Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

von Palmella hat, da die Regierung, welche er repräsentirte, vernichtet ist, seine Functionen einstellen müffen; da Brasilien von Portugall getrennt und ganz unabhängig ist, so hat der Visconde Itabayana mit diesem Königreich nichts zu schaffen, und der Marquis von Barbacena ist also der einzige Depu tirte des Oberhaupts des Hauses Braganza, als Vormund und Schüßer des Königlichen Sprößlings desselben. Dennoch ward Keiner von ihnen anerkannt und ihrem officiellen Chas -racter gemäß behandelt, ein Verfahren, wovon die Geschichte

des Völkerrechts schwerlich ein Beispiel darbietet. Die Tochter ist als Königin anerkannt, aber unsere Minister wollen ihren Vater nicht als ihren natürlichen Vormund anerkennen, noch irgend einen Minister, der für sie auftritt. Sonderbare Anerkennung! Man giebt ihr nur ein unfruchtbares Scepter in die Hände. Der Gegenstand der officiellen und confidentiellen Uns terhandlung, die nachmals statt fanden, betrafen, auf die Basis der Allianz, eine Aufforderung, die Constitution zu schirmen'; es war ein Anruf um Beistand. Freilich legt kein Punkt der bestehenden Berträge uns die Pflicht auf, die Constitution mit den Waffen in der Hand zu unterstügen. Doch die Wiener Protocolle scheinen solche Beihülfe wenigstens zu entschuldigen. Die Negotiation für die nach England geflüchteten Portugiesischen Truppen begann am 20. November durch den Marquis von Palmella, einen ausgezeichneten Diplomaten, welcher in den lehten 16 Jahren an den wichtigsten politischen Berhandlungen Europa's Theil hatte, und sich schon beim Wiener Congreffe (1814 und *1815) auszeichnete. Er bestand darauf, die geflüchteten Soldaten von ihren Offizieren zu trennen, sie aus Plymouth wegzuschaffen, um sie über das westliche EngLand zu verbreiten; weil sie die Ruhe Portugals durch eine Landung bedrohen konnten; er bestand ferner darauf, diese Truppen nach Brasilien zu schicken, um der jungen Königin ihres legten Bertheidigers zu berauben. Am 23. December sehte der Marquis seinen Plan durch. Nachricht eingegangen, Terceira, die Hauptinsel der Açoren, habe sich im Juni (1828) gegen Don Miguel erklärt und am 4. Dec. hätten die gefeßlichen Behörden Donna Maria II.

Nun war aber die

10

als Königin proclamirt und die Constitution eingeführt. Nun veränderte der Marquis von Palmella seinen Plan, und bat in einem Schreiben vom 23. December um die Erlaubniß, die Truppen nach Terceira senden zu dürfen. Auf jedem Fall verz hinderte er doch, daß die Truppen nicht unmittelbar gegen den Anhang des Don Miguel in Portugal gebraucht wurden. Der Transport nach Terceira ward aber durchaus friedlicher Bes schaffenheit. Das Benehmen der Befehlshaber der Brittischen Schiffe auf der Rhede von Terceira, gegen die unglücklichen Berbannten, die ein allgemein verabscheueter Tyrann aus ihrer Heimath und von ihren Familien verjagte, die nun eine neue Heimath fuchten, und ihrer Königin einen Theil ihrer Besiguns, gen zu erhalten strebten - bedarf im höchsten Grad der Rechts fertigung, und hat uns wahrlich nicht in guten Ruf gebracht; der Minister ist schuldig, darüber genügende Aufschlüsse zu ertheilen. Ueberhaupt hat unser Benehmen gegen Portugal uns alles Einflusses auf dieses Land beraubt, und wir haben die Controlle, welche wir zum gegenseitigen Vortheil übten, andern Nationen überlassen. Der Anhang des Don Miguel ist gegen alles, was Englisch ist, mit tiefem Hasse erfüllt. Die Männer aber, welche die constitutionelle Parthei Portugals bilden, sind die ausgezeichnetsten, aufgeklärtesten Portugiesen; es sind dieselben, welche die Constitution von 1820 durchseßten, jekt verbunden mit dem Verfechter der Constitution des Don Pedro. Diese Männer sind jeßt in ganz Europa zerstreut und zum Theil in Elend und Kummer versunken. Ihre Ruhe, in England getäuscht, richtet sichy jest auf die constitutionelle Parthei in Frankreich, und diesen Einfluß haben wir der französischen Nation, mit Aufopferung unserer Ehre, verschafft. Wir fümmern uns nicht um die Gráuelthaten in Porto und Lissabon; wir lassen, allen andern Souverainen zum Troß, dort ein Ungeheuer schalten. Don Miguel begeht Unthaten, welche den Abscheu der ganzen civilisirten Welt ‘erregen. Er beleidigt alle Souveraine Europa's durch sein Benehmen, er hat allen den Handschuh hingeworfen, und bewiesen, was sich ein Tyrann erlauben darf. Jedes Mittel ist ihm recht, was zu seinem Zwecke führt, und er scheut kein Verbrechen, wozu feine Tobsucht

