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richtige geographische Vorstellung bekommen soll, es zugleich als dringlich erkannt werden muss, die Dorfschaften wo möglich alle selber zu besuchen oder in der Nähe zu besehen, damit keine optische Täuschung in Beziehung auf das Diesseits oder Jenseits der Thäler Versetzen oder Nachbessern nöthig mache.

Ich untersuchte, leider noch flüchtig genug, ein Stück Philistäa, und gerade diese etwas flüchtige Untersuchung liefert den Beweis, wie gerade da Manches nachzuholen sei. Z. B. giebt Raumer (Palästina, dritte Ausgabe) die Entfernung Esdûds von Askalân zu 82 Stunden und Ritter zu 32 Stunden an, während sie in der Wirklichkeit 2 Stunden beträgt; eine genauere Bereisung der Küste von Jâfa bis Ghâseh gehört, so weit mir die Literatur bekannt ist, zu den Desideraten. Nicht mehr als drei Tage verwendete ich auf den Ausflug von Jâfa über Esdûd nach Askalân und über Ramleh zurück, weil der Pferdetreiber nur mit harter Mühe vom gewöhnlichen,, bessern Wege, welcher direkt über El-Medschdel nach Ghâseh führt, abzubringen war, in Ibna, Unhaltbares vorschützend, nicht an die Meeresküste, wo Ruinen noch das HafenJamnia andeuten sollen, reiten und in Askalân selbst nicht der Meeresküste folgen oder die direkte Route nach Barbareh einschlagen wollte, wesswegen diese geringe Schmiegsamkeit des Pferdeknechtes, immerhin zu seiner unangenehmen Überraschung, mich zur Umkehr bewog. Ich gedenke darum dieser meiner bittern Reiseerfahrungen, weil es auch andern Reisenden nicht besser, einigen sogar schlimmer ging. Ich berührte auf dieser Reise El-Kubêbeh, Ibna, die Ruinen von Sugheir, Esdûd, Hamâmeh, Askalân, El-Medschdel, Saber (Dorf), Battâni (Dorf), Jâsûr, Katterah, Mochâr (Dorf), Ramleh.

Auf einer zweiten Tour forschte ich nach den Quellen in der Umgebung der grossen Teiche über Artâs und nach der Vereinigung der von Ain Hanieh und Sâtâf (Bêt Hanina) her strömenden Winterbäche, wovon ich, der Kürze willen, den erstern Wâdi Hanieh und den andern Wâdi Sâtâf künftig nennen werde. Ich besuchte Sûr Bâhil, Om Tûba, Chirbet Luka, die Trümmer von Dêr es-Seir über dem Wâdi Dschennâb, das Bêt Sâhûr der Christen, Bethlehem, Artâs, Chirbet el-Chôch, Ain Attân (Etham), Dêr Benât, Ain und Chirbet Fôghôr, Ain Kasîs, die Quelle der drei Teiche (Borak), El-Chadher, Bêt Dschâla, Ain Kandesch, das Felshäuschen Kalâat Sabbah el-Cher, Dorf und Trümmer Bettîr; Kiriet es-Saideh kam ich ganz nahe, konnte aber im Wâdi Hanieh wegen seiner vielen Windungen nicht fortkommen, so dass ich dann über die Wasserscheide zwischen diesem Thale und dem Wâdi Sâtâf bog und weiter im letzteren Thale, einmal vom Ain Schkâf trinkend, zwischen Sâtâf und Ain el-Habis vorbei,

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hinaufging bis zur Einmündung des Wâdi Dêr Jâsîn, in dem ich dann bis zu seinem Ursprunge hinaufstieg, um nördlich neben H. Kreuz nach Jerusalem zurückzugelangen.

