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P. v. Semenow's Erforschungsreisen in Inner-Asien im Jahre 1857,

seine Aufnahme des Alpensee's Issyk Kul und anderer Theile der nordwestlichen Russisch-Chinesischen Grenzländer

bis zu den Gletschern des Thianschan-Gebirges 1).

(Mit Karten und Profilen, s. Tafel 16.)

I. ALLGEMEINE GEOGRAPHISCHE ÜBERSICHT DER BEREISTEN

LÄNDER.

1. Einleitung. Südlich von der Russisch-Sibirischen Zollgrenze und Militärpostenlinie, die von der Mündung der Buchtarma bis nach Omsk genau dem Laufe des Irtysch folgt, erstreckt sich das Land, welches unter dem allgemeinen Namen der Kirghisen-Steppe bekannt ist. Es ist durchaus keine völlig flache Ebene, wie die Baraba und die ganze West-Sibirische Niederung zwischen dem Ural und dem Altaï, wo ein festes anstehendes Gestein nirgends zu Tage kömmt und kein Hügel sich am Horizont erhebt. Im Gegentheil kommen in der Kirghisen-Steppe feste, vorwaltend krystallinische, theilweise sedimentäre Gesteine fast überall zum Vorschein, Hügel, sogar kleine niedrige Gebirgsgruppen bildend. Dürre, Baumlosigkeit, Armuth an fliessenden Gewässern, geringe relative Höhe der vorhandenen Hügelgruppen, welche fast nirgends zu einer wirklichen bedeutenden Gebirgskette zusammenfliessen, allgemein verbreiteter Typus der Flora der Aralo-Kaspischen Niederung, häufig Salzboden (Solonzi) mit Halophyten gehören zu den charakteristischen Zügen der sogenannten Kirghisen-Steppe.

Von Semipalatinsk aus direkt nach Süden zur Balkasch-Niederung und weiter zu unseren Central-Asiatischen Ansiedelungen Kopal und Viernoie (Almaty) führt ein Piquetweg über die Steppen-Kreisstadt Ajagus. Dieser Weg überschreitet den Irtysch in Semipalatinsk selbst bei einer absoluten Höhe von circa 800 P. F. und steigt allmälig bis zur Wasserscheide zwischen den Irtysch- und Balkasch-Flussgebieten. Zuerst Grünstein, dann aber hauptsächlich und vorwaltend rother Porphyr ist das krystallinische Gestein der Steppenhügel und Hebungen. Die sedimentären Gesteine, ausschliesslich paläozoïsch, durch die Hebung plutonischer Gesteine mannigfaltig gebrochen und umgewandelt, bilden auf diesem Wege nirgends mäch

1) Nach Original-Mittheilungen des Reisenden, datirt: St. Petersburg, 13/25. Juni 1858.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1858, Heft IX.

tige Lager. Kleine isolirte Granitgruppen, wie z. B. die Semi-Tau-, Kokon- und Orkatberge, sind nicht zahlreich. Mit der Wasserscheide zwischen dem wenig bedeutenden Balkasch-Zufluss Ajagus und dem ganz unbedeutenden und im Sommer fast verschwindenden Atschi-ssu (Irtysch-Zufluss) ist der Kulminationspunkt des ganzen Weges erreicht. Er beträgt nicht mehr als 1700 P. F. absolute Höhe. Unweit der Stadt Ajagus stösst der Beobachter zum ersten Mal auf eine Granit-Axe, welche einerseits eine unmittelbare Fortsetzung der Granit-Hebungsaxe des Tarbagataï zu sein scheint und andererseits in die GranitAxe des Tschingistau verläuft. Ein flacher WasserscheideRücken zwischen dem Irtysch und Balkasch-Gewässer und ein Granitstrich setzen also den Tarbagataï mit dem Tschingistau in Verbindung, welcher letztere mit jenem ganz in derselben Richtung (OSO.—WNW.) streicht und auf derselben Spalte gehoben zu sein scheint. Auf seinem Westende breitet sich der Tschingistau, von Porphyrgruppen umgeben, in das sich so reich an silberhaltigen Bleierzen erwiesene Gebirgsland Karkaraly, wahrscheinlich das höchste in der ganzen echten Kirghisen-Steppe, aus. Die absolute Höhe dieser Karkaraly-Berge scheint doch nicht sehr bedeutend zu sein, da sie schon am Ende Juni keine, selbst nicht sporadische, Schneeflecken tragen und wahrscheinlich bei weitem nicht einmal die Höhe von 5000 P. F. erreichen.

