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Wenn mich denn aber Ew. Excellenz nur für kein solches Kind halten: so bin ich schon zufrieden. Ich werde mich auch wohl hüten, mit Auseinandersezung eines so geringfügigen Handels jemanden beschwerlich zu fallen. Nur eins muß ich mir dabey vorbehalten.

Ich bin nicht ohne Vorwissen des Herzogs von Braunschweig, in dessen Diensten ich stehe, nach Manheim ge reijet. Ich habe ihm sagen müssen, was für Versprechun gen mir von dort aus gemacht worden, die ich anzunehmen kein Bedenken tragen dürfen. Wenn er nun erfährt, daß aus diesen Versprechungen nichts geworden, was soll ich sagen?

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Ihm Schritt für Schritt erzählen, wie die Sache ge= laufen? ihm Echwans, Ewr. Excellenz, und alle anderen gewechselten Briefe vorlegen und ihn urtheilen lassen und ihn urtheilen lassen was er will?

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Doch so neugierig wird der Herzog schwerlich seyn; und ich besorge ganz ein anderes. Da zur Zeit so manches von dem Deutschen Theater geschrieben wird; da in Kalendern und Journalen der neuen Einrichtung des Manheimischen Theaters, ohne mich dabey zu vergessen, bereits gedacht worden: so kann es nicht fehlen, daß man der Fortsetzung derselben nicht ferner gedenken und mich dabey ins Spiel bringen dürfte.

Hier muß ich Ewr. Excellenz meine Schwäche gestehen. Ich vergebe tausend gesprochene Worte, ehe ich Ein ge drucktes vergebe. Auf die erste Sylbe, die sich jemand über meinen Antheil an dem Manheimer Theater gedruckt und anders entfallen läßt, als es sich in der Wahrheit verhält, sage ich dem Publico alles rein heraus.

Denn darin belieben Ew. Excellenz doch wohl nur mit mir zu scherzen: daß ich demohngeachtet die Man beimer Bühne nicht ganz ihrem Schicksale überlassen und von Zeit zu Zeit besuchen würde. Ich dränge mich zu nichts; und mich Leuten, die, ungeachtet sie mich zuerst gesucht, mir dennoch nicht zum besten begegnen wollen oder können, mich solchen Leuten wieder an den Kopf zu werfen, würde mir ganz unmöglich seyn.

Verzeihen Ew. Excellenz meine Freymüthigkeit. Ich vers barre in allem Uebrigen mit der vollkommensten Verehrung Ewr. Excellenz

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,,nicht! siehe er ist in der Pfalz, so gehet nicht hinaus!“ Wenigstens, wenn mir dieser Spruch zur rechten Zeit bey gefallen wäre, so sollte ich noch nach Manheim kommen. Dieses ist alles, was ich Ihnen von der Eache sagen kann und mag, mit der ich mich lieber gar nicht abgegeben hätte.

Ihr Almanach von Volksliedern hat in meinen Augen einen großen Fehler: diesen, daß Sie nicht bey jedem. Liede angegeben haben, woher es genommen; ob aus einer Handschrift oder aus einem gedruckten Buche, oder aus mündlicher Ueberlieferung. mündlicher Ueberlieferung. Zu der ernsthaften Absicht, die diese Schnurre haben soll, hätte dieses nothwendig ge schehen müssen; und mir thun Sie einen Gefallen, wenn Sie mir ein Exemplar schicken wollen, dem die Quellen beygeschrieben sind. Sodann will ich sehen, was ich für Sie thun kann. Nur die französische und italiänische Strophe, von Jungfer Lieschens Knie, ist auch mir entfallen. Der Anfang der Deutschen heißt aber | eigentlich:1

Schautest du denn nie Jungfer Lieschens Knie? 2c.

Die englische Strophe, bitte ich nicht zu vergessen, habe ich auch selbst gemacht damit Sie nicht glauben, daß Sie und Schlosser die einzigen Deutschen sind, die englische Verse gemacht haben!

