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Oberaufsicht verwalten ließ, die Einkünfte in drei oder vier Portionen vertheilte, und den einzelnen Geistlichen je nach dem Grade ihres Verdienstes ihren Lebensunterhalt anwies. ,,Omnis pensionis summam," heißt es can. 23, caus. XII., qu. 2, „ex omnibus praediis rusticis urbanisque collectam, ad antistitem deferatis." Man darf sich übrigens hiebei nicht vorstellen, daß die Verwaltung und Austheilung der kirchli chen Einkünfte von Seite des Bischofs etwas durchaus Willkürliches gewesen sey. Nebstdem, daß durch die Aufstellung eines Dekonomen eine gegenseitige Controlirung in der Natur der Sache begründet war, konnte bei der damaligen Oeffentlichkeit des kirchlichen Lebens kaum eine willkürliche Handlung dem Auge des aufmerksamen Beobachters entges hen. So versuchten es z. B. die sizilianischen Bischöfe, nur die alten kirchlichen Einkünfte in den herkömmlichen vier Portionen zu vertheilen, die neuen dagegen nach eigenem Gutdünken zu verwenden; sogleich schrieb Gregor der Große an den Bischof von Syrakus:

"Dieses Verfahren ist eine Neuerung, die sich in die Kirche eingeschlichen hat und schleunigst wieder gut gemacht werden muß. Sowohl die alten als die neuen Einkünfte müssen den kanonischen Vorschriften gemäß in vier Theile geschieden werden. Denn das darf nun und nimmer geschehen, daß die Einkünfte ein und derselben Kirche nach einem doppelten Rechtsgrundsaße behandelt werden, nach dem der Gesetze, und nach dem der Usurpation." Greg. M. epist. 1. 4. epist. 11.

Da nun alle Einkünfte der Diözesen in die Kathedrale abgeliefert werden müßten, jene selber aber, weil sie sich großentheils nach der Provinzialeinrichtung gestaltet hatten, mitunter von bedeutendem Umfang waren: so konnte es sich leicht treffen, daß die Verwaltungsgebühr eines etwas ents fernt liegenden unbedeutenden Kirchengutes mit den nöthigen Transportkosten sich fast eben so hoch belief, als der Betrag

desselben ausmachte. Es lag daher im Interesse einer umsichtigen Verwaltung, diesen Nachtheilen vorzubeugen und die Geschäftsführung zu vereinfachen. Daher verfiel man auf den Gedanken, den Pfarrkirchen (ecclesiae baptismales) auf dem Lande, die seither aus einem Theile der Oblationen und dem gebührenden Antheil des gemeinsamen Vermögens unterhalten wurden, die nächstliegenden Grundstücke der Diocese zuzuweisen mit der einzigen Auflage, durch die Vers abreichung einer kleinen Summe (cathedraticum) an die Kathedrale den Verband mit der Mutterkirche alljährlich zu beurfunden: „Minusculas vero res, aut ecclesiae minus utiles, peregrinis vel clericis, salvo jure ecclesiae, in usum praestari permittimus." „Civitatenses sive dioecesani presbyteri, vel clerici, salvo jure ecclesiae, rem ecclesiae, sicut periniserint episcopi, teneant; vendere autem, aut donare, penitus non praesumant. Quod si fecerint etc.“ So das Concil von Agde im Jahr 506, can. 7 und 22. Harduinus II., S. 999 und 1000.

Auf diese Weise entstanden die Beneficien, die mit den weltlichen Lehen eine so große Verwandtschaft haben, daß im fränkischen Reiche Beide einen und denselben Namen trugen. Es lohnt sich wohl der Mühe, hier eine kurze Parallele zwischen Beiden zu entwerfen:

Ein weltliches Lehen wurde von demjenigen ertheilt, dem das Eigenthumsrecht über irgend ein Gebiet zustand ein kirchliches Beneficium ertheilte der Bischof, dem das Diocesaurecht über die betreffende Kirche zustand; ein Lehen wurde an verdiente Männer übertragen — Beneficien empfingen verdienstvolle Cleriker; der Lehenträger war zu bestimmten Leistungen, namentlich zu Kriegsdiensten verpflichtet der Beneficiat mußte der ihm zugeschiedenen Pfarrei vorstehen, gleichsam das Amt eines geistlichen Kämpfers verwalten (beneficium datur propter officium); der Lehensherr konnte das feudum nach Belieben wieder zurücknehmen der

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Bischof das ausgeschiedene und dem Benefiziaten zugewiesene Kirchengut nach Belieben wieder mit dem allgemeinen Fond vereinigen; der Lehenträger war dem Lehensherrn für die Verwaltung des anvertrauten Gutes verantwortlich und durfte ohne seine Genehmigung nichts veräußern oder vertauschen der Benefiziat stand in demselben Abhängigs keitsverhältniß zu seinem Bischof; die Lehen wurden allmähs lig erblich die Benefizien allmählig ständig mit einem gewissen Kirchendienst verbunden.

