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erforderliche Eigenschaften? Daß man fünf Jahre bei einem Manne Padete zubinden gelernt, der auch nichts weiter kann, als Pađete zubinden? Und wer darf sich in die Buchhandlung nicht mischen? Seit wann ist der Vuchhandel eine Innung? Welches sind seine ausschließenden Privis legien? Wer hat sie ihm ertheilt?

Ansehen nachzutruden; auch ihre gelegten Breise allezeit um | Sie wollen dem nacdruden, der ihnen nachbie Hälfte zu verringern. Die tieiem Borbaben bereits brudt." Das möchte seyn, wenn es ihnen die Obrigkeit beigetretene Herren Buchhändler, welche wohl eingeieben, anders erlauben will, sich auf diese Art selbst zu rächen. daß eine solche unbefugte Störung für alle Buchhändler Aber sie wollen zugleich das Selbst: Verlegen ver zum größten Nachtheil gereichen müsse, haben sich entwehren. Wer sind die, die das verwehren wollen? Haben iclofen, zu Unteritügung dieses Vorhatens eine Caffe aufzurichten, und eine ansehnliche Summe Geld bereits sie wohl das Herz, sich unter ihren wahren Namen zu eingelegt, mit Bitte, ihre Namen vorerst noch nicht zu nendiesem Frevel zu belennen? Ist irgendwo das Selbst-Vernen, datei aber veriprochen, selbige ferner zu unterstügen. legen jemals verboten gewesen? Und wie kann es verboten Bon den übrigen gutgesinnten Herren Buchhändlern er: seyn? Welch Gejez kann dem Gelehrten das Recht schmälern, warten wir demnach zur Vermehrung der Casse deßgleichen, aus seinem eigenthümlichen Werke alle den Nußen zu ziehen, und ersuchen, auch uniern Verlag bestens zu recomman- den er möglicher Weise daraus ziehen kann? „Aber sie diren. Was den Truck und die Schönheit des Papiers | mischen sich ohne die erforderlichen Eigen: betrifft, so werden wir der Ersten nichts nachgeben, übri-schaften in die Buchhandlung.“ Was sind das für gens aber uns bemühen, auf die unzählige Menge der Schleichhändler genau Acht zu geben, damit nicht jeder in der Buchhandlung zu höcken und zu stören anfange. So viel versichern wir sowohl als die noch zutretende Herren Mitcollegen, daß wir keinem rechtmäßigen Buchhändler ein Blatt nachdrucken werden; aber dagegen werden wir sehr aufmerksam seyn, sobald jemanden von unserer Gesellschaft ein Buch nachgedruckt wird, nicht allein dem Nachdrucker hinwieder allen Schaden zuzufügen, sondern auch nicht | weniger denenjenigen Buchhändlern, welche ihren Nach: druck zu verkaufen sich unterfangen. Wir ersuchen demnach alle und jede Herren Buchhändler dienstfreundlichst, von allen Arten des Nachdrucks in einer Zeit von einem Jahre, nachdem wir die Namen der ganzen Buchhändlergesellschaft gedruckt angezeigt haben werden, sich los zu machen, oder zu erwarten, ihren besten Verlag für die Hälfte des Preises oder noch weit geringer verkaufen zu sehen. Denenjenigen Herren Buchhändlern von unsrer Gesellschaft aber, welchen etwas nachgedruckt werden sollte, werden wir nach Proportion und Ertrag der Casse eine ansehnliche Vergütung wiederfahren zu lassen, nicht ermangeln. Und so hoffen wir, daß sich auch die übrigen Unordnungen bei der Buchhandlung mit Beihülfe gutgesinnter Herren Buchhändler in kurzer Zeit legen werden.

Wenn die Umstände erlauben, so kommen wir alle Ostermessen selbst nach Leipzig, wo nicht, so werden wir doch deßfalls Commission geben. Wir empfehlen uns deren guten Gesinnungen und verbleiben Deren getreue Mitcollegen,

J. Dodsley und Compagnie.

Wenn dieser Aufsaß nichts enthielte als die Einladung zu einer genauern Verbindung der Buchhändler, um dem eingerissenen Nachdrucke unter sich zu streuen, so würde schwerlich ein Gelehrter ihm seinen Beifall versagen. Aber wie hat es vernünftigen und rechtschaffenen Leuten einkommen können, diesem Plane eine so strafbare Ausdeh-❘ nung zu geben? Um ein paar armen Hausdieben das Handwerk zu legen, wollen sie selbst Straßenräuber werden?

