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jährung Statt findet

aller Orten sich nach der bürgerlichen Gesellschaft schmiegen, widersprechen könnten. Genug, daß bei ihnen keine Ver und biegen müssen, denn diese war stets die stärkere. So freilich wäre es besser, wenn man mancherlei die bürgerliche Gesellschaft gewesen, so mancher vor dem Publicum ganz und gar keine Geckereien unter: lei Formen hat auch die Freimaurerei anzunehmen sich nicht | nähme; denn gerade das Verächtlichste ist, daß sich nieentbrechen können; nur hatte jede neue Form, wie natür mand die Mühe nimmt, sich ihnen entgegen zu stellen, wolich, ihren neuen Namen. Wie kannst du glauben, daß durch sie mit dem Laufe der Zeit das Ansehen einer sehr der Name Freimaurerei älter seyn werde, als diejenige ernsthaften, heiligen Sache gewinnen. Da heißt es dann herrschende Denkungsart der Staaten, nach der sie genau über tausend Jahre: „würde man denn so in die Welt ha abgewogen worden? ‚ben schreiben dürfen, wenn es nicht wahr gewesen wäre? „Man hat diesen glaubwürdigen Männern damals nicht ,,widersprochen, und ihr wollt ihnen jest widersprechen?"

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Ernst. Und welches ist diese herrschende Denkungsart? Falk. Das bleibt deiner eigenen Nachforschung überLassen genug, wenn ich dir sage, daß der Name Freimaurer, ein Glied unserer geheimen Verbrüderung anzuzei gen; vor dem Anfange dieses laufenden Jahrhunderts nie gehört worden. Er kömmt zuverlässig vor dieser Zeit in keinem gedruckten Buche vor, und den will ich sehen, der mir ihn auch nur in einer geschriebenen älteren Urkunde zeigen will. Ernst. Das heißt: den deutschen Namen.

Falk. Nein! nein! Auch das ursprüngliche FreeMason, so wie alle darnach gemodelte Ueberseßungen, in welcher Sprache es auch seyn mag.

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Falk. Weißt du einen gelinderen Namen für Wort: verdrehungen, für untergeschobene Urkunden?

Ernst. Und das hätten sie so lange vor den Augen der Welt ungerügt treiben dürfen?

falk. Warum nicht? der Klugen sind viel zu wenig, als daß sie allen Geckereien, gleich bei ihrem Entstehen |

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Ernst. O Geschichte! O Geschichte! Was bist du? Falk. Andersons kahle Rhapsodie, in welcher die | Historie der Baukunst für die Historie des Ordens untergeschoben wird, möchte noch hingehen! Für einmal und für | damals mochte das gut seyn dazu war die Gaukelei so | handgreiflich. — Aber daß man noch jezt auf diesem moraftigen Grunde fortbauet, daß man noch immer gedrukt behaupten will, was man mündlich gegen einen ernsthaften Mann vorzugeben sich schämt, daß man zu Fort: sezung eines Scherzes, den man längst hätte sollen fallen lassen, sich eine forgery erlaubt, auf welche, wenn sie ein nichtswürdiges bürgerliches Interesse betrifft, die pillory steht

Ernst. Wenn es denn nun aber wahr wäre, daß hier mehr als Wortspiel vorwaltete? Wenn es nun wahr wäre, daß das Geheimniß des Ordens sich von Alters her unter dem homonymen Handwerke vornämlich erhalten hätte? Falk. Wenn es wahr wäre?

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Falk. Eine ganz andere.

Ernst. Soll ich rathen, oder darf ich fragen?

Falk. Wenn du mir schon eher eine ganz andere Frage gethan hättest, die ich längst erwarten mußte, so würde dir das Rathen nun nicht schwer fallen.

Ernst. Eine andere Frage, die du längst hättest erwarten müssen?

Falk. Denn wenn ich dir sagte, daß das, was Freimaurerei ist, nicht immer Freimaurerei geheißen, was wat natürlicher und näher

Ernst. Als zu fragen, wie es sonst geheißen? — ja
So frage ich es denn nun.

wohl!

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falk. Auf Englisch nicht Masonry, sondern Masony. -Nicht von Mason, der Maurer, sondern von Mase, der Tisch, die Tafel.

