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nicht selten ist, kann es jeder zu sehen bekommen, und sich mit eigenen Augen überzeugen, daß es kein Reineke Fuchs ist. Es sind Aesopische Fabeln, die gar keinen Zusammenhang unter sich haben, und die Hanakdan, wie er auf der letzten Seite selbst sagt, deswegen Fabeln der Füchse genennet hat, weil die Füchse unter den Thieren, die ihre Rollen in der Fabel spielen, die allerklügsten wären.

Es sind aber mehr neue und dem Rabbi eigene Erfindungen darunter, als Sie vielleicht aus der Nachricht, welche die Bibliothek davon ertheilet, vermuthen dürften. Hier sind einige derselben mit welchen Sie in den Sammlungen der Aesopischen Fabeln nichts ähnliches finden werden. Von den Schwierigkeiten der Ueberseßung, sind Sie bereits unterrichtet.

Die XIX. Fabel.

Die zwey Hirsche und der Mensch.

Ein geheimnisvoller Thor wird oft für weise gehalten, und in den Rath der Verständigen gesetzt. — Zweh Hirsche standen am Ufer eines Baches, und schienen sich einander Geheimnisse in die Ohren zu flistern. Ein Mensch ging auf der Heerstrasse, und die Neubegierde trieb ihn zu ihnen hin. „Warum redet ihr so leise, Freunde? fragte er. „In dieser Einsamkeit wird euch niemand belauschen."Wir entdecken uns eben keine grossen Geheimnisse, war die Antwort. Die wichtigste Ursache warum wir hier bey einander stehen, ist die lange Weile..

Die XXVHI. Fabel...

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Die Maus, die Sonne, die Wolke, der Wind und die Mauer. Ein Stutzer unter den Mäusen dachte bey sich selbst: Siehe! es ist nicht gut alleine zu seyn; doch finde ich unter allen Thieren keine Frau, die mir gefällt. Ich möchte eine schöne, gütige und vornehme Frau, die mir aber nichts verzehret. -Wo finde ich diese? Wohlan! ich will die Sonne heyrathen. Was kann dieser an Glanz und Herrlichkeit gleichen? Die Sonne bringt Licht und Erquickung auf ihren Flügeln, wenn alle Bewohner der Erde in Finsterniß eingehüllet schlummern. So eben ging die Sonne auf. Unsere Maus ward entzückt, und sprach: „ich habe „dich je und je geliebt, und will dich zu mir ziehen aus lauter „Gewogenheit, (Jer. XXXI, 3.) Ich will dich zur Frau nehmen, „Sonne! Du bist nicht klug, Maus! versezte die listige Sonne. Willst du ein Licht wählen, das alle Augenblick verlischt? Siehe! die Sonne

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scheinet, und gehet wieder unter. Wie oft werde ich nicht von den Wolken verdunkelt? Die Wolken, Maus! sind weit über mich. Erhebe deine Wünsche zu ihnen; so wirst du glücklicher seyn. Die Maus eilete zu einer Wolke hin: „ich habe mir Mühe gegeben, und dich gefunden, meine „Liebe, meine Schöne, meine Braut! Komm! du sollst meine seyn; ich ,,werde dich nie verlassen." Wenn du mich hehrathest, antwortete die Wolke, so mußt du flüchtig und unstät herum wandern. Mich treibet der Wind, wohin. es ihm gefällt. Laß von der Magd ab und wähle dir die Frau, denn ich bin dem Winde unterthan. Sie suchte hierauf den Wind, und fand ihn in einer Wüsten. Komm mit mir aus dieser Einöde, rief fie, komm! Ich habe dich unter allen Geschöpfen mir zur Frau erlesen. - du betriegst dich sehr, antwortete der Wind, wenn du mich vielleicht für mächtig hältst! Siehe! ich mag toben wie ich will, fo trøgt mir eine jede gemeine Mauer, und stehet aufrecht. Die Mauer würde dich weit glücklicher machen als ich. Sie machte endlich auch der Mauer ihren Liebesantrag, und sagte, daß die Sonne, die Wolfe und der Wind sie zu ihr schickten. - Gehe! antwortete die Mauer zornig. Wollen sie meiner spotten, weil ich mich nicht so gut bewegen kann, wie sie? Sie sollten Mitleiden mit mir Elenden haben. Die Mäuse_durchgraben meinen Grund, und machen sich allenthalben freye Durchwege. Jezo haben mehr als zwey hundert Mäusegeschlechter in mir ihre Wohnungen aufgeschlagen und mich mit Zähnen und Füssen durchbohrt. Eine solche Frau läsfest du dir anrathen? - Der junge Freher sah sich in seiner stolzen Hofnung betrogen, kehrte zu den Mäusen zurück, nahm sich eine aus seinem Geschlechte, und fand eine Gehülfin, die um ihn war. (1 B. Mos.) Die Fortsetzung folgt künftig.