ihn verleitet." Der Redner schloß mit dem Anfrage, um Mits theilung der Aktenstücke, welche ein Licht über die Verhältnisse Portugals und Großbrittaniens seit 1820 verbreiten.

Der

Der Staatssecretair Peel beantwortete diese Rede. fehr ehrenwerthe Herr, sprach er, scheint zu wünschen, daß wir einen thätigen Antheil an die Angelegenheiten Portugals nehs men möchten. Doch wird kein Grund angeführt, welche uns, als Minister der Krone, bewegen könnte, die Richtung der Pos litik, welche stets unser Verfahren leitete, in diesem Falle zu verlassen. Es ist unser Grundsah, uns nicht in die innere Verwaltung anderer Länder einzumischen, wenn dadurch nicht der Friede unseres eigenen Landes gefährdet wird. Folgten wir den Ansichten des sehr chrenwerthen Herrn, so würden wir dadurch in einen Krieg gerathen: eine Sache, die wir vor allen andern gerne vermeiden. Ich hege daß Vertrauen, daß keine Thathandlung dieses Landes den Frieden, der so lange gewaltet hat, stören oder die friedlichen Grundsäße, die einen Einfluß auf die meisten Souveraine Europa zu üben scheinen, schwäs chen sollte. Wahrlich, wenn man erwägt, daß ganzer fünfzehn Jahre lang der Friede des größten Theils von Europa gesichert ward, so macht sich gewiß ein Mann furchtbar verantwortlich, der diesen Friedenszustand nur für einen Augenblik aufs Spiel zu sehen vermag; befolgt man aber den Rath des sehr ehrenwerthen Herrn, so scheint das Resultat der Feindseligkeit unvermeidlich. Eine Wirkung dieses Friedenszustandes ist ohne Zweifel, daß er allen Nationen erweis't, wie wichtig und heilbringend es für sie fey, den Frieden Europa's zu sichern und zu bewahren. Fast möchte man behaupten, daß der Character eines rein kriegerischen Helden, der bloß in den Kampf tritt, um Siege zu errinzen, gar nicht mehr existiren kann: denn alle Menschen fangen an einzusehen, wie viel jede Nation bei einem daurenden Frieden gewinne. Allerdings ist Großbrittanien im Stande einen Krieg zu beginnen; ich kenne dessen Hülfsquellen; es hat in Zeiten der Noth und Gefahr mehr als einmal die ungeheuersten Anstrengungen gemacht, und würde sich jezt, so wie der Aufruf geschähe, wieder eben so aufraffen; doch erkläre ich, es ist meine sehnlichste Hoffnung, daß kein Ereigniß

[ocr errors]

