Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Die Eine Haupt-Bruderschaft, welche sich über die ganze Gemeinde ausdehnt, wird sich also theilen in vier Nebenåste für die Jünglinge und Jungfrauen, für die Män ner und Frauen. Wenn auch Alle Ein gemeinsames Band vereinigt, so bringt doch die Gleichheit des Alters und des Geschlechtes die Einen näher zusammen als die Andern, und diese nähere Verbindung wird wieder Anlaß zu mancherlei Verirrungen. Diesen vorzubeugen, sie im Keime zu ersticken, alle schädlichen Auswüchse zu vernichten, dazu diene die Bruderschaft. Der Pfarrer wähle sich demnach einige fromme und gewissenhafte Männer aus, welche als seine Rathgeber und Freunde ihm zur Seite stehen und die Leitung der Bruders schaft mit ihm theilen. Besteht in der Gemeinde schon ein Sittengericht, so sollen dessen Mitglieder auch jene Func tionen übernehmen. Der Pfarrer soll in Allem die oberste Leitung sich vorbehalten; denn er ist das Centrum unitatis in seiner Pfarrei. Er soll deßhalb die Handhabung der Bruders schaftsgeseße überwachen. Sobald nun das Kind zu dem Empfang des heil. Abendmahls geführt und der Schule entlassen ist, tritt es ohne Weiteres, sofern es durch sein Betragen, seinen Fleiß und seine Kenntnisse sich dieser Aus zeichnung würdig gemacht hat, in die Bruderschaft über der Knabe in die der Jünglinge, das Mädchen in jene der Jungfrauen. Im andern Falle bleiben sie davon ausgeschlossen, so lange bis der Pfarrer mit seinem Ausschusse oder das Sittengericht sie dieser Ehre würdig findet. Die besondern Vorschriften für die Bruderschaft der Jünglinge zielen hin auf ein männlich geseßtes Betragen, auf regelmäßigen Besuch des christlichen Unterrichtes und der Sonntagsschule, auf Anstand und ehrbares Betragen im Hause Gottes, auf Vermeidung aller liederlichen Gesellschaften, besonders der Spielund Trinkgesellschaften, auf Vermeidung aller Raufereien und Störungen der nächtlichen Ruhe, auf Erhaltung des guten Rufes, der Unschuld und Vermeidung alles zu vers

trauten Umganges mit Personen des andern Geschlechtes u. s.w. Die besondern Vorschriften für den Schwesterverein der Jungs frauen bezwecken Bewahrung der jungfräulichen Schamhaftigs keit und Unschuld, Vermeidung aller übertriebenen Kleiderpracht, alles eiteln Pußes, besonders aller unanständigen Kleidung und der Nachäffung jeder neuen Mode; ferner Vermeidung böser Gesellschaften, geheimer Zusammenkünfte und verderblicher Schriften, fleißiger Besuch des Gottesdienstes und öfteres Gebet.

Aus der Mitte der Jünglinge und Jungfrauen werden von ihnen selbst Einige gewählt, welche genau über die Beobachtung der betreffenden Vorschriften wachen, im Uebers tretungsfalle die erforderlichen Warnungen geben, bei wiederholten Verlegungen jedoch dem Sittengerichte die Anzeige davon machen, damit dieses über die Schuld des Strafs fälligen erkenne.

Sobald der Jüngling und die Jungfrau durch den Empfang des Sakramentes der Ehe in die Reihe der Männer und Frauen übergetreten sind, treten sie zugleich mit über in die betreffende Bruderschaft, der Jüngling in jene der Männer, die Jungfrau in jene der Frauen, sofern sie nämlich durch ihr Betragen während ihrer Jugendjahre einer solchen Auszeichnung sich würdig gemacht haben; widrigenfalls bleiben sie so lange davon ausgeschlossen, bis sie offenbare Besserung zeigen. Die besondern Vorschriften für die Bruderschaft der Männer bezwecken fleißigen Kirchenbesuch, genaue Heiligung der Sonn- und Feiertage, Betreibung eines ehrlichen Geschäftes, vernünftige Kinderzucht, Vermeidung des Fluchens und Schwörens, des Wuchers und Betruges, des Wirthshausbesuches u. s. w. Jene der Frauen bezwecken Beobachtung der Reinlichkeit und eines häuslichen Sinnes, Vermeis dung aller Klatschereien, alles unanständigen Schimpfens und Lästerns u. s. w. Das Sittengericht, mit dem Pfarrer an der Spiße, entscheidet auch hier wieder über vorkommende

Uebertretungen. Gröbere Verbrecher werden gar nicht im Vereine geduldet und sofort ausgewiesen. Deßhalb haben die Bruderschaften so viel an ihrem Ansehen verloren, weil man bei der Aufnahme zu wenig Rücksicht nahm auf die Würdigs keit, und Jedem dieselbe ertheilte, wenn er nur die Eins schreibgebühren entrichtete. Jezt aber bildet die Bruderschaft den kräftigen, gesunden Christusstamm der Gemeinde, der, wurzelnd in der Kirche und genährt von Christus, in vier eben so kräftige Aeste sich ausbreitet, während die verderbs lichen Auswüchse abgeschnitten und die verdorrten Zweige weggehauen werden.