Auf einer dritten Tour stellte ich mir die Aufgabe, das Land zwischen Jerusalem und Lâtrûn, zwischen Terkûmieh und El-Kubêbeh (Emmaus der Mönche), namentlich auf Querzügen, zumal auch in Bezug auf die Bodengestaltung (Flussgebiete) und praktische Benutzung für den Strassenbau, näher kennen zu lernen. Ich trachtete, so viel möglich, auf Wegen oder in Gegenden zu wandeln, wo der Fuss des wissenschaftlichen Reisenden nicht hinkam; überall aber war es mir nicht möglich. So ins Besondere von Sârîs an bis Sara und von hier bis Jâlu war ich auf den Routier Robinson's gleichsam gebannt, so wehe es mir that; die in Bêt Mahsîr erhaltene Nachricht, dass die Beduinen aus Ägypten ein paar Tage vorher in den Wâdi Sarâr, den ich von Ain Schems aus weiter hinab untersuchen wollte, eingerückt seien und die Sicherheit des Eigenthums im höchsten Grade gefährdeten, machte einen grossen Strich durch meinen Plan. Von Jerusalem nach Mâr Eliâs gelangt, schwenkte ich gleich südlich von da in ein Thal links ab und kam dann auf Umweg, ein Stück weit im Wadi Dschennâb, nach Bethlehem. Von hier ging's nach El-Chadher, El-Hasân (nahe), in den Wâdi Amsarr und Wâdi Samt, nach Bêt Nettif, Chirbet Boulos, Jarmuk (Jarmuth), Chirbet Dschennábeh, Bêt Dschibrin, Marâsch (Maresa), Keniseh Senta Hanneh, Dêr Nachâs (nahe), Sennâbereh (nahe), Bêt Nasib, Bêt Dûla, wo ich im NW. das Dorf Kila (Keila oder Kegila) erblickte, Nûba, Charass (Dorf), Chirbet Dschimrin, Surif (Dorf), Dscheba (Gibeah), Fokîn über dem Ain ed-Dib, nach Râs Abu Ammâr (Dorf), zur Vereinigung der Winterbäche von Sâtâf und Hanieh, nach Akûr (Dorf), Dêr Abu Ammâr (Trümmer), Chirbet el-Amûr (Dorf), Abu Ghôsch, El-Kubêbeh, Katannieh (Dorf), Sârîs, Bêt Mahsir, Jeschûeh, Sara, Bêt Sûsîn, Lâtrûn, Amuâs, Jâlu, Bêt Nuba, Bêt Lîkieh, Ain Dschifna (Quelle), Ed-Dschib und Jerusalem. Ich machte also zuerst einen Zug in südwestlicher Richtung, einen zweiten in östlicher, einen dritten in nördlicher, einen vierten in südlicher, einen fünften in nördlicher und einen sechsten in östlicher, dann südöstlicher Richtung.

Auf diesen Zügen wurde ich mit dem Terrain mehr oder minder vertraut. Die gegen das Mittelmeer abfallende Seite des Kalkgebirges Juda ist durch Thäler und Schluchten mannigfaltig durchschnitten, die in der Regel einen westlichen, aber auch einen südwestlichen und nordwestlichen Verlauf nehmen. In der Bibel wird das Land in Berg und Ebene geschieden, und das ist wohl die HauptCharakterisirung. Indessen lässt sich ziemlich leicht ein Berg-, Hügel- und Niederland unterscheiden. Nach der

Bibel wurde das Hügelland zum Niederlande gezählt. Wo die Berge rauh, die Wände höher und steiler, die Thäler enger sind, können wir das Bergland nicht verkennen; da werden nach und nach die Berggipfel niedriger und platter, gegen Abend hin erschaut man kein neues Vorrücken von Bergen mehr, die Thäler thun sich mehr auf und bekleiden sich mehr mit Gewächsen hier haben wir das Hügelland vor den Augen. Wer möchte jetzt mehr die Ebene schildern? Glaube man übrigens keineswegs, dass es zwischen den Bergen, Hügeln und der Ebene eine regelmässige, gerade Abmarkung gebe. Nur ein Beispiel: in der Gegend von Bêt Nûba und Bet Lîkich streicht das Hügelland bedeutend weiter gegen Morgen als in jener von Lâtrûn und Bêt Sûsîn.