Wenn Dodsley und Compagnie ihren Nachdrud der Dramaturgie vollenden, so bitte ich sie, mein Werk wenigstens nicht zu verstümmeln, sondern auch das getreulich nachdrucken zu lassen, was sie hier gegen sich finden. Daß sie ihre Vertheidigung beifügen — wenn anders eine Vertheidigung für sie möglich ist werde ich ihnen nicht vers denken. Sie mögen sie auch in einem Tone absassen, oder von einem Gelehrten, der klein genug seyn kann, ihnen seine Feder dazu zu leihen, abfassen lassen, in welchem sie wollen, selbst in dem so interessanten der Klozischen Schule, reich an allerlei Histörchen und Anekdötchen und Pasquillchen, ohne ein Wort von der Sache. Nur erkläre ich im Voraus die geringste Insinuation, daß es gekränkter Eigennuß sey, der mich so warm gegen sie sprechen lassen, für eine Lüge. Ich habe nie etwas auf meine Kosten drucken lassen, und werde es schwerlich in meinem Leben thun. Ich lenne, wie schon gesagt, mehr als einen rechts schaffenen Mann unter den Buchhändlern, dessen Vermit telung ich ein solches Geschäft gern überlasse. Aber keiner von ihnen muß mir es auch verübeln, daß ich meine Verachtung und meinen Haß gegen Leute bezeige, in deren Vergleich alle Buschklepper und Weglaurer wahrlich nicht die schlimmern Menschen sind. Denn jeder von diesen macht seinen coup de main für sich; Dodsley und Com pagnie aber wollen Bandenweise rauben.

Das Beste ist, daß ihre Einladung wohl von den Wenigsten dürfte angenommen werden. Sonst wäre es Zeit, daß die Gelehrten mit Ernst darauf dächten, das bekannte Leibnißische Projekt auszuführen.

Ueber Meusels Apollodor.

1768.

„Bibliothek des Apollodors. Aus dem Griechischen Nebst einer Vorrede von 1768. in 8. 13 Bogen."

„übersezt von J. G. Meusel. „Herrn Klot. Halle, bei Curt.

Alles, belieben der Herr geheime Rath Kloß sich gleich zu Anfang ihrer Vorrede auszudrücken, alles, was ich von der Güte und Treue dieser Ueberseßung sagen könnte, wird durch die eigenen Schriften ihres Verfassers unnöthig ge= macht. Diese sind wegen ihrer starken Empfehlungen, die sie von der Belesenheit, dem Geschmack und der Beurtheilungskraft erhalten, auch für den Werth dieser Arbeit Bürge." Gewiß, wir müssen uns schämen, öffentlich zu bekennen, daß uns die eigenen Schriften des Herrn Meusels ganz und gar nicht bekannt sind. Wäre es doch dem Herrn geheimen Rath gefällig gewesen, für den Ruhm seines Freundes und für unsere Unwissenheit ein wenig mehr zu sorgen! Hätte er uns doch nur einige von diesen Schriften namhaft gemacht! Wir rechnen viel zu sehr auf sein Wort, als daß wir würden angestanden haben, die gegenwärtige Ueberseßung lediglich nach diesen Schriften zu beurtheilen. So aber haben wir sie nur aus sich selbst beurtheilen können, und befinden uns dadurch in der äußersten Verlegen: heit, unser Urtheil mit seinem zu vereinigen.

