Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Einleitung.

Die Ereignisse, welche in frühester Zeit auf den brittischen Inseln §. 1.

statt hatten, zeigen uns die Elemente, aus denen nach und nach dielische Sprache zusammen gefloßen ist.

Die Ureinwohner jener Inseln waren Kelten: im Süden Großbritanniens saßen die Britten, im Norden die Pichten (von den Römern Caledonier genannt), in Irland die Gälen (Iren, Ersen). Ein Zweig der letzteren, die Scoten, besiegten die Pichten und gaben dem Lande Herren und Namen.

Die Hilfe, welche die Britten den verwandten Galliern gewährt haben sollen, veranlaßte die römische Invasion. Cäsar beginnt (55 vor Chr.), Cn. Julius Agricola (78-85 nach Chr.) fördert, und Kaiser Severus vollendet (209) die Eroberung Großbritanniens. Die Römerherrschaft gewährt zwar Schutz gegen die räuberischen Pichten and Scoten, aber sie führt auch römische Sitte und Sprache ein. Vom Sturme der Völkerwanderung erschüttert ruft Rom seine Legionen zurück (409), die Pichten und Scoten drängen nach und die Britten, ungewohnt und unfähig, sich selbst zu schützen, rufen germanische Stämme herbei. Früher in geringerer Anzahl, auf Vortigern's Bitten in größerer, landen sie (449) auf Thanet, nehmen das Land in Schutz, aber auch in Besitz; die Britten erheben sich; ein langer Kampf erfolgt, der mit ihrer völligen Unterwerfung und der Vernichtung römischer Bildung endigt: Britannien wird germanisch.

Die Stämme, die Vortigern's Ruf nach England zog, sollen Jüten, Angeln und Sachsen gewesen sein. Unter ihnen waren die Sachsen wohl am zahlreichsten, da sie mehrere Staaten bildeten und die Ureinwohner alle Einwanderer Sachsen nannten; die Angeln aber waren Koch, engl. Grammatik. I.

1

§. 1. mächtig genug, um Land und Leute nach sich zu benennen, bis später beide Namen zu dem gemeinsamen Namen Angelsachsen verschmolzen. Die Jüten setzten sich in Kent, auf der Insel Wight und der gegenüberliegenden Küste, die Sachsen im Süden Englands, die Angeln nördlich von ihnen. Eine Reihe kleiner Staaten entsteht (Kent jütisch, Sussex, Essex und Wessex sächsisch, Ostangeln, Mercia, Deira und Bernicia anglisch, gegen 586), das Principat schwankt, bis im Anfang des 9. Jahrh. Egbert, König von Wessex, sie alle zu einem Reiche vereinigte, Mercia ausgenommen, und sie gegen die räuberischen Einfälle der Dänen zu schützen wußte. Als aber nach seinem Tode (836) sein schwacher, mönchisch erzogener Sohn Ethelwulf zur Regierung gelangte, mehrten sich die Angriffe der Dänen, so daß selbst der tapfere Ethelred es nicht hindern konnte, dass sie sich festsetzten, ein anglo-dänisches Reich (Northumbria) gründeten und ihre Raubzüge nach dem Süden wiederholten. Glücklicher war sein Bruder Aelfred (871-901). Er befreite sein Land von den Einfällen der Dänen und überließ ihnen, nachdem sie sich unterworfen hatten und Christen geworden waren, Northumberland und Ostangeln zu Wohnsitzen. Im Innern stellte er die altgermanische Verfaßung wieder her und mit derselben Freiheit und Ordnung, gründete und beschenkte Schulen und Kirchen, berief tüchtige Gelehrte an seinen Hof, förderte die Bildung der Geistlichen (Sachsenschule in Rom), sammelte die alten Lieder und war selbst literärisch thätig, überall bemüht, die Bildung der Angelsachsen zu heben. Sein tapferer Enkel Aethelstan († 941) unterwirft durch den glänzenden Sieg von Brunanburg (937) Northumbrien. Als sich unter Ethelred II. die Angriffe der Dänen erneuern, erkauft dieser von dem Dänenkönige Sueno dem Glücklichen eine kurze Ruhe, unterliegt aber im neu ausgebrochenen Kampfe und muß zu seinem Schwager Richard II., dem Herzoge von der Normandie, fliehen (1013). Sueno stirbt schon das nächste Jahr, aber sein Sohn Kanut der Große behauptet seine Herrschaft bis an seinen Tod 1035. Das altnordische Element findet Eingang und Einfluß.

