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oft Tage lang unterbrochen wird'). Hongkong scheint dem hiesigen Handel den letzten Todesstoss zu versetzen; die bedeutendsten Handelshäuser siedeln dahin über." Hongkong. „Diese Insel kann nämlich, wie alle von den Engländern in der Neuzeit in Besitz genommenen Häfen, in Bezug auf die für einen solchen erforderlichen Eigenschaften kaum günstiger gewählt sein. Die Lage von Victoria auf der Nordseite einer, etwa 18 bis 20 Engl. Meilen im Umkreis messenden, gebirgigen Insel, inmitten eines ebenfalls gebirgigen Archipels, gewährt dem sehr geräumigen Hafen den Vortheil zweier sich gegenüber liegender Eingänge, so dass beinahe bei jedem Winde gefahrlos eingelaufen werden kann. Das Meer ist beinahe durchgängig bis dicht an die Ufer sehr tief, so dass Schiffe von 15 Fuss Tiefgang in ganz geringer Entfernung vom Lande ankern können, ja selbst Schiffe von 25 Fuss ankern nur 300 bis 400 Yards (900 bis 1200 Fuss) weit. Ein weicher, zäher Lehmboden giebt guten Ankergrund bis dicht an die Küste, und ein Schiff, das seine Anker schleppte oder verlöre und auf die Küste getrieben würde, dürfte kaum wesentlichen Schaden zu befürchten haben, wenn nicht schon überhaupt die 800 bis 1800 Fuss hohen Berge, welche das Hafenbassin umgeben, nach allen Seiten hin genügenden Schutz gegen den, im Herbst und Winter in diesen Gewässern grosse Verheerungen anrichtenden, Typhun gewährten. Eben so vortrefflich ist die Lage in Bezug auf Vertheidigung; einige wenige Landbatterien im Verein mit einigen Kriegsschiffen, Kanonenbooten oder schwimmenden Batterien in den beiden Einfahrten würden vollkommen hinreichen, um jedweden Angriff zurückzuweisen. Trinkwasser liefern die Granitberge der Insel in bester Qualität, aber in Bezug auf Nahrungsmittel ist die Insel auf Einfuhr angewiesen. Was für grosse kommerzielle Vortheile Hongkong bietet, lässt sich aus dem wunderbar schnellen Aufblühen des Platzes 2), den zahlreichen und trefflichen öffentlichen Bauten, den schönen, geräumigen Häusern, dem regen Leben in den breiten Strassen und dem überall ersichtlichen Wohlstande hinreichend schliessen. Durch die Terrainverhältnisse bedingt, hatte Victoria noch vor wenigen Jahren nur eine einzige, parallel mit dem Ufer laufende Strasse; jetzt sind deren schon drei, theils neben, theils über einander laufend, durch viele Querstrassen, an manchen Orten mit Stufen,

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1) Die östlich von Macao gelegene Rhede, von der Heine hier spricht, hat nach den Englischen Seekarten erst in der Entfernung von fast 2 Naut. Meilen eine Tiefe von 3 Faden, 11⁄2 Naut. Meilen weiterhin wird sie 4 bis 42 Faden und abermals 4 Naut. Meilen weiter 5 Faden tief, so dass grosse Kriegsschiffe nur verhältnissmässig weit von Macao ankern können. Der schmale Eingang zu dem inneren, westlichen Hafen ist nur 134 Faden tief, gestattet also auch gewöhnlichen Handelsschiffen die Einfahrt nicht.

2) Victoria zählt schon etwa 15,000 Einwohner.

unter einander verbunden. Selbst kleine Schluchten zwischen den Bergen und einzelne vorspringende Abhänge sind bereits mit monumentalen Bauwerken nicht unmalerisch bedeckt."

Unter solchen günstigen Bedingungen ist Hongkong rasch der Hauptstützpunkt der Englischen Macht in China geworden; dort haben die obersten Behörden, welche den Verkehr zwischen Gross-Britannien und China vermitteln, ihren Sitz, dort befinden sich die bedeutendsten Magazine und Arsenale und von dort nahmen alle kriegerischen Operationen ihren Ausgang, zu denen die schwierigen kommerziellen Beziehungen mit China so häufig Veranlassung gegeben haben.

