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einen andern. Da übrigens der Vater in dem Sohne, der Sohn nach dem Ausspruche des Heilandes selbst in dem Vater, und Beide nach dem Willen eins sind, so ist auch unsere Fassungskraft zu beschränkt und unsere Sprache zu unbeholfen, so zarte Verschiedenheiten, wie hier angedeutet werden, zu begreifen und dem menschlichen Vers stande zu verdeutlichen.

Die heilige Schrift spricht die Gleichheit der Wesenheit des dreieinigen Gottes und zugleich die Relationen des dreieis nigen Gottes aus. Der Vater heißt gewöhnlich Gott, der Sohn heißt meistens Herr. Der Sohn ist der Herr der Schöpfung, die durch ihn ist, und fortbesteht; denn ihm ist alle Gewalt vom Vater gegeben über alles Himm lische und Irdische. Es walltete wohl ein höherer Grund als bloß eine rethorische Blume zu pflücken, bei dem heil. Paulus vor, in diesem Verse zwei harmonische Gegensäße auszudrücken ; wir sind für den Vater, und wir sind durch den Herrn; da ja doch bereits gesagt ist:,, Alles sey burch den Herrn, folglich sind wir darin einbegriffen. Wir Menschen, für die der Fleisch gewordene Sohn das Werk der Erlösung vollbracht hat, sind ihm auch, als dem Logos, für unser Daseyn überhaupt zu Dank verpflichtet. Durch Offenbarung dieses besonderen Trinitäts-Verhältnisses, gewinnt dieser für uns überschwengliche Begriff des dreieinigen Gottes die höchste practische Bedeutenheit; nämlich in Bezug auf die Lehre von der Erhörung des Gebetes.

,,Alle Erhörung eines Gebetes ist ein Wunder, alles Wunder greift in das weise geordnete Weltgetriebe und drohet es zu hemmen oder zu brechen." So räsonnirt theoretisch richtig der reine Verstand; practisch spricht sich für das Gegentheil das religiöse Gefühl und das klare Versprechen des Heilandes aus. Die Lösung dieses scheinbaren Widerspruches liegt in dem eignen Verhältnisse der zwei göttlichen Bersonen zur Welt und ihrem Laufe.

Die Schöpfung des Universums much seinen Substanzen gehört dem Vater an; Herr und Gebieter der mit Ordnung und Weisheit ausgeschmückten Welt, die darum xooμos, mundus heißt, ist der Logos, die ursprüngs liche, absolute Vernunft. Alle Gewalt über diese weise ges ordnete Welt ist dem Logos, der von der Weltordnung der Urquell ist, von dem Vater gegeben, und so ist er der Herr und Regent aller erschaffenen Dinge und Geister. Wir sind daher von dem Heilande und nach seinem Befehle von der Kirche angewiesen, alles Gebet zwar an den Vater, aber durch ihn zu richten, und ihm als dem Herrn und Regenten den weise gefügten Weltmechanismus heimzustellen. Er wird ihn schon in seinem Geleise erhalten. Wo das gläubige Herz dem gnädigen Willen Gottes, des Vaters, auf die Verheißung des Heilandes vertrauet, mag auch der profane Verstand seine achtungsvolle Scheue vor jedem Risse in der unermeßlichen Weltmaschine darlegen. Zwei verschiedene Standpunkte bewirken allerwärts zwei verschiedene Ansichs ten eines im Grunde aus einem dritten Stande mit Beiden vereinbarten Objectes.

N.

Literatu r.

Die christliche Mystik von J. Görres, Professor der Geschichte an der königl. L. - M. - Universität in München. Erster Band 1836, . XX. 495. Zweiter Band 1837, S. XX. 594. 8. Regensburg bei Manz.

Kennt ihr jenen, durch innere Aufleuchtung seines Geis stes bei erdwachem Leben hellsehend gewordenen, meist sicher und wahr (-katholisch) entscheidenden Denker, der in der Reihe der Profan- und profanen Philosophen Wenige seines Gleis chen hat, obgleich auch er hie und da Mangels Vorbildung, von der überreichen, unbewältigten Fülle seiner Anschauungen zu pantheistisch lautenden Reden, so wie durch seinen individuellen Protestantismus zu häretischen Behaup tungen hingerissen erscheint; der aber immer durch manche, ihm eben so eigne, als an sich große, wahre und naturgemäße Ideen sich als das große Genie beurkundet Jacob Bōh m nämlich, und wißt ihr, wie er sich ausdrückt, wo er vom Leben Gottes in sich (Gott) selber spricht? Da res det er, wie schon so viele christliche Lehrer in ihrer Weise vor ihm, von einem Ringen, Quellen, Erheben und Bewegtseyn der Kräfte, von einem Kampfe in Liebe und Widerstreit zur Einigung, in dem sich in ewiger Freudigkeit das göttliche Leben seiner allgenügend beschließt, und sich selbst gegenständlich gebiert und auswirkt. Und dieser Kampf, der so in Gott, aus Ihm und durch Ihn selber besiegt, die heilige Dreifaltigkeit hypostasirt, nach außen aber den Alten der Tage in allen seinen unendlichen Eigenschaften und Kräf

