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gedruckt hat, und in der er das vierundsiebzigste Stück | kann nicht begreifen, in welcher Absicht die Natur ein so ist. Wenn er verfertigt worden, weiß ich nicht; ich sehe | göttliches Monstrum gebildet, und auf seinem Gesichte so

auch nichts, woraus es sich ungefähr abnehmen ließe. Das ist klar, daß sein Verfasser weder die französischen und eng lischen Dichter, welche die nämliche Geschichte bearbeitet haben, gebraucht hat, noch von ihnen gebraucht worden. Er ist ganz original. Doch ich will dem Urtheile meiner Leser nicht vorgreifen.

Esser kömmt von seiner Expedition wider die Spanier zurück, und will der Königin in London Bericht davon abstatten. Wie er anlangt, hört er, daß sie sich zwei Meilen von der Stadt auf dem Landgute einer ihrer Hofdamen, Namens Blanca, befinde. Diese Blanca ist die Geliebte des Grafen und auf diesem Landgute hat er, noch bei Lebzeiten ihres Vaters, viele heimliche Zusammenkünfte mit ihr gehabt. Sogleich begiebt er sich dahin, und bedient sich des Schlüssels, den er noch von der Gartenthüre bewahrt, durch die er ehedem zu ihr gekommen. Es ist natürlich, daß er sich seiner Geliebten eher zeigen will, als der Königin. Als er durch den Garten nach ihren Zimmern schleicht, wird er, an dem schattichten Ufer eines durch den selben geleiteten Armes der Themse, ein Frauenzimmer | gewahr (es ist ein schwüler Sommerabend), das mit den bloßen Füßen in dem Wasser sißt, und sich abkühlt. Er bleibt voller Verwunderung über ihre Schönheit stehen, ob sie schon das Gesicht mit einer halben Maske bedeckt hat, um nicht erkannt zu werden. (Diese Schönheit, wie billig, wird weitläufig beschrieben, und besonders werden über die allerliebsten weißen Füße in dem klaren Wasser sehr spisfindige Dinge gesagt. Nicht genug, daß der entzückte Graf zwei krystallene Säulen in einem fließenden Krystalle stehen sieht; er weiß vor Erstaunen nicht, ob das Wasser der Krystall ihrer Füße ist, welcher in Fluß gerathen, oder ob ihre Füße der Krystall des Wassers sind, der sich in diese Form condensirt hat. 1 Noch verwirrter macht ihn die halbe schwarze Maske auf dem weißen Gesichte: er

Las dos columnas bellas

Metiò dentro del rio, y como al vellas
Vi un crystal en el rio desatado,

Y vi crystal en ellas condensado,

No supe si las aguas que se vian

Eran sus pies, que liquidos corrian,
O si sus dos columnas se formaban

De las aguas, que alli se congelaban.

Diese Aehnlichkeit treibt der Dichter noch weiter, wenn er beschreiben will, wie die Dame, das Wasser zu kosten, es mit ihrer hohlen Hand geschöpft, und nach dem Munde geführt habe. Diese Hand, sagt er, war dem klaren Wasser so ähnlich, daß der Fluß selbst für Schrecken zusammen fuhr, weil er befürchtete, fie möchte einen Theil ihrer eigenen Hand mittrinken.

Quiso probar a caso

El agua, y fueron crystalino vaso
Sus manos, acercò las a los labios,
Y entonces el arrayo llorò agravios,
Y como tanto, en fin, se parecia
A sus manos aquello que bebia,
Temi con sobresalto (y no fue en vano)
Que se bebiera parte de la mano.