Nähert man

Das äussere Bassin des Canton-Flusses. sich, die äusseren Inselgruppen verlassend, der Mündung des Canton-Flusses, so gelangt man zunächst in das grosse Becken, das von den Engländern,,Outer Waters" (Äusseres Bassin) genannt wird. Es dehnt sich durch etwa einen halben Breitengrad (22° 15′ bis 22° 45′ N. Br.) von dem Lantao-Archipel bis zur Bocca-Tigris aus, wird im Osten vom Festland, im Westen von grossen, durch den Hongshan inselartig abgetrennten Landstrichen, namentlich der Macao-Insel, begrenzt und schliesst mehrere kleinere Inseln ein, wie die Lintin- und Kee-ow-Insel, die Inseln der Tyshan-Bai, Lankeet, Sampan-chow oder Boot-Insel und andere. Auch diese Küsten und Inseln sind zum Theil gebirgig, doch trifft man auf ihnen, namentlich an den Ufern, auch ausgedehnte Niederungen, die mit Reisfeldern bedeckt sind und in denen man hie und da einige hübsche, von Bäumen und Gebüschen umgebene Häuser oder Hütten gewahrt. Das friedliche Ansehen der Wohnungen, die Fülle des üppig wachsenden Reises und der Reichthum an Fischen in diesen Gewässern könnten zu dem Glauben verleiten, dass die Bewohner ein stilles, glückliches Leben führten, aber gerade jene anscheinend friedlichen Dörfer beherbergen die zahllosen Räuberbanden, welche seit langer Zeit durch ihre Keckheit und Grausamkeit den Canton-Fluss und dessen Umgebungen berüchtigt gemacht haben, die noch in der Jetztzeit sehr häufig kleine Schiffe überfallen, die Mannschaft morden und die Waaren rauben, die sich in dem vorjährigen Kriege selbst bis dicht unter die Geschütze der Englischen Kriegsschiffe wagten.

Die Bocca-Tigris. Nördlich werden die Outer Waters von den Inseln Tycocktow und Chuenpee abgeschlossen, die zwischen sich die eigentliche Mündung des Flusses, die berühmte Bocca-Tigris oder Bogue, lassen. Steile, nackte Felsenhöhen, von drohenden Batterien umgürtet, scheinen den Eingang in die etwa zwei Nautische Meilen breite Mündung zu verwehren; dahinter erweitert sich der Fluss zwar durch die östlich zwischen der Chuenpee- und

Anunghoy-Insel einspringende Anson-Bai, wird aber bald von Neuem eingeengt und überdiess durch die beiden Wantong-Inseln in zwei Passagen geschieden. Ehe man die Bocca verlässt, hat man noch das östliche Kap der Tiger-Insel zu umfahren, das in seinen Umrissen einige Ähnlichkeit mit dem Kopf eines Tigers zeigt und dadurch der Insel und der ganzen Mündung den Namen gegeben hat.

Oberhalb der Mündung erweitert sich der Fluss beträchtlich und bietet den Anblick eines Binnensee's. Die Landschaft wird jetzt schön und pittoresk, die ausgedehnten kultivirten Ebenen längs der Ufer werden in der Ferne von Bergen umsäumt, die zwar der Vegetation entbehren, aber einen hübschen Hintergrund zu dem Gemälde bilden. Sowohl auf den Inseln im Fluss als auf den Niederungen des Festlandes wachsen grosse Mengen Reis. Die Fluth wird von den Feldern durch Deiche abgehalten, auf denen die Bewohner Pisang ziehen. Auch Zuckerrohr wird hier in ausgedehnter Weise angebaut. Ausserdem wächst auf den Ebenen in der Nähe des Flusses eine grosse Anzahl der