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ten in rechtem Maße und Einklang offenbart: er ist auch der Typus der ganzen sichtbaren Schöpfung geworden. Nur im Kampfe, dem Widerstreit und seiner Einigung kömmt sie zur Ruhe; der Saß ist vollkommen und wahrhaft nur durch seinen rechten und echten — Gegensaß, und beider Vermittlung.

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So ist denn aller Kreatur das Streitgesetz zum Lebensgesetz gegeben; aber ein Streit, der in der reinen, gotts ähnlichen und gottspiegelnden Spiel und Uebung, Liebe, Frieden und Erkenntniß, somit wahre Seligkeit wird. Ein Streit, der im Leben aufgeht und in Fülle aus- und einströmt, von dem bei Suso der Spruch sagt:

„Ich spiel, in der Gottheit Freudenspiel,

Da giebt es des Himmelreichs Freuden als viel,
Daß hunderttausend Jahren seyn,

Wie ein viel kleines Stündelein."

Doch, unsere jezige Menschensprache kennt den Streit kaum in jenem, vielmehr aber in einem anderen Sinne, wo er als Haß und Tod wirkt. Solcher Streitbegriff zeugt nun aber vom Tod und der Auflösung, die auch in die Schöpfung, namentlich in den Geist und die Erkenntniß des Menschen, und dadurch in ihn und seine Pertinenz eingedrungen ist. Diesen Streit nennen wir sogar gemeinhin so; er verdrängt alle guten Kraftbewegungen so mächtig, und überwiegt sie dergestalt, daß er für Streit schlechthin gilt; da er doch nur der böse Streit, der zu Trennung, Haß, Feindschaft und Verblendung, oder im beßten, und einem anderen Falle der mit diesen leßten ist.

Bei solchem Thatbestand mehren sich die Kampfmächte und Streitzüge, und verändern sich theilweise. Es gibt nun in der so, nicht bloß im Guten, oder den Eigenschaften und Kräften, sondern auch im Wesen selbst doppelschlächtigen, und in den Eigenschaften darum in und gegen sich entbrannten, statt versöhnten Welt (der sich, da der Grund des

geschöpflichen Wesens an und für sich nicht in Getrenntheit zweifach seyn kann, dafür das Unwesen zugesellt und entgegengestellt), vierfaches Ringen: das des Guten mit dem Guten, zum und im Frieden und ungestörter Seligkeit; jenes des Guten mit dem Bösen zu Frieden, Besiegung und Scheidung der finstern Macht; das dann des Guten mit dem Bösen, mit Unterliegung des Guten; und endlich jenes des Bösen mit dem Bösen selbst, beide leßtere aber in und zu Haß und Unseligkeit.

Der Streit also, der unvermittelt, oder auch von seiner Friedensseite aufgefaßt, besonders in den Naturleibern Strömung genannt werden mag, wie er auch in seiner Contraposition mit einem Andern einseitig als solche sich darstellter ists, in dem die Kreatur lebt. Denn wie der Engel im Ringen seiner Kräfte sich in Gott versenkt, um aus der Anschauung der göttlichen Tiefe Nahrung einzusaugen; wie die Unseligkeit der verdammten Geister im Streite ewig ist, als eine Ewigkeit der Zwietracht; wie alle bloße Natur-Wesen aus ihm, den Elementen, entstiegen: so auch lebt nur der Mensch durch den Streit natürlich und geistig. Nur ist sein Leben nach Art und Weise desselben.

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Und soll der Mensch den Streit zum Guten bestehen, so bedarf er, weil die guten Kräfte in ihm so gemindert und gelähmt sind, neuer Macht, und anderer als der seinen;er bedarf der erlösenden, daß heißt lösenden und — im Guten neu bindenden Gnade. Gott muß noch tiefer in ihn mit seiner Hülfe eingehen, als damals, wie Er ihn schuf und ausstattete; weil der Mensch auch tiefer als er anfänglich war, dem Stande und der Hülfsbedürftigkeit nach gesunken, und bis in die Region des Unwesens (potentiâ we nigstens für jeßt, und auch schon actu, wenn nicht die Pos tenz der Erlösung sich sogleich entgegengestemmt hätte) hinabgefallen ist. Nun geschah hiezu von Gott die Offenbarung in anderem Sinne und anderer Weise als sie früher dem

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