schwarzen Basalt mit so glänzendem Helfenbeine gepaarét habe: ob mehr zur Bewunderung, oder mehr zur Ver: spottung? 1 Kaum hat sich das Frauenzimmer wieder angekleidet, als, unter der Ausrufung: Stirb Tyrannin! ein Schuß auf sie geschieht, und gleich darauf zwei mastirte Männer mit bloßem Degen auf sie los gehen, weil der Schuß sie nicht getroffen zu haben scheint. Esser besinnt sich nicht lange, ihr zu Hülfe zu eilen. Er greift die Mör: der an, und sie entfliehen. Er will ihnen nach; aber die Dame ruft ihn zurück, und bittet ihn, sein Leben nicht in Gefahr zu sezen. Sie sieht, daß er verwundet ist, knüpft ihre Schärpe los, und giebt sie ihm, sich die Wunde damit zu verbinden. Zugleich, sagt sie, soll diese Schärpe dienen, mich Euch zu seiner Zeit zu erkennen zu geben; jezt muß ich mich entfernen, ehe über den Schuß mehr Lärmen entsteht; ich möchte nicht gern, daß die Königin den Zufall erführe, und ich beschwöre Euch daher um Eure Verschwiegenheit. Sie geht und Effer bleibt voller Erstaunen über diese sonderbare Begebenheit, über die er mit seinem Bedienten, Namens Cosme, allerlei Betrachtungen anstellt. Dieser Cosme ist die lustige Person des Stücks; er war vor dem Garten geblieben, als sein Herr hereingegangen, und hatte den Schuß zwar gehört, aber ihm doch nicht zu Hülfe kommen dürfen. Die Furcht hielt an der Thüre Schildwache, und versperrte ihm den Eingang. Furchtsam ist Cosme für viere; 2 und das sind die spanischen Narren gemeiniglich alle. Esser bekennt, daß er sich unfehlbar in die schöne Unbekannte verliebt haben würde, wenn Blanca nicht schon so völlig Besiß von seinem Herzen genommen hätte, daß sie durchaus keiner andern Leidenschaft Raum darin lasse. Aber, sagt er, wer mag sie wohl gewesen seyn? Was dünkt dich, Cosme? Wer wird's gewesen seyn, antwortete Cosme, als des Gärtners Frau, die sich die Beine gewaschen ? 3 Aus diesem Zuge kann man leicht auf das Uebrige schließen. Sie gehen endlich beide wieder fort; es ist zu spät geworden; das Haus könnte über den Schuß

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in Bewegung gerathen seyn; Esser getraut sich daher nicht, als meinem Freunde, alle meine Geheimnisse sicher anverunbemerkt zur Blanca zu kommen, und verschiebt seinen Be such auf ein andermal.

Nun tritt der Herzog von Alanzon auf, mit Flora, der Blanca Kammermädchen. (Die Ecene ist noch auf dem Landgute, in einem Zimmer der Blanca; die vorigen Auftritte waren in dem Garten. Es ist des folgenden Tages.) Der König von Frankreich hatte der Elisabeth eine Verbindung mit seinem jüngsten Bruder vorgeschlagen. Dieses ist der Herzog von Alanzon. Er ist, unter dem Vorwande einer Gesandtschaft, nach England gekommen, um diese Verbindung zu Stande zu bringen. Es läßt sich alles, sowohl von Seiten des Parlaments als der Königin, sehr wohl dazu an: aber indeß erblickt er die Blanca, und verliebt sich in sie. Jezt kömmt er, und bittet Floren, ihm in seiner Liebe behülflich zu seyn. Flora verbirgt ibm nicht, wie wenig er zu erwarten habe; doch ohne ihm das geringste von der Vertraulichkeit, in welcher der Graf mit ihr steht, zu entdecken. Sie sagt bloß, Blanca suche sich zu verheirathen, und da sie hierauf sich mit einem Manne, dessen Stand so weit über den ihrigen erhaben sey, doch keine Rechnung machen könne, so dürfte sie schwerlich seiner Liebe Gehör geben. (Man erwartet, daß der Herzog auf diesen Einwurf die Lauterkeit seiner Absichten betheuern werde: aber davon kein Wort! Die Spanier sind in diesem Puncte lange so strenge und delicat nicht, als die Franzosen.) Er hat einen Brief an die Blanca geschrieben, den Flora übergeben soll. Er wünscht, es selbst mit anzusehen, was dieser Brief für Eindruck auf sie machen werde. Er schenkt Floren eine güldene Kette, und Flora versteckt ihn in eine anstoßende Galerie, indem Blanca mit Cosme hereintritt, welcher ihr die Ankunft seines Herrn meldet.

