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miteinander leben, um so höher gelten und nie aus dem Auge vèrs loren werden!

Dieser Wunsch führt mich denn darauf, noch einen Blick auf unsere Gesellschaft zu werfen, und mit Bezug auf eine Vorlesung im engern Kreise unsers Vereins vom 24. Mai 1832, das Gesagte auch an dem Gange der Geschichte dieser Verbindung in kurzen Worten zu zeigen.

Unsere Gesellschaft wurde am 4. Januar 1815 gestiftet, nachdem am 9. November 1814 sieben Männer (Bucher, Heinicke, Heins sius, Jahn, Krause, Wolke und Zeune) zusammengetreten was ren, den Grund dazu zu legen. Der Zweck war auch hier dahin be= stimmt worden, „die deutsche Sprache aus ihren eigenen Duellen und in ihrem ganzen Umfange veredeln zu wollen." Die Mittel dazu glaubte man in einem freien, aber doch geordneten Gange wissens schaftlicher Untersuchungen zu finden, bei denen Wahrheit mit Freimuth und geselliger Würde als das Höchste erscheinen und durch keine Rücksichten verschleiert werden sollte; zur Mitgliedschaft, wollte man einladen die als wahre Freunde der Deutschheit und der Muttersprache bekannt geworden wären. Die Bildung der Gesellschaft kam durch das Zusammentreten von 22 Mitgliedern zu Stande,

Ich habe die Geschichte der Gesellschaft in drei Zeiträume getheilt: I. von 1815-1818, welchen ich den gährenden; II. von 1818 1825, welchen ich den ruhig wissenschaftlichen; III. von 1825 bis jezt, welchen ich den freundschaftlichen genannt habe; und es scheint sich mir darin die Geschichte aller deutschen Gesellschaften in verjüngtem Maßstabe abzuspiegeln.

Im ersten Zeitraum hatte die Gesellschaft große, weitaussehende Plane, wie der Palmenorden, und hatte man auch keine Könige bei der Gesellschaft, so war doch allen Prinzen und Prinzessinnen und dem Fürsten Blücher von Wahlstadt die ziemlich starke Gesezurkunde übersendet, und ein großer Theil deutscher Gelehrten von Mitau bis Basel zur Mitgliedschaft eingeladen worden. Eben so litt die Gesellschaft an unendlicher Förmlichkeit, und wie Caspar von Leutleben die Form des Ordens, so hatte der erste Ordner, der sonst in vieler Beziehung verdiente Dr. Krause (er verließ schon am 27. Sept. 1815 Berlin) einen Schein der Maurerlogen in die Gesellschaft überzutragen versucht, woneben auch die Menge unnüßer und hemmender Aemter beschwerlich ward. Den seltsamen und doch liebenswür

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digen Sprachkeßer Phil. v. Zesen aber (wie ihn unser Schulrath Schulz in seiner Schrift: Sprachgesellschaften des 17ten Jahrhunderts nennt) hatten wir in unserm Hofrath Wolke, und traten so der teutschgesinnten Genossenschaft nahe, denn er galt für das Haupt der puristischen und steifförmigen Richtung. Große Werke, sollten auch erscheinen, ein Tageblatt in monatlichen, 4 bis 6 Bogen starken Heften, was aber nicht zu Stande kam. So mußte schon im ersten Jahre manche kühne. Hoffnung aufgegeben werden; doch blieb im Jahre 1816 noch der große Vorsaß übrig, aus der Gesellschaft selbst ein deutsches Wörterbuch, eine Sprachlehre und eine Sprachgeschichte hervorgehen zu lassen, für welche Zwecke Ausschüsse ange= ordnet wurden, die in besonderen Versammlungen arbeiten sollten. Aber obschon manches hiebei zu lernen war, es konnte das Ziel auf diese Weise, schon wegen der gehäuften Berufsgeschäfte der Mitglie= der, nicht erreicht werden. Wenigstens sollte nun ein Jahrbuch aus den Arbeiten der Ausschüsse hervorgehen; aber troß dem redlichen Eifer Einzelner, kam dies um so weniger zu Stande, da eine große Meinungsverschiedenheit in der Gesellschaft sich zeigte, und es endlich 1818 zu einem völligen Bruche kam, worauf ein Theil der Mitglieder, Jahn an der Spiße, austraten, denen auch die heftigsten der Gegenpartei folgten. Damit ging die Periode vorüber, von welcher man sagen kann, daß die Hauptzwecke der Gesellschaften des 17ten Jahrhunderts in ihr im verjüngten Maaßstabe sich abspiegelten, nur die Innigkeit der Pegnißschäfer, wie die Pflege der Dichtkunst, waren fern geblieben.