XIII. Den 29. März. 1759.

Beschluß des dreyßigsten Briefes.

Die XXX. Fabel.

Der Ochs und der Bock.

Ein Ochs erblickte einen Löwen, und floh und hörte ihn immer hinter her brüllen. Endlich verkroch er sich hinter ein Gesträuche; dort hatte sich auch ein Bok verstekt; der Ochs erblikte ihn, und fuhr erschroken zurük. Was fürchtest du dich, Better? rief der Bock, wir sind ja beyde

in einem Stall erzogen. Bist dus, antwortete der Ochs, alles was lebt ist mir heute Löwe, so sehr hat mich der Räuber geängstiget. Wer verfolgt wird, fürchtet seinen eigenen Schatten. Die XXXVI. Fabel.

Der Wolf und die Chiere.

Der Canzler des Löwen, der Wolf, ward von allen Thieren verflagt, daß kein lebendiges Geschöpf vor seinem Räuberzahn sicher sey. Der Unersättliche, klagten sie, macht den Wald zur Einöde, unsere Weiher zu Wittwen, und unsere Kinder zu Waysen. Der König zürnete, und verwies dem Wolf seine Grausamkeit mit harten Worten. Das Vergangene ist nicht mehr zu ändern, sette er königlich hinzu; aber hinführo hüte dich vor Gewaltthätigkeit. Begnüge dich mit den todten Thieren, die auf dem Felde findest, und schwöre, dich zweh ganze Jahre alles Fleisches zu enthalten, für jedes lebendige Thier, das du dich zu erwürgen gelüften lässsest. Der Wolf schwur und ging zurük. Wenig Tage nach= her überfiel ihn ein grausamer Hunger, und er fahe ein fettes Schaf auf der Wiese weiden. Da kämpften in ihm Gedanken mit Gedanken. Zwey Jahre kein Fleisch zu genießen! Die Strafe ist hart! und ich habe geschworen Doch in jedem Jahre sind dreh hundert und fünf und sechzig Tage. Tag ist wenn ich sehen, und Nacht, wenn ich nicht sehen fann. So oft ich also die Augen verschlieffe ist Nacht, und wenn ich sie wieder austhue, so wirds Tag. Schnell blinzte er die Augen zu, und that sie wieder auf, da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. Er zehlte zweh volle Jahre. Nun, sprach er, habe ich für die Sünde zum voraus gebüsst, ergrif das Schaf und würgte es. Ein Räuber findet leichtlich Mittel den kräftigsten Eyd zu vereiteln.

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Die XXV. Fabel.

Die Schafe, der Widder und der Löwe.

Die Schafe waren einft in den Ställen allein, denn die Hirten hatten sich entfernt, und vergessen die Thüren hinter sich zu verschliessen. Reines blieb in dem Stalle, denn sie gingen heraus anf dem Felde Speise zu suchen. Sie hatten sich von dem Dorfe nur wenig entfernt, da kam ein Löwe aus der Wüsten hergezogen, und eilete sie zu erreichen. Sie erblickten ihn, und riefen sich einander zu: Wenn der Löwe brüllt, wer wird sich nicht fürchten? - Kein Mittel war zur Errettung übrig.

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Sie sprachen also zum Widder, der sie anführte: Gehe du dem Fürchterlichen entgegen. Berede ihn mit glatter Zunge, daß er von uns abweiche. Der Widder.zog von seinem Heere ab, trat näher und schmeichelte: Heil dir, König der Thiere! Du bist immerdar willkommen, und wer dich erblickt, der segnet dir entgegen. Ha! brüllte der Löwe, beh dir und deinen Freunden werde ich Seegen finden! Deine liebliche Reden sind vergeblich. Läßt sich ein König mit Worten abspeisen? Komm! dein Fleisch wird füsser seyn, als dein Gruß.