Der südliche Abhang der Ajagus'schen Wasserscheide sinkt allmälig zur Balkasch-Niederung. Jenseits des KleinAjagus-Piquets (80 Werst südlich von Ajagus) verschwinden die anstehenden Gesteine. Eine flache niedrige Steppe mit ihrem salzigen Lehmboden, hier und da von kleinen stehendem Gewässer bedeckt, im N. und S. von Sandhügeloder Dünenreihen und theilweise von Schilfwäldern begrenzt, bildet einen 40 Werst breiten, vom Ostende des Balkasch zum Westende des Alakul verlaufenden Landstrich, welcher offenbar den Charakter eines ausgetrockneten Seebodens trägt und dem Beobachter keinen Zweifel über den früheren Zusammenhang des Balkasch mit den beiden

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Alakul-See'n lässt. Erreicht man die niedrige Arganaty - Hügelgruppe, so ist die hier schmale Zone der theilweise ausgetrockneten Balkasch-Alakul - Niederung, deren absolute Höhe ich approximativ zwischen 500 und 800 P. F. schätze), überschritten. Der Reisende sieht mit Erstaunen eine grossartige, prächtige Landschaftsumwandlung, da ihm die imposante, augenscheinlich von NO. nach SW. streichende Kette des Dzungarischen Alatau, mit ihren ewigen Schneeflächen glänzend, zum Vorschein kömmt. Von einer Kirghisen-Steppe kann hier nicht mehr die Rede sein; von hier aus befindet man sich offenbar in dem centralsten Asien.

Das schmale, von WSW. nach ONO. lang gezogene Becken des Balkasch, mit seiner durch Vertrocknung abgeschiedenen Fortsetzung, dem Becken der beiden AlakulSee'n, bildet also eine merkwürdige Scheidelinie, welche die Gebirgssysteme und Naturverhältnisse des centralsten Asiens von denen der benachbarten Länder trennt. Von hier an stehen schon die grossartigen Alpenländer mit dem Thianṣchan, dem centralsten Gebirgszug Asiens, in Verbindung und hier erreichen manche Inner-Asiatischen Thier- und Pflanzenformen' eine wirkliche Grenze ihrer Verbreitungsbezirke. So dehnt z. B. der Tiger seine festen Wohnsitze nicht über die Schilfwälder der Balkasch-Niederung aus, wenn er auch zuweilen auf seinen kühnen Streifzügen bis ins Innere des Altaï vordringt; so erreichen hier die Stachelschweine, Schildkröten, Fasanen, Skorpionen und Phalangien ihre Grenze, eben so wie einige höchst interessante Central-Asiatische Bäume, wie z. B. die Populus diversifolia Schr. und die Pyrus Sieversiana Pall. 2).

Der schöne Theil Inner-Asiens, welcher im N., NW. und W. von der Balkasch-Alakul-See-Zone, im O. von dem Schneekamme des Dzungarischen Alatau und im S. von dem Schnee- und Gletscherkamme des Thian-schan begrenzt ist und die gewaltigen Extreme von 600 und vielleicht 20,000 P. F. absoluter Höhe auf einem verhältnissmässig wenig ausgedehnten Gebiete (zwischen 42° und 461° N. Br.) vereinigt, bietet wohl ein reiches Feld zu Untersuchungen im Gebiete der physikalischen Geographie, Geognosie und der Lehre von der Thier- und PflanzenformenVerbreitung dar. Nicht weniger interessant ist das Land in historisch - ethnographischer Beziehung, da das fruchtbare und breite Ili-Thal von den ältesten Zeiten an eine der wich

1) Da alle meine Höhen durch Siedepunkt des Wassers bestimmt sind, so können diese Bestimmungen bei geringen Höhen nur einen approximativen Werth haben.

