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Zacharia. Mit dem zaubrischen Lied die einsame Gegend erfreuft Könnt ich, Philomele, wie du, mit mächtigen Accens

ten,

Welche die Liebe beseelt, die glückliche Liebe besingen! Wie entzückt dein holder Gesang ein fühlendes Herz nicht,

Wenn du am Abend aus schlummernden Lauben dem
horchenden Westwind

Deine Seufzer verhauchst, und tief im ruhigen Walde,
Den erwachenden Wiederhall lehrst, bis schmachtende
Triller

Immer sterbender sich mit lispelnden Lüften vermischen !
Alsdann drückt mit frohem Entzücken der glückliche
Jüngling

Seiner Schöne die Hand, und kennt nichts, was er
beneidet.

Gifcke.

Giseke.

G. B. II. S. 386. Nach seinem Tode und ohne seinen Namen ist zu Braunschweig 1769. gr. 8. das Glück der Liebe, in drei Gesången, abgedruckt worden, welches. zu viel schöne Stellen enthält, um als Gelegenheitsgedicht, wie es nach seiner ersten Bestimmung war, vergessen zu wers den. Der Inhalt des ersten Gesanges ist die Verbreitung der Liebe durch die ganze Natur, und ihr Vorzug in der menschlichen; der zweite Gesang, der hier fast ganz mitges theilt wird, schildert die verschiednen Arten und Aeußeruns gen der Liebe; und der dritte beschreibt das Glück derer, deren Liebe durch eheliche Verbindung gekrdut wird.

Das Glück der Liebe.
Ges. II.

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Es hat die Liebe mehr als Einen Weg,
Des Jünglings Herz zu überwältigen.
Den einen fällt sie schnell. Der erste Blick
Der Schönen, die er lieben soll, vollführt
Den ganzen Sieg mit Einem Angriff.
Hångt unverwandt mit seinem Aug an ihr.
Sein Fuß steht angeheftet, wo er steht.
Ihm bebt die Hand. Ihm wankt das Knie.

Mund

Er

Bersucht zu reden, und kaum stammelt er.
Er fühlt sich nicht. Er sieht und hört nur sie.
Doch wenn aus der Betäubung endlich sich
Die müde Seel erholt; wenn mit der Nacht
Die Einsamkeit und die Betrachtung kömmt,
Sie aufzuwecken, dann ruft ihm ein Geist-
Des Himmels zu: du liebst, Beglückter! Dir
Weissagt dein klopfend Herz, daß Sie es ist
Die dich beglücken soll! Verdiene Sie!

113

Sein

Ein

Gifete.

Ein andrer fühlt die siegende Gewalt
Der Liebe søåter, aber gleich so stark.
Borwißig und voll Stolzes mengt er sich
In aller Schönen Reihen, schwärmt um sie
Mit flatterhaftem Leichtsinn, und hält sich,
Weil er noch keine Wunde fühlt, dem Sohn
Der Thetis gleich, für unverleßlich. Er
Weiß nicht, daß in der Schönen Reihen er
Auch die umschwärmt, die seinen Leichtsinn bald
Mit starken Banden ewig fesseln soll.

Er naht sich fröhlich der Gefahr, die ihm
Das Lächeln ihrer Wangen, und des Blicks
Voll Wig und Schalkheit droht. Er wagts und spielt
Mit jedem Pfeil der Liebe kühn, bis sie
Durch einen alle råcht. Er blutet schon,
Wenn er noch ungestraft zu spielen glaubt.
Die Wangen, die so lang' unschådlich ihm
Nur Anmuth lächelten; der Blick voll Wik
Und Schaltheit, der nur jugendlichen Scherz
Und Fröhlichkeit verstreute rings um sich;
Die ganze blendende Gestalt, die er
So gern bewundert, und die nie von ihm
Mehr, als Bewunderung, zu fordern schien;
Verwandeln sich in einem Augenblick,
Und fordern Lieb, und ernste Huldigung,
Und nöthigen dem Auge, das vertraut
Mit ihnen spielte, stille Thrånen ab.
Die Freuden seiner Jugend, und der Scherz,
Die sorgenfreien Stunden werden ihm

Zu Quellen nie empfundner Schmerzen. Schon
Verseufzt er seinen Tag, durchwacht die Nacht,
Und klagt, wo ihn kein fremdes Ohr vernimmt.

