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ein Auszug aus den Scholien dieses Sophokles, des Lucillus Tarrheus, und des Theon zu seyn.

3. Von dem Sophokles, welcher die Philosophen aus Athen vertrieb, sehe man den Jul. Pollux im neunten Buche.

III. Von den Sprüchwörtern, zu welchen Sophokles Gelegenheit gegeben hat.

Dahin gehört besonders der sprüchwörtliche Ausdruck: Equus Sophocleus. Philostrat sagt in seinen Lebensbeschreibungen der Sophisten, daß er den Damianus zu verschiedenen malen zu Ephesus in seinem Alter befuct babe, uns fegt hinau: και είδον άνδρα παραπλησιον τῳ Σοφοκλειῳ ἱππῳ. Νωθρος γαρ ὑφ ̓ ἡλικιας δοκων, νεαζουσαν ὁρμην ἐν ταις σπουδαις ἀνεκτατο.

Cälius Rhodiginus*) erklärt dieß Sprüchwort auf folgende Weise: Quod autem de equo dictum Sophocleo est, arbitror in eo allusum ad tragici cothurni majestatem, qui sit veluti equestris, comicae humilitatis ratione. Unde in Arte Poetica Horatius:

Et tragicus plerumque dolet sermone pedestri.

Vel quia poetae furoris divini afflatu perciti vicem equi implent, equitis vero isidens numen, sive is Apollo sit, sive Musa, sive quivis alius. Nam et in Sibylla hoc ipsum servavit poeta nobilis: et frena furenti

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Concutit, et stimulos sub pectore vertit Apollo.

In dem folgenden Kapitel aber besinnt er sich eines Bessern. Er gedenkt nämlich des noλwvos innecos, und sagt: ad quod forte proverbium respectet, quod de equo Sophocleo praeteximus, eo quidem proclivius, si inibi quoque habitavit Sophocles, quod in quinto de Finibus Cicero significat.

Doch, beides taugt nichts. Das Pferd geht hier weder auf das eine noch auf das andre; auch nicht darauf, daß Sophokles selbst in seinem Alter solch ein Pferd gewesen sey; sondern auf das Gleichniß zu Anfange der Elektra, wo Orest sagt:

Ώσπερ γαρ ίππος ευγενης, καν ή γέρων,
Ἐν τοισι δεινοις θυμον οὐκ ἀπώλεσεν,
Αλλ ὀρθον ούς ίςησιν· ὡσαύτως δε συ
Ἡμας τ' ότρυνεις, καυτος ἐν πρωτοις έπῃ.

*) Lect. Antiq. L. XXI. c. 20.

(QQ.)

Fehler der neuen Literatoren in der Erzählung seines Lebens.) Barnesius*) versteht die Worte des Scholiasten ganz falsch, in welchen gesagt wird, daß die Komödienschreiber den Sophokles unangetaftet gelaffen haben: Αλλ' οὐδ' ύπο των Κωμῳδων ἀδηκτος ἀφειθη, των οὐδε Θεμιςοκλεους ἀποσχομένων.

*) In Vita Euripidis, p. IV.

Fragment einer Uebersehung vom Ajax des Sophokles.

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

Minerva.

Wie ich dich schon oft, Sohn des Laertes, dem Feinde den Vortheil abzujagen schlau bemüht erblickte; so erblicke ich dich auch jezt, hier unter den Schiffsgezelten des Ajax, am äußersten ihm anvertrauten Ende des Lagers. Du spähst, und spürst, und zählst, und missest alle seine frischen Tritte, um zu wissen, ob er drinnen, oder nicht, drinnen ist. Wie wohl leitet dich gleichsam der untrügliche Geruch des lakonischen Windspiels! Er ist wieder drinnen, der Mann! Schweiß rinnt ihm von dem Antlige, und Blut von den mörderischen Händen. Was siehest du noch so scharf nach dieser Thür? Du darfst mir nur sagen, warum du dir diese Mühe giebst; und du kannst von mir alles erfahren.

Ulysses. O Stimme Minervens, mir wertheste unter den Göttern! Denn nur allzuwohl, ob du gleich unsichtbar bist, kenne ich deine Stimme; und mein Geist ist bekannter mit ihr, als mit dem ehernen Klange der tyrrhenischen Trommete! Wie solltest du es nicht wissen, daß ich dieses feindseligen Mannes, des Ajar wegen, mich hier herumtreibe? Ihm, und keinem andern, suche ich auf die Spur zu kommen. Er hat uns diese Nacht eine That verübet, deren sich kein Mensch vermuthet hätte, wenn er sie anders verübt hat. Denn noch wissen wir nichts gewisses; wir vermuthen es nur; und freiwillig habe ich mich selbst der weitern Nachforschung unterzogen. Es findet sich alles unser Beutevieh_schändlich zuge= richtet, und samt den Hütern erwürgt. Jedermann glaubt ihm die Schuld Lessing, sämmtl. Werke. VI.