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Der macht sich zum Gespötte, der einen Tyrannen durch Beredsamkeit zu gewinnen gedenkt.

Die CXXXXII. Fabel.

Der stößige Ochs und sein Herz.

Ein Ochs verkannte seinen Herrn, und so oft ihn dieser vor den Pflugschar spannte, stieß er um sich mit Macht. Der Herr ward böse, und verschnitt dem Muthwilligen die Hörner. Nun wird er gebändigt seyn, sagte er zu seinen Nachbärn; ich habe ihm die Macht zu schaden geraubt. -Tages darauf wollte er ihn vorspannen, und er biß ihn mit seinen mörderischen Vorderzähnen. Gut, sagte der Ackersmann, du solst auch diese verlieren, und schlug ihm die Zähne aus. Aber der Ochs ward. dadurch nicht demüthiger, denn den dritten Tag, als sich der Herr ihm näherte, stieß er ihn mit der Hüfte zu Boden, und mishandelte ihn jämmerlich. Das haben wir wohl gewußt, sagten die Nachbarn, der Unbändige schadet, so lange ein Glied an ihm ganz ist.

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Ein hungriger Rabe fand ein Aas auf dem Felde und freuete sich dessen sehr. Er hüpfte für Freuden hin und her, schlug seine Flügel zusammen, und sang mit rauher Stimme so laut, daß der Adler in der Luft sein Geschrey hörte. Was mag dieses bedeuten, dachte der Adler: (2 B. M. c. 32, 18.) Es ist kein Geschrey gegen einander, deren die obliegen, oder derer die unterliegen? Er lies sich herab, verscheuchte den Naben, und trug das Gewild davon. - Nun schreyet der Rabe nicht mehr, wenn er ein Fraß findet.

Ende des ersten Theils.

Fu.

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Das Schreiben des Herrn C. G. Bergmanns an den Verfasser dieser Briefe, welches wir am Ende des neunten Bogens unter unsern Lesern ausgebothen haben, würde gar keine Antwort verdienen, wenn er nicht unter andern auch diese unverschämte Wendung gebraucht hätte: daß in einer Ueberfeßung von mehr als 500 Seiten, ja wohl drei Fehler seyn könnten. Denn auf drei Fehlerchen hat er alles, was in dem vierten Briefe wider ihn erinnert worden, zu reduciren die Geschicklichkeit gehabt.

Wenn es nun wirklich wahr wäre, daß sein Criticus nur drey Fehler auftreiben können, und daß er auf diese drey Fehler die ganze Arbeit, als die elendste Ueberseßung verworfen hätte: so könnte er leicht die Grobheiten verdient haben, die ihm Bergmann zu sagen für gut befunden. Aus Achtung also gegen diejenigen von unsern Lesern, die nicht selbst Zeit oder Gelegenheit haben, sich von dem Gegentheile zu überzeugen, und deren Vertrauen wir nicht gern verscherzen wollten, müssen wir schon noch einige Seiten aufopfern.

Herr Bergmann troßt auf den ganzen zweyten Brief seines deutschen Bolingbroke, in welchem man keinen Fehler habe zeigen können. Das ist aber daher gekommen, weil man diesen zweyten Brief nicht gelesen; denn in der That wimmelt er von Fehlern. 3. E.

S. 20. Highlanders überseßt Herr Bergmann durch Räuber. S. 24. Let me explain what I mean, by an example übersett B: Lassen Sie mich erklären, was ich durch ein Beyspiel verstehe.. Es sollte heissen: Lassen Sie mich meine Meinung durch ein Beispiel erläutern.

S. 29. I have recorded these things überseßt B: Ich habe diese Dinge überlegt. Es sollte heißen, aufgezeichnet.

S. 33. The sentence is pronounced in one case, as it was in the other, too late to correct or recompense, but etc. übersetzt B: Das Urtheil wird in einem Falle ausgesprochen, wie in

1 Daselbst steht folgendes.

Beh dem Verleger wird umsonst ausgegeben:

Schreiben an den Verfasser der Briefe die neueste Litteratur betreffend, von C. G, Bergmann. ›

Weil aber der Herr Verfasser nur wenige Eremplare eingesendet hat, so werden die
Liebhaber ersuchet, sich bey Zeiten zu melden.

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