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Noch ein größerer jezt und weit graunvollerer Anblick
Stellt sich den Elenden dar, und verwirrt die befremdeten Herzen
Priester, gezogen durch Loos, war Laokoon dort dem Neptunus,
Dem den gewaltigen Stier an den Festaltären er weihte.
Siehe von Tenedos her, zwiefach durch stille Gewässer
Nahn (ich erzähle mit Graun!) unermeßlich kreisende Schlangen,
Ueber das Meer sich dehnend, und streben zugleich an das Ufer;
Denen die Brust, in den Wellen emporgebäumt, und die Mähne
Blutroth aus dem Gewog' aufragt; ihr übriger Leib streift
Hinten die Flut, und sie rollen unendliche Rücken in Wölbung.
Rauschen ertönt aus schäumendem Salz; jezt drohn sie gelandet,
Und die entflammeten Augen mit Blut durchströmet und Feuer,
Zischen sie her, und umlecken mit regerer Zunge die Mäuler.
Alle zerfliehn vor der Schau blutlos. Doch sicheres Zuges
Gehn sie Laokoon an; und zuerst zween kindlichen Söhnlein
Dreht um den Leib ringsher sich das Paar anringelnder Schlangen,
Schnüret sie ein, und o Jammer! zernagt mit dem Bisse die
Glieder.

Drauf ihn selbst, der ein Helfer sich naht und Geschosse daherträgt,
Haschen sie beid', und knüpfen die gräßlichen Windungen: und schon

Zweimal mitten umher, zweimal um den Hals die beschuppten
Rücken geschmiegt, stehn hoch sie mit Haupt und Nacken gerichtet.
Jener ringt mit den Händen, hinweg die Umkertungen drängend,
Ganz von Eiter die Bind' und schwärzlichem Gifte besudelt;
Und ein Jammergeschrei graunvoll zu den Sternen erhebt er:
So wie Gebrüll auftönt, wann blutend der Stier vom Altare
Floh, und die wankende Art dem verwundeten Nacken entschüttelt.
Aber sie beid' entrollen zum oberen Tempel, die Drachen,
Schlüpfriges Gangs, und ereilen die Burg der erzürnten Tritonis,
Wo sie unter die Füß' und des Schilds Umkreis sich verbergen.

Ein neues Wunder!

Aus Petronius, überseht von W. Cofack.

(3u S. 82 f.)

Seht! wo sich bei Tenedos

Die Woge bricht, und schäumend steigt das Meer empor,
Und dann getheilt in stiller Bucht die Welle braust,
Wie wenn in ruh’ger Nacht weithin der Ruderschlag
Ertönt, sobald der Schiffe Rumpf die Fluten drückt,
Und unter ihrer Last des Meeres Spiegel seufzt ·

Da schaun wir hin, und kreisend schlägt ein Schlangenpaar
Das Wasser an dem Fels empor, und Schaum aufwühlt,
Den Schiffen gleich, der Beiden giftgeschwollner Leib.
Laut dröhnt der Schweif, und schillernd wallt die Mähne hin,
So daß des Meeres Fläche heller Glanz erfüllt,

Und von der Schlangen Zischen selbst die Welle bebt.
Entseßen faßt uns, denn im heil'gen Priesterschmuck
Stehn dort die Zwillingsknaben des Laokoon,
Und plöglich winden ihren Schuppenleib um sie
Die Schlangen. Jene heben wohl die zarte Hand
Zum Antlig auf, doch Hilfe bringt sich keiner selbst,
Weil liebend er dem Bruder seine Sorge weiht!
So rafft die Armen furchterfüllt der Tod dahin,
Und zu den Söhnen wird der Vater auch gesellt,
Der sie nicht retten kann; ihn trifft der Schlangen Biß,
Die morderfüllt den Priester hin zur Erde ziehn,
So daß er selbst ein Opferthier am Altar liegt.

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