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vollkommnere Gerechtigkeit hätte zutrauen wollen, als aus seinen Gesezen sichtbar war. Denn als man ihn fragte, ob er seinen Bürgern die besten Geseze gegeben habe; was antwortete er? Ότι οὐ τους καθαπαξ καλλιςους, ἀλλ' av idvvavro Tove naddıgorg. Die besten schlechterdings ἐδυναντο τους καλλίξους. nun freilich nicht, aber doch die besten, deren sie fähig waren." Also:

Doch ich bin es herzlich satt, mit einem Tauben länger zu reden. Sonst könnte ich hier nicht unschicklich einer Anwendung dieser Worte des Solon noch gedenken, die dem Hrn. Pastor höchst ärgerlich seyn würde, wenn er nicht etwa schon wüßte, daß sie ein Kirchenvater gemacht hat. Und doch, was würden ohne Ausnahme die armen Kirchenväter für Wischer von unsern Luther'schen Pastoren bekommen, wenn sie jezt schrieben! Dieser nämliche Kirchen: vater entbricht sich nicht, eine zweifache christliche Religion gelten zu lassen: eine für den gemeinen Mann, und eine andere für den feinern, gelehrteren Kopf, die unter jener nur verborgen liege. So weit gehe ich doch noch lange nicht. Bei mir bleibt die christliche Religion die nämliche, nur daß ich die Religion von der Geschichte der Religion will getrennt wissen. Nur daß ich mich weigere, die historische Kenntniß von ihrer Entstehung und ihrer Fortpflan❘ zung, und eine Ueberzeugung von dieser Kenntniß, die schlechterdings bei keiner historischen Wahrheit seyn kann, für unentbehrlich zu halten. Nur daß ich die Einwürfe, die gegen das Historische der Religion gemacht werden, für unerheblich erkläre, fie mögen beantwortet werden können oder nicht. Nur daß ich die Schwächen der Bibel nicht für Schwächen der Religion halten will. Nur daß ich die Prah lerei des Theologen nicht leiden kann, welcher dem gemeinen Manne weiß macht, jene Einwürfe wären alle schon längst beantwortet. Nur daß ich den kurzsichtigen Herme: neutiker verschmähe, der Möglichkeiten auf Möglichkeiten thürmt, um die Möglichkeit zu erhärten, daß diese Schwächen auch wohl keine Schwächen seyn könnten; der eine kleine Bresche, welche der Feind geschossen, nicht anders zu stopfen weiß, als durch einen weit größeren Wallbruch, den er anderwärts mit eigenen Händen macht.

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Nur dieses war die Absicht dieser Stelle. Nur dem fü hlenden Christen sollte darin eine Schanze versichert wer den, in welche er sich getrost werfen könne, wenn er mit feinen mutbigeren Sheologen bas Gels nict mehr au balten wage. Daß die Theologen und die Theologen einer jeden Secte den Wahlplaß nicht sobald räumen, auch nicht sobald zu räumen brauchen, besonders, wenn sie sich nur mit ihres gleichen herumschlagen, wer weiß das nicht? Habe auch ich es nicht genug gesagt? Habe ich nicht mit ausdrücklichen Worten bekannt, daß jeder Theolog in dem Geiste seines angenommenen Systems Antworten genug haben werde? Habe ich nicht selbst einen Versuch gemacht, ihm mit einigen dieser Antworten vorzugreifen? Taugt dieser mein Versuch nicht viel, wie leicht möglich ist, so mach' es besser, wer kann! Das wünsche ich ja nur. Bloß darum machte ich ja nur die Fragmente bekannt. Oder meint man, weil ich völlig befriedigende Antworten wünschte und hoffte, hätte ich meinen Trost auf den Fall, daß dergleichen Antworten nicht erfolgten, lieber zurück behalten sollen? Warum das? Wollte ich denn durch diesen Trost im voraus alle Antworten für überflüssig erklären? Er war ja bloß dem einfältigen Christen und nicht dem Theologen gegeben, dieser Trost, wenigstens nur demjenigen Theologen zugleich gegeben, der über seine höhere Weisheit nicht verlernt hat, auch bloß einfältiger Christ zu seyn.