Ernst. Mase, der Tisch? In welcher Sprache? Falk. In der Sprache der Angelsachsen, doch nicht in dieser allein, sondern auch in der Sprache der Gothen❘ und Franken, folglich ein ursprünglich deutsches Wort, von welchem noch jest so mancherlei Abstammungen übrig find, oder doch unlängst übrig waren als: Maskopie, Masleidig, Masgenosse. Selbst Masoney war zu Luthers Zeiten noch häufig im Gebrauche, nur daß es seine gute Bedeutung ein wenig verschlimmert hatte.

Ernst. Ich weiß weder von seiner guten, noch von seiner verschlimmerten Bedeutung.

Grußt. Hiermit meinst du?

Falk. Alles, was ich dir jezt nur flüchtig und vielleicht nicht mit der gehörigen Präcision sage, mache ich mich anheischig, das nächstemal, daß ich mich mit dir in der Stadt unter meinen Büchern befinde, schwarz auf weiß zu belegen höre mich jezt nur, wie man das erste Gerücht irgend einer großen Begebenheit hört. Es reizt die Neugierde mehr, als daß es sie befriedigt.

Ernst. Wo bliebst du?

falk. Die Masoney also war eine deutsche Sitte, welche die Sachsen nach England verpflanzten. Die Gelehrten sind uneinig, wer die Mase-Thonas unter ihnen waren, allem Ansehen nach die Edlen der Masoney, welche so tiefe Wurzeln in diesem neuen Boden schlug, daß sie unter allen nachfolgenden Staatsveränderungen beklieb, und Falk. Aber die Sitte unserer Vorfahren weißt du sich von Zeit zu Zeit in der herrlichsten Blüthe zeigte. Bedoch, auch die wichtigsten Dinge am Tische zu überlegen? sonders waren die Masoneyen der *** im zwölften Jahr— Mase also der Tisch, und Masoney eine geschlossene hundert und im dreizehnten in sehr großem Rufe. Und so Tischgesellschaft. Und wie aus einer geschlossenen, vertrau eine *** Masoney war es, die sich bis zu Ende des siebenten Tischgesellschaft ein Saufgelag worden, in welchem Ver- zehnten Jahrhunderts, troß der Aufhebung des Ordens, stande Agricola das Wort Masoney braucht, kannst du leicht mitten in London erhalten hatte und hier fängt die Zeit abnehmen. an, wo die Fingerzeige der niedergeschriebenen Historie freis Ernst. Wäre es dem Namen Loge vor einiger Zeitlich ermangeln; aber eine sorgfältig aufbewahrte Tradition, bald besser gegangen? die so viel Merkmale der Wahrheit hat, ist bereit diesen Mangel zu erseßen.

Falk. Vorher aber, ehe die Masoneyen zum Theil so | ausarteten, und in der guten Meinung des Publicums so herabkamen, standen sie in desto größerem Ansehen. Es war kein Hof in Deutschland, weder klein noch groß, der nicht seine Masoney hatte. Die alten Lieder und Geschichtsbücher sind davon Zeugen. Eigene Gebäude, die mit den Schlössern und Palästen der regierenden Herrn verbunden oder benachbart waren, hatten von ihnen ihre Benennung, von der man neuerer Zeit so manche ungegründete Auslegung hat und was brauche ich dir zu ihrem Ruhme mehr zu sagen, als daß die Gesellschaft der runden Tafel die erste und älteste Masoney war, von der sie insgesammt abstammen?

-

Ernst. Der runden Tafel? das steigt in ein sehr fabel= haftes Alterthum hinauf.

Falk. Die Geschichte des Königs Arthur sey so fabel: haft als sie will, die runde Tafel ist so fabelhaft nicht. Ernst. Arthur soll doch der Stifter derselben gewesen seyn.

Falk. Mit Nichten! Auch nicht einmal der Fabel nach Arthur, oder sein Vater, hatten sie von den Angelsachsen angenommen, wie schon der Name Masoncy vermuthen läßt. Und was versteht sich mehr von selbst, als daß die Angelsachsen keine Sitte nach England herüber brachten, die sie in ihrem Vaterlande nicht zurückließen? Auch sieht man es an mehreren deutschen Völkern damaliger Zeit, daß der Hang, in und neben der großen bürgerlichen Gesellschaft, kleinere vertraute Gesellschaften zu machen, ihnen eigen war.

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wichtigen Baues lag, in der sich der Meister dieses Baues fo fleißig finden ließ, was kann die anders seyn, als eine Masonry, als eine Gesellschaft von Bauverständigen, mit welchen Wren die vorfallenden Schwierigkeiten überlegt? — Ernst. Natürlich genug!