erklärt ihn in vielen Schulen den Anfängern der griechischen Sprache mit zuerst) so wenig hat ihn Herr Meusel doch öfters verstanden; und diese einzige kleine Stelle hat nicht mehr als drei recht plumpe Schnißer. 1) Apollodor sagt nicht, daß Orion sich mit der Merope vermählt habe; euvηzevóɑro heißt bloß, er hielt um sie an, er suchte fie zur Frau. 2) Nicht der betrunkene Oenopion blendete den Orion; wozu hätte sich Denopion dazu erst betrinken müssen? sondern Denopion machte den Orion betrunken und so blendete er ihn; advoas ist hier von edváza, ich mache betrunken, nicht von usdvo, ich bin betrunken; und Herr Meusel hätte wohl wissen können, daß jenes Tempora von diesem entlehnt. 3) Nachdem Orion das Gesicht wieder erlangt hatte, kam er nicht bloß eilends wieder zum Oenopion, sondern Apollodor sagt, ini Tov Oivoniava éóяevdev, er eilte wider den Oenopion, d. i. er eilte, sich an ihm zu rächen.

Wir konnten, wie gesagt, die Ueberseßung des Herrn Meusel nicht nach seinen eigenen Schriften beurtheilen; wehe ihm, wenn man seine eigene Schriften nach dieser Ueberseßung beurtheilen darf!

Von der Vorrede des Herrn geheimen Rath Klop insNur gleich eine Probe: auf der 10ten Seite dieses besondere etwas zu erwähnen, ist nicht nöthig. Sie ist, verdeutschten Apollodors heißt es von dem Orion: „Er wie alles, was dieser große Gelehrte schreibt, voll eigenkam hierauf nach Chios und vermählte sich mit der Me- thümlicher Beurtheilungen. 3. E. Wo er bedauert, daß rope, einer Tochter des Denopions. Der betrunkene De- die zwölf Bücher des Apollodors über das Homerische Vernopion blendete ihn im Schlafe und warf ihn an das Ufer, zeichniß der Schiffe verloren gegangen, sezt er hinzu: „Ich worauf er in eine Schmiede ging, einen Knaben raubte, stelle mir vor (wer in der Welt hätte sich so etwas vorihn auf seine Schultern seßte, und ihm befahl, ihn gegen stellen können, als der Herr geheime Rath Kloß!), als ob der Sonne Aufgang hinzuführen. Als er dahin gekommen die alte Erdbeschreibung dadurch gewonnen haben würde.“ war, erlangte er, von den Sonnenstrahlen erhißt, sein Voller Bewunderung riefen wir aus: Rem acu tetigisti, Gesicht wieder, und kam eilends wieder zum Oenopion." Vir celeberrime! denn daß Apollodor die verschiedene Aus der Ueberseßung ist, ohne Zuziehung des Originals, Bauart aller der Schiffe so viel verschiedener Völker in unmöglich flug zu werden. Orion, mit der Merope ver- seinem Werke untersucht und etwa aus geschnittenen Steimählt, wird von seinem betrunkenen Schwiegervater ge- nen erläutert haben sollte, das ist uns selbst nie wahrscheinblendet, worauf er in eine Schmiede geht man weiß man weiß lich vorgekommen, ob wir schon dabei bekennen, daß wir nicht, ob Orion oder Oenopion, bis man es am Ende un- uns schwerlich getraut haben dürften, eben dieselbe kühne gefähr erräth. Doch das schielende, nachlässige Deutsch ist❘ Vermuthung zu äußern, mit welcher der Herr geheime der geringste Fehler. So leicht Apollodor schreibt, (man | Rath seine Leser überrascht.

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Vom Alter der Oelmalerei aus dem Theophilus Presbyter.

Vorbericht.

1774.

Ich theile nachfolgende Merkwürdigkeit aus einem noch ungedruckten Werke des Theophilus Presbyter, in der herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, so vorläufig be sonders darum mit, um zu erfahren, ob und wo sich etwa noch mehr Nachrichten von diesem Theophilus, oder Abschriften von diesem seinem Werke finden möchten, als mir bisher bekannt werden wollen.

Ich irre mich sehr, oder es ist von der äußersten Schäßbarkeit. Denn es enthält nicht allein, zu Aufklärung der Geschichte der verschiedenen darin abgehandelten und berührten Künste, so viel wichtige und in ihrer Gattung einzige Dinge, sondern es dürfte vielleicht auch auf die

Art und Weise selbst, wie diese Künste gegenwärtig geübt

und betrieben werden, einen vortheilhaften Einfluß haben. Nämlich diesen, daß es Methoden und Handgriffe beschreibt, die entweder jezt für verloren gehalten, und als solche bedauert werden; oder von denen es wohl noch zu untersuchen seyn möchte, ob sie wirklich alle durch offenbar bessere nur verdrängt, und solchergestalt gleichsam mit Wissen und Willen vergessen worden.