Was Sie mir von unserm Moses schreiben, freut mich von Herzen. Ich wünschte über so viele Dinge von ihm belehrt zu seyn, über die ich ihm bisher nicht schreiben mögen. Vorläufig möchte ich ihm doch nur eine Frage thun. Nehmlich: was Meschowef Netiwohl heißt, und

1 Gelehrten Liederforschern zu gefallen, will ich dieses deutsche Schlemperlied, mit Lessings Uebersehung in verschiedene Sprachen mittheilen, so weit sie noch vorhanden sind. Das deutsche Original lautet also nach Lessings kritischer Verbesserung folgendergestalt: Schautest du denn nie Jungfer Lieschens Knie? Jungfer Lieschens Fingerhut Ist zu allen Dingen gut!

Nun folgen die Uebersehungen:

1) Griechisch. Ουκ έβλεψη συ Παρθενος γονυ; Παρθενος δακτυλιτρον Έξι προς παντα καλυν.

2) Lateinisch.

Non vidisti tu
Virginis genu?

Virginis dactylitrum
Est ad omnia bonum.

3) Engländisch.

Did you never see

Mistriss Betty's knee?

What you Betty's thimble call

That is very good for all.

Die französische und italiänische Ueberseßung sind, wie man aus dem Briefe sieht, verloren gegangen, und erwarten einen kritischen Restaurator, der sie etwa, wie man es zuweilen mit verlornen Werken der Alten gemacht hat, ex ingenio wieder herstellen möchte.

Nicolai.

was es für ein Buch ist, das diesen Titel führet? Er soll die Antwort auf einem Zettel nur meinem Bruder geben.

Was Sie mir sonst von der guten Meynung schreiben, in welcher ich bei den dortigen Theologen und Freygeistern stehe, erinnert mich, daß ich gleicher Gestalt im vorigen Kriege zu Leipzig für einen Erzpreußen, und in Berlin für einen Erzsachsen bin gehalten worden, weil ich keines von beyden war, und keines von beyden seyn mußte wenigstens um die Minna zu machen. Das Ding war zu seinen Zeiten recht gut. Was geht es mich an, wodurch es jezt von dem Theater verdrängt wird.

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Vorsicht kann man ihrentwegen schreiben, was man will. Nicht das, was man ihnen nimmt, sondern das, was man an dessen Stelle sezen will, bringt sie auf, und das mit Recht. Denn wenn die Welt mit Unwahrheiten soll hinge: halten werden, so sind die alten, bereits gangbaren, eben so gut dazu, als neue.

Ist ein Magister Spittler bey Dir gewesen? Wenn er noch in Berlin ist, so mache ihm meinen Empfehl. Des gleichen Deiner lieben Frau. Und damit lebe wohl! Gotthold.

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Da sind ein Paar Wolfenbüttelsche Damen, die ihre Männer nach Berlin schleppen. Die eine davon, Frau von D**, ist von langen Zeiten her meine specielle Freundin, und sie will mit aller Gewalt, daß ich ihr einen Brief an Dich mitgeben soll. Nun weiß ich wohl, daß ein junger Ehemann andere Dinge zu thun hat, als sich mit fremden Weibern zu schleppen. Sie wird aber auch nicht mehr von Dir verlangen, als Du mit gutem Gewissen nebenher bestreiten fannst. Sie wird zufrieden seyn, wenn Du sie einmal besuchst, und ihr Deine Dienste anbietest. Und das kannst Du doch wohl thun! Auch Nicolai und Ramler will sie kennen lernen, und an Nicolai habe ich ihr gleich: falls einen Brief mitgegeben.