gewöhnlichen Fruchtbäume des Landes, wie der Manglebaum, die Guava, Cookia punctata, Leechee, Longan, Orangen, Citronen und Pumelows; ferner sieht man häufig Cypressen, Thuja, Bananen, Feigen, Bambus, eine Art Trauerweide und andere Bäume. Längs der Ufer wird Lotus in grosser Menge gezogen und ähnlich wie die Reisfelder durch Deiche eingehägt. Flussarme und Kanäle durchschneiden die weiten Ebenen in den verschiedensten Richtungen; an mehreren derselben liegen Dörfer und Ortschaften, entweder auf etwas erhöhtem Terrain und von soliderem Material erbaut, oder in der Niederung und nur von Bambus und auf Pfählen errichtet. Wenn dann die steigende Fluth die Felder unter Wasser setzt, liegen die Ortschaften gleich kleinen Inseln in denselben. Bei der sogenannten Zweiten Barre zieren eine grössere und eine kleinere Pagode das linke Ufer. Von Osten her münden hier die Arme des Tong-kiang, der fast alle Gewässer des östlichen Theils der Provinz Kwangtung in sich vereinigt. Bis zu der nördlichsten dieser Mündungen behält der Fluss seine nordnordwestliche Richtung stetig bei, von da an wendet er sich aber mehr nach Westen und wird zugleich durch die Erste Bar-Insel, die Sechs Flachen Inseln und die Dänen-Insel in zwei Arme getheilt, von denen der nördliche nach Whampoa, der südliche in die BlenheimPassage führt.

Whampoa, der Vorposten Cantons.,,Von Whampoa", heisst es in Heine's Werk,,,ist wenig Bemerkenswerthes zu sagen, als dass es den Stapelplatz für den Canton-Handel bildet, wie Cuxhafen für Hamburg und Bremerhafen für Bremen; denn da das seichte Wasser den grösseren Schiffen nicht verstattet, den Fluss weiter hinaufzugehen,

so müssen die Güter hier in Dschunken und Boote umgeladen werden. Der Ort selbst mag mehrere hundert Häuser aus Bambus enthalten, mit im Verhältniss ziemlich zahlreicher Einwohnerschaft, und eine eben so grosse Anzahl lebt ganz und gar auf Booten. Der Ankergrund für Schiffe ist gut, sicher und geräumig, die Verbindung mit dem Lande und Canton leicht; doch soll von den täglich zweimal durch die Einwirkung der Ebbe und Fluth überschwemmten Reisfeldern das Klima höchst ungesund sein und das Wasser des Flusses, hier das einzige Trinkwasser, leicht Kolik und Dysenterie erzeugen. Mosquitos sind hier vorhanden, so viele das Herz nur wünschen mag, und einige unserer süssblutigen Midshipmans sahen am Morgen ganz getigert aus."

Der Ort Whampoa liegt auf der gleichnamigen schmalen und gegen vier Nautische Meilen langen Insel, die durch den Whampoa-Kanal vom Festland, durch Fiddler's Reach von der grossen Honan-Insel getrennt wird. Die letztere begrenzt im Norden der kurze, seichte Arm, der gewöhnlich zum Verkehr zwischen Canton und Whampoa benutzt wird, im Süden zieht sich dagegen bogenförmig die im Jahre 1841 von den Engländern entdeckte Passage um sie herum. Diese hat den allgemeinen Namen Blenheim-Passage erhalten, trägt jedoch ausserdem in verschiedenen Theilen noch andere Namen; so heisst der die Franzosen- und Haddington-Insel von Honan abtrennende Arm Elliot-Passage und der nordwestliche Theil, oberhalb der Mündung des Fatscham-Creek, Macao-Fort-Passage. Von ihrem südwestlichen Winkel zweigt sich der Hongshan ab. Die so gebildeten Inseln sind, wie auch das anliegende Festland, flach, zum grossen Theil angebaut und mit vielen Dörfern und hohen Pagoden besetzt. Zahllose kleine Wasserläufe und seichte Kanäle, meist noch ganz unbekannt, durchziehen sie nach allen Richtungen und machen sie zum Reisbau vorzüglich geeignet.

