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Und warum? Sie drehen sich um einen todten Mittelpunkt, der in ihnen weder selbstlebendig war, noch durch Derivation von, und Assimilation mit der Kirche les bendig gemacht wurde. Da hilft es nicht die eigne innere Leere mit Ausdehnung der Peripherie, durch äußere Machts vermehrung auf Kosten der Kirche zu erweitern, und eben so wenig mag sie durch Arrogirung innerer Gewalt auf Kosten der kirchlichen Autonomie ergänzt werden; weil kein Raub in Wahrheit dem Elend und der Armuth des Thäters abhilft. Auch kann weltlicher Enthusiasmus hier nicht auf lange hin aushelfen, weil er mit dem Verschwinden oder Verändertwerden der Ursachen, welche ihn hervorgerufen, von selbst verraucht.

Wo aber nur nach den jeweiligen und zufälligen Conjunktionen man sich richtet, und richten kann, ist im Gegens streite des Prinzips und der Erscheinung ersteres der zweiten ganz aufgeopfert worden. Ein viel unrühmlicheres, gefähr licheres und des geistigen Menschen unwürdigeres Verhält niß als jener entgegengeseßte Mißstand, bei dem man in starrer Festhaltung des Prinzips die Erscheinung nicht bes meistert, sondern verliert, und somit der Wirklichkeit und Gegenwart enthoben wird. Denn wer das Prinzip festhält, hat doch die gute Hoffnung, zu seiner Zeit dasselbe wieder, wenn es immer wahr ist, sicher in Wirksamkeit zu sehen; wer aber bloß in der Erscheinung vegetirt, ist damit um so schnellerem und gewifferem, als bleibendem Vergehen aus gesetzt. Es substituirt sich hier als Prinzip eine Fiktion, die Befriedigung und Begegnung der Bedürfnisse des Augenblicks. Denn mit ihrem ganz vergänglichen Grundcharakter an das Ewige gehalten, ermangeln sie allerdings der Wahrheit in sich, und erscheinen darum in Bezug auf das Ewige als Fiktion; wie hart sie auch eben darum, dem Alp gleich, auf ihre Zeit drücken, welche von ihnen, um ihres Widers spruchs mit dem Ewigen willen, nicht befreit werden konnte.

Hier ist dann der Mittelpunkt ein nicht bloß tobter, sondern in Wahrheit `entschwundener, und forthin entschwindender zu nennen.

Vieles Siehergehörige könnte noch erörtert werden; wir wollen jedoch mit Uebergehung dessen, den lebendigen Mits telpunkt und seine Sphäre noch etwas weiter berücksichtigen.

Republik, Monarchie, Konstitution, Kaiser, König, Präsident u. dgl., sogar in gewisser Beziehung Obrigkeit, Gesetz und Gewalt, sind je einzeln vom weltlichen Staate zu trennen, ohne daß er damit absolut selbst aufhörte: aber Papst und Bischof von der Kirche nicht. Dieß weist · uns auf ein tieferes Verhältniß beider zum geistlichen Staat, und führt uns dorthin, daß Christus nicht blos das Wesen der Kirche, sondern auch die Erscheinung derselben für alle Zeiten in ihren Grundverhältnissen und Grunds formen geordnet hat. Hierin durfte nichts dem Zufall, der Willkür, dem Volks- und Zeitcharakter überlassen bleiben; denn die heilige, infallible, und unantastbare Stabilität der Kirche und kirchlichen Repräsentation sollte Haltpunkt, Vorbild, Heilmittel und Regeneration aller sozialen Weltverhälts nisse für die kommenden Zeiten seyn. Die Repräsentation der Kirche, ihre Verfassung und Gewalt ist daher unlösbar von ihr selber; sie ist nicht äußerlich übertragbar, und derivirt sich nur durch Weihe mit Wahl und Sendung, also durch übernatürliche Kräfte und Weihen.

Die Ehe zwischen Papst und allgemeiner, und Bischof und partikularer Kirche ist unauflöslich in Bezug auf Alles, was von Außen zwischen dieses mystische Sakrament tres ten mag i). Daher hat die ewige Wahrheit in der ganzen

1) Nur in Folge geistiger Fornication, wie öfters im Mittelalter, oder Kundgebung selbsteigenen Willens, wie z. B. in neuesten Zeiten die Bischöfe von Marseille und Amiens, oder einer allerböchsten kirchlichen Rücksicht und Nothwendigkeit wie beim franzö

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Welt, unter allen, von ihrem Prinzip oft so verschiedenen Organen, nur allein in den Kirchenvorstehern ihre permanenten Repräsentanten. Wahrheit, Recht, Geseß, Ordnung, Civilisation wird allein durch sie für immer und unaufhörlich vertreten. Wenn auch heute dieser, morgen jener Staat, oder einzelne Regenten und Personen hierin Gottes Werkzeuge sind, und Großes durch sie vollführt wird; so kommt doch immer die Zeit, wo die Staaten gehaltlos und darum gebrochen werden, und die Träger der Gewalt von der Weltbühne abtreten. Nur die Kirche und ihre Organe bleiben in ihrem ewigen Berufe und Wirken immer unverändert stehen.

