter diesen zeichnete sich der Diakon Ariald aus, von dem der redliche Protestant Voigt 1) sagt, er sey ein frommer in allen göttlichen Dingen eifriger Mann gewesen, der schon längst Unmuth und tiefe Trauer über den fündlichen Zustand der Geistlichkeit in seinem Herzen getragen habe. Ihm schloß sich ein angesehener Bürger Landulf mit Namen an. Anstatt aber den schreienden Unfug schon gleich anfangs beim päpstlichen Stuhle anhängig zu machen, redeten sie laut über die schlechten Sitten und Ungebühr der Geist lichen und brachten das Volk zum völligen Aufruhr gegen selbe. In dieser sehr bedenklichen Lage wendete sich der

1) Hildebrand und sein Zeitalter. Wiener Ausg. S. 59.

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rzbischof Guido an den Papst, wußte durch eine ziemlich vers schobene Darstellung die Sache des mailander Clerus in ein ziemlich günstiges Licht zu sehen und hielt darauf auf den Rath des Papstes eine Versammlung zu Fontanetum, wo aber für die Reform nichts geschah, und blos der Bann über die unklugen Prediger ausgesprochen wurde. Erst jezt ges schah, was zuerst hätte geschehen sollen, daß Ariald nach Nom ging, ein wahres und getreues Bild von dem Zustande Mailands dem Papste vor Augen legte, und zugleich die sehnsüchtigen Wünsche der bessern Parthei, die von Rom aus Abhülfe erwarte, aussprach. „Der Papst beschloß ges gen die Bischöfe, die sich nicht keuschen Wandels beflissen, gelind zu handeln, um durch öffentliches Gericht über sie ihre Würde nicht in Unehre zu bringen, er trug daher dem so eben zum Bischofe von Ostia ernannten Petrus Damiani auf, kraft päpstlicher Autorität mit den Bischöfen geheim zu verhandeln, und sie zu bessern Wegen zu führen; allein Petern gelang sein ernstliches Vorhaben nicht 1)." Nicht mehr als Vermittler, sondern als Nichter und Reformatoren sendete nun Papst Nikolaus den Petrus Damiani und mit ihm den Anselmus Bischof von Lucca nach Mailand. Der Tag ihrer Ankunft war höchst ehrenvoll, am folgenden aber, wo die Legaten ihre Verbesserungsentwürfe in Anregung brachten, entstand eine nicht geringe Volksgährung, welche von den schuldbewußten Geistlichen vorbereitet worden war: „cine Neuerung sey was da vorgehe, Mailand sey nie römischen Geseßen unterworfen gewesen, der Papst habe kein Necht über diese Kirche 2).“ Würdevoll wies Peter Damiani, der in diesem Augenblicke von gezückten Dolchen einer rasenden Menge bedroht war, die frevelnde Sprache boshafter Schismatiker zurück: „Ich

1) Voigt 1. c.

2) Dieser Volksauflauf scheint die historische Quelle des flachen Rampoldi gewesen zu seyn.

bin gekommen um eures Heiles willen, nicht aus Ruhmsucht für die römische Kirche. Was kann dieser Kirche nach dem Lobspruche, den sie aus dem Munde des Erlös sers erhalten, der Dienst eines Sterblichen nüßen? Die Gränzen und Privilegien der Patriarchate, der Metros politankirchen und Diocesen der Bischöfe haben Menschen bestimmt, aber die römische Kirche bat Jesus Christus gestiftet, da er dem heil. Petrus die Schlüssel des ewigen Lebens gab. Es ist ungerechtigkeit, eine andere Kirche ihrer Rechte berauben, der römischen Kirche ihren Vorzug streitig machen, ist Keßerei.“ Das Volk, eines Bessern belehrt, gab sich zufrieden, und versprach den Willen der Legaten zu erfüllen, auch der Klerus ließ sich die Reform gefallen, nachdem dieselben einen außerordentlich milden Charakter in Bezug des bereits geschehenen entwickelten. Möge man aus dieser einfachen Darstellung die geschichtliche Treue des Verfassers der Corographia beurtheilen, wie nåmlich die päpstlichen Legaten die Urheber des Aufruhrs gc wesen seyen, und die Päpste erst bei dieser Gelegenheit angefangen haben die Kirche Mailands sich zu unterwerfen. Das Gesez des kirchlichen Cölibats ist älter als das Zeitalter Gregors VII.

Bei dem tausend und einmal wiederholten Einwurfe von Seite der Protestanten, daß das Cölibat- Gesetz · eine Erfindung des Teufels, ein Werk des Antichrist, eine päpstliche Neuerung, ein gottloses unnatürliches, polisch gefährliches, und weiß Gott was noch alles, anstößiges Geseß scy, und bei den treuen Nachklängen, die diese thörichten Anschuldig, ungen unter weibersüchtigen katholischen Geistlichen und feindseligen Canonisten von der Raçe eines Alerander Müller, Münch, c. gefunden, erscheinen so viele Schriften und Bemerkungen, welche die kirchliche Verordnung allseitig in Schuß nehmen, daß eine weitläufigere Erwiederung auf den

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