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Windigkeit des Mannes; denn er hat in Wirklichkeit davon kein Wort gesagt und das war freilich klug, da er nichts davon verstand. Jetzt von mir darüber zur Rede gestellt, warum er sich so weitläufig über die kaum ein Zwölftel der Arbeit umfassende Einleitung ausgelassen, antwortet er äusserst naiv, weil sie wirklich einen kleinen Versuch enthalte, durch biographische Entwicklung die Natur der lyrischen Muse Klopstock's zu ergründen. Von einer solchen Tollheit, die nur Herr Dr. Laas sich denken kann, bin ich weit entfernt gewesen: ich habe hier die Entwicklung von Klopstock's Odendichtung darzulegen gesucht, wobei gerade das Metrum eine höchst bedeutsame Seite bildete, weshalb gerade die metrischen Kunstgebilde hier in ihrer Ausbildung verfolgt werden mussten, wovon Dr. Laas keine Ahnung hat, so dass er sie als Excurse ansieht. Der eigentliche Zweck der Arbeit war, wie der Titel besagt, die Erläuterung der Oden selbst, und davon meldet er kein Wort, als die Unwahrheit, er habe gesagt, sie sei fleissig und sorgsam. Und worauf hat er denn dieses Urtheil gestützt? Er gesteht es jetzt selbst, auf die Durchmusterung der Interpretation von circa 15 der bedeutendsten Oden." Ich gebe das Deutsch des Herrn Laas in Anführungszeichen, damit man sehe, wie er, der so ekel gegen andere thut, denn selbst schreibt. O der Gewissenhaftigkeit! Von 219 Oden hat er 15 verglichen, und danach urtheilt er, die Erklärung sei „fleissig und sorgsam." Aber Herr Laas wollte auch bei der Erklärung nicht eigentlich darauf sehen, was diese geleistet, sondern seine „Hauptabsicht dabei war, das Maass, in dem Herr Düntzer die Klopstock'sche Individualität ergriffen hat, kennen zu lernen, was denn doch Grundlage und Zielpunkt aller Erläuterung sein_muss." Wirklich? So viel ich weiss, hat man bisher immer geglaubt, die Erläuterung eines Gedichtes bezwecke nichts weiteres als dessen volles Verständniss. Und dieses Ziel denke ich bei den allermeisten Oden vollständig erreicht zu haben. Herr Laas ist jetzt trotz seines „sorgsam und fleissig" ganz anderer Ansicht. Meine eigenen Erklärungen," erdreistet er sich zu behaupten, „gäben dem, der einigermassen seine fünf Sinne zusammen habe, gar keine Aufklärung." Die Oden sind voll der schwierigsten Räthsel in Bezug auf Deutung des Einzelnen, die Auffindung des Zusammenhangs und die Idee des Ganzen, und hier habe ich an einer überaus grossen Anzahl von Stellen zum ersten Mal das Richtige gegeben. Herr Laas aber spielt dies Alles mit seinen fünf Sinnen vom Blatt; aus meinen eigenen Erläuterungen (die von Klopstock gegebenen sind sehr sparsam), hat er nichts gelernt. Ich glaube es ihm; denn er versteht, ich wette, noch keine einzige der Klopstock'schen Oden, weiss nicht einmal, was verstehen heisst. Ware das, was er jetzt behauptet, in Wahrheit begründet, so war sein Lob, die Erklärung der Oden sei „fleissig und sorgsam," eine grobe Unwahrheit, da ich ja der Hauptpflicht des Erklärers nicht im Geringsten genügt hätte. Als das erste Heft meiner Erläuterungen zu Klopstock erschienen war, sprach einer der vertrautesten Kenner Klopstock's, der mir bis dahin persönlich unbekannt geblieben war, brieflich seine Freude über dieses ihm reiche Belehrung bietende Heft aus und erbot sich mir auf's freundlichste zu jeder literarischen Hülfeleistung. Herr Laas aber, der nichts weniger als ausreichende Kenntniss Klopstock's besitzt, der sich nur seit Einigem das Bild von Klopstock's dichterischem Wesen auf seine Weise zu construiren gesucht," wagt die Behauptung, meine Erklärungen böten nichts, er könne sie mir schenken, und versichert gar dazu „ich darf es ehrlich gestehen." O dieser Ehrlichkeit! Untersteht sich ja dieser Ehrenmann, mir die vertrauteste (er macht hinter diesem Worte ein Ausrufungszeichen, zum Beweise seiner wunderlichen Verwunderung) Kenntniss Klopstockischer Sprache und Anschaunng abzusprechen, wovon fast jede Seite allein durch die Parallelstellen dem Kundigen den sichersten Beleg bietet. Herr Laas hat sich den „feierlichen, schwungvollen, etwas verstiegenen" Dichter auf seine Weise construirt; dass dieser daneben auch sehr