Wir betrachten jetzt die Wassergebiete, die alle dem Mittelmeere sich zuwenden, und die ich mehr oder minder kennen lernte.

1) Das Wassergebiet des Audscheh. Dieser Fluss, der nach zuverlässiger Nachricht selbst in der grössten Trockenheit nicht versickert, ergiesst sich nördlich von Jâfa ins Meer. So weit ich Zeuge bin, erhält er das Wasser von Ed-Dschib an, namentlich vom Wâdi Soleimân, ferner von all' den weiter südlichen Seitenthälern, ja bis Sara; er streicht nördlich von El-Kabâb vorbei.

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2) Das Wassergebiet des Rubîn (Sarâr) konnte ich etwas genauer untersuchen. Jerusalem, dem Todten Meere angehörend, ist diesem zweiten Wassergebiete sehr nahe gerückt. Der Wâdi Rubîn beginnt mit einem nördlichen Arm unweit Bêt Hanîna und mit einem südlichen Arme keine halbe Stunde westlich von Jerusalem. Der letztere Arm, der Wâdi Hanîeh, nimmt namentlich den Wâdi Ahmed und den Wâdi Bettîr auf und vereinigt sich mit dem Nordarme, dem Wâdi Sâtâf, erst etwa 12 Stunden unterhalb Sâtâf. Der Winterbach tritt dann bei Artûf aus dem Gebirge heraus und fliesst bei Ibna ins Meer. Es befremdet mich in hohem Grade, dass der Einschnitt des Bodens für diesen Fluss, welcher schon bei Bettîr und Kalônich das so scharf ausgeprägte Aussehen eines Winterstromes darbietet, und der auch noch bei Ain Schems Gerölle hat, mir entgehen konnte, während das Bachbett bei Esdûd mir auffiel. Die Bemerkung darf nicht vorenthalten bleiben, dass man auf dem Wege von Jâfa über Esdûd nach Askalân die eigentliche Ebene nicht übersieht. Zwischen den Sandhügeln, die etwa auf eine halbe Stunde Entfernung die Meeresküste begleiten,. und dem östlich zunächst anstossenden Wellenlande gewahrte ich eine von N. nach S. sich hindehnende grosse Mulde, in die ich erst nahe bei Saber ostwärts hinabsah. Wie oder wo sich ein Bach durchwindet, war mir nicht erklärlich, und auch mein Führer, auf dessen Worte ich übrigens wenig Gewicht

lege, wollte wissen, dass kein Bach vom Gebirge ununterbrochen bis ins Meer laufe. Damit mag man zusammenhalten, was Ritter schreibt, nämlich dass Philistäa in der Regenzeit vom Gebirge herfliessende Wasser erhalten möge, die aber auf dem weiten Laufe bis zum Meere in dem lockern Boden durch den Seitendruck in ihren flachen Thalsenkungen ohne tiefer eingeschnittenes Flussbett verrinnen und grössten Theils durch natürliche oder künstliche Irrigation ihrer nächsten Thalumgebungen schon aufgebraucht sind, ehe sie noch als fliessendes Wasser ihre Mündungen zu andern Wâdi oder gar zum Meere erreichen. Hierbei möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich, im Süden von Akîr, sowohl westlich als östlich von Mochâr über einen Graben ritt, der gegen das Meer hinzog, eher in der Richtung gegen Ibna als Esdûd. Übrigens waren alle Männer, die ich in Bêt Dschibrîn befragte, darin übereinstimmend, dass das WinterstromWasser wirklich ins Meer und nicht auf dem Wege dahin in den Boden verlaufe. Bei Akûr kann die Wassermasse, selbst vier bis fünf Tage lang, so gross werden, dass kein Mann auf dem Ross hinübersetzen könnte.