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Ernst. Wie einem Geblendeten.
Falk. Geht dir nun einiges Licht auf?
Eruft. Einiges? Zuviel auf einmal.
Falk. Begreifft du nun

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Ernst. Ich bitte dich, Freund, nichts mehr! hast du nicht bald Verrichtungen in der Stadt? Falk. Wünschest du mich da?

Aber

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Falk. Die Fortseßung eines solchen Baues einer solchen Kirche interessirte ganz London. Um Nachrichten davon aus der ersten Hand zu haben, bewarb sich jeder, der einige Kenntnisse von Baukunst zu haben vermeinte, um Zutritt zu der vermeinten Masonry und bewarb sich vergebens. Endlich — du kennst Christoph Wren nicht bloß dem Namen nach, du weißt, welch ein erfindsamer, thätiger Kopf er war. Er hatte ehedem den Plan zu einer Societät der Wissenschaften entwerfen helfen, welche specula: tivische Wahrheiten gemeinnüßiger und dem bürgerlichen Leben ersprießlicher machen sollte. Auf einmal fiel ihm das Gegenbild einer Gesell schaft bei, welche sich von der Praxis des bürger lichen Lebens zur Speculation erhöbe. „Dort, ,,dachte er, würde untersucht, was unter dem Wahren „brauchbar; und hier, was unter dem Brauchbaren wahr ,,wäre. Wie, wenn ich einige Grundsäße der Masoney ,,exoterisch machte? Wie, wenn ich das, was sich nicht „eroterisch machen läßt, unter die Hieroglyphen und Sym: ,,bole desselben Handwerks verstedte, und was man jezt ,, unter dem Worte Masonry versteht, zu einer Free-spräch bestimmt, die man zur Zeit noch zurückhält.

Ernst. Wünsche ? nachdem du mir versprochen falk. So hab ich der Verrichtungen daselbst genug noch einmal! Ich werde mich über manches aus dem Gedächtnisse zu schwankend, zu unbefriedigend ausgedrückt haben unter meinen Büchern sollst du sehen und greidie Sonne geht unter, du mußt in die Stadt. Lebe

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wohl!

Ernf. Eine andere ging mir auf. Lebe wohl!

Nachricht.

Ein sechstes Gespräch, welches unter diesen Freunden vorfiel, ist nicht so nachzubilden. Aber das Wesentliche davon ist zu kritischen Anmerkungen über das fünfte Ge

Noch nähere Berichtigung des Mährchens von tausend Ducaten,

oder Judas Ischarioth dem Zweiten.

Monat December 1779.

Derjenige, er sey wer er wolle, durch den die Nachricht, | geoffenbarte Religion drucken zu lassen, das schon seit gemeinen Stiefvater, den Hofrath und Bibliothekar Lessing zu Wolfenbüttel betreffend, in das Wiener Diarium Nro. 85 gekommen, hat sich angelegen seyn lassen, eine sehr abges schmadte Lüge zu verbreiten.

Die Judenschaft zu Amsterdam sollte dem Herrn Lessing Lessing deßwegen ein Geschenk von tausend Ducaten gemacht haben, weil er gewisse Fragmente eines Werks herausgegeben, in welchem die jüdische Religion gerade am meisten gemißhandelt wird?

Und Herr Lessing, weil er aus besagtem Werke weniger von dem bekannt machen wollen, was die jüdische Religion anbelangt, als von dem, was die christliche Religion be trifft, und von Christen erörtert und widerlegt zu werden verdient, hätte kein Bedenken getragen, ein solches Geschenk anzunehmen?

Die Erdichtung ist so nüchtern, daß ich mich nie für verbunden würde gehalten haben, ein Wort darum zu verlieren, so nahe mich auch der Mann angeht, der darunter leiden soll, wenn nicht in dem gleich darauf folgenden Blatte des nämlichen Diarii eine vorgebliche Berichtigung hinzugekommen wäre, die zu sehr verräth, warum es gewissen Leuten eigentlich zu thun ist. Wenigstens hat der, von welchem sich diese Berichtigung herschreibt, nämlich der Zusammentrager des Diarii selbst, nur läuten hören, ohne im geringsten zu wissen, wo die Glocken hängen.

Bloß also denen zu gefallen, die noch weiter vom Thurme wohnen, will ich den ganzen Verlauf der Sache mit wenig Worten erzählen. Daß ich hinlänglich davon unterrichtet hin, kann man mir glauben; wie ich denn auch von dem, was ich aus mündlichen Unterhaltungen weiß, weiter keinen Gebrauch machen will, als in so fern es in den Schriften des Herrn Leffing zu Tage liegt, die hier nicht bekannt geworden.