Um nun auf die Beantwortung Deines leßtern zu kommen, so muß ich Dir vor allen Dingen gerade heraus sagen, daß von dem allen, was man Dir von Theaterpreisen zu Manheim gesagt hat, nicht eine Sylbe wahr ist. Ich glaube, ich habe Dir schon einmal ins Ohr gesagt, daß ich sehr wünschte, ich hätte mich neuerdings mit dem Theater unvermengt gelassen. Mit einem deutschen Nationaltheater ist es lauter Wind, und wenigstens hat man in Manheim nie einen andern Begriff damit verbunden, als daß ein deutsches Nationaltheater daselbst ein Theater sey, auf welchem lauter geborne Pfälzer agirten. An das, ohne welches wir gar keine Schauspieler hätten, ist gar nicht gedacht worden. Auch die Schauspieler selbst halten nur das für ein wahres Nationaltheater, das ihnen auf Lebenslang reichlich Unterhalt verspricht. Stücke, die zu spielen sind, fliegen ihnen ja doch genug ins Maul. Wie wohl ist mir, daß ich eine ganz andere Komödie habe, die ich mir aufführen lasse, so oft es mir gefällt!

Daß die Theologen zu den Fragmenten meines Üngenannten so schweigen, bestärkt mich in der guten Meynung, die ich jederzeit von ihnen gehabt habe. Mit der gehörigen

An Nicolai.

Wolfenbüttel, d. 20. Septemb. 1777.

Liebster Freund,

Sie hätten Grund, in Ernst auf mich ungehalten zu seyn. Ich antworte Ihnen nicht eher, als bis Ihnen an meiner Antwort nichts kann gelegen seyn. Denn von dem, was Sie von mir in Jhren beyden leßten Briefen verlangt haben, wollten Sie ohne Zweifel schon diese Michaelismesse Gebrauch machen; und ich weiß wohl, wie hoch der Buc händler ein solches Disappointment aufnimmt. Doch ich habe nicht mit dem Buchhändler, sondern mit meinem Freunde Nicolai zu thun, bey dem ich mich, so wie andere sich auf ihre gerechte Sache verlassen, auf meine unge rechte verlassen kann, an die er schon längst gewöhnt worden, und die er mir schon so manchmal vergeben hat.

Unterdessen habe ich doch nicht deswegen nicht geantwortet, weil ich an die ganze Sache nicht gedacht. Viel mehr hätte ich zuverlässig so viel früher antworten können, wenn ich weniger darauf hätte denken wollen. Sie sollen es gleich hören.

Das erste betraf alte Lieder. Wenn ich Ihnen nur alte Lieder hätte schicken dürfen, ohne mich darum zu bekümmern, was Sie davon brauchen könnten, oder nicht: so hätten Sie mit der ersten rückgehenden Post ein Paketchen bekommen sollen, wofür Ihnen das Porto mehr ge kostet hätte, als Sie wahrscheinlich von der ganzen Entreprise des Almanachs einnehmen werden. Aber, da ich Ihnen nur so etwas schicken wollte, das Sie gleich in die Druckerey hätten senden können: so merkte ich je länger je mehr, daß ich nicht einmal recht wüßte, was Ihnen am zuträglichsten wäre. Etwas wirklich gutes? Das wäre gerade wider Ihre Absicht. Z. E. so etwas, wie das Besenbinder: Lied, welches ich in meiner Kindheit von einem Besenbinder selbst gehört habe:

,,Wenn ich kein Geld zum Saufen hab,
„So geh und schneid ich Besen ab,
„Und geh die Gassen auf und ab,
„Und schreye: Kauft mir Besen ab,
„Damit ich Geld zum Saufen hab.

Denn was sind alle neue Trinklieder gegen diefes alte?
Und wenn es dergleichen unter dem Volke gäbe, so müßte

uns wahrlich die Aufhebung derselben eine sehr angelegene | nicht dabey eine andere gute Spur hätte verfolgen können, Sache seyn. Sie aber wollen über das Angelegene dieser von der ich Ihnen wohl ein andermal schreibe.

Sache gerade spotten. Eben fällt mir noch eins von diesem bessern Echlage bey:

Ich bin den Barfüßer Mönchen gleich:

„Sie sind arm und ich nicht reich;

„Sie trinken kein Fleisch, ich esse keinen Wein:
„Wie könnt' ich ihnen denn gleicher seyn?
„Aber in einem sind wir zuwider;

„Wenn sie aufstehen, leg ich mich erst nieder.“

Oder sollte ich Ihnen etwas von der ganz verfehlten Art schicken? Lieder, die gelehrte und studierte Reimschmiede des 14ten und 15ten Jahrhunderts gemacht haben, die in allem Ernste etwas Gutes machen wollten, und nicht konnten? Dergleichen Lieder, würde man gesagt haben, sind gerade keine Volkslieder. Also hätte ich bloß auf solche Lieder aufmerksam seyn müssen, die man mit ihrem rechten Namen Pöbelslieder nennen sollte? Denn auf Vermengung des Pöbels und Volkes kommt der ganze Spaß doch nur an, z. B.