Im Jahre 1042 riefen die englischen Großen Ethelred's Sohn auf den Thron, Edward den Bekenner, und da dieser sie durch seine Vorliebe für die Normannen erbittert hatte, übergiengen sie nach seinem Tode seinen Neffen Edgar (1066) und wählten des dänischen Grafen Godwin Sohn, den mächtigen Harald. Aber Herzog Wilhelm II. von der Normandie behauptete, daß ihn Edward zum

Erben eingesetzt habe, und setzte über, um seine Ansprüche geltend §. 1. zu machen. Harald fiel bei Hastings, mit ihm das Reich der Angelsachsen. Wilhelm, Herr von der Normandie, Bretagne und Maine, ward König: England wird normannisch.

Von spätern Ereignissen sind die wichtigsten: die Vermehrung der englischen Besitzungen in Frankreich durch Vermählung Mathildens, Heinrichs I. Tochter, mit Gottfried Plantagenet, die blutigen Erbfolgekriege Edwards III. (1327-77) mit dem Hause Valois, die 1339 ausbrachen und mit dem Verluste fast aller Besitzungen in Frankreich endigten, und die später mit gleichem Erfolge von Heinrich V. (1413-22) wieder aufgenommen wurden, die Vorbereitung der Reformation durch Wycliffe (1324-1387) und der dreißigjährige Kampf zwischen den Häusern York und Lancaster (1452).

[ocr errors]

Diese historischen Ereignisse zeigen, welche Sprachen und in welcher Folge diese in England erklangen: Keltisch, Lateinisch, Angelsächsisch, Altnordisch, Normannisch-Französisch und Englisch.

1. Keltisch.

Das Keltische wurde nicht nur von den Urbewohnern der brit- §. 2. tischen Inseln gesprochen, sondern auch von den Bewohnern Belgiens, Galliens und eines Theiles von Spanien. Schriftliche Denkmale aus der ältesten Zeit haben sich nicht erhalten, denn die Druiden hielten es (nach Cäsar) für unziemlich, ihre Lehren aufzuzeichnen. Und selbst wenn diese aufgezeichnet worden wären, so würden sie sich schwerlich erhalten haben: die nachfolgende römische Herrschaft würde sie als die Träger des keltischen Volksthums, die christliche Zeit würde sie als die Träger des Heidenthums angesehen und beide würden versucht haben, die Vernichtung derselben zu bewirken. Die ältesten altirischen Denkmäler sollen dem 8. oder 9. Jahrh. angehören.

Gegenwärtig werden zwei Hauptzweige des Keltischen unterschieden, das Neu-Irische, die jetzige Sprache der Irländer, von der das Schottische (Hochschottische, Gälische, Ersische) wenig, das Mankiche (auf der Insel Man) weiter absteht; und das Britannische, das aus dem Kymrischen in Wales, und dem Armorischen oder Bas Breton in Bretagne besteht. Zu demselben gehörte auch das Cornische in Cornwall, das gegen Ende des vorigen Jahrh. ausstarb. Die Sprache der alten Gallier scheint dem letzteren Zweige zu Grunde gelegen zu haben.

§. 2.

§. 3.

ags. grut

Die nahe und lang dauernde Berührung, die zwischen Kelten und Angelsachsen stattgefunden hat, mag manches Wort eingeführt haben und zu ganz verschiedener Zeit, obgleich dabei nicht außer Acht zu lassen ist, daß solche Wörter beiden Sprachen als Gliedern desselben Stammes gemeinsam sein können. So liegen schon neben einander ags. bearu bewaldeter Hügel, kymr. berfa, gäl. barpa, ne. barrow; ags. clût Stückchen Leinen, gäl. clud, kymr. clwt, ne. clout Lumpen; ags. cylene Ofen, kymr. cyl cyln, ne. kiln ; ags. crôc Haken, kymr. crôg, afrz. croc, altn. krôkr, ne. crook; ags. crocca Topf, gäl. crog, kymr. crochan, ne. crock; Grütze, alts. gruti, lat. grutellum, afrz. gruel, kymr. grual, ne. gruel; ags. mattuc Haue, Karst, kymr. mattoq, gäl. madag, ne. mattock etc. Andere finden sich nicht im Ags., wie ne. button Knopf (Wycl. botoun Ex. 26, 11), kymr. botwn, gäl. putan; ne. cock-, cockle-boat, lat. concha conchula, afrz. coque, kymr. cwoh ; wicket Pförtchen, kymr. gwiced, afrz. wiket guischet, fr. huis; ne. gown Kleid, gäl. gun, kymr. gwn, afrz. gone gune, ital. gonne. Andere sind erst später eingedrungen, wie ne. basket Korb, kymr. basged, gäl. basgard; ne. bran Kleie, gäl. brân; ne. clan Stamm, gäl. und ir. clann; ne. clay-more Schwert, gäl. claidheamhmôr; ne. dainty Leckerbissen, kymr. dantaith; ne. darn stopfen, kymr. darn; ne. fleam Lanzette, kymr. fflaym; ne. garran Gaul,

