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Und das macht mir eine verdrießliche Arbeit noch weit ver drießlicher; so daß es gar nicht aus der Stelle damit will, ob ich gleich keine Schrift mit gewaschnern und vollern Händen angefangen habe. Aber, Sie, meine Beste, für Ihre Person, und mit allen übrigen Angehörigen, sind doch gesund? Schreiben Sie mir doch auch, wenn Sie das sind, und seit einiger Zeit wenigstens so weit gewesen, daß Sie zur Kirche gehen können, ob es wahr ist, daß der Hauptpastor wiederruffen? Wenn er das gethan hat, so ist er vollends ein Dummkopf und Schurke. Denn ihn konnte nun doch weiter nichts bey kümmerlichen Ehren erhalten, als wenn er allen Unsinn, den er jemals gepredigt und geschrieben, es koste, was es wolle, zu vertheidigen fort fährt. Ift der Text von seiner Wiederrufspredigt zu haben? A propos! Sie haben doch schon gesehen, daß sich endlich die allgemeine deutsche Bibliothek entschlossen, ihr Schweigen zu brechen? Und haben auch doch schon gelesen, wie armselig die Blindschleiche daher gerutscht kömmt. Was meinen Sie, wie ich mich bei beyden verhalten soll?

Und noch eins! Es ist Ihnen doch auch zu Gesichte gekommen, was vor einiger Zeit in dem Reichspostreuter stand? Nehmlich, daß mir die Judenschaft in Amsterdam, wegen Herausgabe der Fragmente, 1000 Ducaten geschenkt habe. Die Nachricht war aus dem Diario zu Wien, wo sich mein Stiefsohn damals gleich aufhielt, der beyliegen den Bogen irgendwo im Reiche dagegen drucken ließ. Man mag immer glauben, daß ich diesen Bogen wenigstens doch nachgesehen; wenn man mir nur nicht Schuld geben kann, daß ich die geringste Unwahrheit herein corrigiret. Es thut mir leid, daß ich nicht mehr Exemplare habe, um sie in Hamburg ein wenig mehr verbreiten zu können. Theilen Sie ihn unterdessen unsern Freunden mit, an deren Billigung mir gelegen.

Ich erwarte Ihre Antwort, so bald wie möglich, meine Beste; und bin

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möchte ich lieber von Ihnen, als von ihm haben. Denn ich würde ihn doch nicht überall verstehen; wenigstens nicht gewiß seyn können, ob ich ihn verstehe. Seine Schriften scheinen als Prüfungen der Herren aufgefeßt zu seyn, die sich für Polyhistores ausgeben. Denn es gehört wirklich ein wenig Panhistorie dazu. Ein Wanderer ist leicht ge: funden: aber ein Spaziergänger ist schwer zu treffen.

Mein Ungenannter scheint ein wenig Luft zu bekommen. Wenigstens haben — und — sie ihm zu machen, redlich gesucht; so wenig sie es auch werden Wort haben wollen. Und nun wird sich der Ungenannte schon selbst so weit helfen, als er sich nach den Gesezen einer höhern Haushaltung, helfen soll. Auf mein eignes Glaubensbekenntniß habe ich mich bereits eingelassen; wenigstens mich darüber ausgelassen. Denn zum einlassen gehören zwey; und nachdem ich es als ein ehrlicher Mann gethan, hat niemand davon etwas weiter zu wissen verlangt. Vermuthlich weil es noch zu orthodox war, und hierdurch weder der einen noch der andern Parthey gelegen | kam. Ift er noch so weit zurück? dachten die einen. Wenn er nur das will, dachten die andern, was haben wir denn für einen Lermen über ihn angefangen? — Endlich werde ich, wenn man meine Meinung doch ganz und rein wissen soll, noch mit dem einzigen. . . anbinden müssen. Und darüber bin ich auch wirklich aus.