Essex kömmt. Nach den zärtlichsten Bewillkommnungen der Blanca, nach den theuersten Versicherungen des Grafen, wie sehr er ihrer Liebe sich würdig zu zeigen wünsche, müssen sich Flora und Cosme entfernen, und Blanca bleibt mit dem Grafen allein. Sie erinnert ihn, mit welchem Eifer und mit welcher Standhaftigkeit er sich um ihre Liebe beworben habe. Nachdem sie ihm drei Jahre widerstanden, habe sie endlich sich ihm ergeben, und ihn, unter Versiche tung sie zu beirathen, zum Eigenthümer ihrer Ehre gemacht. (The hice dueño de mi honor: der Ausdruck jagt im Spanischen ein wenig viel.) Nur die Feindschaft, welche unter ihren beiderseitigen Familien obgewaltet, habe nicht erlaubt, ihre Verbindung zu vollziehen. Essex ist nichts in Abrede, und fügt hinzu, daß, nach dem Tode ihres Vaters und Bruders, nur die ihm aufgetragene Expedition wider die Spanier dazwischen gekommen sey. Run aber habe er diese glücklich vollendet; nun wolle er unverzüglich die Königin um Erlaubniß zu ihrer Ver mählung antreten. Und so kann ich dir denn, sagt Blanca, als meinem Geliebten, als meinem Bräutigam,

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trauen. 1

Einundsechzigstes Stück.

Den 1. December 1767.

Hierauf beginnt sie eine lange Erzählung von dem Schicksale der Maria von Schottland. Wir erfahren (denn Esser selbst muß alles das ohne Zweifel längst wissen), daß ihr Vater und Bruder dieser unglüdlichen Königin sehr zugethan gewesen; daß sie sich geweigert, an der Unterdrückung der Unschuld Theil zu nehmen; daß Elisabeth sie daher gefangen seßen, und in dem Gefängnisse heimlich hinrichten lassen. Kein Wunder, daß Blanca die Elisabeth haßt; daß sie fest entschlossen ist, sich an ihr zu rächen. Zwar hat Elisabeth nachher sie unter ihre Hofdamen aufgenommen, und sie ihres ganzen Vertrauens gewürdigt. Aber Blanca ist unversöhnlich. Umsonst wählte die Königin, nur kürzlich, vor allen andern das Landgut der Blanca, um die Jahreszeit einige Tage daselbst ruhig zu genießen. Diesen Vorzug selbst wollte Blanca ihr zum Verderben gereichen lassen. Sie hatte an ihren Oheim geschrieben, welcher, aus Furcht, es möchte ihm wie seinem Bruder, ihrem Vater, ergehen, nach Schottland geflohen war, wo er sich im Verborgenen aufhielt. Der Oheim war gekommen; und kurz, dieser Oheim war es gewesen, welcher die Königin in dem Garten ermorden wollen. Nun weiß Esser, und wir mit ihm, wer die Person ist, der er das Leben gerettet hat. Aber Blanca weiß nicht, daß es Essex ist, welcher ihren Anschlag vereiteln müssen. Sie rechnet vielmehr auf die unbegränzte Liebe, deren sie Esser versichert, und wagt es, ihn nicht bloß zum Mitschuldigen machen zu wollen, sondern ihm völlig die glücklichere Vollziehung ihrer Rache zu übertragen. Er soll sogleich an ihren Oheim, der wieder nach Schottland geflohen ist, schreiben, und gemeinschaftliche Sache mit ihm machen. Die Tyrannin müsse sterben; ihr Name sey allgemein ver haßt; ihr Tod sey eine Wohlthat für das Vaterland, und niemand verdiene es mehr als Essex, dem Vaterlande diese Wohlthat zu verschaffen.