2) Diese letzte überschreitet übrigens an einem einzigen Punkte die von uns bezeichnete Grenze, sie findet sich nämlich in einer Schlucht am Südabhange des Tarbagataï.

Hier ver

tigsten Stationen der Völkerwanderung war. weilten die wandernden Horden zuweilen Jahrzehnte, um, nachdem sie sich ausgeruht und neue Kräfte gesammelt, dann wieder ihren Weg südlich vom Balkasch fortzusetzen und von da sich entweder nach NW. gegen Europa oder nach SW. gegen Turan, Süd- und West-Asien zu wenden. Diesen Weg nahmen bekanntlich die Yue-Tschi und Usun vor Christi Geburt, die Mongolen im Mittelalter, die Ölöth im 17. Jahrhundert und vielleicht noch viele andere Völkerschaften der grossen Völkerwanderung.

Der Ili, einer der Hauptflüsse Inner-Asiens, scheidet in seinem OW.-Laufe das von uns bezeichnete Gebiet in zwei Theile, von denen der nördlichste durch den ersten hier eingewanderten Russischen Ansiedler den Namen des Landes der Sieben Flüsse (Semiretschinsky kraï) und der südlichste den des Landes jenseits des Ili (Transilensia, Zailiïsky krai) erhalten hat.

Drei hohe Alpenländer sind es, welche das ganze Gebiet beherrschen: 1) der Dzungarische Alatau in seiner intimen Verbindung mit der Talki-Kette zwischen den Alakul- und Ili-Niederungen, mit einer mittleren Kammhöhe von 6000 und einer Gipfelhöhe von über 12,000 P. F.; 2) der Alatau jenseits des Ili (Alatau transilensis) zwischen der Ili-Niederung und dem Issyk Kul-Plateau, mit einer mittleren Kammhöhe von 8000 und einer Gipfelhöhe von ungefähr 14,000 oder 15,000 P. F., und 3) der Thianschan zwischen dem Issyk Kul-Plateau und den Klein-Bucharischen Ebenen, mit einer mittleren Kammhöhe von circa 11,000 und einer Gipfelhöhe vielleicht von ungefähr 20,000 P. F. Es fallen der Dzungarische Alatau an seinem Westende und der Alatau transilensis an seinem Nord-Abhange unmittelbar in die breite Steppen-Niederung, welche sich bis zum Balkasch-Becken in einer absoluten Höhe von 1500 bis 500 P. F. erstreckt und den ganzen westlichen und nordwestlichen Theil unseres Gebietes einnimmt. Je näher zum Balkasch, desto ebener, dürrer, unfruchtbarer, sandiger und salziger wird der Boden, sich allmälig mit Ssaksaul (Haloxylon ammodendron Bg.) und Halophyten bedeckend; die anfänglich schönen, klaren und reissenden Gebirgsflüsse werden langsamer und trüber und bleiben endlich zwischen den ausgedehnten Sanddünen und Schilfwäldern still stehen, so dass nur eigentlich drei davon, die Lepsa, Karatal und Ili, wirklich den Balkasch-See erreichen.

Dagegen ist die Übergangszone von dieser Steppen-Niederung zum wahren Gebirge, in einer absoluten Höhe von 1500 bis 4000 P. F., eins der schönsten Kulturländer des Kontinentes. Trefflicher Humusboden, üppige Vegetation, Wasserreichthum zeichnen diese Zone aus. Die klaren, reissenden Alpenbäche, meistentheils von der ewigen Schnee

