Dusch., Entzückungen des Himmels, Ruh, Majestät, und
Licht Berklärten, wie der Engel, ihr göttliches Gericht. Ein schimmerndes Gewand floß, gleich dem Morgens
rothe, Weitmallend um fie her. So steigt des Tages Bote, Im Kleid aus tausend Strahlen gewebet, aus dem
Meer; Von seinen Säumen schimmert der Himmel rings ums
her. Ein zårtliches Gefühl ging fanft durch die Naturen; Und fußer Blumen Duft, gehauchet von den Fluren, Empfing, gleich einem Rauche, der von Altåren waút, In einer Weihrauchsivolfe die himmlische Gestalt. Der Wissenschaften Chor, versammlet ihr zur Seite, Gab ihr bey Harmonie der Musen, das Geleite.
Da war es, wo die Dichtkunst die ersten Lieder
rang, Und måchtiges Entzücken durch alle Wesen drang, Ein Schauer, wie des Meers, als über seine Tiefen Bom ersten Schöpferhauch beivegte Wellen liefen, Floß durch den Raum des Himmels im hohen Saitens
spiel Herab zu allen Wesen, und alles war Gefühl. Die Haine fåaselten, das Raubthier, noch im Grims
Ließ das ergriffne Samm, und horchete der Stimme: Ins Herz des rohen Menschen, zerschmettert von der
Kraft Des machtigen Gesanges, tam sanfte Leidenschaft.
Die zaubrische Kunst gebietet den Entschlüssen: Die Seele außer sich, folgt ihr, mit fortgerissen, Durdy tausend Leidenschaften: Betrübniß oder Wuth, Verzweiflung oder Freude, Hemmt oder jagt das
Blut.
man eine Nacht, welche für die Bollkommenheit der Welt forget: Die Weisheit.
So fühn, als die Natur, von ihr selbst unterrichtet,
, , So reich, fo faydn, so start, erschafft sie, was sie didys
ter: Ruft Welten und Naturen, die nirgend sind, ins Seyn,
, , Und haucher ihnen Leben, Sedant, und Seele ein. Die Herzenskundige spricht, jeder Denkart Meister, Die prachen aller Zeit, Sedanten aller Geister. Nichts hat der hohe Himmel vor ihres Angesichts Allgegenwart verborgen, die tiefe Hölle nicht: *) Die Welt, mit deren Staub der Hauch der Winde
spielet, Die Welt, die fünftig wird, ist da, wenn sie befiehler.
Bald finget sie die Sch&pfung, die åhrenschwangre
Flui, Wald, Berg, und Thal; und preiset den Schpfer
der Natur: Der stille Hayn merkt auf, der Bach vergißt zu raus
Der Vogel Rohweigt, die Wind' in allen Büschen laus
schen. Das güldne Alter tehret, auf ihren Wint, zurück, Und Könige beneiden des Hirtenstandes Glück, In dem, gleichunbekannt der Ueberfluß und Meide, Die Einfalt an der Hand der Unschuld und der Freur
de, Umdüftet von Gerüchen des jungen May, ergdkt Von lachenden Gefilden, den Fuß auf Blumen feat.
Im angenehmen Thal, wo frohe Heerden gras
sen, Bedeckt vom Rosenbusch, auf einem Eik vom Rasen, Im leichten chåferkleide, sißt heiter, denkend, stil, Boll ihres Dichtergeist es, die blühende Joill,
- der Himmel hålt beinem Blid nichts verborgen, noch der Bille Tiefen.
Milton nach Hrn. Zacharid Hebersetz. Beisp. Samml. 3. B.
Des Thales Sångerin, die zärtlichste der Musen: Ein Strauß von Veilchen hångt am halb verhädten
Busen; Mit ihren Locken spielet der West: schon, ohne
wang, Süß, wie des Bachs Gemurmel, rinnt kunstlos ihr
Gesang Durch sanfte Töne fort, gestimmt nach ihrem Herzen, Und athmet ihr Gefühl von Unschuld, süßen Schmer:
jen Der Liebe, von Vergnügen und Freudert, welche nur Die Tugend schmeckt, im Schooße der reizenden Nas
tur.
Bald hebt ihr schweres Lied durch schauervolle T8s
ne, Durd Klag', und Seufzer hin: des Mitleids edle
Thråne, Entlockt aus Månneraugen, trieft nieder, und beneßt Das Reiß, so Freundes Hånde aufs Grab des Freunds
gesetzt.
