S. B. I. S. 64. Seine Tageszeiten find unter den vielen Nachahmungen der Thomsonschen Jahrszeiten eine der glücklichsten; und die strengste Kritik kann diesem deutschen Dichter, den man jegt zu sehr und zu undankbar vergifft, ein vorzügliches Talent zur mahlerischen Poesie nicht absprechen, wenn es gleich dem Talente seines großen Musters nicht gleich kam. Schade, daß auch dieses Gedicht, wie seine meisten Arbeiten, so viel Ungleichheiten hat! Manche der darin/ vorkommenden Schilderungen find unmittelbar von Naturscenen kopirt; unter andern auch die folgende, die mir zu den besten zu gehören scheint.
Sieh! vom sanfteren Himmel, und rosenfarbném
Gewölke,
Aus seinen blumigten
Senkt sich der Abend herab. Haaren, Und dem frischen Gewand, verbreiten sich stärkere Ges
rüche
Ueber die Flur, den grünenden Wald, und duftende Haiden.
Ein balsamischer Thau steigt von den dunkelern Wiesen Zart und kühlend emvor; und wie ein ruhiges Eden Lacht die gesammte Natur in ihrer neuen Erfrischung. Dir, mein Gemmingen, sucht, das Dorische Lied zu gefallen,
Höre mir zu! Dein Beifall allein belohnet die Muse, Welche für dich die Leier ergreift. Versag ihr dein Lob nicht Da sie mit feurigem Muth die Bande der gothischen Reime
Abgeworfen; und sich mit ungebundnern Schwingen Von den Sklaven erhebt, die ihre Fesseln verehren, Und sich vom spielenden Reim gezwungne Gedanken er: betteln.
Eei jeht dein, und heitre dich auf, indem dich der Abend
Bom archontischen Stuhl, und von dem Geräusche des Borsaals,
Zu dunkeln Alleen entlockt; und Ruhe der Seele Bon dem lachenden Himmel sich auf den Spaßierenden ausgiesst.
Wenn die Sonne nunmehr die müden schnaubens den Pferde Nach dem Ocean lenkt, und mildere Stralen herab: schiesst;
Wenn der Wandrer bestürzt den langen gigantischen Schatten
Vor sich erblickt; und dunkler die Wiesen, und dunklér die Felder
Um das Dorf sich verbreiten; und ferne waldige Berge Den verkürzten Prospekt mit blauen Rücken verschliefs sen: Alsdann blicket der Abend bereits, mit seinem Gefolge, In dem Himmel hervor. In grauen dichteren Wols ten, Welche sich um den Gesichtskreis sehen, verbirgt er sein Zepter,
Bis die Monarchin dès Tags die westlichen Felder des Himmels
Vor ihm verläßt, und eilt, sich in die Fluthen zy taus chen. Dann ertönt vom Thurm, den in der Ferne der Wans drer,
Wie vom Golde schimmernd, erblickt, die Abendglocke. Ihrem erfreulichen Schall antworten umliegende Dörs, fer,
Bis vom hellen Getős die ganze Gegend ertönt. Pidzlich sinkt die Hacke, das Beil, die blißende
Sense
Zacharia. Aus der ermüdeten Hand. Im Felde vernimmt es die
Dirne,
Nachläßig sihet der
Sammler geschwinder den Klee in Haufen, und eilet zurücke Nach dem freundlichen Dorf. Landmann Quer auf seinem stolpernden Roß, das, múde vom Acfer,
Vor dem knarrenden Pfluge sich schleppt; er selber ver: treibt sich,
So wie er fortzieht, die Zeit mit einem fröhlichen Liede Oder er flötet der Nachtigall nach, und lockt den Vogel Zu dem Wege herzu, und lacht des lungnen Betruges. Hurtiger treiber vom Berg de såfer auf steiniges Brachete Seine Heerde zur Hürde, die ihre Schranken verschliess set.
Er lehnt sich ans irdene Haus, durchzählet die Heerde, Bis der Abendstern winkt, und er zur Hütte hinein triecht.
Ueber die Haide kommen vom Fork die Kühe, vers Jammiet Um den fleckigen Stier, und folgen dem Hirten, belas
den Mit der süßeston Milch, dom mahren Reichthum des Landmanns.