3) Das Wassergebiet des Samt. Es beginnt westlich von El-Chadher bis Terkûmieh. Das Hauptthal, als Wâdi Amsarr, zieht von der Nähe El-Hasâns hinunter, verläuft dann in ein Ebene-gleiches Thal, den Wâdi Samt, krümmt sich beim Tell Sakarieh nach Nord, darauf gegen West, um in der Nähe von Esdûd selbstständig ins Meer zu münden. Unweit östlich dieses Dorfes vereinigt sich mit diesem Hauptbache ein Nebenbach, welcher das Gewässer im Bezirke Bêt Dschibrîn bis Terkûmieh hinan aufnimmt, und zwar fliesst letzterer Bach vom Râs Ain el-Kôf nach Terkûmieh, Sennâbereh, Nachás, Bêt Dschibrin, Sêta, EdDschusâr, Es-Sawâfir, Bêt Darâsch.

Durch die Betrachtung der Konfiguration des Bodens und des Wassersystems wird die Prüfung der Strassen wesentlich erleichtert. Welche Strasse führt nach Ghâseh? Eine über Ramleh, eine andere über Hebron und eine dritte über El-Chadher, die sich bei El-Hasân in eine Thal- und Bergstrasse spaltet, in der Weise, dass sich dann beide Zweige bei Bêt Nettîf vereinigen. Sie erreicht dann Bêt Dschibrîn. Ich wählte den Thalweg. Die Tradition, welche sich an den Philipp's-Brunnen im Wâdi Hanîeh knüpft, möchte zur Vermuthung leiten, dass etwa hier der Weg nach Gaza durchführte; allein dieselbe verliert nach meinen Untersuchungen allen Halt. Als ich den Winterbach von Bettîr an abwärts mit seiner Unmasse von Geschieben, seinen äusserst launenhaften Windungen, selbst gegen Ost, aufmerksamer betrachtete, als das Auge sich an der Öde der Gegend, an dem Mangel von Kultur, selbst von einem Fusspfade ermüdete, war für mich das Räthsel ge

löst, dass dieses Thal keine Strasse bis zur Vereinigung beider grossen Winterbäche je durchschnitt. Von Bettir hinauf gen El-Hasân, um etwa hier einzulenken, geht es steil und besteht einer der schlechtesten Wege, während die Jerusalem-El-Chadher-Strasse, sich sorgfältig an die Wasserscheide haltend, starke Steigung vermeidet oder umgeht. Hingegen konnte eine Strasse durch den Wâdi Dêr Jâsîn, im Wâdi Sâtâf, Wâdi Ismaîn und Wâdi Sarâr in der Richtung nach Askalân oder Ghaseh angelegt sein. Die Strasse über Abu Ghôsch und Ramleh ist die heute weitaus am meisten besuchte.

Wir gehen jetzt über zur Verbindung der Meeresküste mit Jerusalem. Für diese Stadt ist eine möglichst kurze und eine gute Verbindung mit einem Meereshafen von unendlichem Werthe. Die in unsern Tagen gebrauchteste Strasse vom Bâb Wâdi Ali bis Jerusalem ist zu allen Zeiten des Jahres schlecht, besonders setzt sie Kräfte und Muth des schwachen Geschlechts auf die Probe, und wenn man auf den Meeresfluthen die Leiden überwunden, so warten auf den Pilger und die Pilgerin noch andere, oft noch grössere; von Lâtrûn abwärts bis Jâfa ist bei stark anhaltendem Regen die Strasse, wenn nicht geradezu ungangbar, doch ungemein beschwerlich. Ja, es kann der Fall eintreten, dass man in Jerusalem oder Jâfa auf bessern Weg Tage lang warten muss, und man mag sich wohl die peinliche Lage dort oben vorstellen, wenn man in der Küstenstadt gerade auf ein Dampfschiff eintreffen sollte. Wir kennen zwei Hauptstrassen zwischen Jerusalem und Jâfa, die über Abu Ghôsch und Ramleh und die im Wâdi Soleiman über Lidd. Die erstere ist in der Gebirgsgegend durch zwei Querthäler eingeschnitten, durch das eine von Bêt Hanîna und durch das andere von Bêt Nakûba. Dieser Umstand hat zur nothwendigen Folge, dass es doppelt Steigungen und Gegensteigungen, und zwar von bedeutendem Belange, giebt. Die Pilgrime, man möchte behaupten, alle ohne Ausnahme, ziehen diese Strasse vor. Sie bietet allerdings den Vortheil der Kürze. Die andere oder nördliche Strasse zieht nördlich von Ed-Dschib vorbei, dann im Wâdi Soleimân weiter, ohne eine Gegensteigung, ziemlich gleichmässig fallend, nach Lidd und gegen Jâsûr. Nach eigener Anschauung könnte ich die nördliche, wahrscheinlich beachtenswerthe, Abzweigung über Bethoron nicht beurtheilen. Stark beladene Kameele treibt man noch am liebsten durch den Wâdi Soleimân. Der Aus