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Nun begann der zweite Zeitraum, der ruhigeren wissenschaftlichen Forschung, und man könnte darin eine Aehnlichkeit mit der Leipziger deutschen Gesellschaft finden, wie sie das 18te Jahrhundert uns darstellt, nur daß kein Menken und Gottsched bei uns zu finden waren. Alles ward nun gemäßigt, die große Berühmtheit nicht erstrebt, die leeren Förmlichkeiten abgeschafft, die Gefeßurkunde auf wenige Seiten zurückgeführt, und nun ernstlicher an Herausgabe eines Jahrbuchs gedacht, was 1819 unter Schulrath Schulz's Ordneramte vorbereitet, 1820 erschien. Daß keine Fortsetzung folgte, lag nicht am Eifer der Gesellschaft, sondern an der Saumseligkeit des Verlegers; indessen wurden die sonst wöchentlichen Versammlungen erst auf 14tägige, dann auf monatliche zurückgeführt. Eine augenblickliche bedeutende Vermehrung der Gesellschaft unter Giesebrechts Ord:

neramt 1824 half nicht auf lange Zeit. Die Gesellschaft hatte daneben den besten Willen: aber drei große von ihr eingeleitete Pläne, nämlich die Herausgabe der ungedruckten Hugo v. Montfortischen Gedichte, eine neue Ausgabe des Ulfila mit. Abdruck der neu ents deckten Handschriften in Mailand, und die Beförderung des Drucks der alten gereimten Kaiserchronik, sind ihr ohne ihre Schuld nicht gelungen; nur die Herausgabe des Otnit durch Mone hat sie bewir fen können. Es schien demnach die Gesellschaft äußerlich wenig zu förs dern, ja allmählig einzugehen, wie die Leipziger in der lezten Hälfte des 18ten Jahrhunderts.

Unter v. d. Hagens Ordneramt am 23. November 1825 wurde darauf der Beschluß gefaßt, daß sich die Gesellschaft in Zukunft immer monatlich bei einem Mitgliede der Gesellschaft versammeln und den Abend freundschaftlich zusammenbleiben sollte. So begann vom Jahre 1825 der dritte Zeitraum der Gesellschaft, welchen ich den freundschaftlichen genannt habe, und in welchem ich den schönen Zweck der Geselligkeit und Freundschaft immer mehr in Erfüllung gehen sehe. - Diesen haben wir, neben ungezwungenen wissenschaft= lichen Bestrebungen, treulich im Auge behalten, und denken gern an die so durchlebten Jahre zurück, in welchen, neben dem was jeder durch Verbindung mit lieben Freunden gewonnen hat, auch manche tüchtige wissenschaftliche Arbeit hervorgegangen ist.