Bald schwingt sie sich ins Feld, wo auf gebirgten
Leidyen Die wilde zwietracht steht, und giebt zum Mord das
Zeichen; Weil unter Slut der Hallen, die Furie der Schlacht Mit hundert tausend Hånden zerstdrend niedermacht; Beschåumten Hengsten nach, auf Leichen von Geschwas
dern, Der Siegeswagen fliegt, und Blut trieft von den Rås
dern. ingt hier mit Donnertonen in der Trompeten Klang Das hohe Lob des Siegers, den wildent Schlachtges
fang; Und heiliget den Ort, wo Heldenblut geflossen, Blut, so des Landes war, und ward fürs Land vergos
Ten,
Dann spottet sie der Thorheit, und reißt dem 68:
sewicht Im heilgen Gewande die Larve vom Gesicht. Jhr freyer Satyr ftraft die Laier selbst des Gdben, Den Groß und Stårte schüßt vor Richtern und Seres
ken; Der Macht, zu deren Füßen die bange Themis liegt, Die Wahrheit schamroth schweigt, im Staub der P8.
bel friecht, *) Und, wie des Niles Volk dem Krokodil, den Sünden Der Fürsten sich bequemt, ein Rauchwert anzuzünden. Shr scharfer Spott verrichtet, was nicht Lycurgs Ges
bot, Lacht alte Thoren weise, und damvergeßne roth.
Den Wutrich lehret sie die eigne Sduld empfints
den, Und straft sein hartes Herz in Strafen andrer sins
Wenn sie in Trauerspielen die Todten auferwedt, Und thn in fremden Bildern mit seinem eignen schreckt: Wenn er bey fremden Fall, von Ahndungen ergriffen, Den Stahl, der **) Gußmanns trift, sieht auf sich
selbst gerdliffen: Wenn er von jedem Dolche, der Cåsars ***) Bruft
durdwúhlt, Den Stoß in Todesångsten an seinem Herzen fühlt.
O Herzenzáhmerin! wer tann dir widerstehen? Wer ohne Seufzer tann Dedipens ****) Elend ses
hen?
Wem diefe und Ähnliche Reime eine Entschuldigung n8thig zu haben scheinen, den will ich an die gegründete Anmerkung Boltairens erinnern, daß wir nicht für das
Auge, sondern für das Ohr reimen. **) man sehe Voltairens Alzire, ***) Shakespears C&far. ****) Sophokles Debipus.
Wer fühlt nicht Würd im Herzert, wenn Roms Oraz
tel *) spricht? Xer, wenn Alzire seufzet, nicht Thránen im Gesicht? Wenn in **) Seidens Hand der Dolch des Opfers blins
tet, Und am Altar erwürgt, fein grauer Vater sintet, Haucht jede Bruit Entsetzen: 'almachtigs Mitleid faßt Die bebende Versammlung, und jede Wang' erblaßt. Mit süßer Bangigkeit, mit angenehmen Schmerzen, Bergnügend fürchterlid, erschüttert sie die Herzen: Wenn Hoffnung oder Schrecken durch alle Scenen
irrt, Die Seele, wie die Bühne, Túmult und Aufruhr
wird, Und glihend, außer fich, so, wie die Kunst gebietet, Mit Wollust Thránen weint, und mit Verstande wůs
tet. Hinweg den kalten Dichter, der ohne Feur correct, Nicht unsre Zåhren fodert, nicht rühret, noch ers
schreckt! Zu großer Denkungsart den Geist empor zu heben, Die Herzen mit Gefühl der Tugend ğu beleben, Zu zeigen, wie sie immer sich gleich, in sich vergnügt, Erhaben ist im Glücke, und groß, wenn sie erliegt: Das menschliche Gesylecht im Beyspiel fie verehren, Dann, was es fühlt, und sieht, auch thun, und wers
den lehren; Die Herzen zu erweichen durch Schauer des Gefühls, Das war der Musen Absicht, der Zweck des Trauer:
spiels. ***)
Dann singt die Epopde, im Klange der Posaunen; Aus allen Tönen haucht Verwundrung und Erstaunen von ihrem Geist beseelet, wird alles, was nicht war, Gleich einer neuen Schöpfung, lebendig, wunderbar.
* Cato, in Addisons Trauerfo. **) Im Trauerspiele Voltairens le Fanatisme. ***) Gedankens Popens in feiner Vorrede zu Addisons
Cato.
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