gangspunkt ist bei diesen Strassen Jâfa; allein es könnte, wie auch in ältern Zeiten, andere Ausgangspunkte geben, als: in Cäsarea, Jamnia (diess am bequemsten für die Benutzung des Wâdi Rubîn), Askalon. Der Menschenstrom hat sich jedoch, zwischen den verschütteten und versandeten Häfen, seit vielen Jahrhunderten so beharrlich auf Jâfa gewälzt, dass man vorläufig da stehen bleiben muss, ohne in Abrede stellen zu wollen, dass eigentlich nichts Ganzes denkbar, keine rationelle Durchführung möglich ist, bis die Hafenfrage nach sorgfältiger Untersuchung und Prüfung entschieden sein wird. Bei allen Bemühungen, die Jerusalem den Europäern für das Gedeihen der Stadt verdankt, kann man sich (und doch sollte man sich) bei der partikularistischen Zerfahrenheit kaum wundern, dass noch keine gewöhnliche Fahrstrasse alles Ernstes angestrebt und in Angriff genommen wurde; das Projekt über eine Eisenbahn wird aus dem Grunde nicht besprochen, weil es zur Zeit mehr abenteuerlich erscheint. So lange keine Strasse kunstgerecht gebaut ist, so lange sind an die Erreichung der Heil. Stadt von der Küste aus unleugbare Mühseligkeiten gekettet, so lange bleibt der Franke vom Fellachen, welcher die Preise theilweise diktirt, abhängig. Ja dann erst, wenn eine gute Strasse, am zweckmässigsten wahrscheinlich über das mit Unrecht in Schatten gestellte Lidd' und durch den Wâdi Soleimân, hergestellt wäre, würde Jerusalem, seiner Weltstellung gemäss, neu aufblühen durch einen ausserordentlich erleichterten Verkehr zu allen Jahreszeiten, durch vermehrten Zufluss neugieriger und frommer Reisender.

Mein Rückblick wird wohl einleuchtend machen, dass in Palästina noch Manches aufgeräumt werden sollte. Ich wählte nicht gerade die ergiebigste Gegend. Der Strich von Nâbulus abwärts gegen das Mittelländische Meer mit dem ganzen Karmel würde beispielsweise dem suchenden Geographen weit mehr versprochen haben, während dieser dem Naturforscher die Freude an den nahe bei Kaifa in der Wildniss lebenden Tigern, Leoparden und Hyänen nicht missgönnte und den Dr. Johannes Roth für seinen Neufund des Krokodils beglückwünscht ).

1) Aufmerksam gemacht durch Roth, frug auch ich diesem Thiere nach. Nach mehrseitiger Erkundigung hält sich das Krokodil, das nicht einmal selten sei und dort auf Arabisch temsàh genannt wird, im Fluss Tamûr auf, der in der Nähe von Tantura vorbeifliesst. Einer der Erzähler sah selbst das Ei von einem Palästinischen Krokodil.

