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Allerdings lesen wir von vielen ausgezeichneten Kirchenvorstehern, daß sie in großer Dürftigkeit ihre irdischen Lebenstage dahin gebracht haben; allerdings ist es wahr, daß die Ehelosigkeit der Geistlichen allgemeine Sitte zu werden be gann: aber weder das Eine noch das Andere hat in der angeblichen Armuth der Kirche, wie Gregel 1) will, seinen Grund. Die Bischöfe sorgten für die Verpflegung der Armen und Kranken und lebten selber in Dürftigkeit. Die Kleriker höherer Weihen blieben ehelos, obschon sie mehr Gehalt bezogen, als die Minoristen, denen das Heirathen erlaubt war. Vergl. Athanasia XVI. Band, 2. Heft, S. 204.

Das gesammte kirchliche Einkommen einer Diözese stand unter der Verwaltung des Bischofes, der einen Theil für die Besorgung des Gottesdienstes, die Beischaffung der nöthigen Geräthschaften, die Unterhaltung der Gebäulichkeiten, einen andern für die Verpflegung der Armen und Kranken der Gemeinde bestimmte, und aus dem dritten Theile den Klerikern seiner Kirche je nach ihren Graden und Dienstverrichtungen den nothwendigen Lebensunterhalt auswarf. Zwar konnte der Bischof vermöge seiner vielen Amtsgeschäfte sich selten unmittelbar mit der Verwaltung des kirchlichen Einkommens befassen, sondern mußte einen oder mehrere Diakonen damit beauftragen; allein dies änderte begreiflicher Weise an der Sache nichts, weil doch Alles nach seiner Anordnung, unter seiner Oberaufsicht geschah und seiner Kontrole unterworfen war.

§. 4. III. Der Bischof weist den Kirchendienern einen Theil des kirchlichen Einkommens zu.

Wie laut §. 2 der Bischof es war, der einzelne taugs liche Individuen zum Kirchendienste berief und durch Auf

1) Das landesherrliche Patronatrecht nach den veränderten Verhältnissen der bischöflichen Gerechtsame betrachtet. Würzburg und Bamberg 1805. S. 3.

legung seiner Hände sie in denselben einweihte, eben so war auch er es, der als Verwalter des kirchlichen Vermögens den einzelnen Geistlichen ihren Lebensunterhalt anwies, er war collator beneficii und darum im eigentlichen Sinne Patron seiner Diözese. Der Umstand, daß mit Ertheilung der Ordination zugleich auch die Einweisung in einen bestimmten Kirchendienst und in das beneficium desselben verbunden war, thut nichts zur Sache, genug daß beide Akte von einem und demselben Oberhaupte der Diözese, dem Bischof, ausgeübt wurden.

Dieser Grundsaß, daß die Bischöfe aus dem kirchlichen Einkommen die von ihnen aufgestellten Kleriker befoldeten, wurde so strenge gehandhabt, daß die Synode von Gangra um das Jahr 330 diejenigen mit dem Anathema belegt, welche jemand Anderem als dem Bischof oder den von ihm Aufgestellten die kirchlichen Einkünfte übergeben, oder sie annehmen und vertheilen würden. «Si quis,» heißt es im 7. und 8. Canon, «oblationes ecclesiae extra ecclesiam accipere vel dare voluerit, praeter conscientiam episcopi, vel ejus, cui hujusinodi officia commissa sunt, nec cum ejus voluerit agere consilio, anathema sit. Si quis dederit vel acceperit oblata praeter (mit Umgehung) episcopum, vel eum, qui constitutus est ab eo, ad dispensandam misericordiam pauperibus; et qui dat, et qui accipit, anathema sit.* 1) Es ist zwar hier blos von dens jenigen Gaben die Rede, welche an die Armen verabreicht wurden; allein da diese Gaben blos vom Bischof angenom men und vertheilt werden konnten, weil ihm die Verwaltung des Kirchengutes und die Verfügung darüber zustand, so gilt, was hier von einem speziellen Falle gesagt und einges schärft wird, auch in Beziehung auf die gesammte Verwendung des kirchlichen Einkommens.

1) Harduini acta Conciliorum. Parisiis 1715, Fol. Tom. I. pag. 535.