Oft ist es, wie der kalte Denker wähnt,
Ein leeres Nichts, das sein Geschick verkehrt,
Oft eine Stellung, oft ein Anpuß nur,
Der seiner Schönen Reiz ihm siegender
Und unverdeckter darstellt, oder ihn
Merräthrischer, und vortheilhafter, halb
Vor ihin verbirgt, und ihn so sehr durch das,

Sas

Was er verhehlt, als was er zeigt, verlegt.
Oft aber sind die Waffen himmlischer,
Durch die das Mädchen seine Freiheit zåhmt.
Oft ist es eine schöne That, ein Zug

Der Großmuth und der Menschlichkeit, ein Zug
Geheimer, sanfter Tugenden, noch mehr
Verschönert, weil Bescheidenheit fie deckt.

Nicht selten liebt der Jüngling lange schon,
Eh er es weiß, und dünkt sich frei, bis ihm
Sein Herz ein Zufall kennen lehrt, bis ihm
Die Nähe der Gefahr, getrennt von ihr
zu leben, die Gewalt, mit der er sich
Von ihr muß reissen, oder auch die Furcht,
Sie liebe schon, doch ihn nicht! und die Quaak,
Mit welcher der Gedank ihn peiniget,

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Die Augen öffnet, und sein Schicksal auflöst.
Ein andermal verstellt die Liebe sich
In Freundschaft, nimmt von ihr Gestalt
Und jede Mien' und alle Sitten an.
Sie lächelt frei dem sichern Jünglinge,
Eilt seinem nach ihr ausgestreckten Arm
Bertraut entgegen, und haucht Zärtlichkeit
In seine Brust, an die er unbesorgt
Sie drücket. Aber dann verwandelt sie
In seinem Arm, an seiner Brust, sich schnell,
Ist nicht mehr Freundschaft, ist nur Lieb und rühmt
Sich des Betrugs. Allein beglückt ist der,
Den sie so täuscht! Dreimal und mehr beglückt,
Wenn die Geliebte, die erst Freundinn war,
Der ehrenvoller Nahmen würdig ist!

Sie selbst macht ihm es leicht, die Neigungen
Des edlen Herzens auszuspähn: Sie selbst
Enthüllt sich ganz vor ihm. Nicht eine scheut
Sein freundschaftlich, sein prüfend Aug. Und er,
Auch er enthüllet seine Neigungen

Der Freundinn alle, macht sich ihr, durch sie
Erst unverdächtig, theuer, dann noch mehr,
Und immer mehr noch theuer. Endlich ist
Er ihr nicht mehr entbehrlich. Sie ist selbst
Sein eigen, fühlts, und freut sich es zu seyn,
# 4

Doch

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Gifete.

Doch welcher Sprache fehlt der Ausdruck nicht,
Zu sagen, was der Jüngling fühlt, wenn er
Nun liebt, und sichs bewußt ist, daß er liebt?
Er wünscht sich Glück, daß nun die trage Ruh
Von ihm gewichen ist, die seinen Tag
In ungenoßnen Freuden umtrieb. Stets
Erfüllten sie sein Herz nur halb. Und ganz
Befriedigt es die Freundschaft selbst nicht. Dieß
Kann nur die Liebe. Sie beschäftiget

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Beherrscht zu seyn! Wie neu scheint um ihn her
Ihm die Natur! Wie neu scheint er sich selbst?

Die Lieb allein, und nicht der Lenz, vergnügt
Die Schöpfung ihm.. Und alles, was er sieht,
Ist, wie er selbst, verliebt: Die Nachtigall,
Die ihre Zärtlichkeit die Haine lehrt;

Der Schmetterling, der um die Rose scherzt;
Der schmeichlerische West, der Floren küßt;
Der Bach, der an dem blumichten Gestad',
Entzückt von seiner Pracht belebter rauscht.

Er ist nun nicht mehr leerer Wünsche voll,
Die oft, unwissend, was sie forderten,
Im Ueberfluß der Güter, und im Arm
Der Freuden, ihn zu Seufzern zwangen. Jeßt
Weiß er, wornach er schmachtet. Er hat schon
Die Liebenswürdige gesehn, die er
So lange suchte. Diesen Ungestüm
Der Leidenschaft, der in der Seele stürmt,
Den Aufruhr seiner Brust, der jeden Trieb
Aufwiegelt, und die Ruhe weit verscheucht,
Wie liebt er ihn! Wie gern fühlt er von ihm
Eich überwältigt! Wie verhaßt ist ihm
Die Stille nun, in der er schlummerte,
Bis er aus seiner Brust sie weichen hieß!

Die Liebenswürdige zu sehn, nur das

Ist ihm sein Glück, sein Leben. Da, wo Sie

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