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Jest muß ich nur Jhrer zweyten Anfrage noch gedenken. Db ich meine antiquarischen Briefe noch fortsezen will? Allerdings. - Aber wenn? Ja, das weiß Gott! Diesen Winter kann ich schlechterdings nicht. Denn diesen Winter habe ich noch voll auf an dem fünften bis zwölften Stücke meiner Beyträge zu arbeiten, mit welchen ich dieses ganze Werk zu schließen gesonnen bin. Sie glauben nicht, was für eine ekle, undankbare und zeitversplitternde Arbeit ich mir damit auf den Hals geladen habe. An Ihrer neuen Ausgabe der Beschreibung von Berlin, mögen Sie so etwas ähnliches gehabt haben. Das also muß ich nun je eher je lieber aus den Händen haben, weil ich mir noch Kräfte zu beffern Dingen bewußt bin, zu welchen ich allerdings verschiedene Anmerkungen rechne, die ich auf meiner Reise in Italien gemacht zu haben glaube, und durch welche die antiquarischen Briefe noch erst ein Buch werden können. Wissen Sie, was ich Ihnen folglich rathe? Lassen Sie fürs erste beyde Theile dieser Briefe zusammen druden, welches einen mäßigen Band in groß Octav machen würde. Ich will eine kurze Vorrede dazu schreiben, in welcher ich mich über die Fortsetzung erkläre, und Sie können versichert seyn, daß diese Fortseßung eine meiner ersten Arbeiten seyn soll, so bald ich von jener frey bin.

Hiemit leben Sie für diesmal wohl, und bleiben Sie mein Freund. Der Jhrige, Lessing.

Oder;

,,Sind sie zusammen gekommen.

„Ein Bräutlein wollt' nit gehn zu Bett, ,,Nit weiß, ob sie es hätt' verredt, 2c.“

Das Schlimmste war nur bey den Liedern von dieser Art, daß ich die wenigsten ganz zusammen finden konnte. Außer das leßte; von welchem ich aber glaube, daß es Eschenburg schon in dem Museo hat druden lassen. Und hierbey muß ich Ihnen dazu sagen, daß ich schon vor vielen Jahren Herrn Eschenburg das Anziehendeste gegeben habe, was ich von diesem Schrot und Korn in der Bibliothek gefunden.

Also, mein lieber Nicolai, haben Sie mich mit Ihrem Verlangen um manche schöne Stunde gebracht, ohne daß sie Ihnen zu Nuße gekommen. Ich würde Ihnen diesen Zeitverlust auch wahrlich sehr hoch anrechnen, wenn ich

An Eschenburg.

Den 3. Januar 1778.

Ich ergreife den Augenblick, da meine Frau ganz ohne Besonnenheit liegt, um Ihnen für Ihren gütigen Antheil zu danken. Meine Freude war nur kurz. Und ich verlor ihn so ungern, diesen Sohn! Denn er hatte so viel Verstand! so viel Verstand! Glauben Sie nicht, daß die wenigen Stunden meiner Vaterschaft mich schon zu so einem Affen von Vater gemacht haben! Ich weiß, was ich sage. War es nicht Verstand', daß man ihn mit eisernen Zangen auf die Welt ziehen mußte? daß er so bald Unrath merkte? War es nicht Verstand, daß er die erste Gele: genheit ergriff, sich wieder davon zu machen? - Freilich zerrt mir der kleine Ruschelkopf auch die Mutter mit fort! Denn noch ist wenig Hoffnung, daß ich sie behalten werde. Ich wollte es auch einmal so gut haben, wie andere Menschen. Aber es ist mir schlecht bekommen.