Daß diesen Trost, den ich für das unersteiglichste Bollwerk des Christenthums halte, der Herr Pastor einen stroher nen Schild nennt, thut mir seinetwegen sehr leid. Er ist, fürchte ich, in seinen theologischen Kriegen von der He-' terodoxie des Feindes nicht unangesteckt geblieben; mehr davon angesteckt worden, als er sich auf einer hamburgischen Kanzel wird wollen merken lassen; mehr, als er sich vielleicht noch selbst abgemerkt hat. Denn auch er muß also alles innere Gefühl des Christenthums läugnen. Und wenn man ihn auf der Kanzel noch nicht ausrufen hören: „Gefühl! Was Gefühl? Gefühl ist ein stroherner Schild. ,,Unsere Hermeneutit, unsere symbolischen Bücher, das, „das sind das alles schirmende, undurchdringliche, diamantene Schild des Glaubens!" so kömmt es vermuthlich nur daher, weil selbst in den symbolischen Büchern auf den strohernen Schild noch gerechnet wird. Von Stroh möchte er daher auch immer seyn; denn es giebt dort mehr stroherne Schilde. Wenn er nur nicht zugleich so schmal wäre! Aber da hat nur eben ein einzelner Mensch, die Religion im Herzen, darunter Raum. Was soll ein Pastor damit, wenn er nicht auch seine Bibel, nicht auch seine ganze liebe Gemeinde mit eins darunter bergen kann?

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Wie treuherzig der Herr Pastor auch sonach allen seinen werthen Herren Collegen anräth, lieber offenbar feldflüchtig zu werden, als sich dieses Schildes zu bedienen, ist wohl noch werth, mit seinen eigenen Worten gehört zu werden. „Ich würde, sagt er mit bebender Stimme, den Christen, ,,der zugleich Theolog ist, sehr bedauern, wenn er sich aus

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„Mangel anderer Gründe in der traurigen Nothwendigkeit | „die Zeugen derselben nicht inspirirte, sondern bloß mensch„sehen sollte, diesen aus Stroh geflochtenen Schild den in liche Zeugen wären; denn ohnehin seßen wir bei Unter„den Fragmenten befindlichen feurigen Pfeilen entgegen zu „suchung der Wahrheit dieser Wunder gar nicht das gött: „halten.“ Das würde gewissermaßen auch ich thun. „liche Ansehen der Schriftsteller zum voraus, sondern beWenigstens würde ich die Achseln über ihn zucken, daß er „trachten sie bloß als menschliche Zeugen. Wären die Wunsein Handwerk so schlecht verstünde. Aber wer sprach denn , der wahr, die der Evangelist erzählte, so würden auch die von einem Christen, der zugleich Theolog ist? Sollen denn, Reden Christi, die dadurch bestätigt sind, ein untrügliches müssen denn alle Christen zugleich Theologen seyn? Ich Gottes Wort seyn, doch mit dieser kleinen Furcht und habe noch immer die besten Christen unter denen gefunden, „Ausnahme, daß der Erzähler vielleicht etwas nicht recht die von der Theologie am wenigsten, wußten. Warum ,,gefaßt, und es uns nicht völlig richtig aufbehalten haben fönnen die nicht einen strohernen Schild haben, die unter „könnte; und aus den Briefen der Apostel, gesezt, sie hät: feurige Pfeile nicht kommen? Hilft ein stroherner Schild ,,ten in Nebensachen gefehlt, würden wir doch die so oft gegen feurige Pfeile nicht, so hilft er doch gegen Hiebe. — ,,wiederholten Hauptsachen der christlichen Religion, die zu Der entschlossene Herr Pastor fährt fort: „Ich würde ihm ,,predigen Christus sie aussandte, so gut lernen können, ,,(dem Christen, der zugleich Theolog ist) lieber rathen, gar ,,als etwa aus Bülfingern Wolfens Lehrfäße der Philo ,die Flucht zu nehmen.“ Wenn er glaubt, daß er sophie. Es wäre also ganz wohl möglich, daß jemand an schlechterdings den Theologen seiner Secte beibehalten muß; ,, der göttlichen Eingebung der sämmtlichen Schriften des Glück auf den Weg! Genug, daß diejenigen bei der Fahne ,,N. Testaments einen Zweifel hätte, oder sie sogar läug halten, die nur Christen sind.-,,Denn durch Anwendung ,,nete, und doch die christliche Religion von Herzen glaubte; „dieser von dem Herrn Herausgeber an die Hand gegebenen ja es giebt wirklich so denkende, zum Theil in der Stille, ,,Säße würde er die Bibel preisgeben, um die Re- „zum Theil auch öffentlich, die man nicht sogleich zu den ligion zu retten; aber welche Religion?" Welche? Unchristen rechnen darf. Gar nicht zu ihrer Verunglim Die nämliche, aus welcher die Bibel entstand. Die näm- ,,pfung, sondern bloß als Factum sey es gesagt, manche liche, die man in späteren Zeiten, als sie in ihrer ursprüng- alte Kezer, die die Schriften des N. Testaments für echt, lichen Lauterkeit sollte verloren gegangen seyn, wieder aus ,, aber doch nicht für untrügliches Principium cognoscendi der Bibel zog. Oder ist noch keine zuverlässig daraus ge- ,,gelten ließen, sondern sich zu Richtern über die Apostel zogen worden? Ist die daraus gezogene, nur provisorie, ,,aufwarfen, könnten wohl eben so gedacht haben." nicht wirklich die christliche? Das muß wohl, denn der Herr Pastor sagt so ganz entscheidend: „Gewiß nicht die „christliche, als welche mit der Bibel steht und fällt.“ Das thut mir leid! Und die Bibel steht und fällt? Doch wohl mit ihrer Theopneustie? Allerdings muß er sagen; wenn ohne Bibel kein Christenthum ist, so ist ohne Theopneustie keine Bibel.