Bereits 1774 fing Hr. Lessing an, in seinen Beis trägen zur Geschichte und Literatur aus den Schäßen der herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel Fragmente eines gewissen Werks gegen die

raumer Zeit in Niedersachsen geschrieben herumging, aus einer Provinz in die andere vertragen ward, „und so im ,,Verborgenen," wie sich Herr Lessing selbst ausdrückt, ,,mehr Proselyten machte, als es im Angesichte einer widersprechenden Welt machen könnte."

Die Bekanntmachung dieser Fragmente wurde dem Herrn Lessing von den Gottesgelehrten der lutherischen Kirche auch so wenig verübelt, daß ihm vielmehr verschiedene der Angesehensten öffentlich Dank dafür abstatteten.

Und warum auch nicht? Sie konnten von der Lauterkeit der Absichten des Herrn Lessing um so mehr versichert seyn, da Herr Lessing selbst einem jeden anstößigen Fragmente sogleich eine Widerlegung unter der Aufschrift: Gegensäße des Herausgebers mit beigefügt hatte, wie man sie nur immer von einem Christen, der kein Theolog von Profession ist, verlangen kann.

Daher machten auch mehrbesagte Fragmente Jahr und Tag nicht das geringste Aufsehen im Publico, und nur sehr wenig Sensation auf Leute, denen es näher obliegt, sich um dergleichen Dinge zu befümmern: als mit eins ein Mann seine Stimme erhob, von dem man sagt, daß er schon mehrmalen seine Stimme sehr zu unrechter Zeit erboben habe.

Herr Lessing hatte das Unglück gehabt, den Herrn Hauptpastor Goeze in Hamburg, in einem kleinen Auftrage die Bibliothek betreffend, nicht so prompt zu bedienen, als allerdings wohl schicklich gewesen wäre, und Herr Goeze hatte die Gerechtigkeit, ihn dieses Unglück fühlen zu lassen. Er stichelte bei aller Gelegenheit auf ihn, als auf den undienstfertigsten Bibliothekar, der zwischen Himmel und Erden zu finden, und da auch ihm endlich die Frag= mente bekannt wurden, welche Freude mußte es ihm seyn, den undienstfertigen Bibliothekar der lutherischen Christenheit zugleich als den ruchlosesten, und dem herzoglichen Hause, dem er dient, zugleich als den gefährlichsten zu schildern.

Er hörte nicht auf, diesem durchlauchtigen Hause zu

Gemüthe zu führen, in welchen schlimmen Händen sein In- | welches aus den Schriften des N. Testaments nicht könne

teresse sey, und wie leicht ein Mensch, der sich kein Gewissen daraus gemacht habe, eine so ärgerliche Schrift gegen die Religion an das Licht zu ziehen, auch Papiere an den Tag bringen könne, die seine hohen Gerechtsame | streitig zu machen, und die Ehre seiner Vorfahren zu verdunkeln im Stande wären.

Da indeß der Herr Hauptpastor so albern nicht war, um zu hoffen, daß dergleichen Armseligkeiten wirklich Eindruck auf einen Fürsten machen würden, der weder die nähere Prüfung seiner Gerechtsame, noch die genauere Beleuchtung der Ehre seiner Ahnherren zu befürchten hat: was that er zugleich?

Weil der Bibliothekar eine durch ihre Verheimlichung um so viel gefährlichere Schrift, wenigstens durch seine Bekanntmachung und seine Gegensäße, minder gefährlich machen wollen, und ihm von dieser Seite also nicht beizukommen war: so erklärte der Hauptpastor zugleich, daß es mit diesen Gegensäßen doch nur Nichts und weniger als Nichts wäre; ja, daß diese Gegensäße im Grunde weit mehr Gift enthielten, als die Fragmente selbst.

Und wie so? Diese Gegensäße des Bibliothekars waren dem lutherischen Hauptpastor mit Einem Worte gut katholisch.

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Ich will mich auf einen neuerlichen Vorfall mit dem Herrn Hauptpastor in Hamburg nicht berufen, ob dieser Vorfall schon hier1 und in Hamburg so allgemein bekannt ist, daß ich mich gar wohl darauf berufen könnte. Es ist auch ohne denselben notorisch genug, aus welchem Gesichtspunct dieser überspannte Lutheraner zum Aergernisse seiner eigenen Glaubensgenossen die katholische Kirche so wohl in seinen Predigten, als in seinen Schriften anzusehen ge wohnt ist, und wie weit er geht, ihr alle Ansprüche auf den Namen und die Vorrechte einer christlichen Kirche abzustreiten.

