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Wie die Alten den Tod gebildet.

Nullique ea tristis imago!

STATIUS.

Eine Untersuchung.

Als sich Leffing im Sommer 1769 mit den Vorarbeiten zum dritten Theil seiner antiquarischen Briefe beschäftigte, gerieth er auf die Untersuchung der Frage, wie die Alten den Tod gebildet. Eine Bemerkung im elften Abschnitte des Laokoon, daß die Alten den Tod als Personification, nicht als Stelett gebildet, hatte Klog in der Vorrede zu den Abhandlungen des Grafen Caylus mißverstanden oder absichtlich verdeutet, als ob Leffing gesagt, die Alten hätten überhaupt keine Stelette gebildet. Nach einer leichten Berichtigung dieser Mißdeutung gieng Leffing zu dem Beweise der beiden Säge über, daß die alten Künstler die Gottheit des Todes wirklich unter einem ganz andern Bilde als dem eines Skeletts vorgestellt, und daß sie, wenn sie ein Skelett bildeten, ganz etwas anders meinten, als die Gotts heit des Todes. In Bezug auf den ersten Sak beweist er, daß der Tod, der Zwillingsbruder des Schlafes, wie ihn Homer nennt, unter dem Bilde des Genius mit der umgekehrten Fackel, zuweilen mit übereinandergeschlagnen Füßen, dargestellt worden. In Bezug auf den andern Saß führt er aus, daß unter den Skeletten, die uns häufig auf alten Bildwerken begegnen, s. g. Larven, abgeschiedne Seelen gemeint, und mit Apušejus nimmt er an, daß es, was übrigens zweifelhaft ist, die Seelen böser Menschen seien. Diese Deutung der Skelette ist von den Archäologen einstimmig angenommen worden, nicht so die Ausführung des ersten Sages, dessen negativer Theil durch die Einräumung des andern Sages zwar gebilligt, deffen positiver Theil jedoch verschiedene Meinungen hervorgerufen hat, theils daß die Alten den Tod, den Act des Sterbens, überhaupt nicht in dieser Weise personificiert haben, was auch Lessing nicht gerade gemeint haben muß, da er unter dem Tode den Zustand des Gestorbenseins versteht; theils haben andre Archäologen den Genius mit der gesenkten Fadel etwas spiritueller zu fassen gesucht, was jedoch auf Subtilitäten hinausläuft, die für Leffings eigentliche Aufgabe nicht von entscheidendem Gewicht sind. Ueber den Punkt der Verschränkung der Füße weichen alle Archäologen, des Sprachgebrauchs wegen, von Lessing ab; Heyne, der jedoch darüber nicht streiten wollte, übersegte das betreffende Wort des Pausanias: auswärtsgebogen; war aber mit Lessing darin einverstanden, daß es nicht krumme heißen könne. Wie die Gelehrten aber auch über jenen Genius dachten und lehrten: seit Leffing denkt jeder Deutsche bei der Erwähnung des GeHius mit der umgekehrten Fackel an den Tod. Die Schlußworte seiner Untersuchung

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