Etwas ähnliches ist uns aus den ältern Zeiten ganz und gar nicht übrig geblieben, und das einzige dahin einschlagende aus den mittlern Zeiten, welches Muratori (Antiquitat. Italic. T. II. p. 366.) gerettet und bekannt gemacht hat, ist eine wahre Armseligkeit, die weder in Ansehung des Umfanges, noch in Betracht der Deutlichkeit und Zuverlässigkeit mit der Schrift des Theophilus zu vers gleichen steht.

Mehr sage ich über diesen Punct hier nicht, sondern komme zu meinem Vorhaben.

I.

Lessing.

Gelehrte und Künstler geben einmüthig vor, (a) daß die Delmalerei eine neuere Erfindung sey, welche nicht eher, als in der ersten Hälfte des funfzehnten Jahrhunderts in Ausübung gebracht worden.

Auch geben sie fast eben so einmüthig vor, (b) daß man diese neuere Erfindung einem niederländischen Maler, Namens Johann von Eyck, oder wie er nach dem Orte, wo er meistens lebte und arbeitete, genannt wird, Johann von Brügge zu danken habe.

Und worauf gründet sich dieses Vorgeben? Was hat es für historische Beweise? Finden sich Zeugnisse zeitverwandter Schriftsteller? Oder hat der Erfinder selbst auf seinen ersten Werken dieser Art der Nachkommenschaft die Versicherung davon überliefert, so wie es die Erfinder der Druckerei zu thun die Vorsicht gehabt? Und wo sind diese Werke, dieje unwidersprechlichen Belege?

Auf alle diese Fragen weiß ich mir nichts zu antworten,

so angelegen ich mir es auch seit geraumer Zeit seyn lassen,

darauf antworten zu können. So viele der neuesten und gründlichsten Schriftsteller das nämliche versichern, so viele weisen mich alle, von einem Gewährsmanne zu dem andern, auf den einzigen Bajari zurück.

Aber Vasari schrieb anderthalbhundert Jahre nach Johann von Eycken (c); und unter die vielen und mancherlei Dinge, die er aus einer bloßen unsichern mündlichen selbst bei der Verhandlung derselben gegenwärtig gewesen Ueberlieferung mit solcher Zuversicht hinschrieb, als ob er wäre, könnte auch wohl dieses von Erfindung der Delfarben mit gehören. Wenigstens ist es gewiß, daß man dem Vasari lediglich auf sein Wort glauben muß; ja, ob er schon die Gemälde namhaft macht, welche die ersten in Del gewesen seyn sollen, so sagt er doch weder, woran diese Gemälde für das, wofür er sie ausgiebt, zu erkennen gewesen, noch auch, daß er sie selbst gesehen und untersucht, und ältere Gemälde gegen sie geprüft habe.

Freilich ist es kaum glaublich, daß Vasari schlechter: dings der erste seyn solle, welcher das, wovon die Rede ist, geschrieben oder drucken lassen. Es mag wohl ältere Auctoritäten geben, oder gegeben haben. Ich sage nur, daß er sie nicht anführt, daß ich sie auch sonst nirgends angeführt finde.

Sogar Karl van Mander, der erste, welcher sich nach dem Vasari um die Geschichte der Malerei verdient gemacht

hat, sagt, was er von der Sache sagt, fast alles nur dem Vasari nach. Denn ob er schon, als ein Niederländer, den Quellen viel näher müßte gewesen seyn, so hat er doch außer der Nachweisung einiger mehrern Eyd'schen Gemälde nichts eignes, als eine einzige Kleinigkeit, die noch dazu so wenig geschickt ist, eine nähere Bestätigung abzugeben, daß sie vielmehr einen sehr gegründeten Argwohn erweckt. Er bringt nämlich die Grabschrift des Johann von Eyck bei, welche sich in einer Kirche zu Brügge befinden soll; und so sehr in dieser Grabschrift Johann als ein großer und außerordentlicher Maler gerühmt wird, so gänzlich wird gleichwohl darin von dem eigentlichen Verdienste ge= schwiegen, welches er um die neuere Malerei haben soll (d).