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region hinabrollend, verbreiten überall den Segen einer reichen Bewässerung, welche auffallend leicht in eine künstliche Irrigation von den Kirghisen, Buruten und Russischen Kosacken verwandelt wird. Steiler und kühner ragt das Gebirge von der Höhe von 4000 Fuss empor; zwischen 4000 und 7600 P. F. erstreckt sich noch ein guter Vorrath von Nadelholzwäldern (ausschliesslich die Pinus Schrenkiana Fisch, u. Mey, eine der P. orientalis L. sehr nahe stehende Form) und von 7600 bis über 9000 P. F. dehnen sich die schönen reichen Alpenwiesen. Jede von diesen vier natürlichen Zonen hat eine besondere Wichtigkeit für das hiesige Volksleben: 1) Die Steppenzone von 500 bis 1500, zuweilen 2000 P. F., enthält die besten Winterstationen der Nomaden wegen ihres milden Klima's und fast völligen Mangels an Schnee; 2) die Kulturzone von 1500 bis 4000 P. F. die schönsten Ackerländer; 3) die Nadelhölzer-Zone von 4000 bis 7600 P. F. (nicht überall vorhanden) reiche Vorräthe an Zimmerholz für feste Ansiedelungen; und 4) die Alpenwiesen-Zone von 7600 bis 9000 P. F. die gesündesten und an Viehnahrung reichsten Sommerstationen für die Nomaden. Die übrigen zwei Zonen: 5) die hochalpine und Gletscherzone von 9000 bis 11,200 P. F., wenn auch noch mit schönen Hochalpenkräutern bewachsen, und 6) die Schneezone von der Grenze des ewigen Schnee's (11,200 F.) bis zur Gipfelhöhe der Gebirge, bleiben für das Völkerleben ohne Wichtigkeit. Es ist leicht begreiflich, dass die Russische Kolonisation, sich auf den Ackerbau stützend, sich ausschliesslich in der zweiten Zone verbreitet, hauptsächlich da, wo auch die dritte über ihr vorhanden und gut repräsentirt ist, und dass dagegen die erste und vierte im ausschliesslichen Eigenthum der Asiatischen Nomaden bleiben 1).

1) Die aufgezählten Zonen dieses Central-Asiatischen Gebietes lassen sich auch leicht durch ihre Pflanzenformen unterscheiden. Die erste Zone trägt offenbar den Charakter der Flora der Aralo-Kaspischen Niederung durch ihre Halophyten (Halimoenemis, Halogeton, Nanophyton, Brachylepis, Anabasis, Haloxylon, Salsola, Heraninowia, Schoberia, Schanginea, Suaeda, Halocnemon Kochia, Salicornia, Corispermum, Ceratocarpus u. s. w.), Artemisien, Astragalen, Tamariscineen u. s. w. Die für diese Zone bezeichnendsten Bäume sind: Populus diversifolia Schr., Populus pruinosa Schr., Elaeagnus hortensis Bieb. und eine FraxinusArt. Die zweite Zone hat in ihren krautartigen Gewächsen viel mehr Ähnlichkeit mit den Europäisch-Russischen und West-Sibirischen Tiefländern; dagegen sind einige Bäume und Sträucher ihr eigenthümlich, wie z. B. Pyrus Sieversiana, Armeniaca communis, eine schöne neue Acer-Art, eine Crataegus-Art, einige Trogopyrum, Berberis heteropeda u. s. w. Unter den Kräutern begegnet man hier auch zuweilen einigen echt Asiatischen Formen, wie z. B. Sophora alopecuroides, Ruta davurica, Rheum cuneatum u. s. w. Die dritte Zone mit ihrer charakteristischen Pinus Schrenkiana hat in Hinsicht der übrigen Vegetation Ähnlichkeit mit dem Altaï und dessen subalpinen Formen. Die Baumvegetation dieser Zone besteht aus Populus tremula L., P. suaveolens Fisch., Betula microphylla Bge., Sorbus aucuparia L. und Salix-Arten. Die vierte Zone enthält noch einige Sträucher, wie z. B. Juniperus Pseudosabina Fisch., Spiraea laevigata L., Sp. alpina Pall., Caragana jubata Poir., Potentilla Serbessofi, Potentilla n. sp. und eine Salix.

Die drei oben angeführten Alpenländer, welche das ganze Gebiet beherrschen (Alatau Songaricus, Alatau transilensis und Thianschan), verdienen in Hinsicht ihres plastischen und geognostischen Baues eine besondere Betrachtung, die wir mit dem nördlichsten oder Dzungarischen Alatau beginnen.