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Und hier sey mir erlaubt, mich auf die Stelle eines Andern zurück zu ziehen, an welche mich die nämlichen Worte stehen und fallen erinnern. Die Frage, sagt ein Mann, der sich um die Bibel zu verdient gemacht hat, als daß es ihm, nach des Herrn Pastors eigener Art zu folgern, nicht mit der christlichen Religion ein Ernst seyn sollte „Die Frage, ob die Bücher des N. Testaments ‚von Gott eingegeben sind, ist der christlichen Religion nicht völlig so wichtig, als die vorige, ob sie echt sind? Sie ,,steht und fällt nicht so schlechterdings mit ihr. „Gesezt, Gott hätte keines der Bücher des N. Testaments ,,inspirirt, sondern Matthäum, Marcum, Lucam, Jo,, hannem, Paulum bloß sich selbst überlassen, zu schreiben, , was sie wußten, die Schriften wären aber nur alt, echt ,,und glaubwürdig, so würde die christliche Religion die ,,wahre bleiben. Die Wunder, durch die sie bestätigt ist, ,,würden ihre Wahrheit eben so gut beweisen, wenn auch

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1 Michaelis, in seiner Einleitung in die Schriften des N. T. S. 73 n. a.

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Wie weit würde der Schuß dieser Stelle über mich heraus reichen, wenn ich unter dieser Stelle Schuß suchen müßte! Aber das brauche ich nicht, und noch weniger habe ich die Sitte boshafter Bettelleute hiermit nachmachen wollen, die sich einen hastigen Hund nicht anders vom Leibe zu halten wissen, als dadurch, daß sie ihn auf einen andern heßen. Denn wenn ich den Herrn Pastor Goeze kenne, jo versteht er seinen Vortheil zu wohl, daß er nicht lieber mich festhalten, als frischerdings auf einen Michaelis los gehen sollte.

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sonst, es sey mein Ernst nicht.

Sehen Sie also, welchen Plan zu meiner Fehde gegen Sie ich hiermit anlege. Auch schließen Sie auf den Ton aus dem Lemma des Tertullian und den ferneren Worten, die bei ihm folgen. Uebers schreien können Sie mich alle acht Tage, Sie wissen wo. Ueberschreiben sollen Sie mich gewiß nicht.

Gott weiß es, ich habe nichts dagegen, daß Sie und alle Schulrectoren in Niedersachsen gegen meinen Unge nannten zu Felde ziehen. Vielmehr freue ich mich darüber; denn eben darum zog ich ihn an das Licht, damit ihn recht viele prüfen, recht viele widerlegen könnten. Ich hoffe auch, er wird noch Zeit genug unter die rechten Hände kommen, unter welchen er mir noch nicht zu seyn scheint, und sodann glaube ich wirklich der christlichen Religion durch seine Bekanntmachung einen größeren Dienst erwiesen zu haben, als Sie mit allen Jhren Postillen und Zeitungen.