Dem Antonello von Messina, welcher das Geheimniß der Delfarben von ihm soll gelernt und zuerst nach Italien gebracht haben, hat man in seiner Grabschrift dieses lleis nere Verdienst nicht vergessen, sehr hoch anzurechnen. Und man sollte in der Grabschrift des wahren Erfinders von dem weit größern geschwiegen haben (e)?

Hierzu kömmt, daß in der Erzählung selbst, welche Vasari und van Mander von den Umständen machen, wie Johann von Eyck auf seine Erfindung gekommen sey, und wie und wann sie sich weiter verbreitet habe, sehr unwahrscheinliche Dinge mit unterlaufen.

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Zum Erempel: aus Verdruß, weil ihm eines von seinen Gemälden, das er in Wasserfarben und auf Holz ausge führt hatte, als er es an der Sonne trocknen wollen, von der allzugroßen Hiße geborsten sey; aus bitterm Verdruß hierüber sey er auf Mittel bedacht gewesen, die Sonne instünftige zum Trocknen zu entbehren, und so habe er die Delfarben erfunden (f). Dieses lautet ungefähr, als ob ich erzählte: jemand versengte sich am Ofen ein „schönes Kleid, und um nicht wieder so unvorsichtig zu „seyn, entschloß er sich, den Ofen aus der Stube zu schaffen, und erfand den Kamin." Das natürlichere wäre ja wohl gewesen, wenn Johann von Eyď ein andermal die Stücke seiner hölzernen Tafel besser zusammengefügt, und sie weniger unmittelbar einer allzustarken Sonnenhiße ausgeseht hätte. Auch weiß ich zuverlässig, daß man längst vor ihm sehr wohl verstand, die hölzernen Tafeln der Gemälde vor aller solcher Gefahr des Werfens und Berstens auf das unfehlbarste zu sichern. Das Unglück also, welches ihm widerfahren seyn soll, hat ihm nicht leicht widerfahren können; und wenn es ihm aus Nachlässigkeit einmal widerfahren wäre, war das eine von den Gelegenheiten, in welchen sich der Verstand zu neuen Erfindungen anstrengt? Ferner: das Geheimniß der Delfarben soll lange Zeit bei dem Erfinder und seinen Freunden ganz allein geblie ben seyn, ohne daß auswärtige Künstler hätten dahinter tommen können; bis endlich Antonello von Messina aus Italien nach Flandern zu reisen sich entschlossen, und es dem Johann von Eyd freundschaftlich abzuloden gewußt habe. Wer Augen und Nase hat, wird sich das schwerlich

bereden lassen. Denn beide überzeugen ihn, daß die Delfarben zu denjenigen Erfindungen gehört haben müssen, welche gemacht zu haben, und sie bei der ersten Ausübung, der ganzen Welt mitzutheilen, einerlei gewesen (g). Besonders in erst vollendeten Werken verräth sich das Del, auch unter der Glasur eines van der Werft so deutlich, daß kunstverwandte Betrachter gewiß nicht viel vergebliche Versuche darum würden verloren haben. Und wollte man auch dieses in Abrede seyn; wollte man annehmen, daß Johann von Eyck, um sein Geheimniß zu verbergen, wohl ein zweites Geheimniß könne gehabt haben: so entsteht daraus eine Frage, auf die noch weit schwerer zu antworten seyn dürfte. Nämlich: konnte man es seinen Gemälden, als sie neu waren, schlechterdings nicht ansehen, daß sie mit Del gemalt seyn müßten, wie konnte man es denn eben diesen Gemälden hundert Jahre später ansehen? Gewiß mußte man es ihnen auch dann nicht ansehen können, und es war bloße Sage, auf welche Vasari sie für die ersten Delgemälde ausgab.