nüchtern war und von dieser Nüchternheit nicht bloss seine prosaischen Schriften, sondern auch manche Oden Zeugniss geben, davon weiss er nichts. Wie viel Oden Klopstock's mag Herr Laas nur gelesen, ich sage nicht verstanden haben? Aber wozu das auch? wozu auch nur die Schrift lesen, die man beurtheilt? Calumniare audacter! Ich lege jedem, der Sinn und Urtheil hat, die Frage vor, ob nicht die Behauptung dieses Herrn Laas, das Verdienst meiner Erläuterungen beschränke sich darauf, dass sie die Notizen, welche gewisse, dem heutigen Bewusstsein entschwundene Anspielungen aufklären, aus der Correspondenz und den Werken unserer Classiker beigebracht haben," als die abgeschmackteste Verhöhnung der Wabrheit sich erweise. Herr Laas denkt sich, wie er sich wieder sehr musterhaft ausdrückt, unter einer den heutigen, philosophischen oder gebildeten Ansprüchen genügenden Erklärung die psychologische, auf warmem Mitund Nachempfinden ruhende Enthüllung der Eigenart der Klopstock'schen Phantasie, etwa im Geist der Humboldt'schen Abhandlung über Goethe's Hermann und Dorothea." Ob Herr Laas Humboldt's Abhandlung wohl anders als vom Hörensagen kennt? Eine ähnliche Abhandlung über Klopstock's Oden zu liefern würde W. von Humboldt als eine verrückte Zumuthung verlacht haben. Ihm galt es, das Wesen des Epos an dem wundervollen Goethe'schen Werke aufzuzeigen; für die Lyrik wiirde er nie in gleicher Weise Klopstock's Oden gewählt haben. Sieht denn Herr Laas noch immer nicht, dass ich die sämmtlichen Oden Klopstock's erläutern wollte? Und wird er behaupten wollen, das sei eine ganz unnöthige Aufgabe, zur Beurtheilung Klopstock's gehöre das nicht, man solle nur nach wie vor einzelne Oden aus dem Loostopf herausgreifen und die anderen unbesehen und unverstanden ruhen lassen?

Herr Laas hält im Folgenden seine Behauptung aufrecht, ich habe die Klarheit der biographischen Entwicklung (die ich gar nicht gegeben), durch Zusammenwürfeln des Heterogensten unverzeihlich vernichtet. Wenn er den Zusammenhang und Zweck der Einleitung verkannt hat, so ist dies seine Schuld; dem Verworrenen verwirrt sich Alles. Ob Herr Laas mich mit Recht einer Verdrehung seiner Worte zeihe (S. 454), möge der Leser entscheiden. Ich muss es noch immer für einen tollen Einfall dieses Herrn erklären, ich hätte das Chronologische und Metrische der Einleitung in zwei Tafeln geben sollen: es galt ja gerade, zu zeigen, wie sich Klopstock's Odenpoesie in Gestalt und Form entwickelt habe. Doch Laas sieht in der Einleitung, ohne durch die Ueberschrift sich beirren zu lassen, als Hauptinhalt die Vertheilung der einzelnen Oden unter die Lebensjahre des Dichters; dazu hätte freilich eine Tabelle hingereicht.