Damit nun aber auch jede Abtheilung beständig ein Muster und Vorbild vor Augen habe, wornach sie sich in allen ihren Lebensverhältnisssen bilden könne, erhalte sie einen eigenen Schußheiligen, die Jünglinge etwa den heil. Aloysius, die Jungfrauen die allerseligste Jungfrau Maria, die Frauen die Mutter Anna, die Männer den heil. Isidor oder einen der Apostel. Der Patron der Gemeinde, sey auch der Schußheilige der Hauptbruderschaft und ein ges meinsames Fest für Alle. Ein solcher Festtag sey nun für den jedesmaligen Verein ein besonders heiliger Tag, wo sie am Tische des Herrn erscheinen und fromme Vorsäße fassen, die ihnen obliegenden, besondern Pflichten nach dem Beispiele ihres Schußheiligen treu und gewissenhaft zu befolgen. Außerdem mögen sie noch wenigstens zu dreien Malen im Jahre gemeinsam an eigens dazu bestimmten Tagen zum Empfange der heiligen Sakramente verbunden werden; übrigens aber muß Jedem anheimgestellt bleiben, auch noch an andern Lagen, wenn sein Herz ihn dazu antreibt, diese heilige Pflicht zu erfüllen. Auch möchten noch einige tägliche Ges betsübungen in furzen, der heil. Schrift entlehnten Sprüchen, nebst einer öfteren Gewissenserforschung, wenigstens am Ende der Woche, des Monats und am Schlusse des Jahres als höchst zweckmäßig erscheinen. Nur stehe der Pfarrer in Allem

Katholik. Jahrg. XVIII. Sft. 1.

4

als Leiter und Ordner des Ganzen da, als die Seele aller Anordnungen und Einrichtungen, der nur das wahre Wohl der seiner Obsorge anvertrauten Kinder in gesammter Ausdehnung beabsichtigt.

Da die Bruderschaften enge Vereine zur Förderung des religiösen Sinnes und der christlichen Nächstenliebe sind, so darf ihre Wirksamkeit sich nicht blos auf die lebenden Glieder beschränken. Auch die Verstorbenen müssen mit besonderer Achtung behandelt und ihr Andenken in echt christlicher Weise gefeiert werden. Sobald ein Mitglied erkrankt, sollen gemeinsame Gebete für dessen Genesung abgehalten und Sorge getragen werden, daß dasselbe nicht ohne den Empfang der heiligen Sakramente aus dem Leben scheide. Nach dem Tode sollen für eine anständige Beerdigung Anstalten getroffen und alle Mitglieder verbunden seyn, derselben beis zuwohnen. Wenigstens sollen die Jünglinge den aus ihrer Mitte dahingeschiedenen Jüngling zu Grabe geleiten; Jungfrauen der im Herrn entschlafenen Schwester den leßten Liebesdienst erweisen und Blumen auf ihr Grab streuen. Ebenso soll es bei den Männern und Frauen gehalten wer den. Alljährlich aber soll an einem bestimmten Tage eine allgemeine Todtenfeier für alle im Herrn verstorbenen Brüder und Schwestern stattfinden.

Deßhalb dürfen nun auch, wie Hirscher in seiner Moral Bd. 2, S. 323 bemerkt, die Bruderschaften keine engere, abgeschlossene Vereine bleiben, sie müssen sich vielmehr nach und nach über die ganze Gemeinde erweitern. Nur der unverbesserliche Gewohnheitssünder bleibe davon ausgeschlossen; den Gefallenen, und selbst den rückfällig Gewordenen hins gegen versage man nicht auf immer den Zutritt. Sofern sie nur Beweise einer ernsten Reue und eines gebesserten Lebenswandels geben, gestatte man ihnen wieder die Aufs nahme und die Theilnahme an den öffentlichen Feierlichkei ten. Wollte man die Bruderschaften nur als Vereine der

Auserwählten, der Erleuchteten und Stillen im Lande gels ten lassen, so würde man schwerlich den Verirrungen des Pietismus und Mysticismus entgehen und zuleßt wohl nur religiöse Schwärmer oder Fanatiker bilden. Weg also mit allen geheimen Conventikeln, mit allen besondern, außeror dentlichen Zusammenkünften, mit diesem ewigen Seufzen über die Verdorbenheit des menschlichen Geschlechtes, mit diesem argen Separatismus. Wohin dieser führt, hat die neueste Geschichte nur zu schlagend bewiesen. Die Bruders schaften sind so wenig von der allgemeinen Kirche gesonderte Vereine, daß sie vielmehr nur in ihrer Verbindung mit jes ner ihren Bestand haben; denn ihre Zwecke sind keine ans dern, als die Zwecke der Kirche; sie wollen nichts Anderes, als was die Kirche will. Der Wunsch und das Streben, die Zwecke der Kirche in möglichst beßter Weise zu fördern, hat sie hervorgerufen, diesem Umstande eben verdanken sle ihr Daseyn.

Möge man deßhalb diesen Gesichtspunkt bei allen Bruderschaften nie aus dem Auge verlieren und verhüten, daß nicht falsche Grundsäße und irrige Ansichten sich einschleichen, und die wahre Religiosität nicht von pharisäischer Werkheiligkeit verdrängt werde. In so fern möchte es auch als ein großer Mißbrauch angesehen werden müssen, wenn einzelne Glieder der Gemeinde sich auch noch in die Brus derschaften anderer Pfarreien, besonders in jene, welche an Wallfahrtsorten bestehen, einschreiben ließen. Dieser Brauch kann höchst nachtheilige Folgen haben. Oder trägt es etwas zur Hebung der Religiosität bei, wenn an solchen Bruderschaftsfesten der größere Theil der Gemeinde in langen Zügen hinauszieht und den eigenen Pfarrer fast allein in seiner Kirche läßt? Diese Oede und Leere im eigenen Gotteshause wie abstechend gegen das Geräusch und Gewühl an einem solchen Wallfahrtsorte! Sollen denn die Schaafe nicht hören die Stimme ihres Hirten? Die Vorliebe zu fremden Bruder

« ZurückWeiter »