[ocr errors]

ne.

gäl. gearran; fillibeg der kurze Rock der Bergschotten, gäl. filleadhbeg; ne. plaid schott. Mantel; shamrock Klee, ir. gäl. seamrag etc.; ferner in Zusammensetzungen, wie gäl. aber- Mündung, Zusammenfluß: Aber-deen; -pen Kopf: Pen rith; gäl. srath, kymr. ystrad Thal: Strath-aven.

Obgleich die Vocalhäufung im Mankischen an die englischen Digraphen erinnert, so stehen beide doch in keinem Zusammenhange. Die Schärfung der zischenden g und ch läßt ans Mankische eben so gut denken, als an das Provenzalische (coratge); aber sie rührt weder von diesem noch von jenem her, sondern liegt im Gang der Sprache.

2. Lateinisch.

Wie überall, so zog auch in England römische Sprache und Sitte mit den römischen Legionen ein. Die lange Dauer der römischen Herrschaft (von 55 vor Chr. bis 412 nach Chr.), die stehenden Lager, die Ansiedlungen der Veteranen, das Aufblühen bedeutender Städte, ihre leichtere Verbindung durch Straßen fördern eine Bildung,

[ocr errors]

von der noch jetzt zahlreiche Alterthümer zeugen. Martial rühmt die §. 3. Ausbreitung der römischen Poesie und Juvenal die Ausbreitung römischer Gelehrsamkeit und Redekunst in Britannien. Und doch scheinen aus dieser Zeit kaum einige Wörter in Compositionen sich erhalten zu haben, wie colonia in -coln: Lindum colonia Lincoln, castra im ags. ceastre und stratum in stræt. Erst mit der Einführung des Christenthums und durch die nähere Beziehung zwischen England und Rom wird eine größere Anzahl lateinischer Worte ins Ags. eingeführt. Der Kirchensprache gehören an: antecrist, ancor (anachoreta), apostol (postol Durh., posstell Orm), arcebiscop, biscop, almæsse (heŋpoorv), calic, candel, cliroc, clustor, claustre, creda, cyrice, diacon, discipul, deofol, ele ale al, engel, mæsse, munec, mynster, non, organ. papa, paternoster, pæll pell, pistol (epistola), portic, predicjan (prædicare), profost (præpositus), prim, preost, purpur (purple Joh. R. 19, 5), regol, salm, sanct, timpana, ymn. Seltener sind andere Wörter, wie ancor Anker, camell, culter, crûn, culufre Taube, castell, disc, dohter (Durh. für doctor), fers Vers, gigant, lilge, leo, meregreot (margarita), persuc, port, pund, piper, plant, torr, tunece, peterselige, ylp, ynce (uncia). Diese Wörter bleiben meistens, bisweilen nach den volleren fremden Formen zurückgehend, bisweilen verkürzt, und jetzt noch im Ne. antichrist, anachoret und anachorite, apostle, archbishop, bishop, alms, calice, candle, clerk, cloister, church, creed, dean, disciple, devil, oil, angel, mass, monk, organ, papa pa, paternoster, pall, epistle, porch, priest, preach, provost, purple, rule, psalm, saint, tympanum und tympan, hymn; anchor; camel, culter und colter, crown, castle, dish, doctor, verse, giant, lily, lion, margarite, peach, port, pound, pepper, plant, tower, tunic, parsley, elephant, inch.

In den nächsten Jahrhunderten scheinen lateinische Studien nicht sehr allgemein gewesen zu sein, denn Beda bittet seinen Freund Egbert, Erzbischof von York (von 732 bis 766) eine strengere Kirchenzucht einzuführen und wenigstens das Credo und Paternoster zum Besten der Laien wie des Clerus ins Ags. übersetzen zu laßen. Zu Aelfred's Zeit war die Kenntniss des Latein so gesunken, daß selbst die Priester die Messe, die sie täglich lasen, nicht verstanden. In der Vorrede zum Liber pastoralis klagt Gregor, daß Niemand die reichen literärischen Schätze der Kirchen nützen könne, weil sie nicht ins Angelsächsische übersetzt seien. Erst später kam Latein durch das Auftreten der klassischen und theologischen Studien in all

« ZurückWeiter »