Esser ist über diesen Antrag äußerst betroffen. Blanca, seine theure Blanca, kann ihm eine solche Verrätherei zumuthen? Wie sehr schämt er sich, in diesem Augenblicke, seiner Liebe! Aber was soll er thun? Soll er ihr, wie es billig wäre, seinen Unwillen zu erkennen geben? Wird sie darum weniger bei ihren schändlichen Gesinnungen bleiben? Soll er der Königin die Sache hinterbringen? Das ist unmöglich. Blanca, seine ihm noch immer theure Blanca, läuft Gefahr. Soll er sie, durch Bitten und Vorstellungen, von ihrem Entschlusse abzubringen suchen? Er müßte nicht

1 Bien podrè seguramente
Revelarte intentos mios,

Como a galan, como a dueño
Como a esposo, y como a amigo.,

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Esser segt sich nieder, an ihren Oheim zu schreiben, und indem tritt der Herzog aus der Galerie näher. Er ist neugierig zu sehen, wer sich mit der Blanca so lange unter: hält; und erstaunt, den Grafen von Essex zu erblicken. Aber noch mehr erstaunt er über das, was er gleich darauf zu hören bekömmt. Esser hat an den Roberto geschrieben, und sagt der Blanca den Inhalt seines Schreibens, das er sofort durch den Cosme abschicken will. Roberto soll mit allen seinen Freunden einzeln nach London kommen; Effer will ihn mit seinen Leuten unterstüßen; Essex hat die Gunst des Volts; nichts wird leichter seyn, als sich der Königin zu bemächtigen; sie ist schon so gut, als todt. Erst müßt' ich sterben! ruft auf einmal der Herzog, und kömmt auf

Ay tal traicion! vive el Cielo,
Que de amarla estoi corrido.
Blanca, que es mi dulce dueño.
Blanca, à quien quiero, y estimo,
Me propone tal traicion!
Que harè, porque si ofendido,
Respondiéndo, como es justo,
Contra su traicion me irrito,
No por esso ha de evitar
Su resuelto desatino.

Pues darle cuenta a la Reina
Es impossible, pues quiso
Mi suerte, que tenga parte
Blanca en aqueste delito.
Pues si procuro con ruegos
Disuadírla, es desvario,
Que es una muger resuelta
Animal tan vengativo.

Que no se dobla à los riesgos:
Antes con afecto impio,
En el mismo rendimiento
Suelen agusar los filos;

Y quizà desesperada

De mi enojo, o mi desilo,

Se declarara con otro

Menos leal, menos fino,

Que quizá por ella intente,

Lo que yo hacer no he querido.

2 Si estàs consultando, Conde,

Allà dentro de ti mismo

Lo que has de hacer, no me quieres,

Ya el dudarla fue delito.

Vive Dios, que eres ingrato!

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No pronuncieis algo, Conde,

Que ya no puedo sufriros.

COND. Qualquier cosa que yo intente

Duq. Mirad que estoi persuadido

Que hacer la traicion cobardes;

Y assi quando os he cogido

En un lance que me dà

De que sois cobarde indicios,

No he de aprovecharme de esto,

Y assi os perdona mi brio
Este rato que teneis

El valor desminuido;

Que a estar todo vos entero,

Supiera daros castigo.

COND. Yo soi el Conde de Sex

Y nadie se me ha atrevido

Sino el hermano del Rey

De Francia. DuQ. Yo tengo brio
Para que sin ser quien soi,
Pueda mi valor invicto

Castigar, non digo yo

Solo a vos, mas a vos mismo,

Siendo leal, que es lo mas
Con que queda encarecido.