Wie? weil ich der christlichen Religion mehr zutraue als Sie, soll ich ein Feind der christlichen Religion seyn? Weil ich das Gift, das im Finstern schleicht, dem Gesundbeitsrathe anzeige, soll ich die Pest in das Land gebracht haben? Denn kurz, Herr Pastor — Sie irren sich sehr, wenn Sie glauben, daß der Ungenannte ganz aus der Welt geblieben wäre, wenn ich ihm nicht herein geholfen hätte. Vernehmen Sie, daß das Buch ganz existirt, und bereits in mehreren Abschriften existirt, wovon, ich weiß nicht wie, nur Fragmente des ersten Entwurfs sich in die Bibliothek verlaufen haben, die ich der Welt freilich nußbarer hätte machen können, wenn ich alle darin befindlichen plattdeutschen Bibeln von Wort zu Wort für Sie conferirt hätte.

Versichern Sie indeß nicht selbst, daß diese leidigen Fragmente schon ein paar Werke hervorgebracht haben, deren Nußen den besorglichen Schaden derselben unendlich überwiege? Und ich, der ich die causa sine qua non dieser vortrefflichen Werke bin, sollte deßfalls ein Reichsbefrathsconclusum zu besorgen haben? Vielmehr verspreche ich mir eine Belohnung von dem Reichshofrathe, so bald es nicht bloß die traurige Pflicht des Reichshofraths seyn wird, Unrecht zu steuern und böse Handlungen zu ahnden, - sobald aufgeklärtere tugendhaftere Zeiten, wie wir unter cinem Joseph II. sie uns immer mehr und mehr versprechen dürfen, auch dem Reichshofrathe Muße und Stoff geben werden, verborgene Tugend aufzusuchen und gute Thaten zu belohnen. Bis dahin hat es wenigstens keine Noth, daß nur Einer in den ersten Gerichten des Reichs seyn sollte, der so dächte wie Goeze.

soll, die Bibel aufs neue und so zu überseßen, wie er es vor Gott und seinem Gewissen verantworten kann, so war es auch Luthern nicht erlaubt. Ich seße hinzu: so war es Luthern noch weniger erlaubt. Denn Luther, als er die Bibel zu überseßen unternahm, arbeitete eigenmächtig gegen eine von der Kirche angenommene Wahrheit, nämlich gegen die, daß es besser sey, wenn die Bibel von dem gemeinen Manne in seiner Sprache nicht gelesen werde. Den Ungrund dieses von seiner Kirche für wahr angenommenen Saßes mußte er erst erweisen; er mußte die Wahrheit des Gegensages erst erfechten; er mußte sie als schon erfochten vorausseßen, ehe er sich an seine Uebersetzung machen. konnte. Das alles braucht ein jeßiger protestantischer Uebersezer nicht; die Hände sind ihm durch seine Kirche weniger gebunden, die es für einen Grundsaß annimmt, daß der gemeine Mann die Bibel in seiner Sprache lesen dürfe, lesen müsse, nicht genug lesen könne. Er thut also etwas, was ihm niemand streitig macht, daß er es thun könne, anstatt daß Luther etwas that, wobei es noch sehr streitig war, ob er es thun dürfe. · Das ist ja sonnenklar. Kurz, Bahrdtens oder eines andern Jeßtlebenden Uebersepung verdammen, heißt der Luther'schen Uebersetzung den Proceß machen, wenn jene auch noch so sehr von dieser abgehen. Luthers Ueberseßung ging von den damals angenommenen Uebersetzungen auch ab, und mehr oder weniger darauf kömmt nichts an.

Der wahre Lutheraner will nicht bei Luthers Schriften, er will bei Luthers Geiste geschüßt seyn, und Luthers Geist erfordert schlechterdings, daß man keinen Menschen in der Erkenntniß der Wahrheit nach seinem eigenen Gutdünken fortzugehen hindern muß. Aber man hindert alle daran, wenn man auch nur Einem verbieten will, seinen Fortgang in der Erkenntniß andern mitzutheilen. Denn ohne diese Mittheilung im Einzelnen ist kein Fortgang im Ganzen möglich.

