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zu berühren. Dieses folglich ist kaum halb so geschickt als jenes. Verstehen etwa die deutschen Schmeichler ihr Handwerk weniger, als die Schmeichler einer andern Nation? 1

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Gay beschreibt ein unglückliches Ehepaar. Er der Mann, sagt er, 2 liebt das Befehlen; und die Frau das Widersprechen. Sich sklavisch zu unterwerfen, ist durchaus nicht ihre Sache. Sie will ihren Willen haben, oder will ihre Zufälle bekommen. —

She'll have her will, or have her fits.

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Der lezte Zug ist ungemein fein, und eine richtige Bemerkung. Sie werden krank, die lieben eigensinnigen Weiberchen, wenn man nicht thut was sie haben wollen. — Nun sehen Sie, was der Herr von Palthen daraus macht: „Sie will entweder ihren Willen haben, oder auch umwechselnd die Herrschaft führen." - dreymal Glücklicher, dessen Gattin sich mit dem lettern begnügt!

Die kleinsten Partikeln werden oft unserem Ueberseßer zum Anstoß. Doch es muß Sie in die Länge verdriessen, daß ich mich mit solchen. Kleinigkeiten aufhalte.

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Lernen Sie nur noch aus einem einzigen Erempel, wie weit die Unverschämtheit der gelehrten Tagelöhner unter uns, geht. Ein gewisser C. G. Bergmann hat Bolingbroks Briefe über die Erlernung und den Gebrauch der Geschichte übersetzt, und er ist es, von dem man sagen kan, daß er alles, was die Welt noch bis izt von elenden Uebersezern gesehen hat, unendlich weit zurück lässet. - Doch ich muß den Beweis versparen. Er fordert mehr Raum als mir übrig ist.

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Unsere Uebersetzer verstehen selten die Sprache; sie wollen sie erst verstehen lernen; sie übersetzen sich zu üben, und sind klug genug, sich ihre Uebungen bezahlen zu lassen. Am wenigsten aber sind sie vermögend, ihrem Originale nachzudenken. Denn wären sie hierzu nicht ganz unfähig, so würden sie es fast immer, aus der Folge der Gedanken abnehmen können, wo sie jene mangelhafte Kenntniß der Sprache zu Fehlern 4 II. Fabel. 2 XII Fabel.

3 Leipzig, beh Lankischens Erben in groß 8. 1758.

verleitet hat. Wenigstens geschieht es durch diese etwanige Fähigkeit, daß ihr Leser oft mehrere als nur die gröbsten bemerkt; und die folgenden des Herrn Bergmanns sind gewiß nicht, erst durch die ängstliche Zusammenhaltung des Originals, entdeckt worden.

Bolingbroke, wenn er von Männern, die zwar selbst durch ihre Studien weder weiser noch besser werden, andere aber in den Stand seßen, mit mehr Bequemlichkeit und in nüßlichern Absichten zu studiren, von den Herausgebern verlegener Handschriften, den Wortforschern u. s. w. redet, gedenkt mit Beyfall eines Gelehrten, den man einst in der Kirche, in seiner Kapelle, unter der stückweisen Erwägung göttlicher Wohlthaten, dergleichen bey frommen Leuten nicht ungewöhnlich ist, Gott auch dafür danken gehört, daß er die Welt mit Lericonsmachern versehen habe. Vergleichen Sie nunmehr dieses' mit folgender Uebersetzung: „Ich billige „daher die Andacht eines gelehrten Mannes aus der christlichen Kirche „gar sehr, der in seiner Kapelle vergessen hatte, sich mit Gott zu „beschäftigen, wie es bey andächtigen Personen gar nichts unerhörtes ist, und der unter andern besondern Danksagungen, wodurch er sich „gegen die Gütigkeit Gottes erkenntlich bezeigte, der Welt Wörterbücher „verschafte." So viel Zeilen, so viel unverzeihliche Fehler. Bolingbroke fährt in seiner philosophischen Laune fort: Diese Leute wollen eben so gern berühmt seyn, als andere von grösseren Talenten, und wenden die Mittel dazu an, so gut sie ihnen Gott verliehen hat 2. Sie verdienen Aufmunterung, so lange sie nur bloß zusammentragen, und weder dabey wißig seyn, noch vernünfteln wollen. Und Bergmann fährt fort, zu verhunzen: „Diese Leute erwerben sich Ruhm so wohl „als solche, die höher sind als sie, durch diejenigen Mittel, so ihnen „Gott gegeben hat, denselben zu erlangen 2c. Sie verdienen aber dennoch „Aufmunterung, weil sie beständig zusammen tragen, und weder auf "Wit. noch Vernunft Anspruch machen.