Die ausgehobenen, aus dem Zusammenhang gerissenen Stellen, womit er den Beweis meines „Echauffements der Nüchternheit" antritt, möchten doch Manchem trotz der eingeschobenen Zeichen und Bemerkungen etwas anders beweisen, was Herrn Laas nicht gerade angenehm sein dürfte. Dass hier einmal „Schacht" in „Schatz" verwandelt ist, mag ein Druckfehler sein, den Herr Laas nicht verschuldet. Aber wunderlich nimmt es sich doch aus, wenn er daran Anstoss nimmt, dass ich neben Klopstock's Grösse seine Schwächen nicht unbemerkt lasse und von einem Hin- und Herwiegen zwischen dem, was mir gefalle und missfalle, spricht. Die Frage ist, ob Lob und Tadel begründet sind oder nicht; hier galt es einzutreten, wenn Herr Laas etwas einzuwenden wusste.

Zuletzt will er noch eine Probe geben, wie ich in der Erklärung der Oden dem Faustischen Stürmen und Drängen Klopstock's als ein getreuer, etwas unbeholfener Wagner zur Seite stehe. Den Beweis, dass hier etwas unrichtig oder unnöthig sei, tritt er vorab nicht an. Die Stelle, womit er beginnt, ist gerade eine solche, wo der Zusammenhang der Ode etwas dunkel ist. Endlich glaubt er auf eine solche zu treffen, wo ich mir offenbar eine grosse Geschmacklosigkeit zu Schulden kommen lasse (455) aber

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statt dessen tritt die unglaublichste Verdrehung unseres verzweifelnd nach einer Schwäche haschenden Aristarch hervor. Klopstock hat zu den Worten ,,Ihm horcht die feinere Schäferin" im „,Wingolf Lied 5, 29 fast dreissig Jahre nach der Abfassung dieses Verses die Anmerkung gemacht: „Bezieht sich auf sein (Gärtner's) Schäferspiel: die geprüfte Treue." Dass diese Deutung auf einem Irrthume beruhen müsse, sah schon Vetterlein, Götzinger liess Klopstocks Anmerkung unberücksichtigt, und ich bemerkte: „Da V. 25-29 die Schilderung des erscheinenden Schattens, noch ehe der Dichter ihn für Gärtner erkannt hat, enthalten, so kann Klopstock's Anmerkung -- unmöglich richtig sein; auch ist hier nicht von dem Dichter, sondern von dem feinen Gesellschafter die Rede." Das ist für jeden, der auf den Zusammenhang sieht, durchaus zwingend, und hätte Herr Laas etwas mehr von Klopstock gewusst, so wäre ihm nicht unbekannt gewesen, dass dies nicht die einzige falsche Beziehung in den Oden, die dem Dichter selbst im Jahre 1796 begegnete. Herr Laas lässt mich aber sagen, um mir eine Albernheit unterzuschieben: „Das ist nicht wahr, weil die Worte in den Versen stehen, wo der Nahende noch nicht als Gärtner erkannt ist! Der Dichter konnte ihm also unmöglich Attribute, Zeichen beilegen, die Gärtner wirklich zukommen!" Nachdem der ehrliche Mann mir so die Worte im Munde verdreht hat, spottet er über eine solche Albernheit, um sich dann mit den Worten von mir abzuwenden: „Doch wozu widerlege ich die offenbaren Geschmacklosigkeiten eines Pedanten?" Möge der Leser sich von diesem schönen Stückchen Laasischer Zuverlässigkeit durch den Augenschein überzeugen. Ich sage keineswegs, die Züge, die Klopstock dem Schatten gibt, dürften nicht mit den wirklichen Zügen Gärtner's übereinstimmen, sondern der Dichter habe unmöglich eine Anspielung auf ein Stück von Gärtner machen können, ehe er nur geahnt, dass es Gärtner sei, und ich füge hinzu, dass eine solche Anspielung auf ein Stück von Gärtner auch sonst gar nicht in den Zusammenbang passe.