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Wohl möchte es kaum Jemanden beifallen, der Hauptsache nach, das Ergebniß unserer seitherigen Untersuchung in Frage zu stellen, er müßte denn nur vom blinden Parteis geiste befangen, aller Historie Hohn sprechen und auch da seine Ansicht bestätigt finden wollen, wo ihr gerades Gegentheil vorhanden ist. Allein es könnten uns die Verfechter des landesherrlichen Patronatsrechtes mit vielem Schein der Gründlichkeit entgegen halten: Es kann Niemanden beis fallen, in den ersten christlichen Jahrhunderten ein landesherrliches Patronatsrecht auffinden zu wollen, da die christliche Kirche als eine nicht tolerirte Korporation unmöglich in den Staatsschuß aufgenommen seyn konnte. Dieser Ars gumentation ist aber entgegenzuhalten: es gab während den drei ersten Jahrhunderten verschiedene Zeiträume, in denen die christliche Kirche sich einer wünschenswerthen Ruhe ers freute und von den obersten Staatsbehörden so sehr begünstigt zu werden schien, daß man einzelne Kaiser sogar des Christianismus beschuldigte, und dennoch ist auch nicht eine Spur vorhanden, daß die Obrigkeit sich in die seither bes sprochenen Rechte der Bischöfe eingemischt, irgend einen Zweig des Patronatsrechtes sich angeeignet habe. Eine solche Einmischung sollte sich um so eher vermuthen lassen, als die römischen Kaiser sich in ihrer Stellung zu den eins zelnen Kulten als pontifices maximi recht wohl begriffen hatten. Weiterhin dürfen wir mit Zuversicht die Behaups tung aussprechen, daß sich unter den Bischöfen der drei ers sten Jahrhunderte, von denen so Viele als Heilige verehrt werden, gewiß eine bedeutende Anzahl würde gefunden has ben, die sich, so bald es die Umstände auch nur einigers massen zuließen, beeilt hätten, eines Amtes ledig zu werden, dessen Verwaltung nicht so fast ihnen, als vielmehr der bürgerlichen Obrigkeit zustand. Und doch begegnen wir auch

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nicht dem leisesten Wunsche irgend eines Bischofs, daß Gott die Herzen der Völker und Könige also lenken möchte, daß sie denselben das ihnen zustehende Amt zurückgeben könnten. Wenn es endlich die Bischöfe für zuträglich hielten, die christlichen Laien zu der Ernennung eines Clerikers beizus ziehen, „ne populo pastor ingratus obtruderetur" wie sich Selvaggio in seinen christlichen Alterthümern ausdrückt 1), so ist durchaus nicht abzusehen, warum es die Bischöfe nicht für ihre Pflicht angesehen haben, den Gemeinden das Recht einzuräumen, ihre Seelsorger mit seiner Genehmigung selber zu bestellen, und, da ja sie die Beiträge zum Unterhalt der Kirche lieferten, derselben einen Gehalt auszuwerfen und auszubezahlen. Diese Gemeinden bildeten in Wahrheit, so lange das Christenthum im römischen Reiche noch verfolgt wurde, den christlichen Staat, sie vertraten im Verhältniß zur Kirche die Stelle unserer heutigen Regierungen, sie hatten eben so gut, wie diese, das Patronatsrecht auszuüben, und die Bischöfe hatten die heilige Pflicht, es ihnen einzuhändigen. Aber auch hier ist von Allem dem nicht die entfernteste Nachricht vorhanden, sondern das gerade Gegentheil davon.

Es liefert daher das Resultat unserer seitherigen Untersuchung den Beweis: daß a) die Vischöfe die Wahl der Cleriter, die Verwaltung des Kirchengutes und die Besoldung der Kirchendiener aus dem kirchlichen Vermögen als in ihren Berufskreis fallende Gerechtsame erkannt und ausgeübt haben, daß b) sowohl die den Christen günstig gesinnten heidnischen Obrigkeiten, als die christlichen Gemeinden selber jene bischöflichen Gerechtsame anerkannt, fie durchaus nicht als einen Eingriff in ihre Rechte betrachtet haben.

1) Vergl. auch Bemerkungen über Gregel's Schrift: das landesherrliche Patronatrecht. Von einem Unparteischen. 1805. S. 3.

Doch wenn wir auch dieses gewiß unbestreitbare Resultat mit seiner Beweiskraft einen Augenblick ignorirten: so würz den wir dennoch verlangen dürfen, das sich das landesherrliche Patronatrecht zu einer Zeit ausbilden sollte, wo die christs liche Religion nicht nur geduldet, sondern als einzige Staatsreligion anerkannt war. Sollte man nicht meinen, es werden jezt die Bischöfe sich beeilen, dem Staate ein Amt zurückzugeben, das ihm gehörte; der Staat werde sich beeilen, ein Amt anzusprechen, das ihm bei dem Reichthum der Kirche, bei der Anhänglichkeit des Volkes an seinen Clerus, so unübersehbare Vortheile gewähren mußte; die Kaiser werden sich als pontifices maximi beeilen, in ihre Functionen bei der neuen Religions Gemeinschaft einzutreten? Und dennoch geschah von Allem dem nichts, wie es sich aus dem VerLaufe der folgenden Darstellung ergeben wird.

II. Abschnitt.

Das Patronatrecht in der katholischen Kirche unter christlichen griechisch – römischen Kaisern.

§. 6. Veränderte Verhältnisse der kath. Kirche seit Konstantin's des Großen Zeit.

Es läßt sich leichtlich begreifen, daß die katholische Kirche von dem Zeitpunkte an, als sich das herrschende Kaiserhaus des römischen Reiches zu ihr bekannte, in ganz neue Verhältnisse eintreten mußte. War sie seither der Gegenstand des Hasses und der Verfolgung, so wurde sie jeßt begünstiget und in ihrem äußern Ansehen erhoben: galt es seither nur für eine Schmach, ihr anzugehören und war man in dem Maße mehr die Zielscheibe der unbarmherzigsten Wuth, als man in ihr eine hohe Stellung einnahm, so war jest ein Christ seyn und ein geachter Bürger seyn, gleich bedeutend und die Großen des Reiches mußten es. als ein Glück betrachten, in den Priesterstand der Kirche

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