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Bolingbroke vergleicht die Systeme der alten Zeitrechnung und Geschichte mit bezauberten Schlössern. Sie scheinen, sagt er, etwas zu

1 I approve therefore very much the Devotion of a Studious man at Christ-church, who was overheard in his oratory entering into a detail with God, as devout Persons are apt to do, and amongst other particular thanksgivings acknowledging the divine Goodness, in furnishing the world with Makers of Dictionaries. Letter I. p. 6.

2 These men court fame, as well as their betters, by such means as God has given them to acquire it They deserve encouragement, however, whilst they continue to compile, and neither affect wit, or presume to reason.

seyn, und sind nichts als Phantome; löse die Bezauberung auf, (dissolve the charm) und sie verschwinden aus dem Gesicht, wie jene. Hat ihn Bergmann verstanden? „Alle diese Systeme, läßt er ihn sagen, find so viele bezauberte Schlösser; sie erscheinen als etwas, und sind „nichts als Erscheinungen. Ihre Reiße fliegen gleich diesen aus„einander, und verschwinden aus unserem Gesichte. —

Bergmann ist ein ganz anderer Zauberer! Jene Stümper lassen verschwinden, was bloß da zu seyn schien. Bergmann macht sein hocus pocus, und alle Gedanken, alle Einfälle, die wirklich da waren, sind weg! Ohne alle Spur, weg!

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Das allertollste aber ist dieses, daß er (wie soll ich mich gleich rund genug ausdrucken? Ich will, mit ihrer Erlaubniß, einen Ausdruck aus dem Hudibras borgen) daß er seinem Autor die Kräße giebt, um ihn reiben zu können. Das ist: er versteht ihn unrecht, und straft ihn in gelehrten Anmerkungen, wegen einer Ungereimtheit, die er selbst in ihn gelegt hat. Hören Sie nur!

Bolingbroke redet in seinem dritten Briefe von der Bibel, als eine Quelle der Geschichte betrachtet. Er kömmt auf die sogenannte Ueberseßung der siebenzig Dollmetscher, und sagt: Die hellenistischen Juden erzehlten von dieser Ueberseßung, um sie in Ansehen zu bringen, ja gar zu heiligen, eben so viel wunderbare Dinge, als die andern Juden von dem Esra, welcher den Kanon ihrer Schriften zu machen anfing, und von Simon dem Gerechten erzehlt hatten, welcher diesen Kanon zu Ende brachte. Diese heiligen Romane, fährt Bolingbroke fort, würden zur Tradition, und die Tradition ward zur Geschichte; die Väter unserer christlichen Kirche liessen es sich nicht zuwider seyn, Gebrauch davon zu machen. Der heil. Hieronymus c. 2c. Diese heiligen Romane? Was nennt Bolingbroke so? Was sonst als die frommen Mährchen, deren er gleich vorher gedenkt? Und doch will sein elender Uebersetzer, daß er unter diesen Romanen die heiligen Bücher selbst, und nicht die jüdischen Fabeln von ihrer Erhaltung, und ihrer Verdollmetschung verstehe. Hier „sieht man, ruft er lächerlich aus, „die Folgerung des Verfassers! Er hatte „vorher ganz und gar nicht beweisen können, daß die biblischen Bücher „nicht schon da gewesen wären, oder daß sie verfälscht worden, izt aber ,,nennt er sie heilige Romanen, ohne uns zu sagen, wodurch sie sich in „Romanen hätten verwandeln können 2c.

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Poffen! Wir wissen es freilich, daß Bolingbroke oft ziemlich cavalierement von der Bibel spricht; aber hier thut er es doch nicht. Der Herr verspare wenigstens sein Collegium auf eine andere Stelle.

Und nun sagen Sie mir, ist das deutsche Publicum nicht zu bedauern? Ein Bolingbroke fällt unter die Hände seiner Knaben; sie schreyen Kahlkopf über ihn, die Kahlkinne! Will denn kein Bär hervor kommen, und diese Buben würgen?

Bergmann muß nicht allein das Englische nicht wissen; er muß gar nichts wissen. Wenn Bolingbroke sagt: die Chronologie ist eine von den Wissenschaften, welche blos a limine salutandae sind; so macht jener daraus: welche man schon von weiten empfangen muß." Wenn Bolingbroke von dem Kanon des Marshams redet, redet jener von Marshams Säßen, und muß nicht wissen, daß das Buch dieses Gelehrten hier gemeinet wird, welches den Titel Canon chronologicus führt. Wenn Bolingbroke von dem Kanon der heiligen Bücher spricht, macht jener die Ordnung der heiligen Bücher daraus. Ich möchte wissen, was Herr Bergmann studierte? Ob die Theologie?