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Herr Pastor, wenn Sie es dahin bringen, daß unsere Luther'schen Pastoren unsere Päbste werden; daß diese uns vorschreiben können, wo wir aufhören sollen in der | Schrift zu forschen; Schrift zu forschen; daß diese unserem Forschen, der Mittheilung unseres Erforschten Schranken seßen dürfen: so bin ich der erste, der die Päbstchen wieder mit dem Pabste vertauscht. — Hoffentlich werden mehrere so ent schlossen denken, wenn gleich nicht viele so entschlossen reden dürften. Und nun, Herr Pastor, arbeiten Sie nur darauf los, so viele Protestanten als möglich wieder in den Schooß der katholischen Kirche zu scheuchen. So ein Luther'scher Eiferer ist den Katholiken schon recht. Sie sind ein Politicus wie ein Theolog.

Schön, vortrefflich, ganz in Luthers Geiste, ist es von diesem Luther'schen Pastor gedacht, daß er den Reichshofrath zu einem Schritte gern verheßen möchte, der, vor Das eine der vortrefflichen Werke, die ohne Mich in zweihundertundfunfzig Jahren mit Ernst gethan, uns um des Nichts unfruchtbaren Lenden geblieben wären, sind die alle Reformation gebracht hätte! Was hatte Luther für Unterredungen meines Nachbars, dessen gutem Rechte, die nicht noch jeder Doctor der Theologie hat? Willen ich bereits in meiner Duplik alle mögliche GeWenn es jetzt keinem Doctor der Theologie erlaubt seyn | rechtigkeit erwiesen habe. Sie wissen nun ohne Zweifel,

Herr Pastor, daß damals, als Sie mich aufforderten, auf | Metapher des strohernen Schildes auszudrücken: Herr

diese Unterredungen zu antworten, ich bereits darauf geantwortet hatte. Die Reihe zu reden ist nun an Jhnen, und es soll mich verlangen, wie weit es Ihre Eregetik treiben wird, das Wort Gottes in den Augen vernünftiger Menschen lächerlich zu machen. Es soll mich verlangen, aus welchen Gründen, mit welcher Stirne Sie die unver dauten Einfälle eines vermuthlichen Laien, wie mein Nachbar ist, den weit besseren Antworten vorziehen werden, die auf die Einwürfe meines Ungenannten schon vorhanden

waren.

Das zweite dieser Werke ist des Herrn Mascho Vertheidigung der christlichen Religion, oder, wie ich lieber sagen möchte: die Vertheidigung der christlichen Religion des Herrn Mascho. Denn wahrlich die Vertheidigung ist nicht so sehr sein eigen, als die Religion, die er vertheidigt. Und was? diese hätten Sie gelesen gehabt, Herr Pastor, ganz gelesen gehabt, als Sie das 71stemal dieses Jahrs in Jhr Horn stießen? Ja? So kann es denn das Publicum nicht zeitig genug erfahren, wie mancherlei Maaß und Gewichte Goeze und Compagnie in Hamburg haben!

Es thut mir leid, daß ich dieses sonst gute Haus so blamiren muß. Aber warum braucht es auch sein richtiges volles Gewicht nicht wenigstens gegen seine alten Freunde? Warum will es mit seinem richtigen vollen Gewichte sich nur erst Freunde machen, aber nicht ers halten?

Armer Mascho, lassen Sie den neidischen Mann, der alle Handlungen einzig in seine Canäle lenken will, nur erst mit mir fertig seyn. Er wird Sie schon auch nach Hause leuchten. Jest thut er mit Fleiß, als ob er nicht merkte, auf welcher Seite Sie hinken. Er braucht Hülfe: Tros Rutulusve fuat Seine Partie muß sich wenig Seine Partie muß sich wenig stens in den Zeitungen immer vergrößern. Aber warten Sie nur!

Doch ist es nicht unschicklich, in einem Briefe einen andern anzureden, als den, an welchen der Brief gestellt ist? Ich wende mich also wieder zu Ihnen, Herr Pastor, und frage Sie nochmals: haben Sie des Herrn Mascho Vertheidigung, welche Sie so rühmen, wirklich gelesen? Wirklich? Nun so ist es erwiesen, Herr Pastor, was ich Ihnen Schuld gebe. Sie haben mancherlei Maaß und Gewicht, welches dem Herrn ein Gräuel ist. Mit einem andern bevortheilen Sie mich, mit einem andern bedienen Sie den Herrn Mascho. Wovor Sie bei mir andere warnen, das preisen Sie bei ihm andern an. Die näm lichen Species, die Sie nach meiner Verschreibung als ges fährlich und tödtlich nicht administriren wollen, verkaufen Sie auf sein Recipe in der nämlichen Quantität, oder in einer noch bedenklicheren, als höchst unschuldig und heilsam.

