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angenehm."*) Elende Musik, die unwill. kührlich wiederkommend zur Last wird! und ein Gemüth, dem wiederkommende Tône, die ihm einst anmuthig waren, zur Last werden, in welchem Zustande befånde sich dieses? In Träumen selbst klingt uns nichts himmlischer als Musik; sie übertrifft an Reiz alle geträumte schöne Gestalten. Den Sterbenden endlich, wie Beispiele erweisen, hebt Ein im Innern gehörter Ton von der Erde.

*) S. 219.

Leibnik,

über Macht und Anwendung der Musik.

„Bekannt ists, daß Mårtyrer die graus samsten Quaalen nur dadurch überstanden, daß eine starke Vorstellung zukünftiger Freus den ihren gegenwärtigen Schmerz besiegte. Der Weise also, wenn er sich Einmal und auf Immer die Schönheit des zukünftigen Lebens, d. i. Gottes und der Harmonie der Dinge stark eingeprägt hat, und daraus fortwährende Freude schöpfet, wird, darauf im mer zurückkommend, dies Ende stets vor Au

gen haben, so daß ihn nichts von dieser Lie be zu scheiden vermag.

Von Jugend auf sollte den. Menschen, Weisen sowohl als dem Volk, durch alle Mits tel der Künste dieser Eindruck eingepflanzt werden. Und da ein starker Eindruck entweder durch Gemåhlde oder durch Töne ers weckt wird (die Eindrücke der übrigen Sinne find gröber und nicht so bedeutend): so ist der Eindruck durch Gemåhlde zwar entwickels ter, weil das Gemåhlde vor uns bleibet; ber Eindruck durch Töne aber ist stärker: denn er enthält Bewegung; überdem bringen auch Worte, die die Töne be gleiten, das Andenken jener Gemåhlde von selbst hervor. Gefänge alsó, die fowohl Bilder erwecken, als durch Tône bewegen, haben eine unglaubliche Ge walt; durch Tône kann ein Mensch in

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alle Affekten, in jeden Zustand versett werden.

Die Reformatoren haben sich dieses Mittels sehr bedient: Deutschland und Frankreich sind durch Gesänge reformirt wors ben. Ja noch jezt ist kein Handwerker, keis ne Nåherin, die nicht durch Gefänge sich die

Stunden kürzen, und den Ueberdruß der Ars beit mit inniggefühltem Vergnügen hinweg, fingen sollte.

Ich glaube daher, daß Dichter sich um ben Staat nicht beffer verdient machen köns. nen, als wenn sie edle Freuden des Gemüths durch Gefänge dem Volk einsingen und eins prågen. Denn auch schlechte Gesinnungen und Affekten, auch Laster prågen sich durch Drama's und Lieder ein; und da es einmal Vorurtheil des Volks ist, „Liebeslieder

feyn die schönsten Lieder;" fo, wenn jede ebs lere Liebe, wenn alle Freuden der Unschuld und Tugend, wie Harmonieen einer andern Welt in Gefänge gebracht und mit aller Anmuth der Musik Menschen von Kindheit auf eingesungen würden, so stünde es viel leicht beffer um die menschliche Ge Fellschaft.

Sind Gefänge vermögend, das Gemüth in die höchste Freude zu sehen, können Kries ger durch Trometen- und Kriegslieder dem Tod zu verachten, belebt und angefeuert werden, kann überhaupt die Musik alle Affekten erregen; so kann auch jeder sodann durch eine lebhafte Erinnerung und Wiederholung dieser Gesänge sich selbst Affekten erregen, fich selbst die Freude dieser Affekten ge währen. Die Sybariten feßten Preise für den aus, der ein neues Vergnügen erfånde ;

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