Jhre Volkslieder sind mir sehr lieb und werth. Aber können Sie wohl glauben, daß ich Ihre Plastik noch nicht gelesen habe? Und wenn ich mich auch gar nicht ein:

mal dafür bedankt hätte? Es juckt mich alle Tage darnach, und doch fürchte ich mich davor. Die Versatilität des Geistes verliert sich, glaube ich, von seinen Eigenschaften am ersten. Es kostet so viel Arbeit, mich umwälzen zu lassen, daß es kaum mehr der Mühe verlohnt, wenn ich nicht eine geraume Zeit in der neuen Lage wieder verweilen kann. Und das kann ich jezt noch nicht, wenn ich mich mit Ehren aus meinen theologischen Händeln ziehen soll.

Leben Sie recht wohl. Ich erspare mir alle Versiche rungen der Hochachtung und Freundschaft, die, wo sie sich nicht von selbst verstehen, doch nur umsonst sind.

Leffing.

Wolfenbüttel, d. 25. Jun. 1780.

Meine späte Antwort müssen Sie diesesmal bloß dem Verlangen zuschreiben, Ihnen in der Hauptsache so zu antworten, als Sie es zu wünschen schienen. Sie verlang= ten die Fortseßung meiner Freymaurer-Gespräche, und ich hatte die einzige reine Abschrift davon sehr weit weg ge= liehen. In mein Brouillon konnte ich mich selbst nicht mehr finden; geschweige, daß ein andrer hätte flug daraus wer den können. Endlich habe ich sie wieder erhalten; und hier ist sie.

Wenn Sie das Ding an Hamann senden: so versichern Sie ihn meiner Hochachtung. Doch ein Urtheil darüber |

An Elise Reimarus.

Meine liebe Freundin,

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Ich wette, Sie errathen nicht, was ich Ihnen diesesmal zu melden habe. mal zu melden habe. Sie vermuthen ohne Zweifel, eine besondere Krisis meiner Krankheit? Das hat sich wohl ! Doch was nicht ist, das kann noch werden. Und der Tod selbst ist ja wohl auch eine Krisis der Krankheit. Ich komme eben von Braunschweig, wo mich der Herzog gestern ruffen ließ, um mir kund zu thun was meinen Sie wohl? · Daß ihm sein Gesandter in Res gensburg gemeldet, wie ihm der Sächsische Gesandte im

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Vertrauen eröffnet, daß nächstens an den Braunschweigi- | schen Hof ein Excitatorium von dem gesammten Corpore Evangelicorum gelangen werde, um mich, als den Her: ausgeber und Verbreiter des schändlichen Fragments von dem Zwecke Christi und seiner Jünger, zu vers dienter Strafe zu ziehen.

Dieses sagte mir der Herzog auf eine so freundschaft: | liche und beruhigende Art, daß ich es zuleßt fast bereuet hätte, ihm so gleichgültig und sicher darauf geantwortet zu haben. Wenigstens hätte ich es wohl unterlassen können, ihn ausdrücklich zu bitten, daß er sich meiner in keinem Stücke annehmen solle, sondern in allem, ohne die geringste Rücksicht auf mich, so verfahren möge, wie Er glaube, daß ein Deutscher Reichsstand verfahren müsse. Denn ich bes greife nun wohl, daß eine solche Aeusserung niemand vers dient, der uns nüzlich zu seyn wünscht. Indeß war an meiner mürrischen Gleichgültigkeit doch auch gewiß nicht Schuld, was Sie denken. Sie denken, das weiß ich wohl: ich möchte um alles in der Welt gern verfolgt seyn; und bilden sich ein, daß mir nichts weher thut, als wenn man sich nicht einmal mit mir einlassen will. Aber, meine Liebe, wie weit sind Sie noch entfernt, mich zu kennen, wenn Sie das im Ernste von mir denken! Kann seyn, daß allenfalls manchmal eben das in mir vorgeht, was bey jenem Bastart eines grossen Herrn vorging, der nicht sagen wollte, wer er sey, und sich lieber unschuldig wollte hängen lassen, nur um seinem Richter recht schwere Verantwortung bei seinem Vater zu machen. Denn im Grunde mag ich mich doch auch wohl dabey trösten, daß am Ende jemand

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viel Paradorie zutrauen, als wohl schwerlich natürlich zu feyn pflege. Sie könnten ja wohl Recht haben: und was wäre es denn? Ich könnte ja eben so gut Paradorie, als andere Orthodoxie affectiren. Ich verstehe darüber so gut Spaß, daß es fast keine Lust ist, mit mir darüber zu spassen. Seyn Sie ruhig! Das Wetter hat sich zwar noch nicht verzogen: aber ich habe so viele Ableiter auf meinem Hause, daß wenn die Vielheit der Ableiter selbst nicht etwa schädlich ist? — worüber Sie Ihren Herrn Bruder fragen können ich zu diesem seinem Buche noch manche schöne Bemerkung zu geben hoffe.