Y pues sois tan gran Soldado,
No echeis a perder, os pido,
Tantas heroicas hazañas
Con un hecho tan indigno

Der Graf. Wer darf das sagen?

an ihren Oheim senden wolle, und geht ab. Blanca deßDer Herzog. Ich! Nicht ein Wort mehr! Jch gleichen; nachdem sie ihren Unstern verwünscht, sich aber will tein Wort mehr hören, Graf! noch damit getröstet, daß es kein Schlimmerer als der Herzog sey, welcher von dem Anschlage des Grafen wisse.

Der Graf. Meine Absicht mag auch gewesen seyn · Der Herzog. Denn kurz: ich bin überzeugt, daß ein Berräther kein Herz hat. Ich treffe Sie als einen Ver räther: ich muß Sie für einen Mann ohne Herz halten. Aber um so weniger darf ich mich dieses Vortheils über Eie bedienen. Meine Ehre verzeiht Ihnen, weil sie der Jhrigen verlustig sind. Wären Sie so unbescholten, als ich Sie sonst geglaubt, so würde ich Sie zu züchtigen wissen.

Der Graf. Ich bin der Graf von Essex. So hat mir noch niemand begegnen dürfen, als der Bruder des Königs von Frankreich.

Der Herzog. Wenn ich auch der nicht wäre, der ich bin; wenn nur Sie der wären, der Sie nicht sind, ein Mann von Ehre: so sollten Sie wohl empfinden, mit wem Sie zu thun hätten. Sie, der Graf von Essex? Wenn Sie dieser berufene Krieger sind: wie können Sie so viele große Thaten durch eine so unwürdige That vernichten wollen?

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Bweinndsechzigstes Stück.

Den 4. December 1767.

Der Herzog fährt hierauf fort, ihm sein Unrecht, in einem etwas gelindern Tone, vorzuhalten. Er ermahnt ihn, sich eines bessern zu befinnen; er will es vergessen, was er gehört habe; er ist versichert, daß Blanca mit dem Grafen nicht einstimme, und daß sie selbst ihm eben das würde gesagt haben, wenn er, der Herzog, ihr nicht zuvorgekommen wäre. Er schließt endlich: „Noch einmal, "Graf; gehen Sie in sich! Stehen Sie von einem so „schändlichen Vorhaben ab! Werden Sie wieder Sie selbst! „Wollen Sie aber meinem Rathe nicht folgen: so erinnern „Sie sich, daß Sie einen Kopf haben, und London einen "Henter!" Hiermit entfernt sich der Herzog. Essex ist in der äußersten Verwirrung; es schmerzt ihn, sich für einen Verräther gehalten zu wissen; gleichwohl darf er es jezt nicht wagen, sich gegen den Herzog zu rechtfertigen; er muß sich gedulden, bis es der Ausgang lehre, daß er da seiner Königin am getreuesten gewesen sey, als er es am wenigsten zu seyn geschienen. 2 Eo spricht er mit sich selbst zu Blanca aber sagt er, daß er den Brief sogleich

1 Miradlo mejor, dexad

Un intento tan indigno,
Corresponded à quien sois,

Y sino bastan avisos,

Mirad que ay Verdugo en Londres,

Y en vos cabeza, harto os digo.

2 No he de responder al Duque
Hasta que el sucesso mismo
Muestre como fueron falsos
De mi traicion los indicios.
Y que soi mas leal, quanto
Mas traidor he parecido.