Canton, Fluss und Stadt. Bei Canton ist der Fluss breiter als die Themse bei London Bridge und bis vier Faden tief. Die Scenerie in der Umgegend der Stadt und dem anliegenden Lande ist reich und mannigfaltig, bietet aber nichts Grossartiges. Im Norden und Nordosten der Stadt ist das Land hiigelig und sogar gebirgig; im Süden bedeckt, so weit das Auge reicht, Wasser in zahlreichen Flussarmen und Kanälen einen beträchtlichen Theil, vielleicht der ganzen Oberfläche. Reisfelder und Gärten nehmen die niedrigen Landstriche ein, hie und da von einigen kleinen Hügeln und Baumgruppen unterbrochen, welche Abwechselung in die sonst einförmige Fläche bringen. Als bemerkenswerther Punkt auf der Honan-Insel ist die grosse Pagode zu nennen, die Heine in seinem Werke so ausführlich beschrieben hat.

Die Stadt selbst, auf einheimischen Karten Kwangtungsang-tsching (Hauptstadt der Provinz Kwangtung), von den Einwohnern gewöhnlich Sang-tsching (Provinzial-Stadt) genannt, ist von keiner sehr grossen Ausdehnung, und obwohl sehr bevölkert), beruht doch ihre Wichtigkeit hauptsächlich in dem bedeutenden einheimischen und auswärtigen Handel. Der von einer Mauer umgebene Theil der Stadt bildet nahezu ein Quadrat, das jedoch an der Nordseite von der geradlinigen Form abweicht, und wird durch eine von West nach Ost laufende hohe, massive Steinmauer in zwei Theile, die alte und die neue Stadt, getheilt, von denen die letztere die südlichere ist. Die äusseren Mauern sind theils aus Sand-, theils aus Backsteinen erbaut, etwa 30 Fuss hoch und 25 Fuss dick und mit Kanonen besetzt. Sie haben zwölf Thore: im Norden das Chinpih-Thor, im Westen das Chingse- und Taeping-Thor, im Süden die Thore Chuhlan, Yewlan, Tsinghae, Wooseen, Yungtsing und Seaounan, im Osten die Thore Yunggan, Chingtung und Seaoupih. In der inneren, die alte von der neuen Stadt trennenden Mauer befinden sich vier Thore, nämlich von Westen nach Osten die Thore Kweatih, Taenan, Wanning und Tinghae. Der ganze Umfang der äusseren Mauer beträgt ungefähr 53 Nautische oder 13 Deutsche Meilen. An dem nördlichsten Punkte derselben steht eine hohe, weithin sichtbare Pagode und eine ähnliche, noch grössere, die Stadt-Pagode", im nordwestlichen Theil der alten Stadt. In der Nähe des Wooseenund Tsinghae-Thores, nicht weit von der südlichen Mauer, liegt der Palast des Vice-Königs, der im Herbst 1856 von den Engländern unter Sir Michael Seymour erstürmt wurde.

Sehr bedeutend sind die Vorstädte, welche den ganzen Raum zwischen der südlichen Stadtmauer und dem Fluss ausfüllen, im Südwesten einen grossen dreieckigen Raum einnehmen und im Südosten einen kleineren, wie jener am Fluss gelegenen Anhang bilden; im Norden fehlen sie dagegen gänzlich, nur einige kleine Hütten liegen dort in der Nähe des Hauptthores. An die südwestliche Vorstadt schliessen sich längs des Flusses die fremden Faktoreien mit ihren geräumigen Gärten und Waarenhäusern (Hongs) an, die aber leider im Dezember 1856 zum grossen Theil zerstört wurden. Ausserdem lebt bekanntlich eine beträchtliche Anzahl Chinesen auf dem Flusse selbst. „Tausende von kleinen Fahrzeugen", sagt Heine, deren jedes einer Familie als Wohnung und Heimath dient, liegen

1) Über die Einwohnerzahl von Canton liegen keine sicheren Angaben vor; im Allgemeinen nimmt man sie zu etwa einer Million an. In dem zu Canton erschienenen,,Anglo-Chinese Calendar for the year 1847” wird sie zu 1,236,000 geschätzt, bisweilen wird sie aber viel höher, sogar zu drei Millionen angegeben (vergl. Illustr. London News, 31. Januar 1857).

längs dem Ufer hin, an Pfählen befestigt. Man giebt die Zahl derselben auf 60,000 an, was mir durchaus nicht übertrieben scheint'); sie sind in regelmässige Strassen abgetheilt und stehen unter scharfer polizeilicher Aufsicht.