Ich weiß selbst nicht, warum ich, seit einiger Zeit, gegen unsern Herzog ein wenig ärgerlich geworden bin. Aber er ist doch immer ein edler Mann, der keinen kleinen Streich an sich tommen läßt; und ein ehrgeiziger Mann, der sich von keinem vorschreiben läßt, und der einen Schuß, der ihm Ehre machen kann, lieber aufdringt, als sich abbetteln läßt. Ich seh es als eine gute Vorbedeutung an, daß er mir auch schon ein Gutachten, über die dermaligen Religionsbewegungen, besonders der Evangelischen Kirche mitgetheilet, das ich weiß nicht welches Consistorium irgend eines Evangelischen Reichsstandes bey dem Corpore Evangelicorum einreichen lassen, und meine schriftliche Meinung darüber verlangt hat. Daß ich diese so geben werde, daß mir unsere Geistlichkeit wohl vom Halse bleiben, und aufhören soll, mich mit den neuen Reformatoren zu verwechseln, können Sie sich wohl einbilden : Sie, die Sie am besten wissen, wie weit ich von diesen Herren entfernt bin. Auch bin ich eben darüber aus. Nur kommen wird, der dem Richter zuruft: Richter, seyd ihr | betaure ich, daß meine Komödie darüber in die Brüche des Teufels, daß ihr unsers gnädigen Herrn Bastart wollt | fallen wird. Denn endlich war es entschieden worden: daß hängen lassen? Und weiß ich denn etwa nicht, wessen großen

Herrn lieber Bastart ich bin? - Also nur frisch die Leiter hinan! und daß nur niemand besorge, als werde ich mich wohl gar aus Angst verschnappen!

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Eben werde ich in diesen Henkersgedanken unterbrochen. Nächstens ein mehreres! Behalten Sie mir Ihre Freund

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der Kerl das Mensch haben solle. Und haben soll er es auch wirklich, wenn sich auch schon die Sache wieder ein wenig verzögert. Wenn die Direction indeß mit aller Gewalt ein Stück haben muß, so substituire ich Sie an meine Statt. Die..... ist sehr gut gewählt, und das Uebrige, was Ihnen davon zugehört, wird schon auch gut seyn. Aber

schaft auf alle Fälle, die ich in keinem zu mißbrauchen, | so ein Fund, wie ich Ihnen nachweisen soll, ist selten.

oder höher zu stimmen versuchen werde.

Wolfenb. den 28. Novbr. 1780.

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Nun leben Sie wohl, und seyn Sie meinetwegen, neus gierig so viel Sie wollen, aber nicht bange.

L.

An Elise Reimarns.

Ich erinnere mich wohl, daß mein voriger Brief weder halb noch ganz war. Denn ich ward unterbrochen, und wollte den Posttag nicht ganz versäumen. Aber daß ich ganz den Ton verfehlt hätte, in welchem ich Ihnen schreiben wollte, das hätte ich mir nicht eingebildet. Ich glaubte recht lustig geschrieben und ein so feines Histörchen mit eingewebt zu haben! Und Sie erschrecken! Mein gutes Kind, bey Gott! Das war meine Absicht nicht. Eben so wenig, als ich mit Ihnen zanken wollte, daß Sie mir so

Lieber Jacobi,

Wolfenbüttel den 4ten Dec. 1780.

