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daß Magellanus die in der Folge nach ihm genannte Meerenge, aus einer Seekarte des Beheims habe kennen lernen. Ist es also einem Deutschen wohl zu verdenken, daß er hier einem Stüven und Doppelmayer beytritt, und mit dem Verfasser der Progrès des Allemands etc. Triumph ruft, daß seine Landesleute nicht allein die Druckerey und das Pulver, sondern auch die neue Welt entdeckt haben? Aber hören Sie, was dem ohngeachtet unser Historicus hiervon sagt: ' „Ob übrigens Mar,,tin Beheim die neue Welt entdeckt habe, ja gar das Fretum Magel„lanicum gefannt, wie jenes Joh. Bapt. Ricciolus, dieses aber „Hieron. Benzonus bejahet, dünket mich eine sehr ungewisse Sache zu seyn. Wenn Hartmann Schedel in seiner lateinischen Chronik schrei,,bet, daß er und Jacobus Canus (der Congo entdecket hat) über „die Aequinoctiallinie hinaus und so weit gefahren, daß ihr Schatten, ,,wenn sie gegen Osten zugesehen, ihnen zur rechten Hand gefallen; mag „daraus noch nicht geschlossen werden, daß sie bis nach America gekommen. „Das erfährt jedermaun, der nur über die Linie hinaus ist. Die alten „Urkunden, welche Wülfer, Wagenseil, Stüven und Doppelmayer angezogen, sprechen davon nichts; und die größte Schwierigkeit finde ich in der an. 1492. von Beheim verfertigten Weltkugel, in welchem Jahre Columbus schon auf der Fahrt gewesen. Der Herr „Doppelmayer hat diese Erdkugel in Kupfer vorgestellet, und je länger „ich sie betrachte, je weniger finde ich, daß er den obbemeldeten groffen „Erfindern, Christophoro Columbo und Ferdinando Magellani „ihren bisher gehabten Ruhm zweifelhaft machen können." —— Und an einem - ändern Orte fügt er noch dieses hinzu: „Columbus hat also ,,die neue Welt, Vefputius aber das eigentliche America entdeckt, oder. ,,doch in der alten Welt zuerst recht bekannt gemacht. Wir Deutsche, die „wir sonst recht grosse Erfinder sind, haben hier keinen Theil, nachdem „Martin Beheims Verdienste hier nicht zulangen wollen, und müssen

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1 Erster Band, S 124 in der Anmerkung.

2 Herr Gebauer hätte nicht sagen sollen, daß es Ricciolus bejahe. Er läßt es sehr ungewiß. Die Stelle ist diese: Christophorus Columbus cum prius in Madera Insula, ubi conficiendis ac delineandis chartis Geographicis vacabat, sive suopte ingenio, ut erat vir Astronomiae, Cosmographiae et Physices gnarus, sive indicio habito a Martino Bohemo, aut ut Hispani dictitant, ab Alphonso Sanchez de Helva nauclero, qui forte inciderit in Insulam postea Dominicam dictam, cogitasset de navigatione in Indiam occidentalem etc. Geographiae et Hydrographiae Reform. Lib. III. cap. 22. p. 93. 3 Ebendaselbst S. 139.

„diese Ehre den Genuesern und Florentinern überlassen, es wäre ,,denn, daß wir dieses vor unsere Ehre rechnen wollten, daß dieser vierte Theil der Welt dennoch einen deutschen Namen führet. Amerigo ober „Americus ist nichts anders als der gute deutsche Name Emrich, und „America folglich so viel als Emrichsland.

Nach dieser unstreitigen Probe einer rühmlichen Unpartheylichkeit, erlauben Sie mir, Ihnen auch noch eine Probe zu geben, wie weit unser Verfasser auch in Kleinigkeiten seine sorgfältige Untersuchung treibet. Ich wehle aber eine Stelle dazu, wo er dem ohngeachtet nicht auf den rechten Grund gekommen ist. Sie enthält die Geschichte eines bon-mot!