Nach diesem falschen Trumpfe wird mir denn der Mangel an Fähigkeit, philosophischer Bildung, Geschmack und warmem Enthusiasmus untergeschoben, aber dabei beruhigt sich Herr Laas noch nicht. „Um seine schulmeisterliche Art, einen Dichter zu glossiren, noch weiter kennen zu lernen, könnte ich auch noch auf seine Parallelstellen aus den Alten hinweisen. Wer sich in einer Mussestunde belustigen will, vergleiche z. B. Strophe 5 des fünften Liedes des Wingolf mit Virg. Ecl. VI, 83; Strophe 9 des ersten mit Hor. epod. 16, 10. 11. Jedoch sapienti sat!" Ja die Thorheit gipfelt hier! Es ist bekannt, dass besonders die ersten Oden Klopstock's voll von Anspielungen, Beziehungen und Redensarten aus den Alten sind, so besonders Wingolf in der ersten Bearbeitung. Hier ist es die Pflicht des Erklärers, auf die Klopstock vorschwebenden Stellen hinzuweisen, und dies, worin Vetterlein das Meiste vorgearbeitet, habe ich redlich gethan, aber nirgendwo ohne Noth eine Parallele aus den Alten gebracht. Den Vorwurf von Laas erkläre ich für eine leichtfertige Verdächtigung so lange, bis er seine Behauptung erwiesen. Was aber die beiden von ihm angeführten Stellen betrifft, so ist es nicht allein wahrscheinlich, sondern gewiss, dass Klopstock diese dort benutzt. Die aus Virgil, wo es vom Flusse Eurotas heisst, der des Phöbus Sang gehört, quae iussit ediscere laurus, war, wie die Kenner von Klopstock's prosaischen Schriften wissen, ihm sehr geläufig, und es kann kein Zweifel sein, dass daraus der Ausdruck geflossen, die aus dem Quell tönende Weisheit lehre die Wiederhalle. Wenn es an der andern Stelle heisst, das Capitol werde einst Trummer, Staub dann sein," so kann um so weniger zweifelhaft sein, dass die angeführte Stelle des Horaz vorschwebe, als der Dichter eine darauf folgende Stelle in einer andern von mir gleichzeitig angegebenen Ode benutzt hat. So löst sich also der Muthwille des Herrn Laas auch hier in die ärgste Beschämung seiner Unwissenheit auf.

Ich könnte auch die einzelnen über die Erläuterungen zum „Faust" von ihm gemachten Bemerkungen als schief und ungehörig abweisen, doch mag ich mit allem Einzelnen die Leser nicht behelligen, woher ich bloss beispielsweise Einiges anführe. Nur einmal ist es ihm gelungen, ein kleines Versehen zu entdecken. I, 81 ist statt Satan offenbar Diabolos zu lesen, nicht nach Satan einzuschieben, wie Herr Laas meint, der danach Widersacher wohl für gleichbedeutend mit Verläumder hält. Ueber die Namen Satan und Diabolos ist die Ausführung in Bekkers „Bezauberter Welt," die Goethe kannte (II, 17) noch immer belehrend.