2. Der Dzungarische Alatau. Alatau, d. i. scheckige, bunte Berge, heisst eigentlich das nördlichere von den drei angeführten Gebirgen; ich füge die Benennung des Dzungarischen zur Unterscheidung von dem südlicheren und höheren Alatau hinzu, weil jener nördliche ausschliesslich der echten alten Dzungareï angehört. Unweit des Piquets Kara-ssu stösst der Russische Postweg von Semipalatinsk und Ajagus nach Kopal und Viernoie zum ersten Mal auf das Vorgebirge des Dzungarischen Alatau - Alpenlandes. Er überschreitet hier eine Kette, welche genau von O. nach W. streicht und weleher ich den Namen der Arassan-Kette beilege, da man eine heisse Quelle und eine Russische Ansiedelung dieses Namens gerade an ihrem Südfusse, auf dem Plateau Djonké, findet. Diese Arassan-Kette stellt nun den hohen Rand des Granitplateau's Djonké dar und besteht aus einer Reihe von paläozoischen Sandstein- und Thonschieferschichten, welche, vom Granite des Plateau's senkrecht gehoben und auf ihre Köpfe gestellt, eine genaue Streichung von O. nach W. besitzen. Es erreicht dieser Hochrand (Arassan-Kette) am Keyssyk-aus-Pass eine absolute Höhe von 3630 P. F. 1), während die Höhe der Plateau-Granitfläche bei Arassan nur 2920 P. F. beträgt, und es bleibt folglich das hebende plutonische Gestein des Plateau's 700 P. F. unter dem im Plateaurande gehobenen sedimentären.

Das schöne, fruchtbare, über 30 Werst breite und circa eben so lange, von den klaren Gebirgsflüssen KysilAgatsch, Bien, Aksu und Ssarkan durchschnittene Djonkè

Die Alpenkräuter bestehen nicht nur aus eigenthümlichen, sondern auch aus Altaï'schen, Kaukasischen, Europäischen, sogar Himalayischen Formen. In der fünften Zone, wo die Alpensträucher verschwinden und wo in der kolossalen Tengri-Gruppe des Thianschan-Gebirges sich grossartige Gletscher, welche die untere Grenze dieser Zone nie überschreiten, ausdehnen, können wir unter den Hochalpen-Pflanzen folgende als bezeichnende anführen: Oxygraphis glacialis Bge., Hegemone lilacine Bge., Chrysosplenium glaciale n. sp., Isopyrum violaceum n. sp., Ranunculus fraternus Schr., R. gelidus Kar., Draba ochroleuca Bge., Dr. frigida Saut., Thylacospermum rupifragum Schr., einige Gentiana, Pedicularis, Saussurea u. s. w. Was die Vertheilung der Thierformen in diesen Zonen betrifft, so gehören die Kulan (Equus hemionus), die Stachelschweine, die Felis latolynx, der Saïga (Antilope Saïga), Schildkröten und Phrynocephalus ausschliesslich zu der ersten Zone, die Tiger, die Phalangen und Skorpionen sind der ersten und zweiten gemeinschaftlich, der Maral und Bär der zweiten und dritten, und endlich der Archar (Ovis argali), Alpenwolf, Murmelthier. (Arctomys Bobac) und einige Antilopen der dritten, vierten und fünften.

1) Diese wie alle meine Höhenbestimmungen beruhen auf Siedepunkt des Wassers. Der Name Keyssyk-aùs heisst krumme Schlucht oder Öffnung.