Doch ich bin weit entfernt, auf diese Bedenklichkeiten allein, oder wohl gar aus dem leidigen Vorurtheile, daß es sich schwer begreifen lasse, wie die Alten, die in den Künsten so viele besondere Erfahrungen angestellt, nicht auch auf die so leichte Mischung der Farben mit Del sollten gefallen seyn; ich bin, sage ich, weit entfernt, aus der gleichen Vernünfteleien den Neuern eine Erfindung abstreiten zu wollen, die ihre Malerei so weit über alles erhoben hat, was wir uns von den Werken der alten Maler zu denken belieben. Denn ich weiß sehr wohl, daß alle neuere Erfindungen auf diese Art verdächtig zu machen find. Auf viele geräth man auf einem Wege, auf welchem man gerade nicht darauf gerathen sollte; und vielleicht von allen läßt sich mehr oder weniger zeigen, daß irgend einmal irgend jemand sehr nahe dabei gewesen seyn müsse. Von einer, sie sey, welche es wolle, beweisen, daß sie vor längst hätte gemacht seyn können oder sollen, ist nichts als Chicane; man muß unwidersprechlich beweisen, daß sie wirklich gemacht gewesen, oder schweigen.

Und hieraus wird man leicht abnehmen, was ich mir selbst zu thun auferlege und zu thun getraue, indem ich dem Johann von Eyd die Erfindung, weßwegen sein. Name länger als zweihundert Jahre mit so vielem Ruhme genennet worden, gänzlich abspreche, und behaupte, daß die Delmalerei nichts weniger als eine so neue Erfindung ist, sondern so manche Jahrhunderte zuvor schon bekannt gewesen, daß mich die Vermuthung sehr erlaubt dünkt, sie werde auch schon früher bekannt gewesen seyn.

Meine Beweise sind klare, deutliche, unverdächtige, unwidersprechliche Stellen aus einem noch ungedruckten Werke des Theophilus Presbyter.

II.

Aber wer ist dieser Theophilus? Und was ist dieses für ein noch ungedrucktes Werk von ihm?

Es ist eben derselbe Mönch, oder wie er sich selbst nennt, Presbyter, dieses Namens aus der mittlern Zeit; es ist dessen nämliches lateinisches Werk, welches Feller unter den Handschriften der Pauliner Bibliothek zu Leipzig fand, und als eine der ersten Kostbarkeiten dieser Bibliothek in seinem Verzeichnisse von 1685, unter dem Titel: de coloribus et de arte colorandi vitra, anzeigte (h).

Es ist das nämliche Werk, welches einer von den Verfassern der Actor. Erudit. einige Jahre darauf, bei Gelegenheit des Ciampini, etwas näher bekannt machte, um damit zu beweisen, daß Antonio Neri nicht der erste sey, welcher von der Glasmacherkunst geschrieben habe (i).

Es wird vermuthlich eben der Schriftsteller und eben das Werk seyn, welches aus der Bibliothek des Abts Bigot, in die königliche Bibliothek zu Paris gekommen, wo es gegenwärtig die 6741ste Handschrift ist, und den Titel führt: Theophili liber de omni scientia picturae artis (k).

Bei den neueren Literatoren finde ich dieses Theophilus und seines Werks nicht gedacht; selbst beim Fabricius nicht. Wohl aber bei den älteren.

Geßner brachte bei, daß einer Namens Theophilus ein sehr schönes Werk von der Glasmacherkunst, de vitrificatoria, geschrieben habe; und berufte sich deßfalls auf den Henr. Corn. Agrippa (1).

Simler fügte hinzu, daß solches Werk aus drei Büchern bestehe, deren erstes von Mischung der Farben, das zweite von der Glaskunst und das dritte von der Kunst in Metall zu gießen, handle; wobei er zugleich anzeigte, daß sich Handschriften davon, eine auf Pergament beim Georg Agricola, und eine zweite in dem Kloster Alten Zelle be funden, dessen Bibliothek nach Leipzig gekommen sey. Eine andere Schrift des nämlichen Verfassers, sagt er noch, werde in dem bekannten alten Werke Lumen animae an: geführt (m).