Herr Gebauer erzehlt in dem Terte von dem Vater des iztregierenden Königs von Portugal, Johann dem fünften, daß er gegen seinen Adel niemals gesagt: „König Johann der vierte liebte euch, Don Pedro fürchtete sich für euch; allein ich, der ich Herr bin de „jure et heredad, fürchte mich nicht für euch; und werde euch nicht lieben, als in so ferne euch eure Aufführung meiner königlichen Achtbarkeit würdig machet." In einer Note aber fügt er folgendes hinzu: Da ich neulicher Zeit die Memoires pour servir à l'Histoire de „Madame de Maintenon, die voller sonderlichen Nachrichten sind, wieder „durchlaufe, bemerke ich eine Stelle, der ich hiebeh gedenken muß. Es wird T. III, c. 4. von der Wiederrufung des berühmten Edicts von „Nantes gehandelt, daß der Erzbischof zu Paris, de Harley, der „Bischof zu Meaux Bossuet, und des Königs Beichtrater, der P. de la Chaise, König Ludwig dem XIV. in Frankreich), nachdem er an„gefangen fromm zu werden, die Ausrottung des Ungeheuers, das sechs „feiner Vorfahren niederzulegen nicht vermocht hätten, dergestalt angepriesen, daß er sich endlich beredet habe, das wahre Mittel seine Sünden zu tilgen sey, wenn er sein ganzes Reich katholisch mache. Das sey so ,weit gegangen, daß er gegen den Mr. de Ruvigni eines Tages sich „herausgelassen habe, er wolle zufrieden seyn, daß eine seiner Hände die andere abhaue, wenn die Ketereh dadurch könne ausgerottet werden.. „Dieser Mr. de Ruvigni ist der berühmte Marquis von Ruvigni, „Heinrich, der bey der hernach entstandenen Verfolgung mit einigen „wenigen Personen erlanget, daß er mit seinem Hause das Königreich hat „verlassen, und sich nach England begeben dürfen. Histoire de l'Edit „de Nantes par Benoit T. III. P. II. p. 898. Er hat sich hernach in

dem Irrländischen, und Spanischen Successionskriege unter dem „Namen des Grafen von Galloway hervorgethan, zu welcher Würde ihn König William III. erhoben, Eben dieser Herr soll dem König Ludewig XIV. die Vorstellung gethan haben, daß König Heinrich IV. ,,oberwähntes Edict gegeben, Ludewig XII. solches erhalten, er selber „es bestätiget habe, und dennoch dasselbe alle Tage durch die Erklärungen „des Königlichen Raths gebrochen werde, worauf der König soll geantwortet haben: Mon grand Pere vous aimoit, mon Pere vous craig„noit; pour moi, je ne vous crains ni ne vous aime. Mein Groß„vater liebte euch, mein Vater fürchtete euch, aber ich, ich „fürchte euch nicht und liebe euch nicht. Wobeh unten die geschriebenen Memoires des Bischofs von Agen angezogen werden, und der lateinische Vers beygefüget wird:

Vos dilexit avus, metuit pater, at ego neutrum.

Es wäre doch was sonderliches, wenn zween so grosse Könige einerley „Einfall gehabt hätten. Die Ehre der ersten Erfindung hätte König „Ludewig; denn er soll das noch vor der Aufhebung des Edicts von „Nantes gesprochen haben, zu welcher Zeit König Johannes von Por„tugal noch nicht gebohren war. Daß aber dieser das sollte gewußt haben, was König Ludewig in Frankreich so lange Zeit vorher dem Marquis „von Ruvigini soll gleichsam in das Ohr gesprochen haben, und solches „sollte auf seine Umstände angewandt haben, ist schlechterdings unglaublich. Und bey reiferer Ueberlegung wird man bald, merken, daß das bon-mot sich besser auf König Johann und seine Groffen, als auf „König Ludwig und seine Hugonotten schicke. Es braucht also dieß „einen bessern Beweis, als noch vorhanden, zumal da bekannt, daß den Französischen Seribenten nicht ungewöhnlich ist, bey einem artigen Einfall über die historische Wahrheit weg zu schreiten. Wenigstens hat „König Ludwig XIV. den Lateinischen Vers nicht gebraucht, vielweniger gemacht, da er kein Wort Latein gekonnt, wie die Beweißthümer davon ,,in eben diesen Mémoires de Maintenon anzutreffen sind, zc.

Ich bin im Stande, ein Theil von den Schwierigkeiten zu lösen, die sich unser Historicus hier macht, und die er sich gewiß nicht würde gemacht haben, wenn er gewußt hätte, daß Johann V. und Ludwig XIV. ihren sinnreichen Einfall beyde aus einer Quelle haben schöpfen können. Lesen Sie nehmlich was ich von Heinrich dem vierten,