Oder das Ding, Herr Pastor, in Ihrer sinnreichen

Mascho streitet schlechterdings unter dem nämlichen strober nen Schilde, mit welchem Sie mich der Welt so lächerlich und verdächtig gemacht haben. Wie kömmt es denn, daß dieses stroherne Schild nur an meinem Arme schlimmer als keines ist? an seinem aber für eine gar hübsche, taugliche Waffe passiren muß?

Nämlich behauptet nicht auch Herr Mascho (S. 10) daß die Bibel zwar eine Offenbarung enthält, aber teine ist?

Unterscheidet nicht auch Herr Mascho (S. 249) den Buchstaben von dem Geiste der Bibel?

Lehrt nicht auch Herr Mascho (S. 202), daß die Religion eher gewesen, als die Bibel?

Und sind denn das nicht die drei Säße, um welche der Herr Pastor den Tanz mit mir angefangen?

Sie können nicht sagen, Herr Pastor, daß Sie diese Säße bei ihm nicht gefunden. Denn sie stehen nicht allein mit deutlichen Worten da, sondern alles, alles, was Herr Mascho sagt, bezieht sich, gründet sich darauf.

Ja noch mehr: eben diese Säße, die ich für bloße Be trachtungen gebe, mit welchen sich diejenigen beruhigen können, die sich an dem Christenthume ohne Theologie be gnügen wollen, oder begnügen müssen; eben diese Säße macht Herr Mascho zu Grundsäßen, nicht des Christenthums, sondern der Theologie.

Denn das ganze System von Inspiration, welches Sie annehmen, Herr Pastor, in dessen Geiste Sie die uns gemein schaftlichen, aber nicht zu einerlei Absicht gemeinschaftlichen Säße, bei mir anfeindeten, was ist es dem Herrn Mascho? Was es mir bei weitem noch nicht ist.

Es ist ihm eben das, was meinen Ungenannten in den Naturalismus gestürzt hat. Es ist ihm das, was jeden nicht besser organisirten Kopf, als meinem Ungenannten zu Theil geworden war, in den Naturalismus nothwendig stürzen muß. Das ist es ihm, das ist es ihm auf allen Blättern. 1

Und nun, Herr Pastor, seyen Sie auf Ihrer Hut! Ich warne Sie auf den Wink des Herrn Mascho. Ehe Sie es sich versehen, liegen Sie, nach dem Herrn Mascho, in eben dem Abgrunde, in welchem mein Ungenannter nun jams mert, und dann ist keine Hülfe für Sie, als entweder da zu verzweifeln, oder mit eins alle den Plunder aufzugeben, der noch vor 50 bis 60 Jahren in unsern Lehrbüchern Religion hieß, 2 und alle die schönen Siebensachen dafür anzunehmen, die man seit dieser Zeit in der Religion er funden hat, und noch täglich erfindet. 3

Sogar werden Sie gezwungen seyn, solcher schönen Siebensachen nicht wenige anzunehmen, die Herr Mascho

1 S. Vorr. IV. VIII. X. XII., deßgleichen in der Schrift felbft,

S. 258, 271, 306, und wo nicht?

2 Borr. XV.

3 S. 3, 4.

selbst unter Ihren Augen erfindet. Er hat bereits Dinge in seinem Körbchen, die jedem guten Alltagschriften völlig fremd und unerhört sind. Ueber gewisse jüdische Ideen, die wir sehr unrecht ganz vergessen haben; 1 über das große Pfingstwunder, 2 über was weiß ich!

Und o, welch neues Unglück drohet dem hamburgischen Katechismus wieder in Hamburg selbst! Denn Herr Mascho❘ ist mit nichts weniger zufrieden, als mit unsern bisherigen Religionsunterrichten, deren nothwendige Berichtigung und Verbesserung er aus den leidigen Fragmenten meines Un genannten erst recht erkannt hat. Seine, seine Ideen müssen vor allen Dingen in unsere Katechismen: oder es geht nimmermehr gut! 3

Wie, Herr Pastor? Das wollten Sie gestatten? Als unserm guten Freunde Alberti ehedem so etwas beifiel, wem hat es die hamburgische Kirche zu danken, daß er nicht | damit durchdrang, als Ihnen? Und nun sollte Herr Mascho damit durchdringen, indem Jhre ganze Aufmerksamkeit, 3hr ganzer Eifer nur auf mich gerichtet ist?