An Karl G. Leffing.

Wolfenbüttel, den 5. Jan. 1778.

Mein lieber Bruder,

Betaure mich, daß ich dasmal so eine gültige Ursache habe, Dir während der Zeit, da Du so viel Güte für meinen

Stiefsohn hast, noch nicht geschrieben zu haben. Ich | schlechter ausgefallen, als ich erwartet hatte. Ich weiß kaum, was ich ihm wieder antworten soll, ohne ihn lächerlich zu machen, welches ich nicht möchte.

habe nun eben die traurigsten vierzehn Tage erlebt, die ich jemals hatte. Ich lief Gefahr, meine Frau zu verlieren, welcher Verlust mir den Rest meines Lebens sehr verbittert haben würde. Sie ward entbunden, und machte mich zum Vater eines recht hübschen Jungen, der gesund und munter war. Er blieb es aber nur vier und zwanzig Stunden, und ward hernach das Opfer der grausamen Art, mit wel cher er auf die Welt gezogen werden mußte. Oder versprach er sich von dem Mahle nicht viel, zu welchem man ihn so gewaltsam einlud, und schlich sich von selbst wieder davon? Kurz, ich weiß kaum, daß ich Vater gewesen bin. Die Freude war so kurz, und die Betrübniß ward von der größten Besorgniß so überschrieen! Denn die Mutter lag ganzer neun bis zehn Tage ohne Verstand, und alle Tage, alle Nächte jagte man mich ein paarmal von ihrem Bette, mit dem Bedeuten, daß ich ihr den leßten Augenblick nur saurer mache. Denn mich kannte sie noch bey aller Abwesenheit des Geistes. Endlich hat sich die Krankheit auf einmal umgeschlagen, und seit drey Tagen habe ich die zuverlässige Hoffnung, daß ich sie diesmal noch behalten werde, deren Umgang mir jede Stunde, auch in ihrer gegenwärtigen Lage, immer unentbehrlicher wird.

Wie Du mir verzeihest, daß ich Dir seit vierzehn Ta= gen nicht geschrieben: so verzeihest Du mir auch, daß ich Dir jezt nicht mehr schreibe. Ich denke ungern daran, daß Dir jest unser Stiefsohn mancherley Incommodität verur sacht. Gott lasse Dich unter ähnlichen Umständen eine freudigere Ecene erleben!

An Eschenburg.

Gotthold.

Den 7. Januar 1778. Ich kann mich kaum erinnern, was für ein tragischer Brief das kann gewesen seyn, den ich Ihnen soll geschrieben haben. Ich schäme mich recht herzlich, wenn er das geringste von Verzweiflung verräth. Auch ist nicht Verzweif lung, sondern vielmehr Leichtsinn mein Fehler, der sich manchmal nur ein wenig bitter und menschenfeindlich aus. drückt. Meine Freunde müssen mich nun ferner schon so dulden, wie ich bin.

Die Hoffnung zur Besserung meiner Frau ist seit eini gen Tagen wieder sehr gefallen; und eigentlich habe ich jezt nur Hoffnung, bald wieder hoffen zu dürfen.

Ich danke Ihnen für die Abschrift des Goezischen Aufsages. 1 Diese Materien sind jezt wahrlich die einzigen, die mich zerstreuen können. Schumanns Antwort 2 ist weit

In der so genannten schwarzen Zeitung, oder den Ziegraischen freywilligen Beyträgen v. J. 1778, S. 55, that Goeze den ersten, obwohl noch ziemlich glimpflichen und anonymischen, Ausfall auf Leffing S. eine Parabel u. s. w. Eschenburg.

2 Ueber die Evidenz der Beweise für die Wahrheit der christlichen Religion; Hannov. 1778. 8. - Lessings Antworten darauf sind die Schriften: Ueber den Beweis des Geistes und der Kraft; und: das Testament Johannis, ein Gespräch. Eschenburg.