Auf die das Vorspiel auf der Bühne betreffenden Bemerkungen brauche ich gar nicht einzugehen. Auch wenn man humoristisch über den "Faust" spricht, kann dieser nicht für ein Stück gelten, wie es der Director verlangt; es ist das entschiedene Gegentheil, und das sollte gerade der Prolog andeuten. Wenn ich im ersten Monolog des Faust zu dem Worte „Mauerloch" bemerke: „Er vergleicht das Zimmer mit dem beschränkten Loch von Mäusen und anderen in der Erde lebenden Thieren," meint Laas, es sei keiner so mauseartig beschränkt, dass er solcher Erklärung bedürfe. Nun, Herr Laas versteht das Wort noch immer nicht, wie es scheint. „Mauerloch steht hier nicht in seiner eigentlichen Bedeutung, wonach es ein Loch in der Mauer ist, sondern soll ein mit Mauern umschlossenes Loch bezeichnen, und mir wenigstens ist kein Zweifel, dass der Dichter bei der Vergleichung nicht an Löcher in Mauern oder Böden, sondern an unterirdische Löcher dachte, womit der verzweifelnde Faust sein Zimmer vergleicht. Wenn er behauptet (301), ich sage, die vier Verse „Darf eine Menschenstimme Erdensöhnen" gehörten nicht zusammen, so ist dies das offenbarste Missverständniss, da ich deutlich genug bemerke, diese vier Verse stimmten nicht recht zu den unmittelbar vorhergehenden Versen, welche auf seine Verzweiflung an wahrer Erkenntniss hindeuten.“ Eben so irrig ist seine unmittelbar daran sich schliessende Bemerkung, wo er nicht zu begreifen scheint, dass ich den gangbaren Sinn der biblischen Ausdrucksweise, der Mensch sei ein Ebenbild Gottes, als den gewöhnlichen dem vom Dichter im zweiten Monolog gewählten entgegensetze. Seine Bemerkung über golden zeigt, dass er den Goethe'schen Sprachgebrauch nicht kennt; nicht einmal hat er sich des „goldenen Baumes des Lebens erinnert, die beigebrachten Parallelen hat er übersehen. Eine reine Albernheit ist die Frage, woher ich wisse, dass die „bimmlischen Söhne“ sich zur Erde niederlassen; „ihre Gewänder flattern nur über's Land.“ Der Dichter sagt aber wörtlich: „Und der Gewänder flatternde Bänder decken die Länder, decken die Laube." Herr Laas denkt sich also die Engel über der Laube, über der Erde schwebend, was wahrlich nicht mit decken bezeichnet sein kann. Wenn er sich wundert, dass ich das Genügen der Hugel erklärt habe, so war ihm freilich unbekannt, dass dieser Ausdruck bereits auf wunderliche Weise missverstanden worden war, und zwar von einem Manne, mit dem ein Laas sich nicht im entferntesten vergleichen darf. Aber ihm ist diese Bemerkung beleidigend für Faustleser. Eine beträchtliche Anzahl ähnlicher Bemerkungen habe ich gemacht, eben weil falsche Erklärungen vorlagen, wovon aber Laas nichts ahnt, der es ganz unterlassen hat, meinen grossen Faustcommentar, woraus er über Vieles sich belehren konnte, mit den kleinen Erläuterungen zu vergleichen. Jetzt muss ich fast bedauern, die Bemerkung unterlassen zu haben, dass der Gewänder flatternde Bänder" ,,von Bändern flatternde Gewärder" bezeichnen sollen; vielleicht hätte dann auch Herr Laas die ungereimte Frage unterlassen. Die tollste Verdrehung ist es, wenn Herr Laas (301 f.) behauptet, nach mir liege in den Worten des erwachenden Faust „Bin ich entsprang," dass Faust vom Geist des Bösen angeweht sei u. s. w. Ich muss den Leser bitten, die Erläuterungen I, 83 f. zu vergleichen, um zu sehen, was dieser Herr, um nur etwas zu mäkeln zu haben, im Missverstehen des Einfachsten Archiv f. n. Sprachen. XXXIII.

