Drum war im Land die Rede, Ein Held aus dem Gebirge, Bei seiner Ritterwürde In ihr verliebet ward. Er schenkt ihr Papageien Er schenket ihr ein Füllen, Da nahm er seine Schöne O fühle meine Schmerzen! Geh hin, Du stolze Schöne, Einst ritt auf einer Schäcke Die Närrin in den Wald: Eine bärende Gestalt. Und flugs gings in der Eile, Dem Unthier in das Leib. Schnell wie die Wuth des Pferdes Da erblickt sie Eduarden In der Bärenhaut gehüllt. Er konnte nicht mehr sprechen, Da warf er ihr noch im Röcheln Sie schrie, sie weint', sie klagte, Dem Leichnam ward in der Schnelle Ein stilles Grab gebaut In einer finsteren Zelle, Damit man es nicht schaut. Und als sie nach zwölf Wochen Neben Eduardens Grab. Ich will nicht in Abrede stellen, dass gerade dieses Gedicht eins der schlechtesten sein mag, die vom Volke gesungen werden. Dass aber unter derartigen Gedichten auch Perlen angetroffen oder wenigstens daraus ausgeschält werden können, dafür findet man den besten Beleg in Bürgers Lenore, in Göthes Erlenkönig, in Uhlands Wirthin und Töchterlein u. s. w., und was ausserdem noch die Melodien anbetrifft, in den vortrefflichen Sammlungen Erks und Anderer. Dass also ein Kern und oft sogar ein Schatz ächter Poësie in solchen Volksliedern enthalten sei, wird kaum geleugnet werden können. Wie steht es nun aber mit dieser Volkspoësie in Frankreich? das ist die Frage, deren Beantwortung ich mir vorgenommen habe. Ehe ich mich aber in dieser Auseinandersetzung auf einen französischen Gewährsmann, der wirklich competent war, stütze, will ich, um seine Competenz desto evidenter zu machen, vorausschicken, dass er sehr genau, wie in unsere gesammte Literatur, so auch in unser deutsches Volkslied eingeweiht war. Wie schön hat er z. B. nicht den König von Thule im Metrum des Originals folgendermassen wiedergegeben: Il la vit tourner dans l'eau noire, Mein Gewährsmann ist der unglückliche Gérard de Nerval. Ich bedaure, im Folgenden nur eine dürftige Skizze geben zu können, und zwar meist nach Notizen, die ich mir in Frankreich selber gemacht, da unsere hiesigen französischen Leihbibliotheken dasjenige meist nicht zu enthalten pflegen, was man zu einem bestimmten Zwecke wiederzulesen begehrt. Geboren unfern Senlis, also nahe bei Compiègne, welches in der jüngsten Zeit soviel von sich reden gemacht hat, war er in seinen Jugendjahren auf dem Lande oft nur der Aufsicht der Domestiken und der benachbarten Bauern anvertraut, lauschte ihnen ihre Lieder ab und wusste späterhin durch das Einflechten derselben seinen Schriften einen eigenthümlichen Reiz zu geben. Besonders nachzurühmen ist ihm, dass er moderne poëtische Ergüsse verschmäht und nur altüberlieferte Romanzen, Balladen und couplets mitgetheilt hat. Er behauptet, dass die französische Volkspoësie sich ebenbürtig unserer deutschen an die Seite stellen könne, und ich zweifle nicht, dass man ihm gern beistimmen wird, wenn man die folgenden drei, von ihm mitgetheilten Volkslieder gehört hat. Zuerst also die Romanze von der Tochter des sire de Pontarmé, die sich in den schönen Lautrec verliebt hat. Das Lied ist voll der schönsten Assonanzen und lautet folgendermassen: Le duc Loys est sur son pont, „Oh, oui! mon père, je l'aurai Der Vater entscheidet: Ma fille, il faut changer d'amour, - Das Fräulein antwortet: „J'aime mieux rester dans la tour, Hierauf der Vater: „Vite . . . où sont mes estafiers, Der Verfasser der Romanze fährt fort: Elle y resta sept années passées ,,Bonjour, ma fille! „Ma foi, mon père, - comme vous en va“? J'ai les pieds pourris dans la terre „Ma fille, il faut changer d'amour Hier wechselt die Scene und spielt weiter in dem Zimmer der Wöchnerin: |