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Ich wette, Du lauerst auf einen Brief von mir, und wir lauern auf einen von Dir. Ich hoffe, Du sollst das Kitchen von Wegelins richtig erhalten haben, und ich betaure nur, daß es schon gepackt war, als ich den lehten Brief erhielt, um noch einige Kleinigkeiten beyzulegen, die zu meinen gegenwärtigen theologischen Streitigkeiten ges hören. Daß meine Duplik nach Deinem Sinne gewesen, ist mir sehr lieb. Besonders freue ich mich, daß Du das haut-comique der Polemik zu goutiren anfängst, welches mir alle anderen theatralischen Arbeiten so schal und wäßrig macht. Nächster Tage sollst Du auch eine Schrift wider Gößen erhalten, gegen den ich mich schlechterdings in die Positur gesezt habe, daß er mir als einem Unchristen nicht ankommen kann. Doch das sind alles die Scharmüßel der leichten Truppen von meiner Hauptarmee. Die Hauptarmee rückt langsam vor, und das erste Treffen ist meine Neue Hypothese über die Evangelisten, als bloß menschliche Geschichtschreiber betrachtet. Etwas Gründlicheres glaube ich in dieser Art noch nicht geschrieben zu haben, und ich darf hinzu seßen, auch nichts. Sinnreicheres. Ich wundre mich oft selbst, wie natürlich sich alles aus einer einzigen Bemerkung ergiebt, die ich bei mir gemacht fand, ohne daß ich recht weiß, wie ich dazu gekommen. Das ist die nehmliche Schrift, die ich Vossen zugedacht habe; denn sie ist so, daß sie bei dem allen sich vor der Berlinischen Censur nicht fürchten darf. Er hätte sie auch schon, wenn mir seit drei Wochen nur nicht wieder unvermuthete Hinderungen vorgekommen wären. Indeß vertröste ihn nur weiter nicht; ich will ihn damit überraschen.

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Lebe selbzweyter recht wohl! Und Gott gebe, daß ich auch bald hinzuseßen kann: selbdritter!

Gotthold.

An I. A. H. Reimarus.

Werthester Freund;

Jhr Stillschweigen ließ mich befürchten, daß Sie auf mich ungehalten wären. Und wie leicht hätten Sie es werden können, wenn man Ihnen solch Zeug in den Kopf zu sezen gesucht. Ich will den sehen, dem ich gesagt habe, daß Ihr sel. Hr. Vater der Verfasser der Fragmente sey! Ich habe so vielerley Vermuthungen über den wahren Verfasser anhören, so vielerley Ausfragen desfalls aushalten müssen: daß es zwar wohl seyn kann, daß ich unter denen, auf welche man gerathen, auch manchem Jhren Hrn. Vater mit genannt habe; denn allerdings haben nicht wenige auf ihn gerathen, und mancher hat mir eine große Heim lichkeit zu vertrauen geglaubt, wenn er ihn mir als den ungezweifelten Urheber nicht bloß der Fragmente, sondern eines völlig ausgearbeiteten Buchs nach dem Plane der Fragmente, das sich ich weiß nicht in wessen Händen befinde, nennen zu können geglaubt. Aber wer da sagt, daß ich ihn für meinen Kopf, und nicht aus fremder Vermu thung, dafür ausgegeben habe, der sagt es wie ein Schurke. Diesen Trumpf will ich öffentlich darauf seßen, wenn Sie es haben wollen, und nicht vielmehr für besser halten, die ganze Rede unangefochten lieber mit der Zeit fallen zu lassen. Die Theologen werden keine Narren seyn, sie zu verbreiten und glaublich zu machen. Hat sie nicht auch schon Wittenberg für eine schwarze Verleumdung in seinem Postreuter erklärt? Wer wird diesem grossen Manne zu widersprechen wagen, und Ihnen, Troß dieser Erklärung, unerweisliche Händel machen wollen?