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Die Königin erscheint mit ihrem Kanzler, dem sie es vertraut hat, was ihr in dem Garten begegnet. Sie bes fiehlt, daß ihre Leibwache alle Zugänge wohl beseße; und morgen will sie nach London zurückkehren. Der Kanzler ist der Meinung, die Meuchelmörder aufsuchen zu lassen, und durch ein öffentliches Edict demjenigen, der sie ans zeigen werde, eine ansehnliche Belohnung zu verheißen, sollte er auch selbst ein Mitschuldiger seyn. „Denn da es „ihrer zwei waren, sagt er, die den Anfall thaten, so kann „leicht einer davon ein eben so treuloser Freund seyn, als „er ein treuloser Unterthan ist. 1. Aber die Königin mißbilligt diesen Rath; sie hält es für besser, den ganzen Vorfall zu unterdrücken, und es gar nicht bekannt werden zu lassen, daß es Menschen gegeben, die sich einer solchen That erkühnen dürfen. „Man muß, sagt sie, die Welt „glauben machen, daß die Könige so wohl bewacht werden, „daß es der Verrätherei unmöglich ist, an sie zu kommen. „Außerordentliche Verbrechen werden besser verschwiegen, „als bestraft. Denn das Beispiel der Strafe ist von dem „Beispiele der Sünde unzertrennlich; und dieses kann oft „eben so sehr anreizen, als jenes abschrecken.“ 2

Indem wird Essex gemeldet, und vorgelassen. Der Bericht, den er von dem glüdlichen Erfolge seiner Expedition abstattet, ist kurz. Die Königin sagt ihm auf eine sehr verbindliche Weise: „Da ich Euch wieder erblicke, weiß ich von dem Ausgange des Krieges schon genug." #3 Sie will von keinen nähern Umständen hören, bevor sie seine Dienste nicht belohnt, und befiehlt dem Kanzler, dem Grafen sogleich das Patent als Admiral von England auszufertigen. Der Kanzler geht; die Königin und Essex sind. allein; das Gespräch wird vertraulicher; Esser hat die Schärpe um; die Königin bemerkt sie, und Essex würde es aus dieser bloßen Bemerkung schließen, daß er sie von ihr habe, wenn er es aus den Reden der Blanca nicht schon geschlossen hätte. Die Königin hat den Grafen schon längst heimlich geliebt; und nun ist sie ihm sogar das Leben

1 Y pues son dos los culpados
Podrà ser, que alguno de ellos
Entregue al otro; que es llano,
Que serà traidor amigo
Quien fue desleal vassallo.

2 Y es gran materia de estado
Dar a entender, que los Reyes
Estan en si tan guardados

Que aunque la traicion los busque
Nunca ha de poder hallarlos;

Y assi el secreto averigue
Enormes delitos, quando

Mas que el castigo, escarmientos

Dè de exemplares el pecado.

3 Que ya solo con miraros

Sè el sucesso de la guerra.

schuldig.1 Es kostet ihr alle Mühe, ihre Neigung zu verbergen. Sie thut verschiedene Fragen, ihn auszuloden und zu hören, ob sein Herz schon eingenommen, und ob er es vermuthe, wem er das Leben in dem Garten gerettet. Das lezte giebt er ihr durch seine Antworten gewissermaßen zu verstehen, und zugleich, daß er für eben diese Person mehr empfinde, als er derselben zu entdecken sich erkühnen dürfe. Die Königin ist auf dem Puncte, sich ihm zu ers kennen zu geben: doch siegt noch ihr Stolz über ihre Liebe. Eben so sehr hat der Graf mit seinem Stolze zu kämpfen: er kann sich des Gedankens nicht entwehren, daß ihn die Königin liebe, ob er schon die Vermessenheit dieses Ge dankens erkennt. (Daß diese Ecene größtentheils aus Reden bestehen müsse, die jedes seitab führt, ist leicht zu erachten.) Sie heißt ihn gehen, und heißt ihn wieder so lange warten, bis der Kanzler ihm das Patent bringe. Er bringt es; sie überreicht es ihm; er bedankt sich, und das Seitab fängt mit neuem Feuer an.

Die Königin. Thörichte Liebe!
Essex. Eitler Wahnsinn!

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2 REIN.