Der Tschu-kiang, Canton- oder Perl-Strom, von Canton bis Macao und Hongkong. Nach neueren Untersuchungen.

(Mit Karte, s. Tafel 2.)

Es war um das Jahr 1556, also bereits vor 300 Jahren, als Europäer sich zum ersten Male an einem Punkte des Chinesischen Reiches, und Ost-Asiens überhaupt, fest niederliessen. Das waren die Portugiesen und ihre Ansiedlung und Festung Macao, belegen an der grossen, meerbusenähnlichen Mündung des heut zu Tage gewöhnlich nach der Stadt Canton benannten Stromes. Macao, wenn auch sein Glanz längst verblichen, bildete die erste Basis aller nachherigen Beziehungen der Europäer zu den Chinesen, und am frühesten vom ganzen Chinesischen Reiche erhielten Europäische Geographen genaue Kenntniss von Macao's Umgegend und dem Canton-Strom. Auch jetzt noch kennen wir keine Gegend von China innerhalb des blossen Küstenrandes so genau als die Strecke von Macao bis Canton, was etwa mit der Elbe-Strecke von Cuxhafen über Hamburg hinaus bis Lauenburg korrespondirt. Doch würde man vergeblich in der Mehrzahl der besten und neuesten unserer Atlanten nachschlagen, wollte man sich eine einigermassen ausreichende Vorstellung dieser Gegend zu verschaffen wünschen. Da uns nun ganz neue Materialien zur kartographischen Darstellung dieses Theiles der Erde vorliegen, und das Bedürfniss einer solchen Arbeit

besonders einer speciellen, ausreichenden und dabei handlichen Karte immer dringender wird, so halten wir es für eine angenehme Pflicht, den Lesern dieser Zeitschrift durch Karte und Text einen Überblick vorzulegen von dem, was man von diesem Theil des Chinesischen Reiches im Lichte der Gegenwart weiss.

Die

Die Englischen Aufnahmen des Canton-Stromes. ersten genauen Aufnahmen des unteren Tschu-kiang, der grossen Bai, in die er sich ergiesst, und der zahllosen Inseln, welche die letztere in Ost, Süd und West umgeben, wurden von den Kapitäns Ross und Maughan ausgeführt und erstreckten sich aufwärts bis zur Zweiten Bar-Pagode. Vervollständigt wurden sie später durch die von Kapitän James Horsburgh, dem berühmten Hydrographen der OstIndischen Kompagnie, während vieler Reisen nach Canton. angestellten Vermessungen und durch die Aufnahmen der östlich von Lintin gelegenen Küsten und des Lintin-Sandes durch Kapitän Blakely und andere Offiziere der OstIndischen Kompagnie. Über die Strecke von der Zweiten Bar-Pagode bis Canton gaben zuerst die Arbeiten der Kapitäns Newell, Auber und Moffat bestimmteren Aufschluss, doch bezogen sie sich nur auf den nördlichsten, die WhamPetermann's Geogr. Mittheilungen. 1858, Heft I.