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beimessen zu dürfen; und eine Wache hat ausgesagt, sie habe ihn ganz allein mit bluttriefendem Schwerte über das Feld laufen sehen. Sogleich machte ich mich auf: und die Fußstapfen, die ich hier erblicke, bestärken mich zum Theil; zum Theil verwirren sie mich auch: ich kann nicht begreifen, wessen Fußstapfen es sind. Aber du kommst! und wie erwünscht! Deiner leitenden Hand, der ich mich immer überließ, überlaß' ich mich noch. Minerva. Das weiß ich, Ulysses. Ich hielt dein Spähen genehm, und ging dir sogleich entgegen.

Ulysses. Gütigste Göttin! so ist sie nicht vergebens, meine Mühe?
Minerva. Er ist der Thäter! Er ist es!

Ulysses. Und was hat ihn zu so etwas Widersinnigem vermögen können? Minerva. Der wütende Zorn über die ihm abgesprochnen Waffen des Achilles.

Ulysses. Aber die Heerde warum fiel er über die her?

Minerva. Er glaubte seine Hände mit eurem Blut zu färben.
Ulysses. Und also galt es den Griechen?

Minerva. Sie würden es auch empfunden haben, wenn ich nicht gewesen wäre!

Ulysses. Welche Verwegenheit! Welche Tollkühnheit!

Minerva. Es war Nacht; er war allein, und ging als Meuchelmörder auf euch los.

Ulysses. Wie weit, wie nahe, kam er denn dem Ziele?
Minerva. Schon nahte er sich den Zelten beider Feldherrn.
Ulysses. Und was hielt da seine rasende Faust?

Minerva. Ich! Ich störte ihm diese. grausame Freude. Mit täuschenden Bildern füllte ich sein Auge, und wandte ihn gegen die vermischten Heerden, gegen die Hüter des sämtlichen Beuteviehs. Welch ein Mezeln! Alles hieb er um sich in Stücke. Bald glaubte er, beide Atriden mit eigner Hand zu morden; bald gegen einen andern Heerführer zu wüthen. Denn ich reißte den Wahnwißigen, und ließ die grausamste der Erynnen gegen den Tobenden los.

1 Δια την μανίαν, fagt bet Scholiaft felt wohl, δυόιχνευτος και ἐπιτεταραγ μενη ἡ βασις γεγονε του Αιαντος. Der Bang eines safenben nämlid if fe vermittt, daß man aus seinen Tritten nicht klug werden kann.

Das Theater des Herrn Diderot.

Aus dem Französischen.

Erster Theil.

1760.1

Vorrede des Ueberseßers.

Dieses Theater des Herrn Diderot, eines von den vornehmsten Verfassern der berufenen Encyklopädie, bestehet aus zwey Stücken, die er als Beyspiele einer neuen Gattung ausgearbeitet, und mit seinen Gedanken sowohl über diese neue Gattung, als über andere wichtige Punkte der dramatischen Poesie, und aller ihr untergeordneten Künste, der Declamation, der Pantomime, des Tanzes begleitet hat.

Kenner werden in jenen weder Genie noch Geschmack vermissen; und in diesen überall den denkenden Kopf spüren, der die alten Wege weiter bahnet, und neue Pfade durch unbekannte Gegenden zeichnet.

Ich möchte wohl sagen, daß sich, nach dem Aristoteles, kein philosophischerer Geist mit dem Theater abgegeben hat, als Er.

Daher sieht er auch die Bühne seiner Nation bey weitem auf der Stufe der Vollkommenheit nicht, auf welcher sie unter uns die schaalen Köpfe erblicken, an deren Spiße der Prof. Gottsched ist. Er gestehet, daß ihre Dichter und Schauspieler noch weit von der Natur und Wahrheit entfernet sind; daß beider ihre Talente, guten Theils, auf kleine An= ständigkeiten, auf handwerksmäßigen Zwang, auf kalte Etiquette hinauslaufen 20.

1 Berlin, bey Chriftian Friedrich Voß 1760. 1761. Erster und zweyter Theil. 12.

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