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chen bekleidet! Vergesse er nur nie seines Zwecks, die Menge zu unterrichten, ihre Begriffe aufzuhellen, ihr menschliches, moralisches Gefühl zu bilden! Und sey die Wahl und der Ort der Versammlung so eingerichtet, daß Jeder, was ihm frommet und keinem andern, zu rechter Zeit, bequem und mit Lust höre!

Die Zaubergewalt, die eine menschli. che Stimme und der laute Vortrag hat, wollten wir sie zum Spiel mißbrauchen? *)

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Η γλώσσα τ' ανθρωπε 'τιν, είπερ ο μεν λεγων
Φεύγωμεν, αναπτεροι. ὁ δ' αν πείθει λεγων
Μεμονωμένο

Eupol.

O mächtge Menschenzunge! Sie beflügelt uns, Durch Ein Wort: „fliehen wir?" Sie hält zurück uns

Durch Ein Wort:,,bleibt!"

Lies und wisse das Prächtigste; es wird dir andringender, wenn es, dir angemesfen, dein Freund zur rechten Stunde saget. Die Denkweise derer, die sich selbst lehrten, und derer, die durch einen lebendigen Vortrag nicht nur de ken, sondern auch sprechen lernten, bleibt entschieden auf ihr ganzes Leben; man hört es einer Schrift an, ob und wie ihr Verfasser zu sich und andern sprach. Wer z. B. eine Spielerei von Worten und Schemen auf die Redstühle schüttet, die der Rede ans Volk, der klärsten, herzlichsten Menschen Zusprache verständlich Wahrheit, mithin Athem und Macht rauben, hat er nicht dem Volk sein lehtes Mittel zur Bil dung, das Wort, das unmittelbar an Verstand und Herz spricht, genommen? Was thut der Mann aufjener mit Schematismen, umhangenen Reonerbühne ?“

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fragt man. Er übt die kritische Bereds samkeit, er „Wortspielet."

Von Jugend auf lasset uns in Menschen ihre edelsten Werkzeuge Vernunft und Rede vereint bilden: denn durch sie ward das Menschengeschlecht menschlich. Wars um sprechen Naturvölker und Stände über den Kreis von Dingen und Geschäften, den sie kennen, verständig, bestimmt, nachdrücklich, überzeugend? Weil sie ihn kennen und Worte nie ohne Sachen lernten, d. i. weil ihnen Geschäft Geschäft, nicht Wortspiel der Einbildungskraft ist oder je war. Lese man die Reden der sogenannten Wilden in Amerika; man era staunt über den Verstand und Wohlanstand, über die nachdrückliche Kürze, Ordnung und Bestimmtheit ihrer Reden. Dagegen hört die verworrene Sprache unsrer halbgelehrten, unsrer falsch oder

unreif gebildeten Stande an, jumat, wenn sie geziert reden, höret, wie Ein Wort das andre überwirft und was gesagt werden sollte, doch nicht sagt, da das zehnte nicht am rechten Plaß stehet; woher dieses? Weil sie in Schulen wie in Büchern Worte ohne Sachen lernten. Sie überfülleten den Kopf mit Schällen ohne bestimmte Bedeutung und Anwendung; ihre Phantasie wie ihr Organ spielet. Von diesem bösen Spiel hinweg reiße man das Kind, den Jüngling; er spreche nur das, was er weiß, dies aber lerne er ganz sagen, klar, rund, bestimmt, ohne Scheu, wohlanständig und mit Nachdruck. Freien Menschen ziemt freie Rede; Sklaven mögen umschreiben und verhüllen, Schwäger mit Formeln und Worten spielen; der Verständige spreche ernst, der Herzliche herzlich,

Nicht hoffen nur, erwarten dürfen wirs also, daß jede redende Kunst, wie fie auch heiße, immer näher dazu komme,

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wozu sie ihr Name weiset; Rede, das Organ der Vernunft, die Bildnerin menschlicher Gedanken. Als solche hat sie viel geleistet und wird es leisten; unauf, haltsam strebet jede Sprache darnach, Sprache der Vernunft zu werden. Wenn 3. B. Homer seine Götter, Dante und Milton ihre Hölle und Teufel aus damaligen Volksbegriffen zurch Rede zu einer ihrer Zeit und ihrem Zweck gemäßen, verständigen Formbildeten, so thaten sie ihr Werk; sie läuterten die Phantasie durch Rede. Mit vorübergegangenen Volksbegriffen sind auch diese Formen für uns altes Geräth; wir können sie nicht oder nur in einem höheren Verstande mit Wahl und Absicht gebrauchen, sonst wer

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