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War demnach seither, wie van Espen Jus eccles. universum, pars II., tit. 21, cap. 1, richtig bemerkt, die Collatio ordinis und Collatio beneficii in ein und demselben bischöflichen Akte verschlungen, d. h. erhielt ein Individuum mit dem Augenblicke seiner Aufnahme in den klerikalischen Stand zugleich auch Anspruch auf seinen Unterhalt aus dem kirchlichen Vermögen, so blieb zwar jeßt dieser Anspruch in seiner Allgemeinheit derselbe, allein er empfing dadurch seine Besonderheit und Begrenztheit, daß der Kleriker in ein bestimms tes Benefizium eingewiesen wurde, die Ertheilung der Weihe und die Einweisung in ein Benefizium stellten sich demnach als zwei von einander verschiedene Akten heraus. „Nachdem die Titel der Benefizien eingeführt waren,“ sagt van Espen weiter, und hiedurch allmählig eine Trennung zwischen der Ordination und der Uebertragung der Benefizien entstand, so sprach derselbe Grund, der den Bischof zum ordentlichen Minister der Weihe machte und ihm das ausschließliche Recht, die Kleriker zu erwählen, einräumte, auch für die bischöfliche Ernennung der Benefiziaten. Wozu ist denn auch den Bischöfen die Ordination der Kleriker anvertraut, als weil durch die Ordination Kirchendiener erwählt und aufgestellt werden, in Gemeinschaft mit ihrem Bischof zu arbeiten und zu kämpfen? Es liegt in der Natur der Sache, daß derjenige wählt und ordinirt, dem die oberste und vorzüglichste Leitung des Sprengels obliegt. Weil demKatholik. Jahrg. XVIII. Sft. VI.

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nach durch die Uebertragung der Benefizien die Kleriker eben so gut zum Kirchendienste bestimmt werden, als durch die Ertheilung der heil. Weihen, was kann naturgemäßer seyn, als daß durch den Bischof, als das Haupt und den ersten Diener seiner Kirche, zugleich auch die Benefizien derselben ausgetheilt und die niederen Kirchendiener erwählt werden ?“

Diese Trennung der Collatio ordinis von der Collatio beneficii mußte sich in dem Maße allgemeiner und bemerklicher machen, je mehr die Anzahl der Benefizien mit einem ständigen Einkommen, also die Anzahl der eigentlichen Pfarreien, zunahm. Da nun aber eines Theiles die bischöfliche Verwaltung des Kirchengutes in dem Maße schwieriger werden mußte, als dieses aus verschiedenartigen Gefällen und Besizungen bestand und das Erträgniß der entfernt liegenden Güter nur mit großem Kostenaufwand zu dem allgemeinen Fond in der Kathedrale gebracht werden konnte, andern Theils aber die Willkühr der Großen gerade den beträchtlichen Besitzungen am gefährlichsten war und im Gewirr der Zeiten durch keine imponirende Autorität in Schranken gehalten wurde: so läßt es sich leicht begreifen, warum seit dem achten und neunten Jahrhunderte der selbständigen Benefizien oder Pfarreien, immer Mehrere wurden.

Das wird indessen kaum bemerkt werden müssen, daß das Einkommen einer solchen Pfründe nach der gewöhnlichen kanonischen Eintheilungsweise in vier Portionen geschieden, und jegliche dazu verwendet werden mußte, wozu sie bestimmt war, und daß, wenn ein Benefizium zur Bestreitung der Bedürfnisse einer Kirche nicht ausreichte, das Mangelnde aus dem allgemeinen Fond zugetheilt wurde.

S. 19. Fortseßung.

Bischöfliches Ernennungs

und Beseßungs- Recht.

Daß, so lange das Kirchengut unter der bischöflichen Verwaltung stand, und nach den Grundsäßen der heil. Canonen

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vertheilt wurde, der Bischof mit dem Akte der Ordination. eines Klerikers demselben zugleich auch seine Amtsverrichtung und seinen künftigen Lebensunterhalt anwies, ist schon oben gesagt worden, und ist keiner weitern Nachweisung mehr bedürftig. Dieses Recht der Bischöfe, die Kleriker selber zu ernennen und in das kirchliche Benefizium einzuseßen, wurde im Anfange unserer Periode mit solcher Allgemeinheit angewendet, daß die dritte Synode von Toledo im Jahre 589 sogar in Betreff der von Privaten dotirten Kirchen die Verordnung erließ: «Multi contra canonum constituta sic ecclesias, quas aedificaverint, postulant consecrari, ut dotem, quam eidem ecclesiae contulerint, censeant ad episcopi ordinationem non pertinere: quod factum et in praeteritum displicet, et in futuro prohibetur; sed omnia secundum constitutionem antiquam ad episcopi ordinationem pertineant.» Harduinus tom. III., pag. 483 und 484. Eben so findet sich die bereits angegebene Machtvollkommenheit der Bischöfe, einzelnen Geistlichen ein fires Benefizium einzuräumen, aber auch dasselbe wieder an sich zu ziehen, bestätigt im siebenzehnten Canon der dritten Synode von Orléans im Jahr 538, 1. c. II., pag. 1426, nur sollte kein Bischof die Begünstigungen seines Vorgängers willkürlich zurücknehmen.

Der in Rede stehende Punkt ist in Betreff unseres Gegenstandes von solcher Wichtigkeit, daß wir ihn unmöge lich verlassen dürfen, ohne noch einige Worte über ihn hier anzufügen, weil eben hiedurch die Ueberzeugung befestiget wird, es habe die Kirche, wenn sie auch manche Eingriffe in ihre Rechte nicht abweisen konnte, dennoch das Bewußtseyn des ihr zustehenden Rechtes der ausschließlichen Beseßung von ihr errichteter und fundirter Stellen fortwährend lebendig erhalten und so viel an ihr lag, zu wahren gesucht. Hatten die Bischöfe einmal den Pfarreien zugestanden, eigene Güter und Zehnten zu haben, so war nur noch das Einzige

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