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zufälliger Weise, gefunden habe. Quelques uns se plaignoient que le Roi ne tiendroit point ce qu'il avoit promis aux Huguenots, sçavoir, ne feroit publier les Edicts faits en leur faveur, là où le Roy Henry le troisième son predecesseur leur avoit toujours tenu parole: il leur respondit: c'est aultre chose; le Roy Henry vous craignoit et ne vous aimoit pas; mais moi je vous aime et ne vous crains pas. Diese Stelle stehet unter den Apophthegmes de Henry le Grand, so wie sie Zinkgräf dem zweyten Theile seiner denkwürdigen Reden beygefügt und übersezt hat. Was erhellet aber unwidersprechlicher daraus, als daß Ludwig XIV. zu dieser wirklich königlichen Rede seines Großvaters, aufs höchste nur den elenden Schwanz erfunden hat. Heinrich der vierte sagte: Mein Vorfahr fürchtete euch und liebte euch nicht; ich aber liebe euch, und fürchte euch nicht: und Ludewig XIV. fühlte sich groß genug keines von beyden zu thun; und fromm genug die sein Großvater geliebt hatte, zu hassen. Ein grosser Verstand; ein in der Familie vom Vater auf den Sohn geerbtes Sprüchelchen so zu erweitern! Dazu hat er es auch noch verfälscht. Denn das ist zwar wahr, daß sein Vater Ludewig XIII. einfältig genug war, sich sowohl für alles, als für nichts zu fürchten; gleichwohl aber waren unter seiner Regierung die Hugonotten nichts weniger als gefährlich, und sie spielten die grosse Rolle bey weitem nicht mehr, die sie unter dem drit ten Heinrich gespielet hatten, von welchem sein Nachfolger mit Recht sagen konnte, daß er sie fürchten müssen. Und was hindert, daß auch Johann V. diese Rede des grossen Heinrichs nicht sollte gelesen haben?

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X. Den 7. September. 1759.

Drey und funfzigster Brief.

ரு.

Ich lief das sehr ansehnliche Verzeichniß der Schriften durch, die Herr Gebauer alle bey seinem Werke gebraucht oder angezogen hat; und vermißte von ohngefehr eine Kleinigkeit, von welcher ich gleichwohl ge= wünscht hätte, daß sie ihm bekannt geworden wäre.

Sie wissen, welche Unruhen in Portugall auf die Nachricht von dem Tode des Sebastians folgten. Der Kardinal Heinrich war zu alt, war zu blödsinnig, und regierte zu kurze Zeit, als daß er das Königreich bey seinem Tode nicht in der äussersten Verwirrung hätte lassen sollen.

Unter denen, welche Ansprüche auf den erledigten Thron machten, war Don Antonio einer der vornehmsten, und wie Sie sich erinnern werden, der einzige, welcher sich der Usurpation des Königs von Spanien auf eine thätliche Weise widersette. Diesen Herrn hat unser Historicus nun zwar nicht unter die Zahl der wirklichen Könige von Portugall gerechnet, wie es wohl die französischen und englischen Geschichtschreiber zu thun pflegen; er scheinet aber doch alles sorgfältig genug gesammelt zu haben, um uns auch diesen Durchlauchtigen Unglücklichen so kennen zu lehren, als er von der unpartheyischen Nachwelt gekannt zu werden verdienet.

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Nun hat des Don Antonio Leben unter andern auch die Frau Gillot de Sainctonge beschrieben; und diese kleine Lebensbeschreibung ist es, von welcher ich mich wundere, daß sie dem Herrn Gebauer entwischen können. Der Amsterdammer Nachdruck, den ich davon vor mir habe, ist 1696 ans Licht getreten, und das Pariser Original kann, vermuthe ich, nicht viel älter seyn. Ich kenne diese Verfasserin sonst aus einigen mittelmäßigen Gedichten, und würde eine historische Geburt von ihr schwerlich eines Anblicks gewürdiget haben, wenn sie sich nicht, gleichh auf dem Titel derselben, einer besondern Quelle und eines Währmannes rühmte, der alle Achtung verdienet. Sie versichert nehmlich, sich der Memoires des Gomes Vasconcellos de Figueredo bedienet zu haben. Von diesem Manne ist es bekannt, daß er und sein Bruder die allergetreusten Anhänger des Don Antonio gewesen sind. Den lettern erkennet Herr Gebauer selbst dafür. Nur möchte er vielleicht fragen: aber wie kommen diese Memoires in die Hände der von Sainctonge? Sie wäre nicht die erste Nouvellenschreiberin, die sich dergleichen geheimer Nachrichten fälschlich gerühmt hätte. Ich selbst würde der blossen Versichrung einer schreibsüchtigen Französin hierin wenig trauen; aber überlegen Sie diesen Umstand: eben der Gomes Vasconcellos de Figueredo, auf welchen sich die Frau von Sainctonge beruft, war ihr Großvater. Warum foll man einer Enkelin nicht glauben, wenn sie gewisse Handschriften von ihrem Großvater geerbt zu haben vorgiebt? Und wenn das, was sie daraus mittheilet, an und vor sich selbst nicht unglaublich ist, noch mit andern unverdächtigen Zeugnissen streitet, was kann ein Historicus wider sie einwenden?

Histoire de Dom Antoine Roy de Portugal; tirée des Memoires de Dom Gomcs Vaconcellos de Figueredo par Mad. de Saintonge. In Duodez.

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