Nun hatte Herr Lessing, um gewisse Einwürfe gegen die christliche Religion ein für allemal abzuschneiden, behauptet, daß man einen Unterschied zwischen Bibel und Religion machen müsse; daß nicht alle Einwürfe gegen die Bibel auch Einwürfe gegen die Religion wären, und daß die Religion sich eben so wenig auf die ganze Bibel, als auf die Bibel einzig und allein gründe. Er hatte behauptet, daß die christliche Religion sich auch ohne Bibel denken lasse; daß die christliche Religion eine geraume Zeit bestanden, ehe die gesammten Schriften des N. Testaments geschrieben worden; daß man also einen kurzen Inbegriff der christlichen Religion annehmen müsse, nach welchem sie damals gelehrt und ausgebreitet worden. Er hatte be hauptet, daß dieser kurze Inbegriff, welcher bei den ersten Kirchenvätern Regula fidei heiße, sich in dem apostolischen Glaubensbekenntnisse erhalten habe, welches die katholische Kirche vornehmlich unter ihrer Tradition mit verstehe, und 1 Jn Wien.

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gezogen seyn, ob es sich gleich in denselben finden müsse. Er hatte behauptet, daß es, wo nicht leichter, wenigstens eben so leicht sey, die unmittelbare göttliche Eingebung besagter Regula fidei zu beweisen, als die unmittelbare göttliche Eingebung der gesammten Schriften des N. Testaments, und hatte zu verstehen gegeben, wie wohl die lutherischen Theologen thun würden, dieses anzuerkennen, um wenigstens die Grundlehren des Glaubens gegen alle willkürliche Auslegungen der sie bestätigenden, aber nicht ursprünglich lehrenden Schriftstellen zu sichern u. s. m.

Ich bin ganz jung und zu ununterrichtet in solchen Dingen, um beurtheilen zu können, wie weit diese Behaup tungen in den Schriften der Väter und den kirchlichen Alter: thümern, auf welche sich Herr Lessing beruft, gegründet sind. Aber so viel weiß ich doch, daß das Wesentliche der selben in der katholischen Kirche nicht allein für unanstößig erkannt, sondern auch als das Rechtgläubigere gelehrt wird.

Und gleichwohl war es das, eben das, worin der lutherische Hauptpastor das größere Gift, als in den Frag menten selbst enthalten sey, mit solcher Dreistigkeit zu finden erklärte, daß er lieber von der christlichen Religion nichts wissen, als zugeben wolle, daß sie im geringsten mit einem so strohernen Schilde, wie es ihm selbst sich auszudrücken beliebte, vertheidigt werde.

Und gleichwohl ist es das, eben das, weßwegen sich Herr Lessing nunmehr in der Hauptstadt des katholischen Deutschlands als einen Feind der christlichen Religion überhaupt muß verschreien, und durch hämische Mährchen als einen zweiten Judas Ischarioth muß verlästern lassen, der seinen Meister freilich nicht um 30 Silberlinge, aber doch um 1000 Ducaten nochmals an die Juden zu ver rathen im Stande wäre.

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Zu beweisen, daß ich hiermit nichts als die strenge Wahrheit sage, und zugleich eine Probe zu geben, mit welcher blinden Wuth der Hauptpastor sofort auf den Bibliothekar los ging, darf ich nur den Titel seiner ersten Schrift anführen: „Goezens etwas Vorläufiges gegen des Hofrath Lessings mittelbare und unmittelbare feindselige „Angriffe auf unsere allerheiligste Religion und auf den ,,einigen Lehrgrund derselben, die heilige Schrift." Wie gesagt, Herr Lessing hatte aber schlechterdings keinen andern Angriff auf die heilige Schrift gethan, als daß er, mit so vielen andern Christen, sie für den einigen Grund unserer allerheiligsten Religion (er dachte sich dabei die christliche Religion überhaupt und nicht die lutherische insbesondere) lieber nicht erkennen, als die Religion un auflöslichen Schwierigkeiten preisgeben wollte. „Oder sind die Katholiken keine Christen? fragt Herr Lessing. Wäre ich kein Christ, wenn ich in diesem Stücke mich auf die Seite der Katholiken neigte? Unartig genug, daß viele Protestanten den Beweis für die Wahrheit der christlichen

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