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XV.

Literat u r.

Encyclopädie und Methodologie der theologischen Wissenschaften. Von Alois Buchner, Doktor und ordentlichem Professor der Theologie an der Ludwig - Marimilians - Universität zu München. Sulzbach in der Seidel'schen Buchhandlung, 1837., S. 132.

Referent hat es immer als eine der erfreulichsten Erscheinungen auf dem Gebiete der Theologie betrachtet, daß die neuere Zeit sich besonders bemühte, sich über den ganzen Umfang jener Wissenschaft zu verständigen, sie als einen lebendigen Organismus aufzufassen und darzustellen, allen blos rubrizirenden Mechanismus zu beseitigen, den menschlichen Geist in die lebendige Offenbarung Gottes hineinzuführen und an ihrem Inhalte sein eignes Fühlen, Wissen und Thun zu regeln. Dieses Bestreben, das für das Christens thum und die katholische Kirche nur heilsam seyn kann, giebt sich namentlich in der Herausgabe von encyclopädischen Werken kund, unter denen wir beispielsweise nur das Staus denmaier'sche nennen. Es kann freilich nicht fehlen, daß eine solche Bewegung der Geister, aus welcher das genante Streben hervorgegangen, auch manche Auswüchse und Abnor mitäten gebiert, zumal wenn man auf solche Vorausseßungen sich stüßt, oder von dem einmal gewonnenen Gedanken so sehr eingenommen ist, daß man ihn überall finden will, und statt ihn an der Lehre der Kirche zu regeln, diese vielmehr an ihm zu regeln sucht; allein solche Mißgriffe und

Verirrungen tragen ihren Zerstörungsgrund in sich selber und dienen nur dazu, die Wahrheit wenigstens indirekt an das Licht zu stellen, auch können ihre etwaigen und wirklichen Nachtheile bei weitem den Vortheil nicht aufwiegen, welchen eine wissenschaftliche Behandlung und Begründung der posttiven Religion gewährt.

Von diesem Gesichtspunkte aus müssen wir dem Herrn Dr. Buchner Dank wissen, daß er die dießfallsige katholische Literatur mit seinem Handbuche der theologischen Encyclopädie und Methodologie bereicherte.

Wer eine Encyclopädie schreibt, der kann einen viels fachen Zweck im Auge haben, und je nach der Besonderheit seines Zweckes muß auch seine Leistung beurtheilt werden. Während es dem Einen darum zu thun ist, die gesammte Wissenschaft, oder eine besondere Wissenschaft aus ihrem obersten Prinzipe abzuleiten und daraus die einzelnen Zweige derselben zu entwicklen und ihre Bestimmung zum Ganzen und ihr Wechselverhältniß nachzuweisen, wendet ein Andes rer seine Sorgfalt besonders darauf, jeden der einzelnen Theile gleichfalls als ein Ganzes darzustellen und nicht nur die Form, sondern auch das Inhaltliche derselben wenigstens in einem skizzirten Entwurfe anzugeben; ein Dritter weist zugleich auf die bisherigen Leistungen in den einzelnen Ges bieten hin, verfährt also großentheils historisch, macht den gegenwärtigen Standpunkt der Wissenschaft kund und nennt wohl auch die beßten Werke, die über die einzelnen Fächer erschienen sind; ein Vierter berücksichtigt ganz besonders die Anfänger in der Wissenschaft. Diesem liegt es ob, daß er die Grundidee der betreffenden Wissenschaft darlegt, aus ihr die einzelnen Lehrfächer ableitet, die Aufgabe jedes besondern Faches nennt, dabei aber auch neben aller Wissenschafts lichkeit sich in der Darstellung zu den Fassungräften der Leser herabstimmt, ihnen dadurch das Studium erleichtert und werth macht, besonders aber über die Methode dieses

Studiums ihnen Fingerzeige an die Hand giebt. Von dem leztern Gesichtspunkte aus will das vorliegende Werk beure theilt werden, das laut der Vorrede zunächst für den Ges brauch der Zuhörer bestimmt ist.

Abgesehen von diesem besondern Zwecke des Hrn. Verfassers, würden wir keinen Anstand nehmen, andere theolo gische Encyclopädien, wie die von Dr. v. Drey und Dr. Staudenmaier seinem Werke vorzuziehen und es dürfte uns nicht schwer fallen, dieß unser Urtheil vielseitig zu begründen; allein es handelt sich lediglich darum, wie der Herr Vers fasser seine Aufgabe gelöst habe.