Schade, daß sich die gelehrte Welt des weltlichen Arms noch weniger bedienen darf, als die Kirche! Wäre es sonst nicht billig, daß man die Handlung, welche diese jämmerliche Uebersetzung drucken lassen, mit Gewalt anhielte, uns eine bessere zu liefern, und jene ins Maculatur zu werfen? Sie müßte sich des Schadens wegen an den Uebersetzer halten können. Ful.

Fünfter Brief.

Der Uebersetzer des Gah hat sich zu gleicher Zeit auch als Verfasser gezeigt, und Versuche zu vergnügen, herausgegeben.

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Ich denke so: mir nüßlich zu seyn, möchte man so oft und viel versuchen, als man nur immer wollte; wenn ich nur die Versuche mich zu vergnügen erbitten könnte. Laßt uns lieber den wilden Bart tragen, ehe wir zugeben, daß die Lehrlinge der Barbierstuben an uns lernen!

Der Lenz des Herr. von Palthen scheinet eine Sammlung von

1 Erste Sammlung. Rostock und Wismar beh Berger und Böbner 1758. groß 8. Enthält 1) Der Lenz. 2) Uebersehung des zweyten Buchs des Palingenius. 3) Project, einen immerwährenden Frieden zu unterhalten. 4) Petrarchs Leben in einem Sendschreiben an die Nachwelt von ihm selbst. 5) Lieder des Horaz. 6) Nachricht von dem Buche Naufrage des Isles flottantes. 7) Leben des Johann Philipp Palthenius.

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alle dem zu seyn, was er bey Uebersetzung des Thomsonschen Früh-
lings, schlechteres gedacht hat; eine Sammlung von Zügen und Bildern,
die Thomson und Kleist, und selbst Zachariä verschmähet haben.
Er mahlt Mücken, und der Himmel gebe, daß uns nun bald auch
jemand Mückenfüsse mahle! Doch nicht genug, daß er seine Gegenstände
so klein wählt; er scheint auch eine eigene Lust an schmußigen und eckeln
zu haben. — Die aufgeschürzte Bauermagd mit Blutdurchströmeten Wangen,
und derben sich zeigenden Waden, wie sie am abgespannten Leiterwagen
stehet, mit zackigter Gabel den Mist darauf zu schlagen. - Der erhitte
brüllende Stier, mit der breiten Brust und dem bucklichten Rücken, der
die ihm nicht stehende Geliebte verfolgt, bis er endlich mit einem gewal-
tigen Sprunge über sie herstürzt und unwiderstehlich sie hält. Der
Ackersmann, der sein schmußiges Tuch löset, woraus er schmierigen Speck
und schwarzes Brod hervor ziehet. Die grunzende Sau, mit den
fleckigten saubern Ferkeln. Der feurige Schmaß einer Galathee.
Zu viel, zu viel Ingredienzen für Ein Vomitiv!

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Hier ist eine Herzstärkung! Ein Projekt zu einem immerwährenden Frieden! „Aber keine Herzstärkung für mich; werden Sie sagen.“ „Der Mann will mir das Handwerk legen! Ach nicht doch! Er meint es so böse nicht. Sein Haupteinfall ist dieser: ein allgemeines Parlament oder Tribunal zu errichten, dessen Ausspruch sich alle europäische Staaten gefallen liessen. - Merken Sie nun, daß der Herr von Palthen ein Rechtsgelehrter ist? Aber, als jener alte Officier seinen Vorschlag zur Verkürzung der Processe that, und die alten gerichtlichen Duelle wieder einzuführen rieth, nicht wahr, da verrieth sich der Officier auch? Doch dieses bey Seite! Wenn sich nun unter den europäischen Mächten Halsstarrige fänden, die dem Urtheile des Tribunals Genüge zu leisten sich weigerten? Wie da? O der Herr von Palthen hat vollstreckende Völker, er hat militarische Execution. Hat er die? Nun wohl, so hat er Krieg; und Sie sollen Zeit genug weiter avanciren. Werden Sie nur bald gesund!

Was soll ich Ihnen von seinen drey ersten Oden des Horaz sagen? Gleich vom Anfange heißt es:

Und wenn ihr Wagen ohne Fehl

Mit heiffer Achs zum Ziel gelanget.

1 Seite 14.

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