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Erposition der natürlichen Unterlage des geistigen Menschen, und somit auch der Mystik, sogleich zu ihrem positiven Haltund Höhepunkt, zum Christenthume über. Er weist nach, wie dieselbe mit lehterem steht und fällt; die Läugnung der Mystik auch die des gesammten geoffenbarten Christenthumes zur Folge hat; die Prinzipien der christlichen Mystik keine anderen als die Offenbarung selbst sind. Nachdem er dann in Christo und den Evangelien dieselbe historisch und (möchs ten wir ferner sagen) dogmatisch begründet, weist er ihre ununterbrochene Dauer und steten progressiven Fortgang im Verlaufe der christlichen Zeiten nach. Er führt die einzel nen Stadien auf, welche dieselbe organisch durchlaufen. Besiegelt und geöffnet von oben durch den heil. Geist; genährt von unten durch ascetische Lebensweise und monachalische Entsagung und Zurückgezogenheit; erstärkt im Kampfe mit den bösen Geistern und deren politischen Werkzeugen; der heidnischen Philosophie entgegen anch geistig begründet in Büchern, deren Verfasser selbst in mystisches Dunkel fälltgeht sie ungestört die Verwesungszeit der alten Welt, die Völkerwanderung bindurch, erhebt sich im germanischen Stamme viel glänzender als je, und steht mit der durchgeführten Gliederung des germanischen Christenreiches und dessen freier Entwickelung im Klosterleben, in seiner höchsten Stufe und Vollendung da.

Nachdem so der historische Faden unzerreißbar fest gelegt, beginnt der Verfasser im dritten Buche am einzelnen Individuum ihren Verlauf nachzuweisen. Was zuerst Gott in seinem Rathschlusse und dessen denkender Geist da wirkt, und der Mensch dem entgegen thun muß, wenn es zum Durchbruch kommen kann und soll. Der Mensch muß nämlich in allen seinen Stufen gereiniget, und durch und umgebildet werden. Der Verfasser weist nun nach der früher von ihm gegebenen Diathese dieses am gesammten Menschen nach. Nachdem er dann gereinigt, tritt er in die

Stadien der Erleuchtung seelisch und leiblich ein, was im vierten Buche beschrieben wird; wo in derselben Folgenreihe für alle Systeme des organischen Menschen durchgehends nachgewiesen ist, wie und was die Erleuchtung in ihnen wirkt, wie sie ihn nach allen Bezügen potenzirt.

Wie die Erhebung aber dann den höheren Menschen ergreift, ihn dem Geiste nach von der Welt fort, und in der Ecstase in höhere Regionen hinüberreißt, wird dann dargelegt. Im obersten Gentrum des geistigen Menschen gründet dies, und seßt ihn auf viel innigere Weise als alles Frühere mit der unsichtbaren Welt in Verkehr und Einigung; auch die unteren Kräfte und Organe werden bei äußerlicher Bindung Erstarrung - zur Vision dienstbar. Die Ers hebung, die nach oben sich gesteigert, dringt nun umgekehrt auch nach außen und unten durch, und gibt in der theilweis sen, oder vollkommnen Stigmatisation selbst am Leibe Kundschaft von dem, was im Geiste und der Seele zur Umbildung und Ueberbildung derselben geschehen, und übt so rückwärts wieder auf den gesammten Organism plastische Einwirkung. In noch höherem Grade fügt sich dann der ganze Leib der Action des Geistes, wird leßterem kein räumliches Hinderniß mehr, und des Schwebens und Fluges fähig. Hier, weil wie dem Geiste vorher, so nun auch dem Leibe nach, der Mensch dem Gesetz der Erde entrissen, wird sogar der Leib fähig, sich einerseits ohne Hinderniß bis in die Urform aller organischen Entwicklung, in die Kugel nämlich zu centriren; und. in entgegengeseßte Richtung über die nächste und gemeine Grenze seiner Gestaltung hinaus, eben so zentral wirkend sich auszudehnen. Er wird sogar für die sinnlich verborgene, aber geistig verwandte Ferne empfänglich, und sie ziehen sich wechselweise an. Durch die irdischen Massen hindurch bewegt er sich, erhält momentan immaterielle Eigenschaft, und wirkt in die Weite thätig; wie dies Alles hier beschrieben ist.

Nach dieser mehr erklärenden Rekapitulation des Ins haltes, wollen wir nun auf Einzelnes bemerkend übergehen. Denn Alles, oder auch nur das Wichtigste speziell ins Auge zu fassen, würde mindestens zu einem Buche anschwellen, als das anzuzeigende selber ist; zumal wir wenige Werke kennen, welche einen solchen Reichthum von Ideen und Facten zugleich in sich fassen.