Daher aber auch die Erscheinung, wie sie die ganze nachchristliche Weltgeschichte, außer der katholischen Kirche, so konstant nicht darbietet: daß um des Prinzipes, um der Wahrheit willen, sie nicht bloß und nicht so oft, als vielmehr ihre Vertreter und Bekenner, Papst, Bischof, Priester, gläus biges Volk verfolgt wurden und werden sollten. Namentlich da Papst und Bischof die Mittelpunkte der Einheit und Repräsentanten der Wahrheit sind, wurden beide immer da angegriffen und persönlich vorgeschoben, wo man sich als unmittelbaren Feind der katholischen Wahrheit offen zu ers klären, sich nicht getraute, oder auf diesem Wege sicherer zu seinem Ziele zu gelangen hoffte.

Die Kirchengeschichte lehrt uns von ihren ersten Tagen an, und am Erlöser ja selbst: wie immer, oft unter vors geblicher Achtung und Liebe der Wahrheit, ja um dieser selbst willen, die selbe wahrhaft repräsentirenden Personen

sischen Concordat unter Napoleon, kann dieses oberhirtliche Band
und zwar durch die Kirche oder den Papst allein aufgehoben
werden. Die Weihe aber ist unaufhebbar. Den Vergleich mit dem
Chesakrament will man also nicht als in allen Beziehungen statt-
habend geltend machen.
A. d. R.

Katholik. Jahrg XVIII. Sft. II.

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vor Allem bedrängt wurden. Denken wir an die heidnischen Christenverfolgungen, wem galt und gilt es da vor Allem, als dem Papst, Bischof und Clerus? Waren sie, wegen der Menge der Christen, hie und da nicht ausschließlich verfolgt? Steigen wir in andere Zeiten, in die der Verfol gungen durch Keßer und Schismatiker, oder gottlose Katholiken selbst. Wem galt es hier in der Person des heiligen Athanasius? Wie wurde damals von der arianischen Parthei zur etwa möglichen Bethörung des christlichen Volkes so sorgfältig vermieden, und mit so arglistiger als gottloser Betheurung behauptet: man verfolge den Glauben nicht. Nur dem starrköpfigen, eigensinnigen Athanasius gelte es, welcher Uneinigkeit erhalte ; die Vereinigung der leicht nur verschiedenen Partheien böswillig hintertreibe; durch Vorents haltung der nach Constantinopel bestimmten Frucht öffents liche Calamitäten, und dadurch Aufruhr stifte; den Fries den und die Ruhe des Staates störe; Morde, Zauberei, sakrilegische Unzucht u. dgl. verschulde; der seinen Unters gebenen nicht Gerechtigkeit widerfahren lasse; dem allgewaltigen Willen und Gebot Kaiserlicher Majestät sich entgegens stämme; dem am Ende noch der niedere Wasserstand des Niles zuzuschreiben sey.

Sieh, was war doch alles Das? Vorspiegelungen, Lug und Trug, um den wahren Grund des Todhasses und der bittersten Verfolgungen zu verdecken, welcher in seiner unerschütterlichen Festhaltung des katholischen Glaubens, und in der damaligen Concentration der Orthodorie des Orients in seiner patriarchalischen Person bestand. Denn mit der Despotie der byzantinischen Autokraten hatte sich Ins trigue, Lüge, Leidenschaft, Keßerei und Sektenhaß vereinigt; und das ward eine Liga, die viel vermochte. Stärker als beide, Schwert und Lüge, in ihrer Vereinigung zur blutitigen Bosheit, giebt es wahrlich in und aus der Welt Nichts.

Noch eine ganze Wolke von Bekennern und Blutzeugen könnten wir hier aufführen, die zu dieser Krone nur als les bendige, und durch die Weihe geborene Repräsentanten der Wahrheit, vor der Mitwelt, nach dem Vorgeben ihrer Vers folger und Henker aber, so lange Lüge und Täuschung noch mächtig war, unter andern Gründen und aus anderer Eis genschaft gelangt sind.

Wir übergehen die Ambrosius, Martinus I., Fulco von Rheims, und ihre tausend Genossen, und erinnern nur an den heil. Thomas von Canterbury. Was anders als die geistliche Gewalt der Kirche ward in seiner Person angegriffen, vertrieben, geächtet, bis zum Blut verfolgt? So ist die Geschichte Pius VII. und Napoleons die des Kampfes der Despotie mit der Kirchenfreiheit; die Strangulirung des griechischen Patriarchen in Konstantinopel Angriff der christlichen Religion selbst; die Vertreibung der apostolischen spa nischen Bischöfe in jüngster Zeit die des lauteren Katholicismus. Und wem galt es vor einigen Dezennien im Erzbischof von Mecheln?

Nur seltener, da wo sich die Organe der Kirche aus ihrer überirdischen Sphäre ins Zeitliche wendeten, mag angenommen werden, daß ihre Verfolgung nicht auch die der Wahrheit gewesen. Umgekehrt aber erhalten jene Priester und Laien, welche wahrhaft lebendig im Kreise der Wahrheit stehend und wirkend, in dieser Eigenschaft und darum Verfolgung leiden, auch jenen höheren Charakter; ihnen wird gleichfalls jener Beistand und Segen von oben, welche der Herr seinen Aposteln unablösbar versprochen. Ein Gut, das keine Weltbeeinträchtigung nehmen, oder aufwiegen mag.

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