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zel in der Uroffenbarung hat, genauer, gleichsam objektive, bestimmen, und die Centralidee derselben aufstellen, zu« gleich aber auch ihr durch den Abfall eingetretenes Verderb niß nachweisen, die Erlösungsbedürftigkeit des Menschengeschlechtes darthun und daraus die Nothwendigkeit einer zum Behufe der Restauration einzutretenden positiven Offen barung begreiflich machen. Sofort wäre der Begriff einer positiven Offenbarung aufzustellen, ihre Möglichkeit und Nothwendigkeit zu erweisen und die Kriterien derselben zu bestimmen. Lezteres ist nun von dem Herrn Verfasser wirklich geschehen und zwar von S. 31-76, A. S.25-54; jedoch ohne irgend einen Zusammenhang mit den von uns bemerklich gemachten Fundamentalbegriffen der speculativen Theologie. Was wir aber an diesem Abschnitte noch besons ders auszuseßen haben, besteht darin daß der Zweck einer übernatürlichen Offenbarung (die jeßt immer mit Beziehung auf den Abfall und die dadurch nothwendig gewordene Restauration des Menschengeschlechtes betrachtet werden sollte) zu einseitig auf das Moment der Belehrung eingeschränkt wird, S. 39, als ob es den Menschen bloß an Erkenntniß der Wahrheit und nicht auch an Versöhnung mit Gott und an einer höhern Lebenskraft gebreche, als ob überhaupt ein Verfallen an den Irrthum ohne Sünde, und eine Befreiung vom Irrthume ohne Befreiung von der Sünde denkbar sey, als ob sich nicht das Christenthum gerade dadurch ganz be sonders charakteresire, daß es nicht bloß himmlische Lehren, sondern auch göttliche Aktionen im engern Sinne, zu seiner Grundlage hat man denke nur an die Thatsachen der Menschwerdung, des Todes, der Auferstehung Christi; daß bloß von einer Erwünschlichkeit einer übernatürlis chen Offenbarung gesprochen wird S. 41, die Ansicht von einer Nothwendigkeit derselben als ein Theologumenon dahingestellt bleibt S. 43, während sich früher derselbe Herr Verfasser A. S. 26-28 unverkennbar zur Lehre von einer

Nothwendigkeit derselben, wenigstens dem Worte nach be kannte, also unsers Dafürhaltens in seinem neuern Werke einen wahren Rückschritt machte. Auf diesen Punkt von der Nothwendigkeit einer positiven Offenbarung müssen wir etwas näher eingehen. Wir haben es oben als einen wes fentlichen Zweck der speculativen Dogmatik bezeichnet, die Offenbarungswahrheiten (Dogmen, seyen es nun Lehren oder Thatsachen) in ihrer innern Nothwendigkeit zu begreis fen. Bei der bloß historischen Construction der Dogmatik ist in Betreff unseres Punktes nur das wirkliche Vorhandenseyn einer positiven Offenbarung nachzuweisen; der speculative Dogmatiker dagegen hat das Historisch-Vorhandene der Zu fälligkeit zu entreißen und in seiner innern Nothwendigkeit darzuthun, nicht nur zu zeigen, daß etwas ist, sondern daß es nothwendig ist, und nothwenig so und nicht anders ist. Dieß hätte nun auch hier geschehen sollen, da der Verfasser eine speculative Theologie schreiben wollte. Die fragliche Noth wendigkeit einer positiven Offenbarung ist aber aus dem seither Borgekommenen leicht zu erweisen. Bedurfte der Mensch, um seine geistige Anlage, seine Ebenbildlichkeit Gottes, auszus wickeln und sich zur Aehnlichkeit mit Gott empor zu heben, göttlichen Lichtes und göttlicher Gnade, also einer Uroffens barung als Erziehung durch Gott was beiläufig gesagt, wirklich Lehre der katholischen Kirche ist, Conc. Trid. Sess. 5, cap. 2; um wie viel mehr wird er dessen bedürftig seyn, nachdem er durch die Sünde sich der Knechtschaft des Fleis sches und Satans überantwortet hat; kann der Mensch, der gefallene, seine Bestimmung nur dann erreichen, wenn er eine neue Schöpfung geworden ist, so muß Derjenige, dessen Geschöpf er ist, seine schöpferische Wirksamkeit an ihm ers neuern; liegt es im Wesen Gottes, seinen Schöpferwillen nicht vom Geschöpfe abzuziehen, sich als den Erhalter de Schöpfung zu erweisen, so muß sich diese erhaltende Tha tigkeit Gottes ganz besonders dadurch kund geben, daß er

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dem Geschöpfe zur Aufhebung der durch es veranlaßten Störung der göttlichen Ordnung behilflich ist; ist für den Menschen, so lange er in seinem normalen Verhältniße gegen Gott verharret, die materielle Schöpfung ein Buch der geoffenbarten Macht und Herrlichkeit Gottes, so lebt er, wenn er der Sünde verfallen ist, auch im Zerwürfnisse mit der Natur und er kann sie als eine fortwährende Manifestation Gottes ansehen, aber auch nicht, so wie er sich in gleicher Weise zu einem Ignoriren und Unterdrücken seines eigenen Gottesbewußtseyns bestimmen kann. Es ist ihm das her eine Offenbarung nothwendig, die er immermehr in seine Gewalt bekommen kann, worin sich ihm Gott erweist als erhaben über seine Intelligenz und seine Willenskraft, und als erhaben über die Natur, als den Herrn der Schöpfung. Es ist daher nur als eine weitere Üngenauigkeit und als ein Beweis von Abgang an tiefer Speculation zu betrachten, daß der Herr Verfasser durchweg Wunder und Weisaguns gen nicht in ihrer innern Nothwendigkeit zum Behufe einer göttlichen Offenbarung darstellte, sondern sie als etwas bezeichnete, das dieselbe begleiten und äußerlich konstatiren kann, aber auch nicht, ein Mißgriff, vor welchem ihn schon die Wahrnehmung hätte sichern sollen, daß überall, wo man sich auf eine göttliche Offenbarung beruft, man zugleich auch Wunder und Weissagungen vorgiebt, nichts davon zu sagen, daß Herr Dr. Brenner selber so oft und so gerne von einer Sparsamkeit Gottes in der Wirkung von Wundern spricht und so auf den Gedanken gerathen könnte: wären Wunder nicht nothwendig bei einer übernatürlichen Offenbarung, Gott würde vermöge seiner Sparsamkeit keine Wunder damit verbinden.