Die ärmlichsten derselben sind ungefähr 15 bis 20 Fuss lang, aus Bambus erbaut, mit Bambus gedeckt, die Fugen mit einer Art von Cement ausgefüllt; als Bindemittel dient gespaltenes Rohr, womit die Planken, so zu sagen, zusammengenäht sind. Diese Boote werden meist von armen Fischerfamilien bewohnt und wechseln des Erwerbes wegen öfters ihre Stellen. Im Stern des Bootes steht gewöhnlich die Frau und steuert mit einem langen Ruder, das sie nach Art eines Fischschwanzes hin und her bewegt; im Vordertheile hilft der Mann mit einem ähnlichen Ruder, das er gelegentlich bei Seite legt, um sein, entweder aus Rohr oder Fäden von der Schale der Kokosnuss geflochtenes Netz auszuwerfen. In der Mitte befindet sich die Küche, zugleich der Aufenthaltsort der Kinder, von denen jedoch das jüngste entweder auf dem Rücken der Mutter oder dem eines der älteren Geschwister festgebunden ist. Sogar für einen kleinen Hausaltar von ungefähr 1 Fuss Grösse, mit einer brennenden Lampe davor, ist ein Plätzchen vorhanden. Diess ist jedoch nur die Canaille der ambulanten Flussbevölkerung; die FlussAristokratie bewohnt alte, unbrauchbar gewordene Dschunken, die oft sogar mehrere Stockwerke und einen geräumigen Landungsplatz haben, dem einige Zierpflanzen in Töpfen das Ansehen einer Art von Verandah geben. Dazwischen sieht man oft ein grosses, bunt gemaltes, reich vergoldetes Boot, Blumenboot genannt, aus dem hie und da eine gelbe, kurzfüssige Schöne aus ihren geschlitzten Augen verlockende Blicke wirft. Diese Boote sind der Aufenthalt jener Klasse des weiblichen Geschlechts, welche in Paris grössten Theils das Quartier notre Dame de Lorette bewohnt, nach welchem sie auch benannt wird.

Die ganz grossen Handels-Dschunken liegen mehr gegen die Mitte des Flusses, schwerfällige, ungeschlachte Dinger von bedeutender Grösse, hochbordig, wie Elephanten aus dem Wasser ragend, 20, 25 Fuss, auch noch höher, mit einem gewaltig breiten Stern, gleich dem eines altholländischen Linienschiffes, bunt bemalt und vergoldet, das Deck mit einem grossen Strohdache versehen, das die unbehülfliche Maschine noch unbehülflicher macht. Die Masten sind ungemein dick und aus einem Stück, haben an der Spitze eine Rolle, durch die ein schweres Seil von zwei bis drei Zoll im Durchmesser läuft, um das schwerfällige Mattensegel, gespreizt durch Bambus-Stangen

1) Der,,Anglo-Chinese Calendar for 1847" giebt die Zahl der als Wohnungen dienenden Fahrzeuge bei Canton zu 84,000, die ihrer Bewohner zu 252,000 an.

in Zwischenräumen von sechs bis acht Fuss, aufzuhissen. Das Vordertheil ist meist roth gemalt und hat rechts und links oft fünf Fuss grosse Glotzaugen, die ihnen das Ansehen von Riesenfischen geben, um Drachen und Seeungethüme, die nach Chinesischem Glauben das Wasser bevölkern, hinwegzuscheuchen. Gewöhnlich haben die grossen Handels-Dschunken eine oder ein Paar Kanonen, wegen der sehr häufig vorkommenden Fluss-Piraterien.