1 No bastaba, amor tyranno, Una inclinacion tan fuerte,

Sin que te aya ayudado

Del deberle yo la vida?

Loco Amor COND. Necio impossible REIN Què ciego COND. Què temerario REIN. Me abates a tal baxeza COND. Me quieres subir tan alto REIN. Advierte, que soi la Reina COND. Advierte que soi vasallo REIN. Pues me humillas a el abysmo COND. Pues me acercas a los rayos REIN. Sin reparar mi grandeza COND. Sin mirar mi humilde estado REIN. Ya que te miro acà dentro COND. Ya que en mi te vas entrando REIN. Muere entre el pecho, y la voz. COND. Muere entre el alma, y los labios.

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Der eine hört, was der andere nicht sagt, und antwortet auf das, was er nicht gehört hat. Sie nehmen einander die Worte nicht aus dem Munde, sondern aus der Seele. Man sage jedoch nicht, daß man ein Spanier seyn muß, um an solchen unnatürlichen Künsteleien Geschmack zu finden. Noch vor einigen dreißig Jahren fanden wir Deutsche eben so viel Geschmack daran; denn unsere Staatsund Heldenactionen wimmelten davon, die in allem nach den spanischen Mustern zugeschnitten waren.)

Nachdem die Königin den Essex beurlaubt und ihm befohlen, ihr bald wieder aufzuwarten, gehen beide auf ver schiedene Seiten ab, und machen dem ersten Aufzuge ein Ende. Die Stücke der Spanier, wie bekannt, haben deren nur drei, welche sie Jornadas, Tagwerke, nennen. Ihre allerältesten Stücke hatten viere: sie krochen, sagt Lope de Vega, auf allen vieren, wie Kinder; denn es waren auch wirklich noch Kinder von Komödien. Virves war der erste, welcher die vier Aufzüge auf drei brachte; und Lope folgte ihm darin, ob er schon die ersten Stücke seiner Jugend, oder vielmehr seiner Kindheit, ebenfalls in vieren gemacht hatte. Wir lernen dieses aus einer Stelle in des leßtern Neuen Kunst, Komödien zu machen; 1 mit der ich aber eine Stelle des Cervantes in Widerspruch finde, 2 wo sich dieser den Ruhm anmaßt, die spanische Komödie von fünf Acten, aus welchen sie sonst bestanden, auf drei gebracht zu haben. Der spanische Literator mag diesen Widerspruch entscheiden; ich will mich dabei nicht aufhalten.

Dreiundsechzigstes Stück.

Den 8. December 1767.

Die Königin ist von dem Landgute zurückgekommen; und Effer gleichfalls. Sobald er in London angelangt, eilt er nach Hofe, um sich keinen Augenblick vermissen zu lassen. Er eröffnet mit seinem Cosme den zweiten Act, der in dem königlichen Schlosse spielt. Cosme hat, auf Befehl des Grafen, sich mit Pistolen versehen müssen; der Graf hat heimliche Feinde; er besorgt, wenn er des Nachts spät vom Schlosse gehe, überfallen zu werden. Er heißt den Cosme, die Pistolen nur indeß in das Zimmer der Blanca zu tragen, und sie von Floren aufheben zu lassen. Zu gleich bindet er die Schärpe los, weil er zu Blanca gehen will. Blanca ist eifersüchtig; die Schärpe könnte ihr Gedanken machen; sie könnte sie haben wollen; und er würde

Arte nuevo de hazer Comedias, die sich hinter des Lope Rimas befindet.

El Capitan Virves insigne ingenio,

Puso en tres actos la Comedia, que antes
Andava en quatro, come pies de niño,
Que eran etonces niñas las Comedias,
Y yo las escrivi de onze, y doze años,

De à quatro actos, y de à quatro pliegos,
Porque cada acto un pliego contenia.

2 In der Vorrede zu seinen Komödien: Donde me atrevi a reducir las Comedias a tres Jornadas, de cinco que tenian.

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