Indeß will ich doch, bey erster Gelegenheit, ein Wort von der unnöthigen Neugierde nach dem Verfasser nicht allein überhaupt sagen, sondern mich auch in specie wegen Ihres Herrn Vaters so erklären, daß man es gewiß künftig soll bleiben lassen, sich desfalls auf mich zu beruffen. Diese Gelegenheit wird sich auch sehr bald finden, indem ich noch ein Fragment, und zwar das lezte, nicht in den Bey trägen, sondern besonders, eben ist druden lasse. Ich werde durch Maschos albernes Geschwäß dazu gezwungen; von dem ich übrigens kaum glauben kann, daß er Ihren Herrn Vater in Verdacht haben sollte, indem er von dem vermeintlichen Verfasser Dinge wissen will, die auf diesen wissen gar nicht passen würden.

Ich habe es mit ihm schon vorläuffig in beyliegender Schnurre zu thun; deren eigentlicher Gegenstand aber im mer noch Goeze ist. Und so eine Schnurre foll Goeze un fehlbar jederzeit haben, so oft er in seinen fr. Beyträgen eine Sottise wider mich oder meinen Ungenannten sagt. Dazu bin ich fest entschlossen, und sollte aus dem Antigoeze eine förmliche Wochenschrift werden so langweilig und unnüße als nur jemals eine in Hamburg geschrieben und gelesen worden. Meine Axiomata haben Sie doch nun auch gelesen? Gleichwohl will ich sie nebst der Duplik, und Lessing, Werke. II.

den beiden fliegenden Blättern die vorhergegangen, noch mit beylegen, damit Sie wenigstens alles haben, was in dieser Kazbalgerey gedruckt worden.

Die Erziehung des Menschengeschlechts ist von einem guten Freunde, der sich gerne allerley Hypothesen und Systeme macht, um das Vergnügen zu haben, sie wieder einzureiffen. Diese Hypothese nun würde freylich das Ziel gewaltig verrüden, auf welches mein Ungenannter im Anschlage gewesen. Aber was thuts? Jeder sage, was ihm Wahrheit dünkt, und die Wahrheit selbst sey Gott empfohlen!

Leben Sie recht wohl, und beehren Sie mich bald wies der mit einem Briefe. Zusprache von meinen Freunden thut mir jest desto wohler, je nöthiger mir sie ist. Sie werden es kaum glauben, daß ich die muthwilligsten Stellen in meinen Schnurren oft in sehr trüben Augenblicken geschrieben habe. Jeder zerstreut sich so gut als er kann. Meinen Empfehl an die Ihrigen.

Dero

Wolfenbüttel, den 6. April 1778.

ergebenster Fr. u. Diener Lessing.

An Karl G. Leffing.

Wolfenbüttel, den 23. Julius 1778,

Mein lieber Bruder,

Ich muß mich nur gleich herseßen, Dir zu antworten. Allerdings ist es wahr, daß das hiesige Ministerium, auf Ansuchen des Confiftorli, das neue Fragment und zugleich meine Antigößischen Schriften verboten; auch mir zugleich untersagt hat, ferner etwas aus dem Ms. der Fragmente drucken zu lassen 2c. Ich habe meine Ursachen, warum ich die Confiscation des neuen Fragments recht gern geschehen lasse. Nur sollte man meine Schriften nicht zugleich mit confisciren; und darüber beiße ich mich auch noch gewaltig herum, fest entschlossen, die Sache auf das äußerste ankommen zu lassen, und eher meinen Abschied zu nehmen, als mich dieser vermeynten Demüthigung zu unterwerfen. Vom Corpore evangelico ist nichts gekommen, noch viel weniger vom Reichshofrath; ich denke auch nicht, daß ich mich vor beyden sehr zu fürchten habe. Denn (Du wirst zwar lachen) ich habe ein sicheres Mittel, den Reichshofrath zu theilen, und unter sich selbst uneins zu machen; so wie Paulus das Synedrium. Nehmlich, da die mehrestcy Glieder desselben Katholiken sind, so darf ich meine Sache nur so vorstellen, daß in der Verdammung, welche die Lutherischen Geistlichen über mich aussprechen, eigentlich die Verdammung aller Papisten liegt, welche die Religion eben so wenig auf die Schrift, und auf die Schrift allein, wollen gegründet wissen, als ich. In dieser Absicht habe ich bereits auch einen Bogen geschrieben, den ich Dir

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