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leistet. Wenn ich I, 99 bemerke, welche Bedeutung das Ende der Studentenscene für die Darstellung des Studentenlebens habe, so begreift Herr Laas nicht, wozu dies nöthig, und doch galt es, diese Beziehung hervorzuheben. Dass in dem leeren Reimspiele der Meerkatzen doch zuweilen wie zufällig Gedanken anklingen, hat der Dichter selbst durch die den Schluss derselben bildenden Verse angedeutet: „,Und wenn es uns glückt, Und wenn es sich schickt, So sind es Gedanken." Demnach war ich vollkommen berechtigt, in einzelnen Versen einen Sinn zu finden, wenn er sich ungesucht darbot. Und wäre es nicht auffallend, wenn der Dichter in dem ganzen Singsang jede Andeutung eines Gedankens ausgeschlossen hätte?" Wie Narren und Kinder oft die Wahrheit sagen, so dringt auch aus diesem Singsang oft ein bedeutsamer Ton durch. Das ist ganz in Goethe's Sinne, über den freilich mit Herrn Laas kein Wort zu sprechen ist.

Nach diesen Proben kann ich dem Leser getrost die Entscheidung überlassen, auf welcher Seite Einsicht und Kenntniss, auf welcher Verwirrung und Unwissenheit, und werde ich, überzeugt, dass Niemand hiernach Herrn Laas noch etwas auf's Wort glauben werde, mich zu keiner weitern Entgegnung reizen lassen, selbst, wenn er, um mich eines Goethe'schen Scherzwortes zu bedienen, mir vorwerfen sollte, ich habe silberne Löffel gestohlen. Möge er immer hinterher kläffen und aus allen Kräften bellen.

So will der Spitz aus unserm Stall
Uns immerfort begleiten,

Und seines Bellens lauter Schall
Beweist nur, dass wir reiten.

Mich trägt und hebt das Bewusstsein, eine methodische Erklärung unserer Classiker zuerst mit Strenge und gründlicher Kenntniss unternommen und bei den meisten und bedeutendsten Werken in einer Weise durchgeführt zu haben, wodurch das Verständniss derselben wesentlich gefördert worden ist. Das reiche Bildungsmittel, welches meine so ungemein billigen Erläuterungen darbieten, wird jeder Einsichtige zu schätzen wissen, und werde ich mich am wenigsten durch die gangbaren Vorurtheile und oberflächliche Beschränktheit in dem mir angewiesenen Berufe irren lassen. Ueber die Nothwendigkeit solcher Erläuterungen verweise ich auf die Vorrede zu meinem Lessing als Dramatiker und Dramaturg darstellenden Hefte. Die Beurtheilung des wirklich Geleisteten erwarte ich von Kennern, die immer die dankbarsten Leser sind, da sie der Sache gewachsen. Wie viele umfassende Studien hier gemacht sind, wird diesen nicht entgehen, während die Unwissenheit stolz daran vorübergeht, und nicht ahnt, welche mühevolle Forschung z. B. dem kleinen Hefte über Herder's Legenden zu Grunde liegt. Das Bewusstsein der guten Sache allein kann hier bei so manchen beschränkten Vorurtheilen, die sich breit zu machen pflegen, ermuthigen und stärken. Auf dieses gestützt werde ich nach Lessing's Dramen zunächst Schiller's lyrische Gedichte erläutern, dann Klopstock's Messias,“ von dem nur eine dunkle Sage in Deutschland umgeht, woran der Mangel einer fördernden Einleitung und Erläuterung wenigstens einen Theil der Schuld trägt. Was den Ton meiner Darstellung betrifft, so kann ich auch darüber beruhigt sein, und am wenigsten einen Mann wie Herrn Laas als Richter anerkennen, der selbst so wenig ordentlich zu schreiben als klar zu denken vermag. Klarheit, treffende Bezeichnung und ächt deutschen Ausdruck wird kein Einsichtiger vermissen; Gott behüte mich aber vor dem Versuche, ,,interessant" schreiben zu wollen, wie es Herr Laas fordert. Alles zu seiner Zeit! Ich weiss sehr wohl, dass Vielen Lessing und Goethe, nach deren Muster ich mich gebildet habe, zu schwerfällig scheinen; solchen kann auch meine Sprache gewiss nicht behagen, am wenigsten bei einem derartigen Stoffe. Eine leichte Unterhaltung zu bieten ist hier unmöglich, der Leser

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