Langer, von dem ich diesen Augenblick einen Brief aus Amsterdam erhalte, kann Ihnen gesagt haben, daß er mich im Begriff verlassen, nach Hamburg zu reisen. Da bin ich so lange gewesen, als ich Hoffnung hatte, meine verlorene Gesundheit und Laune unter meinen alten Freunden wieder zu finden. Ich weiß selbst nicht mehr, wie lange das war. Freylich sollte ich sie eher aufgegeben haben, diese Hoffnung. Aber wer giebt die Hoffnung gerne anders, als gezwungen, auf? Endlich bin ich ohnlängst wieder

Ihnen ist antworte, ist ein emigrirender. Diese Klasse von Reisenden findet sich unter Yoriks Klassen nun zwar nicht; und unter diesen wäre nur der unglückliche und

zurückgekommen. Am Körper, bis auf die Augen, aller dings etwas besser: aber am Geiste weit unfähiger. Unfähig zu allem, was die geringste Anstrengung erfordert.❘ Würde ich Ihnen nicht schon längst geschrieben haben? | unschuldige Reisende, der hier allenfalls paßte. Doch

warum nicht lieber eine neue Klasse gemacht, als sich mit einer beholffen, die eine so unschickliche Benennung hat? Denn es ist nicht wahr, daß der Unglückliche ganz unschuldig ist. An Klugheit hat er es wohl immer fehlen

Möchten Sie doch in meiner Seele eben so fertig lesen
können, als ich mich in Ihrer zu lesen getraue. Ich ver-
stehe es sehr wohl, was Ihnen ekeln mußte, mir noch ein-
mal zu schreiben, nachdem Sie es ** schon einmal geschrie
ben hatten............................... 1 Auch wüßte ich nicht, was ich | lassen.
nicht lieber von Ihnen lesen möchte, als eine Rechtfertigung
Jhrer selbst. Der Mann, wie Sie, hat bey mir niemals
Unrecht, wenn er es auch gegen eine ganze Welt haben
könnte, in die er sich nicht hätte mengen sollen.

Hängen Sie, lieber Jacobi, ihren Cameralgeist ganz an Nagel, und seßen sich ruhig hin, und vollführen Jhren Woldemar.

Bey Woldemar fällt mir ein, daß ich mich anheischig gemacht, Ihnen meine Gedanken über des Hemsterhuis System von der Liebe mitzutheilen. Und Sie glauben nicht, wie genau diese Gedanken mit diesem System zu sammenhängen, das, meiner Meynung nach, eigentlich nichts erklärt, und mir nur, mit den Analysten zu sprechen, die Substitution einer Formel für die andere zu seyn scheint, wodurch ich eher auf neue Jrrwege gerathe, als dem Aufschlusse näher komme. Aber bin ich jest im Stande zu schreiben, was ich will? Nicht einmal, was ich muß. Denn eins muß ich doch noch wohl; fragen muß ich doch noch wohl, ob der T** ganz und gar in die Jülichsche und Bergische Geistlichkeit gefahren sey? Ich denke, Sie sind es wohl selbst, der mir das Proclama, oder wie die Abscheulichkeit sonst heißt, zugeschickt hat. Gott! der Nichtswürdigen! Sie sind es werth daß sie vom Pabstthum wieder unterdrückt, und Sklaven einer grausamen Inquisition werden! Was Sie näheres von diesem unlutherischen Schritte wissen, das melden Sie mir doch.

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Eigentlich heißt er Alexander Daveson, dieser Emigrant; und daß ihm unsre Leute, auf Verheßung der | Ihrigen, sehr häßlich mitgespielt haben, das kann ich ihm bezeugen. Er will von Ihnen nichts, lieber Moses, als daß Sie ihm den kürzesten und sichersten Weg nach dem Europäischen Lande vorschlagen, wo es weder Christen noch Juden giebt. Ich verliere ihn ungern; aber sobald er glücklich da angelangt ist, bin ich der erste, der ihm folgt.

