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ist nicht nöthig, den Beweis davon weit zu suchen, er ist gegeben. Die Absonderung falscher Erkenntniß, wie sie die Keßereien alle bezeichnete, konnte nicht ohne philosophisches und theologisches Wissen geschehen. Die Anwendung der christlichen Ideen auf das bürgerliche und Staatsleben der Völker konnte nicht ohne Untersuchung des positiven und natürlichen Rechtes vor sich gehen. Die Untersuchungen der Natur und aller ihrer Gegenstände, ins besondere als Heilmittellehre auf die menschliche Gesundheit bezogen, hing mit der Theologic, 3. B. als Teleologie eng zusammen. Um alle diese Unters suchungen zu fördern, entstanden die Universitäten, und zwar in Italien zuerst, dem eigentlichen Sitz der kirchlichen Entwicklung. Daß in dieser Zeit sogar aus Klöstern die scholastische Philosophie, welche an Tiefe und Umfang der neuern nicht nachsteht, hervorging, wer weiß das nicht? Die Ers findungen des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts, auf denen bis jezt alle Verstandes-Cultur beruht und ohne die alle neuern Erfindungen nicht denkbar wären, folgten aus jener ebenso gründlichen als allgemeinen Intelligenz ganz natürlich. Die Baukunst, ich meine insbesondere die gothische, die Malerei und Bildnerei, die Poesie und allgemeinere Lites ratur, die Kunst der überseeischen Schifffahrt und alle großen Erfindungen, stammen sie nicht aus dem Mittelalter? Oder sind die Protestanten die Erfinder der Universitäten, des Pulvers, des Compasses, des Straßenpflasters, der Gassenbeleuchtung, der Brillen, der Glasspiegel, der Uhren, des Papiers, der Buchdruckerkunst, der Hansee, der Kirchenmusik, der Baukunst, Apotheken, Posten, Flinten 2c.? Haben sie die alten Sprachen zuerst kultivirt? Lebten durch sie die Italienischen Malerschulen auf? Waren die Dichter Dante, Petrarka, Boccaccio Protestanten? Haben sie den Welthandel angeregt, die Italienische und Spanische Literatur hervorges rufen? Wäre die Geschichte nicht von dem partheiischen Verstande der Protestanten so sehr verdorben worden, so wüßte

jeder Knabe, daß diese ganze Entwickelung ein natürliches Ergebniß der christlichen Offenbarung und der katholischen Kirche war, und daß die sogenannte Reformation insbesons dere für Deutschland, England, Norwegen und Schweden nichts anders that, als zerstörte, daß sie aus dieser geistigen Entwicklung, welche über ganz Europa ausgedehnt und die großartigste war, die je in der Geschichte erscheinen wird, indem die tiefste Intelligenz allen geistigen und materiellen Objekten in Frieden zugewandt war, daß, sage ich, die Res formation aus dieser Entwickelung die negierende Kraft heraushob und ausbildete, und daß sie dieß dadurch vermochte, daß sie diese auflösende Kraft gegen das die Gesammtentwicklung tragende Element, das Bestehen der Kirche und Offenbarung, wandte. Denn diese waren die Träger gewesen, mit ihnen mußte sich alles auflösen und in die Greuel auss einandergehen, die bis jeßt gefolgt sind. Die äußern Folgen weiß Jeder, der die Geschichte nur oberflächlich betrachtet. Krieg und Streit gegen alles Bestehende war seitdem und ist bis auf den heutigen Tag überall thätig. Denn als diese einseitige Entwicklung des Verstandes alle positiven Lehren der Offenbarung abgenagt hatte, richtete sie sich gegen das Bestehen der Staaten und gebar die Revolution, rekrutirte sich dann während der Gewaltherrschaft Napoleons in allen Ländern Heere von Gleichgesinnten, Jlluminaten und Freimaurer, welche nunmehr in katholischen Ländern, wo noch etwas zu zerstören ist, thätig sind. In Deutschland hatte es das Unglück gewollt, daß zuerst außer der innern, zerfressenden religiösen Entwicklung alles Geistige und Leibliche von dem dreißigjährigen Kriege zerstört wurde, um die magere Giftblume der deutschen Literatur auf diesem Todtenacker hervorzutreiben. Der alte, frische germanische Geist war in sterile Grübelei verfallen, der nichts lebendig Großes und Haltbares zu schaffen im Stande war. Denn was ist aus der Politik und Staatskunst des mächtg alles leitenden deuts

schen Reiches geworden? An Frankreich ist diese Stelle abgetreten. Was hat die Rechtsentwicklung für Fortschritte gemacht? Sie hat eine chaotische Masse von Gesezen geboren, die theils germanischer, theils slavischer, theils südlicher, theils nördlicher Natur eins das andere negirten. Was ist aus der Medizin geworden? Eine negative Theorie hat die andere bis in die leersten Spekulationen verdrängt, nur die Naturwissenschaften folgten ziemlich ihrer Entwicklung; die ästetische Seite der Literatur aber von allem Positiven entblößt, hat sich in den Dienst der auflodernden, niedern, sinnlichen Lebensrichtung gestellt, wovon sich selbst das hohe Talent Göthe's nicht frei halten konnte. Was aber, saget doch ihr protetestantische Sprecher, hätte aus jener Grundlage geistiger Entwicklung der christlichen Offenbarung, wie sie bis zur Nes formation fortgeschritten war, werden können, werden müssen, ohne die Reformation? Es wäre eine schöne Preisaufgabe, welche die Lösung dieser Frage bewerkstelligen hälfe.