Erkennen Sie doch die Diversion, die man Ihnen zu machen sucht, und lassen mich in Ruhe. Es könnte ja gar seyn, daß ich und Mascho uns verstünden! Doch, das muß ich Ihnen nicht zweimal sagen, wenn unsere List gelingen soll.

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Ich erhielt Ihr Etwas Vorläufiges gegen meine wenn es nicht Ihre erste Lüge ist mittelbare und unmittelbare feindselige Angriffe auf unsere allerheiligste Religion c. am Abend des Osterabends, und hatte noch eben Zeit, den herrlichen. Vorlauf zu kosten. Der soll mir auf das Fest schmeden! dachte ich. Und er hat mir geschmedt. Gott gebe, daß mir der Nachlauf zu seiner Zeit auch so schmecken, auch so wohl bekommen mag!

Aber was das nun wieder ist! Der Herr Hauptpastor verweisen mir in Jhrem Etwas Vorläufigen, welches ich, der Geschmeidigkeit wegen, lieber das Vorläufige Etwas nennen will, mit so vielem Ernst und Nachdruck meine Aequivoken 4 und Wortspiele; und dennoch mache

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ich schon wieder ein so häßlich Ding, und äquivocire und wortspiele mit vorläufig und Vorlauf ohne auch nur im geringsten vorher zu erklären, ob ich den Verlauf von der Kelter oder von der Blase verstehe.

Doch lieber vergeben Sie mir immer, Herr Hauptpastor, eine Schwachheit, die mir zur andern Natur geworden ist. Jeder Mensch hat seinen eigenen Styl, so wie seine eigene Nase, und es ist weder artig noch christlich, einen ehrlichen Mann mit seiner Nase zum besten haben, wenn sie auch noch so sonderbar ist. Was kann ich dafür, daß ich nun einmal keinen andern Styl habe? Daß ich ihn nicht erkünstle, bin ich mir bewußt. Auch bin ich mir bewußt, daß er gerade dann die ungewöhnlichsten Cascaden zu machen geneigt ist, wenn ich der Sache am reifsten nachgedacht habe. Er spielt mit der Materie oft um so muthwilliger, je mehr ich erst durch kaltes Nachdenken derselben mächtig zu werden gesucht habe.

Es kömmt wenig darauf an, wie wir schreiben, aber viel, wie wir denken. Und Sie wollen doch wohl nicht behaupten, daß unter verblümten, bilderreichen Worten nothwendig ein schwanker, schiefer Sinn liegen muß? daß niemand richtig und bestimmt denken kann, als wer sich des eigentlichsten, gemeinsten, plattesten Ausdrudes bedient? daß, den kalten, symbolischen Ideen auf irgend eine Art etwas von der Wärme und dem Leben natürlicher Zeichen zu geben suchen, der Wahrheit schlechterdings schade?

Wie lächerlich, die Tiefe einer Wunde nicht dem sch arfen, sondern dem blanken Schwerte zuschreiben! Wie lächerlich also auch, die Ueberlegenheit, welche die Wahrheit einem Gegner über uns giebt, einem blendenden Style desselben zuschreiben! Ich kenne keinen blendenden Styl, der seinen Glanz nicht von der Wahrheit mehr oder weniger entlehnet. Wahrheit allein giebt echten Glanz, und muß auch bei Spötterei und Poffe wenigstens als Folie, unterliegen.

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Also von der, von der Wahrheit lassen Sie uns sprechen, und nicht vom Styl. Ich gebe den meinen aller Welt preis, und freilich mag ihn das Theater ein wenig verdorben haben. Ich kenne den Hauptfehler sehr wohl, der ihn von so manchen andern Stylen auszeichnen soll; und alles, was zu merklich auszeichnet, ist Fehler. Aber es fehlt nicht viel, daß ich nicht, wie Ovid, die Kunstrichter, die ihn von allen seinen Fehlern säubern wollten, gerade für diesen einzigen um Schonung anflehen möchte. Denn er ist nicht sein Fehler, er ist seine Erbsünde. Nämlich: er verweilt sich bei seinen Metaphern, spinnt sie häufig

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