6. Ist auf solche Weise die Möglichkeit, Nothwendig keit und Erkennbarkeit einer positiven Offenbarung dargethan, sind ihre Criterien nach allgemeinen Umrissen gezeichnet, so hat sich der speculative Theologe nach historischen Er

scheinungen umznsehen, die für göttliche Offenbarungen ausgegeben worden sind, oder auch jetzt noch ansgegeben werden. Sein dießfallsiges Geschäft umfaßt die Lösung der drei Fragen: a. sind die Zeugnisse für das Vorhandenseyn. einer solchen Offenbarung ächt und unverfälscht und glaubwürdig? (eine Frage, die, wie oben bemerkt wurde, in den Vorlesungen über Einleitung in's A. u. N. T. zu lös sen ist und deßhalb auch vom speculativen Theologen umgangen werden darf). Die befriedigende Lösung dieser Frage bildet die historische Wahrheit einer Offenbarung. b. Ist der Inhalt dieser Offenbarung der Art, daß er sich als eine genauere Begrenzung und bestimmtere Ausprägung einer Vernunftidee, oder genauer, der Centralidee der na türlichen Offenbarung ankündigt? Hier ist also der wesentliche Inhalt der angeblich positiven Offenbarung mit der Centralidee der natürlichen Offenbarung, deren Konstruktion in der vorigen Nummer verlangt wurde, zusammenzuhalten, und ihre wesentliche Identität in den Hauptgrundzügen nachzuweisen. Das befriedigende Resultat dieser Untersuchung konstatirt die rationelle, die philosophische Wahrheit einer Offenbarung. c. Hat diese angebliche Offenbarung den Charakter einer übernatürlichen Wirksamkeit Gottes unter den Menschen d. h. zeigt sich in derselben eine über die menschliche Erkenntniß und Willenskraft und über die Naturgesetze erhabene Intelligenz und Wirksamkeit? Die be friedigende Lösung dieser Frage konstatirt die göttliche Wahrheit einer Offenbarung. Unter diesen drei Gesichtspunkten nun sind die angeblichen Offenbarungen der Heiden und die mosaische und christliche zu betrachten und daraus die Falschheit der Erstern, sowie die historische, philosophische und göttliche Wahrheit der Leßtern und daraus auch das wesentliche Zusammengehören der als wahr bes fundenen Offenbarungen darzuthun und ihre Gentralidee als das Resultat der gesammten Untersuchung aufzustellen. Die

Erörterung dieses Punktes bildet den bei weitem größten Theil des vorliegenden Werkes von S. 76-215, S. 412

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584, S. 602 768, so auch A. S. 56 - 114, G. 253 495, so daß diese Partie, wenn gleich an sich die Inhaltreichste, doch offenbar in einem Mißvers hältniß mit den übrigen steht, im Mißverhältniß, das seinen Grund darin hat, daß der Herr Verfasser glaubte, die Aechtheit und Unverfälschtheit der hl. Urkunden nachweisen, alle einzelnen Wunder und Weissagungen aufzählen, sie als solche darthun, die erhobenen Einwendungen speciell würdigen und entkräften zu müssen, während es unseres Dafürhaltens hinreichend gewesen wäre, blos das Hauptsächlichste hervorzuheben und die Einwendungen unter allgemeine Gesichtspunkte zu bringen und als nichtig abs zuweisen. So sehr wir übrigens auch hier wieder der ausgebreiteten Gelehrsamkeit des Herrn Dr. Brenner Gerechtigs keit wiederfahren lassen müssen, so sehr uns einzelne Partieen angesprochen und vollkommen befriedigt haben: so sehr müssen wir es auf der andern Seite auch bedauren, daß er das eigentlich speculative Moment auch hier wieder zu sehr in den Hintergrund gestellt hat, philosophische Wahrs heit von der göttlichen nicht unterscheidet oder vielmehr die philosophische Wahrheit einer Lehre darin seßt, daß er sie als eine in der positiven Offenbarung Enthaltene nach weiset. Ebenso vermissen wir die Aufstellung der Centralidee der geoffenbarten Wahrheit und ihrer Vergleichung mit der Centralidee der natürlichen Theologie mit der Nachweisung ihrer wesentlichen Identität. Kürze halber können wir uns ins dessen hier nicht in alles Einzelne einlassen.

7. Es ist also die dreifache Wahrheit der positiven Offenbarung dargethan: was als geschehen referirt wird, ist wirklich geschehen, die mitgetheilten religiösen Wahrheis ten haben sich wirklich als mit der natürlichen Theologie übereinstimmend aber auch als von Gott kommende Offens

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