An dem Briefchen, das mir D. Flies damals von Ihnen mitbrachte, kaue und nutsche ich noch. Das saf: tigste Wort ist hier das edelste. Und wahrlich, lieber Freund, ich brauche so ein Briefchen von Zeit zu Zeit sehr nöthig, wenn ich nicht ganz mißmüthig werden soll. Ich glaube nicht, daß Sie mich als einen Menschen kennen, der nach Lobe heißhungrig ist. Aber die Kälte, mit der die Welt gewissen Leuten zu bezeugen pflegt, daß sie ihr auch gar nichts recht machen, ist, wenn nicht tödtend, doch er: starrend. Daß Ihnen nicht alles gefallen, was ich seit einiger Zeit geschrieben, das wundert mich gar nicht. Ihnen hätte gar nichts gefallen müssen; denn für Sie war nichts geschrieben. Höchstens hat Sie die Zurückerinnerung an unsere bessern Tage noch etwa bey der und jener Stelle täuschen können. Auch ich war damals ein gesundes schlankes Bäumchen; und bin ißt ein so fauler knorrichter Stamm! Ach, lieber Freund! diese Scene ist aus! Gern möchte ich Sie freylich noch einmal sprechen!

Wolfenbüttel den 19. Decbr. 80.

An Elise Reimarus.

Allerdings, meine Liebe, bin ich wieder krank.

L.

Wenn ich nur beschäftiget wäre: würde ich darum nicht an Sie schreiben? Und kränker als jemals. Nicht daß mein Kopf noch in meinem Magen logirte. Dank sey es den Pillen Ihres Herrn Bruders! Aber meine Augen logiren drinnen, und ich bin so gut wie blind.

Ich habe daher den Kezer-Almanach zwar gesehen: aber gelesen habe ich ihn noch nicht; bis cuf einige Artikel, die ich mir habe vorlesen lassen. Der Verfasser, wenn Sie es noch nicht wissen, ist der Feldprediger bei den Gens d'armes in Berlin. Sein Name ist mir entfallen.

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Ihr Herr Bruder wird sich erinnern, daß ich ihm schon vor zehn Jahren über meine Augen geklagt habe. Damals gab er mir zwei kleine Büchschen, wovon das eine sehr klein, und versiegelt war, und wenn ich mich recht erinnere, ein Arcanum von van Swieten seyn sollte. Dieses habe ich noch unerbrochen in meinem Pulte. Wie, wenn ich dieses jezt probirete? Ich kann mich nicht mehr erinnern, wodurch ich damals besser ward. Ich lernte mich auch vielleicht nur in mein Unglück❘ schicken, welches damals noch nicht sehr groß war. Gott, wenn das auch wieder so werden soll! Und wenn Sie vollends wüßten, wie lange ich über diesen Brief geschrieben!

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Was dieses Buch auf meiner Stube macht? fragen Sie. Sie wissen, daß J. V. Andreä von vielen für den Stifter der Rosenkreuzer gehalten wird. Ich wollte nachsehen, ob davon einige Spur in seinem Leben zu finden sey. — Aber wenn seine Societas Christiana, an dem gezeichneten Orte unter 1622, nicht Gelegenheit zu diesem Gerede gcgeben, so finde ich sonst keine Spur darin.

Daß sonst nicht alle seine Schriften auf der Bibliothek seyn sollten, würde mich sehr wundern. Wenn ich nur erst wieder auf die Bibliothek könnte! Ich verlange alsdann nur zu hören, was Ihnen fehlt, um es Ihnen sogleich zu senden. Seine geistliche Kurzweil, seine Christenburg, sein Kinderspiel, erinnere ich mich gesehen zu haben. Lessing.

Einige Worte über Gotthold Ephraim Lessing

und seine Schriften.

Eine neue, leicht zu erwerbende Ausgabe von G. E. Lessings Werken wird ohne Zweifel dem Wunsche Vieler entgegenkommen, und für noch Mehrere vielleicht wird die Gelegenheit und Aufforderung, mit einem der verdientesten und trefflichsten deutschen Schriftsteller sich genauer bekannt zu machen, nicht verloren seyn. Gewiß ist Lessing in Deutsch: land, im Verhältniß zu seiner Bedeutung und zu seinem Ruhme, zu wenig gekannt; und auf dieß aufmerksam zu machen, mehr, als eine genügende Charakterisirung und Beurtheilung des ausgezeichneten Mannes zu geben, ist der Zweck der folgenden, keine weitere Ansprüche machenden Blätter.