Auch der Bauer jaget nunmehr mit wiehernden Rossen Jauchzend nach seiner Heimath zurück, die Dünste des Bacchus Strauben sein Haar; er drückt sich den Huth in die Augen und rollet
Ueber den Sand; und Wolken von Staub verfolgen den Wagen
Weit ins Feld. Dié Baurin, geschmückt mit Blumen und Kränzen, Welche dem Städter das Kleid der Wollenheerde vers Handelt,
Sieht des Mannes verwegenen Muth, die fliegenden Råder,
Und das schäumende Roß; sie wendet die ångstlichen Zacharid. Blicke
Hinter sich, bis sie das Dorf mit klopfendem Herzen erreicht hat.
Und nun rauscht in den Abendgefilden ein Vors hang von Wolken Gegen mich auf, und öffnet mir schnell die prächtigste Scene.
Tief am Himmel erscheint mit breitem zitternden Antlik, Und mit sanfterem Strahl die niedersinkende Sonne. Ihren Wagen umringt ein Haufen geselliger Wolken, Die ihr lieblicher Glanz mit tausend Veränderungen fårbet.
Kaum lacht so die streifige Flur im blumigen Frühling, Wenn sie vom fruchtbaren Regen erfrischt, mit spielens den Farben Vor des Wandrers Blick am fernen Gehölze vorbeis läuft,
Als die himmlische Flur in wachsenden Farben jezt schimmert.
Zwar die Sonne tauchet nun schon die Råder des Was gens,
In den Ocean ein; doch gönnt sie dem blühenden Erds
freis
Noch ihr holdes Gesicht bei ihrem lieblichen Abschied. Ungern scheidet sie sich; mit einem Auge voll Sehnsucht Schaut sie öfters sich um nach ihrem verlaßnen Gebiete, Welches hinter ihr, wie sie entweicht, der Abend erobert. Plohlich gerathen dadurch die Vögel des Himmels in Aufruhr,
Als wenn eine Posaune das Zeichen zum Aufbruch ges geben. Und das Abendroth steckt das winkende Purpurpanier auf,
Welches von Westen so gleich tief in den Himmel hins abströmt.
Alles erhebt sich, und sucht die alte sichere Zuflucht Vor der drohenden Nacht, die schon im Hinterhalt
lauert,
Zacharid. Schreiende Schaaren von Kibißen steigen mit silbernen. Flügeln,
Von dem sumpfigen Meer, und kehren sich gegen die Sonne,
Laute Züge geschwäßiger Dohlen begeben sich eilend Nach der dampfenden Stadt, und lassen sich flatternd hernieder
Auf das einsame Dach, und zur bewachsenen Mauer. Eines verfallenen Thurms, von dessen kahlen Ruinen Traurig das fremde Gebüsch zum fernen Erdreich hers abgrünt. Andres Gefieder wendet sich nun zur schirmenden Wohs nung In dem dichten Gebüsch, und in den dornigten Hecken, Oder im wölbenden Baum, und in aufgeborstenen Fels sen. Rings um schweigt der grauende Wald; die einsame Luft selbst
Hört nicht mehr der Lerche Gesang, und scheint nun entvölkert; Außer daß hier noch und da, der melancholische Rabe, Mit arbeitendem Flug, nach alten moosigen Eichen Seine Reise beginnt, und auf schnell pfeifendem Fittig zum einheimischen Teich die Ente wieder zurückkehrt. Und zum leßtenmal blickt die abschiednehmende Sonne Ueber die Flur; sie zittert, und sinkt! Nun ist sie, vers schwunden,
Plöglich verschwunden! Zwar sterbende Farben vers weilen noch etwas Ueber der dåmmernden Welt; doch nimmt das Abend: roth endlich
Seine Standarte hinweg, und steckt die nächtliche Fahne An die Zinne des Himmels; sie wirft den dichteren Schatten Ueber die ganze Natur; es sinkt der verhüllende Vors hang,
Und das bunte Theater des Tages verändert sich plößlich In viel blassere Scenen, viel tiefer und dunkler schattis
ret.
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