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Im Jahre 1840 führte Sir E. Belcher seine umfangreiche Vermessung des Canton-Flusses und der vorliegenden Inseln aus, auf der hauptsächlich die neueren Englischen Admiralitätskarten beruhen; doch blieb das Gewirre zahlreicher Arme und Anastomosen, welches der Fluss in der Umgebung von Canton bildet, bis auf den nördlichsten Arm grössten Theils unbekannt. Erst im Verlaufe des Kriegs von 1841 entdeckten die Engländer einen südlichern Arm, die sogenannte Blenheim-Passage, die sich den Faktoreien bei Canton gegenüber abzweigt, die Honan-Insel umgiebt und sich unterhalb Whampoa wieder mit dem nördlichen Arm vereinigt; zugleich wurden sie mit einem westlich von der Stadt von Norden nach Süden verlaufenden Gewässer bekannt, das sie Nemesis-Reach1) nannten. Überhaupt haben die Aufnahmen der Engländer während der Kriege von 1841 und 1847 zur Vervollständigung und Berichtigung der Belcher'schen Karte sehr viele Beiträge geliefert, und namentlich befuhr die ,,Nemesis" im Jahre 1841 den grössten Theil des Hong-shang oder BroadwayFlusses, eines schmalen und seichten Armes, der nordwestlich von Macao mündet und dessen zahlreiche Verschlingungen auf den Engl. Admiralitätskarten vorzugsweise nach einer Chinesischen Manuskriptkarte niedergelegt sind. Auch der gegenwärtige, im Herbst 1856 begonnene und durch die Vorgänge in Indien nur unterbrochene Krieg hat wieder manche Aufschlüsse zur Folge gehabt, besonders weil die Engländer dabei flach gehende Kanonenboote benutzen, mit denen sie selbst in die seichteren Arme und kleineren Passagen, die Schlupfwinkel der Chinesischen KriegsDschunken vorzudringen vermögen. So verfolgten im Mai 1857 die Kanonenboote unter Commodore Elliot mehrere der Mündungsarme des Tong-kiang aufwärts bis zur Stadt

1) Wir haben auf der Karte wie im Texte fast immer die Englischen Bezeichnungen und die Orthographie der Engl. Admiralitätskarte beibehalten. Reach bedeutet eine Flussstrecke; unter dem ebenfalls häufig vorkommenden Creek versteht man einen kleinen, seichten Flussarm. 2

Tungkuan, und im Juni gelangte Commodore Keppel mit Booten bis in die Nähe der Stadt Fatscham auf dem schmalen, seichten Arm, der südlich von der Gough-Insel mündet. Die grosse Belcher'sche Aufnahme des Canton-Stromes wurde von der Britischen Admiralität bereits im Jahre 1846 auf fünf Blättern grössten Karten-Formates (Double Elephant) in Kupfer gestochen und zu 15 Schill. (5 Thaler) publicirt. Von diesen Blättern ist vor ein paar Monaten eine neue Ausgabe erschienen, die viele Nachträge und Berichtigungen enthält. Diese fünf Blätter liegen unserer Karte zu Grunde, und zwar enthält sie, mit ein paar Ausnahmen, alles Detail des Englischen Originals. Doch sind. selbst auf diesen neuesten und besten Kartenblättern des Canton-Flusses nicht sämmtliche Resultate neuester Forschungen zu finden, wie z. B. die des Commander Elliot in den bedeutenden östlichen, nach der Stadt Tungkuan führenden Abzweigungen des Stromes. Wir haben dieselben nach einem Original-Bericht des Commander Elliot in den Illustr. London News, 15. August 1857, benutzt, und sie erscheinen unseres Wissens in dieser Arbeit zuerst in einer genauen Karte. Ausserdem benutzten wir mehrere andere Quellen, unter denen wir bloss aufführen wollen die Karte des Missionärs Winnes vom Sinon-Kreise in dem sauber ausgeführten,,Atlas der Evangelischen Missions-Gesellschaft zu Basel", von J. Josenhaus.

Das Flussgebiet des Canton-Stromes. Dass der CantonFluss für die Beziehungen China's zu den auswärtigen Mächten von der grössten Bedeutung ist, geht schon daraus hervor, dass ihn die Engländer, gestützt auf ihre rasch emporblühende Kolonie Hongkong, in allen Konflikten mit dem Chinesischen Reiche zur hauptsächlichsten OperationsBasis machten. Er gestattet den Zugang zu einer der bevölkertsten Städte des Reichs, übt den grössten Einfluss auf den ausserordentlichen Handelsverkehr derselben aus und bildet den Centralpunkt des ganzen südlichen China. In ihm vereinigt sich der Tschu-kiang (Tschu-Fluss), der, in Yun-nan entspringend, die Provinzen Kwangsi und Kwangtung von Westen nach Osten durchläuft, mit dem Pi-kiang und Tong-kiang, welche die Gewässer der nördlichen und östlichen Theile von Kwangtung sammeln; sein Flussgebiet erstreckt sich also im Norden bis an die Bergzüge, welche die südliche Wasserscheide des Yang-tsekiang bilden, im Westen bis in die Gebirge Yun-nans, im Osten bis nach Fokien hin. Wenn daher die Beherrschung des Canton-Flusses durch eine fremde Macht auch nicht in der Weise an das Herz des grossen Reiches herangreift, wie etwa eine Besitzergreifung der Provinz Kiangsu, welche die Mündungen der beiden grössten Ströme China's, des Yang-tsc-kiang und Gelben Flusses, in sich fasst und durch den grossen Kaiser-Kanal sogar mit den nördlichsten Pro