und

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eine Hoffnung
eine Hoffnung

Völkern auf gleicher Stufe der Bildung wohl eher zurüd! Sehen wir hier ab von der politischen Geschichte; daß es mit der Kunde der Literaturgeschichte sich so verhält, wird man schwerlich läugnen können. Nun ist allerdings wahr, was man zur Erklärung und Entschuldigung vorbringt, daß unsere Literatur, so weit sie allgemein ansprechend und genießbar ist, ihr Daseyn und ihre Blüthe nur erst nach Decennien, nicht wie bei andern Völkern nach Jahrhunderten zählt; aber selbst diesen kurzen Zeitraum zurück reicht nicht die Kunde und das Interesse vieler Deutschen, welche den Namen von Gebildeten ansprechen. Zu mächtig, scheint es beinahe, hat die höchste, rasch eingetretene Glanz und Blüthezeit der deutschen Literatur, die ihren Mittelpunkt in Weimar fand, die Aufmerksamkeit und das Interesse der Deutschen von beinahe der gesammten früheren Literatur ab und ausschließlich auf sich gezogen, und ver schlungen; Goethe und Schiller — denn auch Wieland und Herder, des erstern Oberon und des leztern Cid etwa aus genommen, traten ziemlich zurück- galten Vielen als die vollgenügenden, weil die herrlichsten Vertreter der deutschen Literatur; der Adel dieser glänzenden Namen schien jede Frage nach dem Stammbaum von jener überflüssig zu machen, und je weniger man alles früher Geleistete schäßte, um so wunderbarer und herrlicher erschien das plögliche Auftreten dieser Autochthonen des Genie's. Und wenn dann doch etwas jüngere Zeitgenossen jener Dioskuren die

Wenn Deutschland in politischer Bedeutung und Gestaltung, in Wissenschaft, in Kunst Poesie noch eine große und schöne Zukunft vor sich hat und Ahnung, welche in den jüngsten Zeiten wieder zuversichtlicher und lauter ausgesprochen wurde, als seit lange, und welche für sich selbst schon gewissermaßen einige Bürg schaft der Erfüllung in sich trägt; wenn manches Auge sich anstrengt, mancher Geist die etwa ihm inwohnende oder vorausgesezte Prophetengabe aufbietet, um die Gestaltung dieser Zukunft zu errathen und dem Genius Deutschlands | seine Bahnen vorzuzeichnen: so ist es wohl nicht unpassend, wenn zur Begründung jener Hoffnungen, zur Ergänzung jener Ahnungen auch zurückgewiesen wird auf die Ver gangenheit, auf den Boden, in welchem die Gegenwart und die Zukunft wurzelt, wenn der strebende Blick einen ges | Aufmerksamkeit und das Interesse, ja den begeisterten Beischichtlichen Halt und eine sichere Richtung bekommt. Zwar waltet in allen geschichtlichen Gebieten vielvermögend die Freiheit, die sich der Berechnung zu entziehen scheint; aber neben oder vielmehr in ihr herrscht auch eine gewisse Gesezmäßigkeit und Nothwendigkeit, deren Beobachtung manches errathen und erklären läßt, und welche mit der wachsenden Entfernung in Zeit und Raum immer deut licher hervortritt. Und gestehen wir es uns immer! wir Deutschen, die wir wegen unserer Gründlichkeit so oft belobt werden und eben so oft uns selbst beloben, stehen als Volk in der Kenntniß unsrer Vergangenheit, in der Kunde unsrer politischen und Literaturgeschichte hinter andern

fall Vieler, und gewiß mit Recht, sich erwarben, wenn die Romantiker einen enthusiastischen Kreis von Eingeweihten um sich versammelten, wenn Jean Paul zum Gastmahl der Morgenröthen und Sonnenuntergänge, der süßesten Rührungen, des beseligenden Lächelns, der heißen Thrånen, der wonneschweren Seufzer, der phantastischsten Träume, der stolzesten Gedanken und des teck überschäus menden Humors eine gemischte Tischgesellschaft versammelte

wenn viele nachwachsende Talente das Verlangen des Publicums nach Neuem befriedigten und dasselbe sogar bis zum krankhaften Gelüften und Heißhunger steigerten, so daß selbst Goethe und Schiller, zwar nicht dem Namen

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