Etwas näher gegen die Stadt zu lagern, neben einem in der Mitte des Flusses erbauten Fort, auch einige KriegsDschunken, etwas schärfer gebaut als die Handels-Dschunken, auch nicht ganz so hochbordig. Sie führen gewöhnlich vier bis sechs Drei- oder Vierpfünder an den Seiten, einen oder zwei lange Sechs- bis Neunpfünder im Vordertheil, manchmal auch im Stern einige kleine Kanonen. Einige Gingals oder Wallbüchsen, mit sechs bis acht Fuss langem Lauf und zwei Zoll Durchmesser in der Mündung, drehen sich in Zapfen auf ihrem Gestelle, das an den Schiffsseiten befestigt ist. Die Mannschaft ist mit Luntenflinten, Lanzen, Schilden und Säbeln bewaffnet, doch tragen Viele auch noch Bogen und Pfeile. 25, auch 30 lange Ruder unterstützen die Segel."

Die hydrographischen Verhältnisse des Canton - Flusses (Gezeiten, Tiefe u. s. w.). Was die specielleren hydrographischen Verhältnisse des Canton-Flusses und namentlich die Tiefe des Fahrwassers in seinen verschiedenen Theilen und Armen betrifft, so sind Ebbe und Fluth, nach Horsburgh'), in und vor der Mündung des Canton-Flusses zu allen Jahreszeiten sehr unregelmässig. Als Regel kann angenommen werden, dass die nächtliche Fluth am höchsten während des Nordost-Monsun, die Tagesfluth am höchsten während des Südwest-Monsun ist. Um die Ostspitze der Typa-Insel (südlich von Macao) herum läuft die Fluth nach der Stadt Macao, von da längs der Küste nach Norden und über die Bai, bis sie oberhalb Lintin die Fluthwelle trifft, welche aus der Strasse zwischen Lantao und dem Festlande hervorkommt, worauf beide vereinigt in gerader Linie nach der Bocca-Tigris gehen. Die Fluthwelle läuft auf der Rhede von Macao bei Nordost-Monsun und ruhigem Wetter mit einer Schnelligkeit von etwa 21⁄2 Engl. Meilen, bei starkem Nordwind aber ist sie nicht wahrzu

Die Ebbe zeigt dann eine Schnelligkeit yon 3 bis 32 und 4 Engl. Meilen. Bei Lintin ist die Richtung der Fluthwellen nahezu nördlich und südlich und die Schnelligkeit der Ebbe bei starkem Nordost-Monsun ziemlich dieselbe wie auf der Rhede von Macao, aber dort ist stets eine Fluthwelle von 1 bis 12 Meilen bemerkbar. Während der Höhe des Südwest-Monsun, läuft die Ebbe

1) Anglo-Chinese Calendar for the year 1836.

bisweilen mit einer Schnelligkeit von 6 bis 62 Meilen nach heftigen Regengüssen, wogegen die Fluthwellen zu dieser Zeit sehr schwach sind. Die Zeit des höchsten Wasserstandes und die Höhe der Fluth ist an den verschiedenen Punkten, wie folgt:

Macao
Lintin
Anunghoy
Zweiter Bar-Creek
Whampoa
Canton

=

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Auf unserer Karte haben wir die Tiefe von fünf und mehr Faden (1 Faden 6 Engl. Fuss), welche für die grössten Kriegsschiffe ausreicht, besonders abgegrenzt und durch einen dunklern blauen Ton bezeichnet, an den übrigen Stellen aber aus der grossen Anzahl von Sondirungen diejenigen eingetragen, welche die grösste Tiefe in dem jedesmaligen Flusstheile ausdrücken, also zugleich auch das Fahrwasser andeuten. Man sieht, wie das fünf und mehr Faden tiefe Wasser bei Hongkong überall dicht an die Küste herantritt, während es Lantao schon in weiterem Kreise umgiebt und von Macao über sieben Nautische Meilen absteht. Es setzt den Hafen von Victoria in unmittelbare Verbindung mit Lintin, denn selbst die Strasse, welche Lantao vom Festlande trennt, hat 11, bis 25 Faden Tiefe. Bei Lintin wird es durch die lange, schmale Sandbank, welche sich nördlich und südlich dieser Insel anschliesst, in zwei Theile getheilt; der östliche Arm endet schon in der Ty-shan-Bai, der westliche zieht sich dagegen längs des Lintin-Sandes bis gegen dessen Nordspitze hin. Diese nur eine bis zwei Nautische Meilen breiten Streifen tiefen Fahrwassers abgerechnet, finden wir rechts und links. vom Lintin-Sande' drei und vier Faden Tiefe, aber schon wenige Meilen nach Osten und Westen die ausgedehnten Sandbänke, welche sich an die Ufer der Outer Waters anlehnen. Das nördliche Ende des westlichen tiefen Kanals liegt etwa 11 Nautische Meilen oberhalb Lintin; bis dahin können also grosse Kriegsschiffe gelangen. Zwischen der Bank, welche sich von Tycocktow herabzieht und die Insel Lankeet einschliesst, und der Nordspitze des LintinSandes beträgt die Tiefe nur 31⁄2 Faden, etwas weiter nördlich kommt man aber bald wieder in 4 und 42 Faden und vier Meilen unterhalb der Bocca Tigris abermals in das tiefe Fahrwasser von fünf und mehr Faden. Dieses erstreckt sich bis zur Zweiten Barre (22o 57′ N. Br.), nur an einer einzigen Stelle, gegenüber der Elliot-Insel, von der sogenannten Kleinen Barre mit 34 bis 4 Faden unterbrochen; es bildet aber meist nur einen schmalen Kanal, da es zu beiden Seiten von Bänken eingeschlossen und innerhalb der Bocca-Tigris durch die Wantong-Inseln

und deren Sandbänke, sowie durch einen isolirten, nur 18 Fuss hoch mit Wasser bedeckten Felsen, den DuffFelsen, in zwei Arme getrennt wird. Die Gewässer westlich von der Tiger-, Geefou-, Elliot-Insel u. S. w. sind noch nicht aufgenommen, wahrscheinlich aber bedeutend seichter als der Hauptstrom; auch die Kanäle, welche die Anunghoy- und Chuenpee-Insel östlich umfliessen, haben. nur 1 bis 3 Faden Tiefe. Von der Zweiten Barre an führen zwei ganz schmale, die Zweite Bar-Bank einschliessende und drei bis vier Faden tiefe Kanäle nach dem, vier Meilen weiter oberhalb wieder beginnenden, tiefen Fahrwasser, das sich südlich der Ersten Bar-Insel hinzieht und bei der Dritten Flachen Insel endet. Aus ihm gelangt man westlich von der Ersten Bar-Insel auf die 3

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Die Mündungsarme des Tong-kiang, welche sich zwischen der Staunton-Insel und der Ersten Bar-Insel in den Canton-Fluss ergiessen, sind nur ein einziges Mal, im Mai 1857, von Englischen Booten befahren worden. Für die nur drei Fuss tief gehenden Chinesischen Dschunken hatten sie hinreichende Wassertiefe, aber die 7 bis 71⁄2 Fuss tief gehenden Englischen Kanonenboote liefen im EscapeCreek alle auf den Grund, und man musste zur weiteren Verfolgung der Chinesischen Kriegsschiffe zu kleinen Ruderbooten greifen, die bis zur Stadt Tungkuan hinaufgingen. Der Hongkong", Lieut. Dent, fuhr dabei den Zweiten Bar-Creek hinauf und gelangte in den EscapeCreek), so dass die Verbindung dieser beiden keinem Zweifel unterliegt.