vinzen und Peking in Verbindung gesetzt ist, so hat sie doch eine ungleich grössere Bedeutung, als die Herrschaft über die meisten andern Küstenpunkte, welche dem auswärtigen Handelsverkehr geöffnet sind.

Der Canton-Fluss ist nach Robert Fortune „einer der imposantesten Gegenstände, die der Reisende in China antrifft". Das Meer ist in der Nähe seiner Mündung über und über mit zahllosen Inseln besetzt, von denen die meisten gebirgig sind, riesige Felsenmassen zeigen, aber nur eine spärliche Vegetation tragen. Von Osten nach Westen finden wir hier Hongkong und Lamma, die grosse Insel Lantao, umgeben von dichten Gruppen kleiner Inseln und Felsen, und südlich von Macao die Inseln Montanha, Koko, Macarina und Typa; in südlicherer Reihe schliessen die Lema-, Kypong- und Ladronen-Inseln nebst Lingting, der Samun-Gruppe und Aichau diesen Archipel gegen das offene Meer ab. Die bemerkenswerthesten Punkte sind hier die alte Portugiesische Besitzung Macao im Westen und das im Jahre 1841 von den Engländern okkupirte Hongkong im Osten.

Масао. ,,Macao", sagt W. Heine (Reise um die Erde nach Japan, 1856),,,war zur Zeit der Blüthe Portugals ein Hauptstapelplatz des Chinesischen Handels und in Folge dessen erhielt die auf einer Halbinsel gelegene Stadt schnell eine bedeutende Ausdehnung. Die beherrschenden Höhen sind mit Forts gekrönt und für den Zustand des Befestigungswesens in jener Zeit ihrer Erbauung jedenfalls stark zu nennen. Eine Menge Kirchen, Klöster und andere hervorragende 'Gebäude, meist sehr pittoresk gelegen, zieren die Stadt, deren geräumige, gut gepflasterte und reinlich gehaltene Strassen den Eindruck grosser Behäbigkeit machen. Auf Promenaden, öffentliche Brunnen, grosse Freitreppen und dergleichen ist gleichfalls viele Aufmerksamkeit verwendet und der heimathliche Baustyl der Portugiesen mit seinen Maurischen Anklängen, zu denen hier noch einige Anwendung der in China üblichen Farben kommt, eignet sich ganz vortrefflich zur Umgebung. Die Bevölkerung erschien mir gesellig und von ziemlicher Bildung, das Leben erträglich und keineswegs kostspielig, kurz, in dieser Beziehung schien mir Alles ganz gut zu stehen. In Allem jedoch, was die Vorzüge eines Handelsplatzes und Hafens der Neuzeit betrifft, entspricht Macao den Bedürfnissen nur auf höchst unvollkommene Weise. Des seichten Wassers wegen müssen selbst die kleineren Schiffe viel weiter vom Lande abliegen, als in Hongkong, die grösseren sogar sechs Englische Meilen; die Güter müssen in kleinen Dschunken verladen werden, um ans Land zu gelangen, was die Geschäfte um so mehr erschwert, als noch dazu der Ankergrund gänzlich ungesichert gegen Winde ist, und so die Arbeit des Aus- und Einladens

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