Plateau scheidet die Arassan-Kette von einem anderen, ihr parallelen, nur viel höheren Zuge, welchem ich den Namen der Kopalkette gebe, da an ihrem Nordfusse, auf demselben Djonkè-Plateau, das durch seinen Ackerbau und Handel sehr gut aufblühende Städtchen Kopal liegt. Die KopalKette ist kein Plateaurand, sondern eine aufgesetzte Kette, welche hoch über die Plateaufläche und selbst über die Region der Nadelhölzer hinaufragt. Es fallen folglich die steil aufgehobenen Schichten am Nordabhange nach N. und am entgegengesetzten nach S., indem ihre Streichung genau einer Richtung von O. nach W. folgt. Der Granitkamm, so lange er sich fortsetzt, ist so hoch, dass die Poststrasse einen weiten Bogen beschreiben muss, um 30 oder 40 Werst weiter nach W. die Kette in einem Durchschnitte, wo der Granit nicht mehr zu Tage kömmt und wo der breite Rücken seine beträchtliche Höhe verloren hat, zu übersetzen. Ein direkter Reitpfad führt doch über die hohe Kette im SW. von Kopal. Der Kulminationspunkt dieses Pfades, der Pass Araldjel genannt, zählt 6700 P. F. absolute Höhe. Im O. des Kopal-Meridianes, wo die Granitaxe der Kette noch höher und breiter wird, ist sie von einer tiefen Längsspalte durchzogen. Ein schöner, reissender Gebirgsfluss, die Kora nämlich, rollt ihre schäumende Fluthen und Kaskaden bildenden Wellen von O. nach W. diese Spalte entlang hinab und bricht sich endlich einen Weg nach S. -durch vermittelst einer tiefen Querschlucht, um sich in den noch bedeutenderen Karatal zu ergiessen. Zwischen den Granitzacken des Hochgebirges (über 8500 P. F. hoch) findet man nicht nur eine alpine Vegetation, sondern auch sporadische Flecken eines nie aufthauenden Schnee's, welche mit der Erhöhung der Kette weiter nach O. zu glänzenden ewigen Schneeflächen zusammenwachsen.

Am Südfusse der Kopal-Kette erstreckt sich von O. nach W. das schöne, fruchtbare Längsthal des KaratalFlusses, welcher am gleichnamigen Piquet eine absolute Höhe von etwas über 2000 P. F. besitzt und folglich tiefer eingeschnitten ist, als das mit ihm parallele Djonkè-Plateau. Im S. ist das Thal von einem dritten Parallelrücken begrenzt, welchen ich mit dem Namen der Djangys-AgatschKette, von dem auf diesem Rücken gelegenen Piquet gleichen Namens 1), bezeichne. Diese Djangys-Agatsch-Kette ist vielmehr ein Flachrücken, aus einer Reihe antiklinal gehobener, paläozoischer Schichten bestehend, welche nur im O. des Piquets vom Granit durchbrochen zu sein anfangen. Der Flachrücken, von der Poststrasse diagonal

1) Djangys Agatsch heisst einziger Baum. In der waldlosen Lokalität, wo jetzt das Piquet sich befindet, stand früher ein vereinzelter Baum. Die Djangys-Agatsch ist auch jetzt waldlos, dagegen ist die Kopalkette auf ihrem Nord-Abhange gut bewaldet.

übersetzt, streicht in einer normalen OW.-Richtung und bildet die über 4500 P. F. hohe Wasserscheide zwischen den parallelen Karatal- und Koksu-Längsthälern.

Den breiten, wilden, weiss schäumenden Koksu-Fluss übersetzt die Poststrasse bei seinem Ausfluss aus einer Engschlucht, wo eine gute Brücke gebaut ist; die absolute Höhe dieser Gegend (der kleinen Koksu-Ansiedelung) beträgt über 3000 P. F. Auf der Südseite ist das KoksuThal von einer vierten Parallelkette begrenzt, die gerade hier von den sich unter dem Namen des Koktal vereinigenden linken Zuflüssen des Koksu durchbrochen wird, so dass der Postweg diese Kette nicht zu überschreiten braucht. Im S. von dieser vierten Kette, von den Kirghisen Labassy genannt (circa 4500 P. F. hoch), zieht sich von O. nach W. wieder ein Längshochthal von 3500 F. mittlerer Höhe, in welchem einer Seits die Parallelflüsse Aganakatty und Kargaly von O. und anderer Seits der Ters-Akkan gerade entgegengesetzt von W. zusammen. fliessen. Alle drei, sich unter dem Namen Koktal vereinigend, wenden sich nach N. und brechen quer durch einen tief eingeschnittenen Sattel, oder Unterbrechung der Labassy-Kette, um von der linken Seite zum Koksu-Fluss zu gelangen. Das Thal des Kargaly, welcher höher KeskenTerek heisst, steigt direkt nach O. bis zum wichtigen, circa 6000 P. F. hohen, Gebirgspass Uigen Tasch), welcher hier die Eingangspforte des Chinesischen Reiches bildet, da jenseits und am Südost-Fusse desselben der erste Chinesische Posten, Burokhadjir, 120 Werst von Kuldja entfernt steht.