Nachdem so neun Jahre in solchem Vereine der Mitglieder im Austausche der Meinungen und Ansichten, in manchem treuen und friedlichen Forschen, vorüber gegangen waren, wurde unter Augusts Ordneramte und von ihm der Vorschlag gemacht, die Gesellschaft auch in diesem Verhältniß allgemeiner zu machen und neben dem Bestehen des engeren Kreises auch einen weiteren der Ehrenmitglieder zu gründen. Dies ist am 16. Januar 1834 ins Werk getreten, und hat sich unter dem Ordneramte v. d. Hagens als gelungen bewährt. Ich rechne von da an keine neue Periode der Gesellschaft, und möchte nach der freundlichen keine andere erleben, weil die Freundschaft es ist, welche Sturm und Streit überdauert und statt des Prunkens mit schönen Schaalen den rechten Kern zu freudigem Gedeihen alles Guten darbietet. Diesen schönen Zweck unserer Gesellschaft laffen Sie uns auch in dem neu beginnenden Jahre treulich verfolgen, um durch Freundes Rath und Aufforderung in der wissenschaftlichen und künstlerischen Behandlung unserer theuren Muttersprache gefördert zu

12 1. Pischon: Zweck und Geschichte der deutschen Gesellschaft.

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werden, ohne Zwang und Hochmuth, frei, wie das Herz gebeut, neh men und geben: nehmen, was tiefere Kenntniß und Forschung uns freundlich darreichen; geben, wozu wir hier angefeuert wurden und was wir gestärkt durch unser Beisammensein still vollbracht haben; und überall unsere Versammlungen betrachten als Erholung und Stärkung für den jedem zugemessenen Beruf. Dann, möge äußers lich viel oder wenig geleistet werden, wird doch ein reicher Gewinn unser Antheil sein, und die Liebe zu den besonderen Gegenständen unserer Forschungen wird immer lebendiger in uns werden, und das Alles zur Ehre dessen, der die hohe, schöne, edle Sprache uns gegeben und den Sinn für ihre Herrlichkeit in unser Gemüth gepflanzt hat.

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II.

Amerika

ein ursprünglich deutscher Name.

(Schreiben an Se. Excellenz den Herrn Geheimerath Alexander
von Humboldt.); «

Euer Excellenz freundlicher Aufforderung zufolge, eine gelegent

liche Aeußerung, daß der Name der neuen Welt, welche Ew. Excellenz so bedeutende Aufklärung verdankt, ein ursprünglich deutscher sei, weiter zu begründen, stelle ich hier, mit Bezug auf die dazu von Ew. Excellenz mir gütigst mitgetheilten Bemerkungen, alles zusammen, was mir bisher darüber zu Gebote steht.

Der Freiburger Professor Hylacomylus, der durch gelehrte Wiedertaufe seinen eigenen, ohne Zweifel gut deutschen Namen (Holzmiller? oder dergleichen) verdunkelte, so daß der Mann bisher noch nicht weiter zu ermitteln gewesen *), als er im Jahre 1507, im Brief= wechsel mit Lothringer Gelehrten, zuerst den Namen Amerika vorschlug, dachte er freilich nicht daran, daß er einen ursprünglich vaterländischen Namen einführte. Dieser neue Name stimmte schon im bloßen Klange so gut zu den dreien der alten Welt, Europa, Asia, Afrika, daß solcher Anklang ihn noch fortwährend über Cos lumbia behaupten wird, wenngleich dem Florentiner Amerigo Vespucci **) nicht die bisher ihm angeschuldigte eitele Anmaßung zu Last

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*) Man kennt ihn sonst nur aus einer Kosmographie 1502 — 5. t ihn font

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**) Daß dieser in den amtlichen Berichten bei Navarrete eben so häufig bloß Amerigo oder Vespucci, als vollständig, genannt wird, ist alte und noch gebräuchliche Auszeichnung, z. B. Ariosto heißt häufig nur Lodovico: aut ähnliche Weise wie im Englischen Sir gewöhnlich nur mit dem Vornamen, ohne den Geschlechtsnamen, verbunden wird. Um so eher mußte Hylacomylus den Vornamen festhalten. Wenn Amerigo's Vater und Neffe Anastasio und Juan Vespucci nicht so mit bloßem Vornamen genannt werden, geschah es, weil sie minder berühmt waren.

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