Was haben nun diesem ganzen Fortgang der Dinge gegenüber die Katholiken gethan? Sie haben sich am Ans fange gewehrt und gerettet, was zu retten war. Ganze Länder haben sich äußerlich von dem Gifte frei gehalten; aber während dieser Wehre fraß es sich innerlich durch), verdrängte endlich als Freimaurerschaar die einzige Gegenmacht, die Jesuiten, drang dann in weltliche und geistliche Schulen und herrscht nun überall Dieses endlich einzusehen, scheint nun an der Zeit zu seyn, nachdem der Protestantismus mit seinen Brüdern seine Rolle durchgespielt und Alles so gründlich zerstört zu haben scheint, daß nichts mehr übrig ist und nun an neues Aufbauen gedacht werden kann. Es gilt endlich, daß die Einsichtigen das verkehrte Treiben in Wissenschaft und Kunst allgemein erkennen und die Trümmer zu neuem Aufbaue sammeln. Dazu gehört vor Allem die Behandlung der Religion in niedern, höhern und höchsten Schulen. Wenn in Zeiten des religiösen Glaubens und kirchlichen Lebens ges

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wöhnlicher Unterricht und Uebung ausreicht, so muß in unserer niedern, materiellen, kirchlich todten Zeit ganz Anderes geschehen, um nach Oben zu führen. Aller Unterricht muß nicht mehr das Wissen zum Zweck haben, sondern den les bendigen Glauben zur Gesinnung und That. Achtung und Verehrung der religiösen Wahrheiten muß nach dem Unterrichte den Schüler durchdringen und alle leere Grübelei des Verstandes von ihm abhalten. Das Reich Gottes, d. h. die Herrschaft der großen Wahrheiten der Menschen soll nicht bloß im Verstande und der Intelligenz ruhen, sondern in jedem Lebensakt äußerlich in der That erscheinen und dieses den Unterricht bewirken. Solch elendes Wissen, wie es heut zu Tage in diesen Dingen überall erscheint, was soll das bewirken? Ueberdieß macht das bloße Wissen, selbst der göttlichen Wahrheiten, bekanntlich stolz; das Wissen, welches in Gesinnung und That übergeht aber bescheiden und demüthig. Darin unterscheiden sich auch die alten und neuern Philosophen und Weisen; jene wußten und thaten das Gewußte in Bescheidenheit, diese wissen bloß, und erheben sich in Dünkel. Die kirchlichen Uebungen müssen diesem Unterrichte entsprechen, öfter und in anderer Weise gehalten werden, als wie sie wirklich überall, auch selbst in ganz katholischen Ländern erscheinen. In einer Zeit, wo in den Familien entweder gar nicht an Gebet gedacht, oder Morgens, Mittags und Abends, so bloß dem Herkommen nach, ohne allen Glauben und Hingabe des Herzens gebetet wird, wie es ja wirklich geschieht, da darf sich der Gottesdienst nicht auf ein heiliges Opfer, an dessen Wirksamkeit nicht gedacht und nur halb geglaubt wird, nicht auf eine Predigt, noch auf Verbesserung oder gar Verdeutschung der Gesänge beschränken; Alles muß in einen lebendigen Cult übergehen, der die Herzen der Gläubigen fesselt und aufrichtet, die Lauen weckt, die Zerstreuten sammelt, die Ungläubigen herbeiruft. Keine Messe sollte, namentlich in Städten, ohne

belebende Vorlesung von religiösen Betrachtungen, abwechselnd mit Gebeten, gelesen werden, kein religiöser Unterricht, sey es in der Schule oder der Kirche, ohne darauf bezügliche Betrachtung und Gebet beendigt werden, überhaupt jeder Unterricht nicht auf das kalte, für das Kind wie den Erwachsenen frostige Wissen ausgehen, sondern auf Erwär mung und Belebung des religiösen Gefühls. In den Schu len aller Art, die Universitäten, am wenigsten aber die Schullehrer-Seminarien ausgenommen, sollte dies täglich und stündlich bei den einzelnen, auf Religion bezüglichen Unterrichtsgegenständen geschehen. Die Sakramente dürfen nie ohne öffentliche Belehrung, Betrachtung und Gebet in unserer Zeit empfangen werden, besonders diejenigen nicht, welche bei öfterm Gespendetwerden, wie die heil. Communion, Beicht und Ehe, bei welcher leßtern eine belehrende, nicht selten empfindsame Rede, ja jezt schon selten fehlt. Viele Geistliche und Laien, niedere und hochgestellte Personen, erkennen diese, mit allen Mitteln beseelende Belebung des religiösen Sinnes, als das einzig nothwendige und helfende Element in unserer verworrenen Zeit, an, und werden durch Wort, Schrift und That mitwirken, daß es ins Leben trete. Alle wohlgesinnten Katholiken und insbesondere katholische, öffentliche Blätter, sollten diesen Gegenstand stets im Auge behalten und zur Sprache bringen.

Alle Regierungen, wenigstens die wohlgesinnten Mitglieder derselben, sollten dahin arbeiten, daß die Lehr- und Erziehungsanstalten in diesem Sinne thätig wären, und im Falle sie erkennen, daß sie dieses nicht vermöchten, sollten sie sich ihrer mit Unrecht angemaßten Vormundschaft darüber begeben. Die katholischen Lehrer höherer und niederer Anstalten, werden, wenn es ihnen mit wahrer, höhern Bildung und deren Einpflanzung Ernst ist, von jenem Geiste falscher Wissenschaft ablassen, und statt von dem falschen Verstande beseelt niederzureißen, in der That aufbauen helfen. Die

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