Dagegen wendet sich die Russische Poststrasse vom Koktal nach W., dem Ters-Akkan entlang, zwischen den Parallel-Ketten Labassy im N. und Alaman im S. Diese Alaman-Kette ist die fünfte und zugleich nebst der KopalKette die höchste und ausgeprägteste von den sechs Parallel-Ketten, die vom Meridian der Stadt Kopal durchschnitten werden, da ich sie an zwei Punkten (gegenüber der Koksu-Ansiedelung und gegenüber der Kesken-TerekQuelle) bei 7000 bis 7600 P. F. überschritten habe. Die Alaman-Kette streicht von O. nach W. und besteht hauptsächlich aus Syenit.

Längs des südlichen Abhanges der Alaman-Kette erstreckt sich noch eine circa 15 Werst breite Terrasse oder Plateau von über 2000 bis 3000 P. F. absoluter Höhe, dessen Südrand die niedrige, aus Porphyr und Diabas bestehende Katu-Hügelkette bildet, welche schon unmittelbar in das flache und hier 80 Werst breite Ili-Thal fällt. Auf der Südseite der Katu-Kette, in der Nähe ihres Westendes, befindet sich eine kleine, merkwürdige, nicht mehr rau

1) Uïgen Tasch heisst Stein, der einer Jurte ähnlich ist.

chende Solfatara '), an ihrem Ostende, am Berge Dolon

Kara, eine andere und dabei heisse Quellen. Im SW. des Katu, dicht am Ufer des Ili, erheben sich die beiden Porphyrberge Kolkan, welche unter den Kirghisen durch ihre reichen Bleierze berühmt sind.

Im Westen des ganzen Gebirgslandes, wo die das Alpenland konstituirenden Parallel-Ketten sich allmälig verflachend mit der Steppe zusammenfliessen, begegnet man noch, als dessen letzten Vorgebirgen zur Balkasch-Niederung, einigen Porphyr-Hügelgruppen, welche mitunter auch silberhaltige Bleierze enthalten. Im Osten dagegen, wenn man den Parallel-Thälern der Flüsse Kesken-Terek, Aganakatty, Koksu, Karatal und Kora aufwärts folgt, gelangt man zu dem höchsten Schneegipfel des Alpenlandes. Es verschwindet hier das in westlichen Theil des Gebirgslandes so vorherrschende OW.-Streichen der Schichten; die Thäler verlieren den Charakter der Längsthäler und verwandeln sich in enge Schluchten; Diorite und überhaupt hornblendeartige Gesteine gesellen sich zu den Graniten. Die Kammlinie der hohen Schneegipfel, die zugleich die Wasserscheide zwischen dem Flussgebiete der Sieben Flüsse im NW. und den Chinesischen Zuflüssen des Borotala und Ili im SO. bildet, durchschneidet schiefwinklig in einer NO.-SW.-Richtung die sechs Parallel-Ketten des Gebirgslandes. Es scheint also das Dzungaren-Alatau-Gebirgsland aus einer schiefwinkligen Durchkreuzung zweier Hebungsaxen entstanden zu sein, von denen die nordost-südwestliche eine höhere und zugleich eine jüngere ist. Nur wenige Gebirgspässe führen über diese Hauptkammlinie von NW. nach SO., wie z. B. der schon genannte wichtige Uigen Tasch und zwei sehr beschwerliche Pässe an den Lepsa- und Tentek-Quellen, im freien Theile der Schneegipfel-Axe, nordöstlich von ihrer Durchkreuzung mit der Ostwestlichen.