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In Bezug auf das erste Buch, und namentlich seinen physiologisch - anatomischen Theil, gestehen wir gerne, daß, obgleich diese Gebiete uns keineswegs fremd sind, wir doch einer eigentlichen, gründlichen Beurtheilung des hier Gege benen nicht fähig sind, ohnehin auch weitere und spezielle Berücksichtigung desselben in dieser Zeitschrift nicht am Orte wäre. Der Verfasser versteht, wie Wenige dem Todten Les ben, dem Stummen Sprache, der Natur Geist abzugewinnen und einzuhauchen. Die eben so geniale wie gründliche Erposition, welche der Herr Verfasser hier gab, wird für die höhere christliche Anthropologie nicht minder, wie für die gesammte Naturphilosophie, von bedeutendem Gewinn seyn. Dann wollten wir auch gar nicht auf den Nußen Rücksicht nehmen, welcher der Wissenschaft durch die geistreiche Auffassung und Deutung des zunächst hier behandelten Gegenstandes zuwachsen muß, so ist gewiß nicht zu verkens nen, daß die hier eingehaltene Methode der Untersuchung auch für andere verwandte Gebiete den rechten Weg lehrt. So wenig in der, selbst der Vorlage oft absehenden Synthesis älterer Zeit vollkommen Heil war; gleich wenig ist Heil von der nicht minder einseitigen und zu entgegengeseßten Abwes gen führenden, ausschließlichen Analysis neuerer Forscher zu erwarten. Man kam so in einer, den älteren Naturphantasten um nichts nachstehenden Träumerei, mit dieser neuen Einseis tigkeit dahin, den Roß und Schleim und seine indifferente Nulle zum Grunde und Prinzip aller organischen Bildungen zu erheben, und im Geistigen der Organismen, bis zu dem

von ihnen nicht real und wesentlich unterschiedenen Menschen hinauf, nur eine potenzirte, gleichsam destillirte Substanz der materiellen Basis anzuerkennen. Beiden Einseitigkeiten und Irrungen entgegen, herrscht hier durchgängig die gründliche analytisch-synthetische Methode. Statt der falschen Geis stigkeit und der oft rein aus der Luft gegriffenen, zu Gunsten des Systemes dem Sachbestand selbst widersprechenden Deutungen, finden wir hier Erklärungen, welche eben so der Vorlage adäquat als geistig, und zwar allein recht geis stig sind; weil selbe sich auf das allein Geistige, auf den vom Leib wesentlich unterschiedenen Geist in christlicher Anschauung gründen. Aehnlich dem, wie einerseits die Welt wesentlich von Gott ver und unterschieden, und anderseits die Weltgeseße doch Abbilder des göttlichen Lebens sind. Wir müssen daher das hier Gegebene als ein Muster und Canon erklären, dem jede christliche Naturanschauung und Deutung nachgebildet und conform seyn muß, und auch Alles bisher hierin für die Wahrheit Geleistete conform ist. Unser Herr Verfasser, der um seiner frühern naturphilosophischen Schriften willen sich zum Ossian des damaligen bakchischen Zuges erhoben sah, zeigt hier, wie er auch in diesem Gebiete sich jest auf einer christlichen Höhe gestellt, über die Keiner der Lebenden vor ihm hinausgekommen, und zu der ihm Wenige vor der Hand folgen möchten.

Von nun an find alle bisherigen Anthropologien unvollständig, indem ihnen gerade der höchste Theil fehlt; nämlich wessen die Natur des Menschen durch freie Wirkung des göttlichen und menschlichen Geistes in diesem Leben schon fähig ist. Was hier mit den erzählten und durch die Theorie geprüften Facten wie in einem reichhaltigen Repertorium sich eingetragen findet.

Zu der trefflichen Abhandlung über das mystische Kreuz glauben wir noch einige Worte hinzufügen zu dür fen. Wir wollen nämlich darauf aufmerksam machen, wie

die Kreuzgestalt in den äußeren Pflanzentheilen nur aus ihrer Evolution in der Spirale statt hat, und selbst bei der (scheins bar) in gleicher Querachse geschehenden Opposition ihrer verschiedenartigen siebenstufigen Gebilde, eine solche forts und vorschreitende Evolution zu Grunde liegt. Das Kreuz entsteht sonach hier bedeutungsvoll aus der in die Höhe strebenden Spirale. Die periodischen Ruhepunkte der cyclischen Kreisläufe sind die Contrapunkte desselben. Ebenso entsteht das Kreuz im Thierleben aus der Grundtype des leßteren, der Sphäre, durch die Firation ihrer Peripherie und derer Pole, in welchen sich die Energie des Organism nach außen hin firirt und erpandirt, und so die Glieder bildet. Nimmt man noch hinzu die allgemeine Genesis des Kreuzes, wie der Herr Verfasser sie aus den verschiedenen Polen im Kapitel „von den Grundverhältnissen in der Natur der Dinge" S. 27 u. f. nachgewiesen, und wie später S. 37 noch von demselben, als der freien Bewegung der Thiere schematisch zu Grunde liegend gehandelt worden: so ergiebt sich, daß das Kreuz aus der Grundbewegung und dem Leben der Dinge überhaupt entsteht, und deren Figur, oder allgemeinster symbolischer Ausdruck ist. Wie nun in der Natur die Genesis des Kreuzes in der, für alle Stufen je statthabenden Bewegung zu suchen ist, so ward auch die Erlösung der Kreatur durch die von Gott in der Inkarnation, ausgehende Bewegung (welche den Tod, d. h. die Stagnation, Erstarrung, die falsche, unselige Ruhe, den Bann und Fluch des der göttlichen, segnenden und damit bewegenden Aktion entfallenen Lebens durch neue Firirung zu lösen hatte) im Kreuze, und nur an ihm symbolisch und wahrhaft zugleich vollbracht. Wie Der, welcher das Leben in sich selber hatte, am Kreuze firirt war; da drang neue Bewegung und mit ihr neues Leben der Erlösung durch alle Kreatur. Das Symbol ward energisch und die Energie selbst; es ward gelöst und erfüllt, und in so fern die ganze Natur Katholik. Jahrg. XVIII. Sft. 1.

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