Und so weit konnte ich unsern Theophilus und sein Werk seit geraumer Zeit, und hatte noch kürzlich, da mich die alten gemalten Fensterscheiben zu Hirschau beschäftigten, mehr als einen Anlaß gehabt, bei mir zu wünschen, daß ein Buch so seltenen Inhalts endlich einmal aus dem Staube gezogen werden möchte, als ich unvermuthet so glücklich war, eine sehr schöne und sehr alte Handschrift davon auch in unserer Bibliothek zu finden.

Eine umständliche Beschreibung derselben und eine genaue Anzeige des Inhalts ist zu gegenwärtiger Absicht nicht nöthig. Ich ertheile sie an einem andern Orte, und schränke mich hier bloß auf den einzigen nothwendigen Punct ein, auf die nähere Bestimmung des eigentlichen Alters meines Schriftstellers, von dem ich nur noch ohne allen Beweis einfließen lassen, daß er zu der mittlern Zeit gehöre.

Daß Cornelius Agrippa ihn anführt, will noch nicht viel sagen. Agrippa ist hundert Jahre jünger, als Johann von Eyck, und folglich könnte auch Theophilus nach diesem gelebt und geschrieben haben.

Etwas älter würde ihn dieses machen, daß ihn auch das Lumen animae anführe, wenn es schlechterdings unwidersprechlich wäre, daß es ihn anführte (n) und der darin vorkommende Theophilus nicht eben sowohl ein anderer als unser Theophilus seyn könnte.

Was also keine Zeugen für ihn aussagen können, müssen wir von ihm selbst zu erfahren oder aus der äußern Beschaffenheit der vorhandenen Handschriften zu folgern suchen.

Auf diese nun aber darf man nur einen Blick fallen lassen, und die Sache ist so weit entschieden, daß, wenn es wahr ist, daß in ihnen der Delmalerei auf eine unwidersprechliche Art gedacht wird, nicht weiter daran zu denken steht, die Erfindung derselben einem Künstler des funfzehnten Jahrhunderts zuzuschreiben.

Denn schon die jüngere, welche die Pauliner Bibliothek zu Leipzig aufbewahrt, ist, wo nicht aus dem dreizehnten, doch sicherlich aus dem vierzehnten Jahrhunderte (0).

Die unsrige hingegen ist weit älter, und man darf nur wenig sich auf dergleichen Dinge verstehen, um ihr ohne Bedenken ein Alter von sieben bis acht hundert Jahren zu geben. Sie hat alle Merkmale, welche der schwierigste Kenner von Handschriften des zehnten oder eilften Jahr hunderts nur immer verlangen kann (p).

In dem Werke selbst hat der Verfasser zwar nichts einfließen lassen, was die Zeit, in der er gelebt, ausdrüdlich bestimme. Aber doch ist auch alles und jedes, was nur einigermaßen sich dahin ziehen läßt, so wenig dem angegebenen Alter unsrer Handschrift zuwider, daß es vielmehr einzig und allein von einem Klosterbruder des neunten Jahrhunderts herkommen zu können scheint, als in welchem die Mönche sich noch so gern mit nüßlichen Handarbeiten beschäftigten, und alles selbst anzugeben und zu machen verstanden, was an und in ihren Gebäuden Nothdurft und Zierde erforderten.

Daß Theophilus ein Deutscher gewesen, davon schmeichle ich mir, nicht undeutliche Spuren bemerkt zu haben. Da ich mich also auch unter den Deutschen seines Schlages, und im neunten Jahrhunderte nach ihm umsah, so mußte ja wohl Tutilo zu St. Gallen meine Aufmerksamkeit vor: nehmlich auf sich ziehen.

Und wie, wenn eben dieser Tutilo unser Theophilus wäre (q)? Wenigstens bedeuten Tutilo und Theophilus völlig das nämliche: Tutilo ist nichts als das deutsche Theo philus, oder Theophilus nichts als das griechische Tutilo.

III.

Doch es sey mit dieser Vermuthung wie es wolle. Die Sache kommt nicht darauf an, daß ein unbekannter Schriftsteller, den ich für den Tutilo des neunten Jahrhunderts halte, der Delmalerei gedenkt, sondern daß ihrer in einer Handschrift gedacht wird, die schlechterdings wenig: stens aus dem eilften Jahrhunderte seyn muß, mag diese Handschrift doch zum Urheber haben, wen sie will.

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