eintreten werde, um uns in die Nothwahl zu verseßen, den Krieg dem Frieden vorzuziehen. Auch gegen Portugal hat Sr. Majestät Regierung den Gang der lautersten Staatsflugheit befolgt, nach Grundsäßen, welche nicht nur unser Benchmen in den Berhältnissen gegen Portugal, sondern gegen alle übrigen Staaten bestimmen. Allerdings hat 450 Jahre lang ohne Unterbrechung ein inniges Band der Freundschaft zwischen Portugal und Großbrittanien gewaltet; und ich hoffe, es wird noch lange bestehen; doch während dieses langen Zeitraums und bis in die neueste Zeit ward unserer Seits nie ein Versuch gemacht, sich auf irgend eine Weise in die innern Angelegenheiz ten jenter Länder einzumischen, England hat Portugal immer in Fällen feindlichen Einbruchs und in Zeiten der Widerwärtigkeit unterstüßt, und ich wünsche, daß die Brittische Regierung immer fähig und willig fey, so für Portugal zu handeln, Die allgemeine Regel unserer Politik ist, uns nicht in die Håndel anderer Länder einzumischen, und diese Regel muß uns auch im gegenwärtigen Falle leiten. Als sich der Kajfer von Braș filien im October 1822 für ein unabhängiges, constitutionelles Oberhaupt des Landes, welches er gouvernirte, und diefes für losgeriffen von Portugal erklärt hatte, rief der König von Portugal, der Bater des Kaisers von Brasilien, Großbrittanien um Beistand an, um das Portugiesische Reich unverlegt zu erhalten und vor Theilung zu sichern; doch Herr Canning antwor tete: unser damaliger Gesandter, Herr Ward, Großbrittanien könne sich nicht einmischen, und berief sich auf einen weitläuftigen Auszug aus den Instructionen des verstorbenen Lord Castlereagh an unsern Minister auf dem Congreß zu Laybach, worin das Princip der Nicht-Einmischung aufs deutlichste entwickelt war. Wir befolgten mithin bei dem unglücklichen Zwiste zwischen Portugal und Brasilien die strengste Neutralität. Don Miguel's ufurpation und seine Weigerung die Rechte der Donna Maria da Gloria anzuerkennen, sind nicht von der Art, daß sie Großbrittanien in die Nothwendigkeit versehen und die Pflicht auferlegen, diesen Grundsah nicht zu befolgen. Don Johann VI., der lezte König von Portugal, starb im März 1826, Bor feinem Ableben hatte sein Sohn, Don Pedro,

1

die Trennung Brasiliens von Portugal bewirkt, und nahm den Titel eines Kaisers von Brasilien an. Diesen Titel aners kannte sein Vater das Jahr zuvor und ratificirte den Tractat, welcher Portugal zerstückelte. Man kam überein, daß beide Kronen getrennt seyn sollten, doch ward in Rücksicht der Thronfolge Portúgals keine Bedingung festgesezt. Ungeachtet der beabsichtigten Trennùng, nahm Don Pedro nach seines Vaters Tode die Krone Portúgals in Anspruch, und als König von Portugal beschloß er abzudanken, um seine Tochter zur Königin zu machen und bewilligte den Portugiesen eine Constitution. Es ist physisch unmöglich, Großbrittanien für die Aufrechthaltung dieser Constitution verantwortlich zu machen. Die Nachricht von Don Johann's Absterben erreichte am 26. April Brasilien, und am 11. Mai segelte Lord Stuart von Rothesay (damals Sir Charles Stuart) mit der Constitution für Portugal aus Brasilien ab. Ob man sich hinreichend Zeit gelassen, diese Constitution mit Ueberlegung abzufassen, will ich nicht sagen, doch das sage ich, in England konnte man unmöglich einen Rath ertheilen, diese Constitution abzufassen, noch verantwortlich für dessen Anfrechthaltung werden, weil Lord Stuart der Uebers bringer war. Dieser Edelmann war nicht Bevollmächtigter unserer Regierung, um die Aenderung (alteration) zwischen Portugal und Brasilien zu bewirken, sondern er war individueller Bevollmächtigter des Königs von Portugal, zur Beseis tigung der zwischen Portugal und Brasilien obwaltenden Zwis ftigkeiten, und um einen Handelsvertrag zwischen beiden Ländern zu Stande zu bringen. Lord Stuart war von unses rer Regierung nicht bevollmächtigt, die Constitution zu überbrin'gen; er that es blos, als Diener des Königs vnn Portugal; doch Herr Canning sah voraus, der Umstand, daß Lord Stuart die Verfassungs-Urkunde nach Lissabon gebracht hatte, würde uns zur Last gelegt werden, und bei den Europäischen Höfen den Eindruck machen, als sei England in die Bewilligung dies ser Constitution verwickelt. Er richtete deshalb ein Umschreis ben an alle Europäischen Höfe, worin er alle Verantwortlichkeit abseiten Englands hinsichtlich dieser Maaßregel ablehnte.

« ZurückWeiter »