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Diese letzte findet man in ihrer ursprünglichen Einfachheit östlich vom Uigen-Tasch-Pass und der Durchkreuzung mit jener nordost-südwestlichen. Sie bildet die von der Nordseite das Ili-Thal begrenzende und genau yon W. nach O. streichende Talki-Kette. Diese Talki-Kette scheint an absoluter Höhe der Alaman-Kette etwas nachzustehen; auch schienen mir ihre Gebirgspässe und hauptsächlich der eigentliche Talki, welcher die Tarbagataï und Ili-Provinzen verbindet und von jeher von der grössten Wichtigkeit für die politischen und kommerziellen Bewe

1) Unter dem Namen Solfatara verstehe ich hier eine Lokalität, wo Dämpfe aus Spalten hervorbrachen und eine Schwefel-Sublimation auf den Wänden derselben bildeten, ohne dabei zu gedenken, dass es eine wirkliche vulkanische Erscheinung war. Echte vulkanische Gesteine (Trachyt, Basalt, Phonolith, Leucitophyr u. s. w.) sind in der KatuKette nicht vorhanden.

gungen war, viel tiefer eingeschnitten zu sein, als die ziemlich beschwerlichen Pässe des Alaman.

Östlich von dem Kuldja-Meridiane, wo ich die TalkiKette nicht weiter zu verfolgen vermochte, scheint diese wieder allmälig an Höhe zu gewinnen und die Schneegrenze zu überschreiten, da wo sie im O. der Quellen der Flüsse Kunguès und Khasch (östliche und zugleich rechte Zuflüsse des Tekes oder Ili) durch den mächtigen, kolossalen Gebirgsknoten Bogdo Oola mit dem dem TalkiGebirge parallelen oder schwach konvergenten Thianschan verbunden wird.

Das südwestlichste Ende des ganzen Dzungaren-AlatauGebirgslandes bildet die wenig erhabene Altyn Ymel-Kette, die sich dem Westende der Alaman-Kette anschliesst und in einer NO.-SW.-Richtung sich im Ili-Thal fortsetzt; sie besteht vorwaltend aus Porphyr und Grünstein. Ihren Namen hat sie von dem 4370 P. F. hohen, aber sehr bequemen Altyn Ymel-Passe 1) erhalten. Es geht hier der Winter-Karawanenweg von Kuldja nach Kopal durch; dagegen führt der viel kürzere Sommerweg über den UïgenTasch. Als die westlichsten Ausläufer des ganzen Gebirges können die Arkarly-Hügel und die Porphyr-Felsen am Ili-Piquet der Russischen Überfahrt über den Ili-Stromgelten. Hier breitet sich schon nach manchen Seiten eine unermessliche Fläche aus; die Flussufer sind flach, wenn auch felsig, allein der Ili schneidet sich allmälig in dem niedrigen Granitsteppen-Plateau ein tiefes Flussbett aus, so dass der majestätische Fluss 20 Werst stromabwärts in einer tiefen Schlucht, sich malerisch zwischen gigantischen Felsen windend, fliesst. Besteigt man aber die hohe Felswand der Engschlucht, so sieht man wieder eine unermessliche Ebene sich ausbreiten, die sich langsam nach W. abdacht und im S. von der kolossalen Mauer des schneebedeckten Alatau transilensis scharf abgegrenzt ist. 30 Werst vom Ili-Piquet stromabwärts, da wo der Ili seinen Durchbruch durch das 1200 P. F. hohe Porphyrplateau schon vollendet hat und den letzten malerischen Felsen verlässt, heisst die Lokalität Tamgaly Tas, d. i. gedruckter Stein oder Stein mit Inschriften. Ein grosses

und einige kleinere Bilder des auf der Lotosblume ruhenden Buddha, von schönen Tübetanischen Inschriften umgeben, sind in diesen Felsen ausgehauen und können als der letzte Grenzstein der früheren, jetzt schon lange vernichteten Dzungarischen Macht, so wie auch als Beweis der unzerstörbaren Naturverhältnisse des Dzungaren-Alatau-Gebirgslandes gelten.

3. Der Alatau transilensis. In einer mittleren Entfernung von 50 bis 60 Werst jenseits des Ili erhebt sich,

1) Altyn Ymel heisst im Dzungarischen goldener Sattel.

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