Das Werk zerfällt, wie sein Titel besagt, in zwei Haupttheile, in die Encyclopädie und Methodologie; voraus geht eine kurze Einleitung, worin die Begriffsbestimmung beider ausgemittelt wird, §. 1–11. Die Encyclopädie zerfällt in drei Abschnitte der Aufgabe zufolge, welche sie zu lösen hat. Diese Aufgabe wird darein geseßt:

1. Den Begriff der Theologie aufzustellen, §. 12—51; II. Die Hauptwissenschaften derselben anzugeben und deren Zusammenhang zu zeigen, §. 52—119;

III. Die Hülfsdisciplinen aufzuzählen und deren Verhältniß zu den Hauptwissenschaften nachzuweisen, §. 120-206;

Die Methodologie ist die Anweisung zum zweckmäßigen Studium, §. 207 — 211; ein zweckmäßiges Studium der Theologie erfordert aber, daß man

1. Das oberste Prinzip der Theologie kenne und überall bei deren Studium obenan stelle;

2. Die einzelnen theologischen Fächer in gehöriger Ordnung studire;

3. Jedem Fache den nach Verhältniß seiner Wichtigs Teit gebührenden Fleiß zuwende; endlich

4. Mit dem theoretischen Streben zugleich praktische Tendenz verbinde. Daher

I. Prinzip der Theologie, §. 212-279; II. Ordnung des Studiums, §. 280-310; III. Nöthiger Fleiß, §. 311 370; IV. Praktische Tendenz, §. 371-385.

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Was nun diese Haupt- und Unterabtheilungen anlangt, so haben wir im Allgemeinen nichts dagegen einzuwenden, daß Encyclopädie und Methodologie. von einander getrennt wurden; wir finden es im Gegentheil sehr zweckdienlich, daß, weil das Buch vornehmlich für Anfänger in der Theos logie bestimmt ist, den leßtern eine ganz besondere Aufmerksamkeit zugewendet und dasjenige in eine eigene Parthie zusammengedrängt wurde, dessen der noch Ungeübte und auf einem wissenschaftlichen Felde Unbekannte so sehr bedarf. Allein mit deser Billigung haben wir durchaus nicht zugleich auch zugestanden, daß man um jener Rücksicht willen in der Methodologie Gegenstände abhandeln solle, die ihrem Inhalte nach wesentlich der Encyclopädie oder doch der Einleitung in die beiden Haupttheile angehören. So verhält es sich nun namentlich mit dem ersten Abschnitte der Metho dologie, der von dem Prinzip der Theologie handelt, §. 212 -279. Dieses Prinzip wird aufgefunden in der CentralIdee des Christenthums, in der Idee der Religion oder des Reiches Gottes, das Durchherrschen dieser Idee in den einzelnen Haupdisciplinen nachgewiesen und hieraus die Anforderung abstrahirt, daß jeder einzelne Theil der Theologie mit Beziehung auf diese Idee betrachtet, unter Zugrundlegung derselben aufgefaßt und studirt werden solle. Weit zwecks dienlicher wäre es unsers Dafürhaltens gewesen, an den ersten Abschnitt der Encyclopädie, an den Begriff der Theologie, zugleich auch die Centralidee derselben anzuschließen, da jener Begriff eben nur in dieser Idee seine Wurzel und Wahrheit hat. Das Durchherrschen dieser Idee und ihre verschiedenen Gestaltungen konnten und mußten dann in dem folgenden Abschnitt klar in die Augen springen, da in diesem der organische Zusammenhang der einzelnen theologischen

Disciplinen auseinander zu legen und ihre wesentliche Bes ziehung auf die Grundidee nachzuweisen ist. Hieraus würde sich dann für die Methodologie von selbst der Grundsaß verstehen, daß jedes theologische Lehrfach in seinem Zusammens hang mit dem gemeinsamen Grundprinzip aufzufassen und zu studiren, darum der Gedanke an alle Zufälligkeit und Willkür aufzugeben sey. Ein ähnliches Bewandtniß hat es mit dem zweiten Abschnitt der Methodologie, wo gelehrt wird, in welcher Ordnung die einzelnen theologischen Fächer studirt werden sollen. Es heißt daselbst: „Man studire zuerst 1. Die vorbereitenden Fächer; dann 2. Die doktrinellen Theile; endlich

3. Die applicativen Disciplinen, welch' leßtere in der Pastoraltheologie zusammengefaßt sind." Hinsichtlich der Kirchengeschichte wird §. 304 die Entscheidung gegeben, es möchte wohl als das Gerathenste erscheinen, die Vorträge darüber im ersten theologischen Kurse zu hören. Es dürfte aber der Herr Verfasser nur im zweiten Abschnitt der Encyclopädie die historische Theologie der doktrinellen voranstellen und die Pastoraltheologie den Schluß bilden lassen, dann wäre die obige Frage bald dahin entschieden gewesen : Studire dasjenige Fach zuerst, welches im Systeme der Theologie das Erstere ist. Endlich ließen sich die treffendsten Bemerkungen über die Methode am zweckmäßigsten da anbringen, wo von den eins zelnen Fächern selber gesprochen wird.

Am wenigsten können wir uns mit dem Herrn Vers fasser einverstanden erklären, daß er im leßten Abschnitte, S. 3973, der Encyclopädie die Hülfswissenschaften der Theologie und deren Verhältniß zu den Hauptwissenschaften abgesondert behandelt. Der Grund davon ist zwar deutlich genug dargelegt es werden nämlich die Hülfswissenschaften jeder Hauptdisciplin abgehandelt, gleichviel, ob sie ihrem Wesen nach einem andern Fache angehören; so sind z. B. Patrologie, Geschichte der Liturgie und Synodologie Hülfss

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