Der nördliche Flussarm zwischen Whampoa und Canton hat an manchen Stellen, namentlich bei der KuperInsel, nur 14 Faden Tiefe. Alle Handelsschiffe gehen desshalb in dem ersteren Hafen vor Anker, und selbst die kleinen Passage-Dampfer, die regelmässig von Hongkong heraufkommen, ankern zwei Meilen unterhalb Canton, weDie gen der Gefahren, die der Fluss weiter oben bietet. eisernen Dampfer, die in Fällen der Noth bis zur Stadt selbst hinaufgeschickt wurden, gingen nicht tiefer als sechs Fuss, und obwohl im Jahre 1841 die Englischen Korvetten und Sloops bis zur Stadt gelangten, so geschah diess doch mit solchen Anstrengungen, die nur der Krieg erfordert, und unter den grössten Schwierigkeiten und Gefahren 2).

1) Kapitän Elliot's Bericht in Illustr. London News vom 15. August 1857. 2) Sir John Fr. Davis, China, Vol. II, p. 156.

Dafür bietet die Blenheim-Passage ein viel günstigeres Fahrwasser. In ihrem östlichen Theile sinkt die Tiefe in der Mitte nicht unter drei Faden, an manchen Stellen, wie südwestlich von der Dänen-Insel und um die Südspitze der Franzosen - Insel herum, hat sie sogar fünf bis neun Faden. Auch in dem Arme zwischen der Honan- und Franzosen-Insel findet man überall wenigstens drei Faden, wiewohl ihre Einfahrt von Whampoa her durch eine seichtere Stelle erschwert wird. Erst südlich von der Changshan- und Haddington-Insel sinkt die Tiefe des Fahrwassers bisweilen auf 21⁄2 und 2 Faden und wechselt so zwischen 2 und 42 Faden durch die ganze Macao-Fort-Passage. Noch seichter ist die Elliot-Passage im Norden der Haddington-Insel, wo das Fahrwasser selten über 2, an manchen Stellen nur 11⁄2 Faden tief ist. Im FatschamCreek verringert sich die Tiefe bald auf 12, 1 und 2 Faden, so dass Kapitän Keppel am 1. Juni 1857 nur mit kleinen Booten die Chinesischen Dschunken daselbst verfolgen konnte. In diesem Flussarm soll die Chinesische Regierung Schiffswerften und eine grosse Menge Materialien zum Bau und zur Ausrüstung von Dschunken besitzen. Bei Canton selbst ist zwar der Fluss in der Mitte 3 bis 4 Faden tief, doch ist diess von geringem Belang, da beide Zugänge beträchtlich seichter sind.

Die wahrscheinlich unbedeutende Tiefe des Hongshan ist auf der Karte nicht angegeben, wiewohl ihn ein Dampfer der Ost-Indischen Kompagnie im Jahre 1841 befahren hat. Der mit ihm zugleich mündende, von Nordwesten herkommende Flussarm hat zwar 4 bis 6 Faden Tiefe, doch dürfte auch diess von keiner Bedeutung sein, da die Schiffe erst einen Kanal von 22 und 3 Faden Tiefe passiren müssen, ehe sie in denselben einfahren können.

Die Festungswerke am Canton-Fluss. Die Befestigungen am Canton-Fluss beginnen mit den berühmten Forts an der Bocca-Tigris. Sie sind mit Hunderten riesiger Geschütze besetzt und haben ein furchtbares, drohendes Aussehen, doch ist der Ruf ihrer Unbezwinglichkeit längst dahin, denn sie sind bereits mehrere Male von den Engländern genommen worden: zuerst1) im Jahre 1841 durch Sir Gordon Bremer, dann im Jahre 1847 durch die Expedition unter Sir John Francis Davis, wobei 827 schwere Geschütze vernagelt wurden, und zuletzt im Herbst 1856 und Sommer 1857 durch Sir Michael Seymour. Auch sind sie in wunderlicher Weise erbaut. Längs des Wassers sind Batterien mit ungeheuren Schiessscharten errichtet, so dass die Mündungen der Geschütze etwa 5 bis 6 Fuss über den Wasserspiegel ragen; andere Mauern ohne

1) Nach einer Notiz in ,,Illustr. London News" vom 17. Januar 1857 sollen sie schon vor 1841 durch Kapitän Maxwell von der ,,Alceste" genommen worden sein.

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